willkommen in der deutschen armutsindustrie. ja, so könnte man es bezeichnen: armutsindustrie. damit ist keine industrie gemeint, die menschen arm macht sondern eine industrie, welche einfach aus dem grunde entstanden ist, das es armut gibt. ihr konjunkturmotor wurde nicht erst mit der einführung von hartz IV (mit all seinen auswüchsen) angeworfen, die branche boomte bereits vorher, bildete bundesweite netzwerke und verwaltet sich und die staatlich geleisteten fördermilliarden immer noch selber.
egal ob langzeitarbeitslose wahlplakate kleben müssen oder den stadtpark reinigen.
wir dürfen so gut wie sicher sein, das eine gemeinnützige gesellschaft – sprich ggmbh dahintersteckt, hinter der ein eingetragener verein und dahinter ein paar leute, die schlicht und einfach gut von der verwaltung der langzeitarbeitslosen und der hartz IV berechtigten leben. im umkehrschluss versteige ich mich zu folgender behauptung: gäbe es keine langzeitarbeitslosen und keine hartz IV berechtigten – wären genau diese vereinsmeier diejenigen, die arbeitslos wären.
das glauben wir nicht? schauen wir uns doch mal exemplarisch einen solchen verein an. zum beispiel die GAB in Bielefeld.diese gesellschaft für ausbildung und berufsbildung ist extrem rührig. alleine die ganzen projekte die angeboten werden sind schon beeindruckend!
Die Projekte der GAB Bielefeld im Überblick
Beschäftigung und Qualifizierung
Die Ankleide gibt neue, überschüssige Textilien gegen einen symbolischen Verkaufspreis an bedürftige Familien und Einzelpersonen weiter.
KreativWerkstatt verschafft Bezieher/innen von ALG II Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen oder hilft direkt beim Einstieg in den Arbeitsmarkt.
Bestell- und Lieferservice beliefert in Zusammenarbeit mit der Firma Marktkauf private Kunden und Institutionen mit bestellten Waren.
Die Gebrauchtartikel-Börse sammelt alles, was noch brauchbar und verwertbar ist (..)
Am Standort Höxter wird eine weitere Gebrauchtartikelbörse betrieben. (..)
Die Kantine kocht für die Mitarbeiter/innen der GAB jeden Tag (..)
pc-recycling sammelt und überholt gespendete PCs (..)
Die Stadtbildpflege hat sich die Verschönerung der Stadt Bielefeld (..) zum Ziel gesetzt. (..)
Im Projekt Graffitientfernung können Arbeitslose neue berufliche Perspektiven (..) finden (..)
Schiffshebewerk: In der Werkstatt des alten Schiffshebewerks (..) können Arbeitslose neue berufliche Perspektiven (..) entwickeln.
Das Projekt Traubenkirsche bietet Arbeitslosen(..) neue berufliche Perspektiven im Bereich Garten- und Landschaftsbau (..)
Fahrbar – so heißt das Projekt, bei dem Arbeitslose in der Westfalenbahn Getränke und Snacks anbieten.
aber, das macht der gab geschäftsführer, herr kühme, nicht alleine, nein, da ist einer immer mit dabei: franz schaible, über den die „zeit“ natürlich nur löbliches schreibt:
Fast 20 Jahre ist es her, da gab der Schlosser, Sozialarbeiter und Soziologe seinem Leben die entscheidende Wende. Er gründete die GAB – als Bollwerk gegen die Massenarbeitslosigkeit. „Jeder hat seinen Traum, ich auch. Mein Ziel war, in der Arbeitslosenhilfe meinen Sinn zu finden“, sagt Schaible. (..)
Heute ist die GAB ein Sozialkonzern mit mehreren Abteilungen und Standorten. (..)
Spenden, Sozialaktien und Zuschüsse von Arbeitsämtern, Land und Bund sichern die GAB. quelle DIE ZEIT, 52/1999
aber diese gab-gmbh alleine reicht offenbar nicht. da kann man sogar noch stiftungen gründen. die stiftung solidarität zum beispiel – und wenn man schon mal dabei ist, macht man auch noch ein spendenportal auf und gründet die sozial ag. und damit der herr kühme auch noch ein wenig zu tun hat, kann man ja auch noch ein paar langzeitarbeitslose oder hartz IV berechtigte gärtnern lassen. nämlich in der „DPG Bau- Grünanlagen- und Dienstleistungspartnergesellschaft mbH zur Förderung sozialer Zwecke“.
eine art generalüberblick – zumindest über das gmbh geflecht der bielefelder armutsindustrie – findet sich im e-bundesanzeiger: arbeitsförderung, bildung, recycling, computer, sozialförderung. bei der sozialförderungsgmbh (die also nicht gemeinnützig ist) ist übrigens bei einem thema schweigen im walde – bei dem sonst doch so kommunikativen herrn schaible:
3. Auf eine Angabe der Gesamtbezüge der Geschäftsführung wurde gemäß § 286 Abs. 4 HGB verzichtet. Außerdem wurde hinsichtlich der Angaben zu den Anteilen an verbundenen Unternehmen und zu den Beteiligungen von der Schutzklausel des § 286 Abs. 3 HGB Gebrauch gemacht.
4. Während des Geschäftsjahres 2008 wurden die Geschäfte des Unternehmens durch folgende Personen geführt:Wolfgang Kühme (..) Franz Schaible, Bielefeld (..)
was habe ich denn nun eigentlich gegen den herrn schaible. persönlich sicher nichts. ich finde es klasse, wenn leute ihren persönlichen sinn finden. ich bin eigentlich bei ihm gelandet, weil ich mich über die stiftung informieren wollte, die dem wuppertaler tacheles e.v. 10.000 euro gespendet hat. nee quatsch, das wurde nicht gespendet, das wurde verliehen. als preis.
das kam mir nämlich ein wenig komisch vor, weil… dieser verein (da ist schon wieder einer!) hartz IV berechtigten in seinem forum rät, bei der arge oder bei gericht gelandete überprüfungsanträge zurückzunehmen. ob ein zusammenhang zwischen dem tacheles – spendenaufruf vom 21.10.2009 – , da hatte man nämlich keine kohle mehr – und der preisverleihung vom 18.06.2010 besteht, entzieht sich selbstverständlich meiner kenntnis.
ebenso, kann ich an dieser stelle nicht behaupten, das ein zusammenhang zwischen spende und vorauseilendem gehorsam – wem gegenüber auch immer – besteht.
oder, um tacheles zu reden: sorgen sich da etwa leute darum, das ihnen die kundschaft ausbleibt, sollte in der bundesrepublik endlich so etwas wie eine gerechte behandlung von hartz IV berechtigten stattfinden!?
anschauenswert ist ebenso, wie sich die armutsindustrie auch räumlich immer weiter ausbreitet: tacheles zog von kleinen räumlichkeiten in der elberfelder luisenstraße in den loher bahnhof, herr schaible aus seinem wohnzimmer direkt in eine ganze kaserne. bescheiden möbliert – versteht sich. aber immerhin.
die hartz IV und arbeitslosen – armutsindustrie braucht halt drei dinge:
und mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit werden – wie überall in der wirtschaft – die, die ganz oben in der hirarchie sitzen mehr verdienen als die person am empfang.
gemeinnützigkeit hin, milde her: führungseliten bleiben führungseliten bleiben lumpeneliten.
--------- bilder: 5 sxc.hu und ausriss aus dem BVJahresabschluss 2008 der Gelsendienste