(Foto: pw/nachrichtenspiegel.de)
Als ich gerade in meinem virtuellen Papierkorb stöberte, musste ich stutzen: Da hatte ich kurz vor Ausbruch der Corona-Krise, als man das Wort Corona noch arglos mit Trendbier und Party assoziierte, doch tatsächlich einen Text geschrieben, bei dem ich mich frage, ob mich dabei der Geist von Nostradamus inspiriert hat. Von einem hochinfektiösen Virus schwadronierte ich, von einem neuen Biedermeier, in das wir uns deswegen zurückziehen werden müssen und in dem wir entweder vollends zum homo konsumens/demens degenerieren werden oder es dazu nutzen, um uns aus der drohenden Vermassung zu emanzipieren und ein von der medialen Meinungsmaschinerie vollkommen unabhängiges, individuelles Denken zu entwickeln.
Es wird mir womöglich mancher nicht glauben, dass ich diesen Text schon vor der Jahreswende zu 2020 geschrieben habe. Manche darin vorkommende Formulierung mag aus heutiger Sicht des Corona-Shutdowns auch politisch unkorrekt und zynisch erscheinen. Ich habe den Text trotzdem unverändert belassen. Einzig den fehlenden Titel habe ich neu hinzugefügt.
Nennt mich ruhig Klugscheißer, aber als Parkwächter kann ich mich leider nicht meiner Pflicht entschlagen – ich muss arglose Spaziergänger warnen, wenn auf den Grünflächen, auf denen sie ihre Zeitungen zu lesen pflegen, gerade hochinfektiöse Tuberkulose-Hundewürste zum Himmel stinken. Wobei ich den Hundewürsten bislang immer noch Herr geworden bin. Gegen den endemischen Rinderwahnsinn, der sich jetzt gerade wie ein Lauffeuer Bahn bricht und – ausgehend vom dunkeltäuschen Qualitätsjournalismus ganz Europa dahinraffen möchte, kann ich allerdings mit meinen bescheidenen Mitteln (Plastiksäckchen und Schaufel) kaum noch etwas ausrichten.
Mancher mag es also für übertrieben halten und lachen, wenn ich den Park jetzt sperren und den Passanten nur raten kann, sich tunlichst in den nächsten Luftschutzbunker oder zumindest in den Keller zu begeben. Denn gegen den hochinfektiösen Killervirus, der derzeit flächendeckend über unsere marktkonformen Landstriche versprüht wird, wirkt kein Antibiotikum mehr. [Nachtrag/pw 4.4.2020: Ja, ich weiß, Antibiotika töten nur Bakterien und keine Viren. Ich habe dieses Wort trotzdem belassen, da es auf unsere aktuelle Situation passt: Auch die derzeit von der Regierung verordeneten Maßnahmen sind ja nichts anderes als ein Antibiotikum (bios=Leben, anti-bio-tikum=gegen das Leben gerichtetes Wirkmittel), das gegen den Coronavirus nicht viel ausrichten wird, aber uns selbst erdrosseln und unsere Wirtschaft und Zivilgesellschaft vor die Wand zu fahren droht. Auch die z.T. der HIV-Medikation entlehnten Virostatika, die derzeit in europäischen Krankenhäusern an Corona-Patienten verabreicht werden, erweisen sich leider nicht als das Gelbe vom Ei. Laut Bericht der französischen Arzneimittelbehörde ANSM wurden bisher 30 schwere Nebenwirkungen bis hin zu möglichen Todesfolgen beobachtet – siehe AFP Pressemeldung in wochenblatt.]
In wen dieser Virus eindringt, um den ist es geschehen. Wer keinen Keller und auch keinen Luftschutzbunker in seiner Nähe hat, der sollte zumindest eines tun, sofern ihm sein Leben lieb ist und er nicht den inneren Vermorschungstod sterben will: Er sollte schleunigst den Fernseher ausstecken und Printerzeugnisse der Rat Media Solutions GmbH meiden wie die Pest. Er sollte umsteigen auf trockene Hausmannskost und auch das Wasser, das er seine Gurgel runterlaufen lässt, vorher gut abkochen. Denn die emotionstriefenden Torten und die aspartamgesüßte Plörre, die man uns derzeit medial serviert, werden uns zwar womöglich vordergründig munden und einen „Kick“ geben, aber demjenigen, der sie unreflektiert runterschluckt unweigerlich seine inneren Organe zerfressen. Viele von uns werden in nächster Zeit vom Rat Media Solutions Virus dahingerafft werden. Denn die wenigsten realisieren, dass das Aufschlagen eines Leitmedienformats derzeit in gewisser Hinsicht nichts anderes ist als Russisches Roulette. Jede umgeblätterte Seite ist für unsre innere Realitätsebene wie das Abdrücken eines an die Brust angehaltenen Revolvers, in dessen Trommel sich mindestens eine Kugel befindet. Mit dem Unterschied, dass der letale Knall zwar ein unhörbarer, aber nichts desto minder verheerender ist.
Wer mich kennt, der weiß, dass ich gar nicht dieser Scherzbold bin, sondern das was ich sage, trotz aller vorgeschützter Klugscheißerei nahezu wörtlich meine. Also: Thinkabout.
Man sollte in diesem Zusammenhang Michail Gorbatschow nicht vergessen: Seiner Ansicht nach ist die deutsche Presse heute „die bösartigste überhaupt“ (Quelle: DiePresse). Auch Gorbatschow ist kein Scherzbold. Er wägt wohlweislich ab, was er sagt. Und wenn er in einer Welt mit 194 Ländern, unter denen sich zahllose Failed States befinden, in denen reine Korruption blüht und wo brutale Warlords, Oligarchen und meineidige Halunken das Wirtschafts- und Mediengetriebe regieren – wenn er angesichts einer solchen Palette an Trump’schen „Shitholes“ ausgerechnet das Mediengeschehen in Deutschland als das BÖSARTIGSTE auf der ganzen Welt einschätzt, dann kann sich jeder selbst ausrechnen, in welcher Situation wir heute angekommen sind.
Wer diese Rechnung in Ermangelung eines funktionsfähigen Taschenrechners noch nicht durchgeführt hat, dem sei nur das als Richtschnur nahegelegt, was Gerard Depardieu festgestellt hat:
„Wir haben Orwell bereits hinter uns und sind jetzt in Van Vogts ‚Space Wildlife‘ angekommen, wo niemand mehr etwas versteht.“
In dieser Zeit des zur Normalität erklärten Wahnsinns, in der es erklärtes Ziel unserer Politiker ist, die Menschen mit allen zur Verfügung stehenden technischen, legislativen, ökonomischen, pädagogischen, pharmakologischen und medial-propagandistischen Mitteln zu einer breiigen vegetativen Masse umzuformen, die zu nichts mehr taugt außer zur Gärgasproduktion (ohne eine solche digitale Transformation wäre ja niemand bereit, Politikern heutigen Zuschnitts seine Stimme zu geben) … in einer solchen Situation des vollendeten Drehschwindels, in dem nicht nur Links und Rechts vollkommen ihre Bedeutung verloren haben, sondern wo wir nicht einmal mehr wissen, wo oben und wo unten und was vorwärts und was rückwärts ist … wo sich der Kompass im Kreis dreht und laut Peter Sloterdijk „der Lügenäther so dicht ist wie zu Zeiten des Kaltem Krieges nicht mehr“ – was soll man da also tun? Wie soll man da noch einen Fuß vor den anderen setzen, ohne sogleich in den Abgrund zu stürzen, der links und rechts von uns gähnt bzw. uns aus einer unauslotbaren, alles verschlingenden Tiefe höhnisch anlacht?
Nun, eigentlich ist es ganz einfach. In einer Zeit, in der auf praktisch allen Ebenen das Kunststück einer vollendeten Umkehrung zustande gebracht wurde – wo uns Krankes als gesund verkauft wird und Gesundes als krank, der Wahnsinn als alternativlos und Alternativen als wahnsinnig, Hässliches als schön und Schönes als hässlich, Böses als gut und Gutes als böse … im einem von Jean Ziegler als „kannibalisch“ bezeichneten System, in dem uns Kriege als Friedensmissionen verkauft werden, in dem Perverses als Norm gefeiert wird, während Normalität und Gesundheit als unprofitable Auslaufmodelle gebrandmarkt werden … in Zeiten, in denen der Mitläufer als „Gutmensch“ und der eigenständig denkende Mensch als gefährlich gilt … Zeiten des Shitstorms, in dem hemmungslos diffamiert, gekratzt, gebissen und rufgemordet wird … Zeiten, in denen der Bodensatz obenauf schwimmt … in solchen Zeiten der vollkommenen Umkehrung ist es doch eigentlich ganz einfach, das Richtige zu tun und das Falsche bzw. das Desaströse zu vermeiden: Man kann es sich fast schon zur Leitschnur machen, dass man einfach genau das Gegenteil von dem annimmt, was derzeit mit allen zu Gebote stehenden medialen Brechstangen in unsere Köpfe und Herzen eingetrichtert werden soll. Alleine mit dieser Arbeitshypothese wird man bei der Beurteilung des Nachrichtengeschehens vermutlich eine mehr als 90-prozentige Erfolgsquote haben.
Wenn also die Qualitätsjournalisten im Relotius-Narrenspiegel oder der Südtäuschen Zeitung (laut dem ehem. ARD-Redakteur Volker Bräutigam mittlerweile „glattweg Bellizisten-/Kriegszeitungen“), die sich über alle wirklichen Verbrechen ebenso ausschweigen wie über Uranmunition … wenn diese „hochbezahlten Edeltrolle“ (© Wolf Reiser) wieder einmal Friedensaktivisten und Personen zerreißen, die dem kannibalischen System als „politisch unkorrekt“ gelten und wenn die Südtäuschen Bezahlschreiber in suizidaler Sehnsucht nach dem großen Knall gegen Russland geifern, da sie ihr sinnloses Leben und ihre innere Verödung trotz maximal hochgefönter Entertainmentscheiße in ihrem tankstellenkloförmigen Smart Home-Kubus kaum noch ertragen können – dann braucht man nur kurz innehalten und das Ganze um 180° umdrehen … und man wird meistens goldrichtig liegen. Paradox denken, invertiert denken – das ist es also, was uns in der derzeitigen schwarzroteitergelbgrünen Giftmelange das Leben bzw. die psychische Gesundheit retten kann: Einfach vom exakten Gegenteil ausgehen und in die entgegengesetzte Richtung von dem Wind gehen, in den uns der Meinungsmache-Ventilator des Manufacturing Consent blasen will.
Überhaupt das Denken nicht zum vorschnellen Urteilen benutzen, sondern ein Urteilen so lange wie möglich suspendieren. So wie es Goethe gesagt hat: Unser Denken dient gar nicht dazu, um sofort aus Sympathie und Antipathie heraus zu urteilen, so wie das heute beim Auftauchen von Nachrichten oder sonstigen Eindrücken ja fast schon reflexartig der Fall ist. Stattdessen das Denken nur dazu benutzen, um von verschiedenen Seiten um einen Sachverhalt der Betrachtung zu kreisen, die Perspektiven wechseln und unterschiedliche Blickwinkel einnehmen … – man wird sehen, was für eine ungewohnte Ruhe und Unerschütterlichkeit im eigenen Inneren eintritt, wenn man solch ein Herangehen pflegt. Und man wird merken, dass sich bei genügend langer Betrachtung allmählich der Kern jeder Sache offenbart (unter Enthaltung des vorschnellen Urteils, das ja immerzu hochpeitschen möchte, das aber in Wirklichkeit niemals der Realität gerecht wird, die gerade vor uns steht, sondern meist nur Aufgespeichertes und mittlerweile schon Obsoletes ist. – Aufgespeichertes, das bei genauerer Betrachtung oft sogar herzlich wenig mit dem originären inneren Anliegen unserer Individualität zu tun hat, sondern das von äußeren Autoritäten („Experten“, Politikern, Lobbyisten, Lehrern, Schulen, Unis, Kirchen, der „herrschenden Meinung“ und eben den Medien) in uns hineinprojiziert wurde.
Wer sich von dieser Überfremdung auch nur einigermaßen befreien kann, wird merken, dass er inmitten allen uns umgebenden Irrsinns, über den man eigentlich nur noch den Kopf schütteln kann, ein kaum erklärbares Gefühl der Stimmigkeit und des inneren Glücks erfahren kann. Er wird zu seinen Möglichkeiten finden, die einem das „kannibalische“ System niemals nehmen wird können, selbst gesetzt den gar nicht mehr so unrealistischen Fall, dass wir uns angesichts eines erodierten Rechtsstaats mit neofeudaler Gesinnungsdiktatur schon demnächst in ein neues Biedermeier zurückziehen müssen. Für die Kultur, die dann in diesen Biedermeierstuben stattfindet, ist jeder selbst zuständig. Ich kenne mehrere Menschen, die im ehemaligen Ostblock, z.B. in Rumänien unter dem Ceaucescu-Regime, solche Biedermeierphasen unter äußerer Repression in höchst konstruktiver Weise zu nutzen wussten, in dieser Zeit notgedrungenen Rückzugs unheimlich belesen wurden und sich zu herzlichen, tiefsinnigen und rückgratstarken Menschen entwickelt haben, wie sie es ohne diesen äußeren Druck in einer DSDS-Spaßkultur womöglich nur schwerlich geworden wären. Manche haben in dieser Zeit ihr musikalisches, malerisches oder bildhauerisches Talent ausgebildet, sind tief in Literatur und Philosophie eingetaucht. Vielleicht haben wir eine solche äußere Verdüsterung und Drucksituation auch notwendig, um uns aufzuraffen und nicht vollends zum homo konsumens/demens zu degenerieren.
Wir müssen uns aber möglichst unvergiftet in diese Biedermeierstuben der Zukunft schaffen. Wenn wir uns jetzt aus Unbedachtheit – z.B. durch das gedankenlose Blättern in den „Leitmedien“ – Viperngift injizieren lassen, dann wird es uns in besagten Biedermeierstuben (die übrigens alles andere als langweilig sein müssen) nicht gut ergehen. Beides ist also möglich in diesen Stuben der Zukunft: Man kann menschlich aufblühen oder man kann innerlich vermorschen und sein gesamtes Menschsein verspielen.
Um in der regelrechten Schlangengrube, durch die wir uns beim Medienkonsum täglich einen Weg bahnen müssen, ein Gebissenwerden zu vermeiden, kann einem die vorgeschlagene Richtschnur helfen: nichts sofort glauben, sondern als Arbeitshypothese sogar ruhig das direkte Gegenteil von dem annehmen, was einem die Meinungsmacher suggerieren wollen. Sich dabei zwischendurch auch ruhig ein subversives Schmunzeln oder sogar ein schallendes Lachen einräumen – denn nichts ärgert die Meinungsmacher und Inquisitoren der herrschen Lehre mehr, als wenn ihre Meinungsmache nicht greift und ins Leere läuft. Wenn man genau das Gegenteil von dem glaubt, was sie einem krampfhaft einhämmern wollen.
Da Depardieus Direktive (mit Orwell und Van Vogts ‚Space Wildlife‘) in diesem Zusammenhang zugegebenermaßen wenig hilfreich und vielleicht sogar etwas zynisch erscheinen mag, so kann denn der arglose Parkschlenderer und Entenfütterer vielleicht auch einen Wahlspruch von Lothar Zanetti zur Hand nehmen – mit diesem kann man sich aus dem Würgegriff der scheinbar übermächtigen Riesenschlangen des massenmedialen Konsensmolochs jederzeit spielend befreien:
Was keiner wagt, das sollt ihr wagen.
Was keiner sagt, das sagt heraus.
Was keiner denkt, das wagt zu denken.
Was keiner anfängt, das führt aus.
Wenn keiner ja sagt, sollt ihr´s sagen.
Wenn keiner nein sagt, sagt doch nein.
Wenn alle zweifeln, wagt zu glauben.
Wenn alle mittun, steht allein.
Wo alle loben, habt Bedenken.
Wo alle spotten, spottet nicht.
Wo alle geizen, wagt zu schenken.
Wo alles dunkel ist, macht Licht.
Montag, 18.12.2017. Eifel. Es weihnachtet schön, oder? Alle freuen sich, Glitzer und Lichter überall. Bald ist heilig Abend, da wird die Beute des Jahres unter den Verwandten aufgeteilt, jeder schenkt sich gegenseitig irgendwas, was man sich selber nie gekauft hätte und auch eigentlich gar nicht braucht. Nun – na ja, nicht jeder. Die Armen schenken sich gar nichts – oder haben mal das Jahr über gespart, um dem eigenen Kind ein Handy zu kaufen, damit es in der Schule nicht mehr so gemobbt wird. Dafür werden sie dann umgehend von der stets aktiven Bürgerwacht gescholten: schau mal, so arm, nichts zu essen aber das Kind kriegt ein Handy! Nun – manchmal soll das Handy zu Weihnachten auch etwas anderes sein: eine Entschuldigung der Eltern dafür, dass sie arm sind – also: alt. Chancenlos in einer Welt, in der Jugend zählt, Leistung, Engagement. Wer es sich in der Welt erlaubt, über 50 zu werden und in einer Firma zu arbeiten, die gerade pleite macht, der landet ganz schnell auf der Sozialmüllkippe, wird per Gesetzt und Staatsgewalt arm gehalten um wenigstens noch als mahnendes Beispiel herhalten zu können: sehet – so ergehet es euch, so ihr den Arbeitgeber nicht eure ganze Kraft, eure Leidenschaft, eure Liebe gebt! Und zwar: für wenig Geld.
Ach – was schreibe ich schon wieder. Es ist doch Weihnachten: da wollen wir doch schöne Botschaften hören! Da soll doch das Fest der Liebe gefeiert werden, als Trotz mitten in finstersten, eisig kalten Nächten wollen wir den Mächten der Dunkelheit doch zeigen, dass das Leben stärker ist die unheimlichen Mächte und Gewalten, die das Leben des Einzelnen so schwer machen! Eine schöne Botschaft habe ich in der Frankfurter Rundschau gefunden: dort finden wir ein Paradebeispiel dafür, wie die moderne, zivilisierte, demokratische Gesellschaft im Namen der alten Werte von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit für die gute Stimmung zum Fest sorgt (siehe FR):
„Stadtpolizisten erteilen einzelnen Obdachlosen, die im Freien schlafen, sogenannte Bar-Verwarnungen. Dabei müssen die Betroffenen vor Ort einen bestimmten Betrag bezahlen.“
„Das Schlafen auf Bänken oder in Fußgängerzonen fällt unter den Tatbestand des Lagerns im öffentlichen Raum, das nach der städtischen Gefahrenabwehrverordnung eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Ordnungsdezernent Markus Frank (CDU) bestätigte, dass die Stadtpolizei von den Obdachlosen bisweilen ein Verwarngeld kassiere.“
Keiner kann Auskunft darüber geben, wie viel Geld da eingenommen wurde, wie hoch die Verwarnungsgelder sind – wen interessiert das auch schon zu Weihnachten? Hauptsache, die Armut verschwindet aus den Augen der brav funktionierenden Konsumdrohnen.
Ach ja – Obdachlose. Wussten Sie schon, dass die Zahl der Obdachlosen im nächsten Jahr dramatisch, exorbitant und rasant steigen soll? Von ehedem 390000 im Jahre 2016 auf 1,2 Millionen im Jahr 2018 (siehe Zeit). Gut: die haben den Vorteil, dass sie keine eigenen Weihnachtsbäume kaufen müssen – sie können sich Heilig Abend unter den prächtig geschmückten Bäumen in den dann leer gefegten Innenstädten versammeln … jedenfalls so lange, bis die Polizei kommt. Viele von ihnen sollen „Flüchtlinge“ sein – ein häßliches Wort eigentlich – die dann am eigenen Leibe in bitterer Kälte erleben dürfen, wie Deutschland Herz zeigt. Na ja – nicht alle Obdachlosen leben auf der Straße, momentan ist es nur ein Bruchteil, vielleicht 60000. Jedenfalls: noch. Da bezahlbarer Wohnraum immer seltener wird, weil „wohnen“ von großen Kapitalgesellschaften als neue Ausbeutungsquelle entdeckt wird, dürften da bald mehr Menschen auf Parkbänken oder bei Freunden und Verwandten nächtigen – alles im Dienste des Aufschwungs und des Endsiegs gegen die grausamen Mächte der Globalisierung.
Nein – das war jetzt wieder zu negativ. Das passt nicht unter den Weihnachtsbaum. Passt ja vieles nicht darunter, viele Dinge, die wir nicht hören wollen – aber wissen sollten (siehe Stern):
„Innerhalb der alten EU-Länder ist Deutschland der arme Mann des Kontinents. Nur die Bevölkerung in den Ländern, die jenseits des Eisernen Vorhangs lagen, ist noch ärmer. Deutlich wird das, wenn man die Medianwerte des Vermögens und nicht den statistischen Durchschnitt betrachtet.“
Lassen Sie uns doch die Zahlen einfach mal anschauen:
„Der Medianwert des geldwerten Vermögens für die Erwachsenen liegt in Deutschland bei 47.000 Dollar. Schon im krisengebeutelten Griechenland sind es mit 55.000 Euro 8000 Euro pro Nase mehr. Dass die unmittelbaren Nachbarn – Holländer (94.000), Dänen (87.000 Dollar), Belgier (168.000 Dollar) – reicher als die Deutschen sind, kann kaum verwundern. Man sieht es bei jedem Besuch. Erstaunlich allerdings, dass Franzosen (120.000) und Italiener (125.000) mehr als doppelt so reich wie die Deutschen sind. Lichtenstein (168.000) und Schweiz (229.000) bilden erwartungsgemäß die Spitze. In den alten Ländern der EU liegt nur Portugal (38.000) hinter Deutschland.“
Sicher – wir verdienen mehr als die. Wir haben nur nichts davon – weil in Deutschland noch der Geist von Bauer, Bürger, Edelmann herrscht. Das sieht man ja am Schulsystem, in dem es seit hundert Jahren keine gravierenden Änderungen mehr gegeben hat: der Bauer geht in die Hauptschule, der Bürger in die Realschule, der Zögling des Edelmannes macht Abitur, damit er den Abteilungsleiterposten von Papa übernehmen kann, wenn der mal in Rente geht. „Vermögensbildende Maßnahmen“ für Bauern und Bürger sind in Deutschland nicht gewünscht, wir möchten gerne die klassische, mittelalterliche Ständegesellschaft beibehalten, die sich über die Jahrhunderte gut bewährt hat. So ergeht es halt einem Volk, das nie die Kraft zur Revolution hatte und seine Stärke eher in anbiedernder Biedermeierei sieht
Biedermeier? In Zeiten, wo 41 Prozent der deutschen Schüler nicht mehr wissen, wofür der Begriff Auschwitz steht (siehe Spiegel), sollte man nicht erwarten, dass noch jemand die grausigen Auswirkungen der verlogenen Biedermeierzeit kennt … in der wir aktuell wieder leben. Nun – in Wirklichkeit wissen auch die anderen nicht, wofür Auschwitz steht – und deshalb erkennt man auch nicht, wie sehr das deutsche feudal orientierte Staatsschiff wieder Kurs nimmt auf die gleichen Prinzipien: Auschwitz steht für die möglichst preiswerte massenhafte Auslöschung menschlicher Existenzen, deren Arbeitskraft noch nicht mal mehr ein Minimum an Rendite erwirtschaftet – mal brutal gesagt: die Endlösung der Massenarbeitslosigkeit. Man hatte Millionen Menschen die Möglichkeit genommen, für ihr Leben aufzukommen, ihre Betriebe, Geschäfte und Höfe wurden billigst an Parteigenossen und Meistbietende versteigert (wo der Bürger gerne zugriff, um sich endlich mal für einen kurzen Moment als Edelmann zu fühlen) – und irgendwann wurden die Ressourcen knapp, es mussten Lösungen her. Das übliche Erschießen war zu teuer – da hatte man fein nachgerechnet – also wurde der deutsche Ingenieur und Wissenschaftler zu Rate gezogen, wie man das denn möglichst gründlich und billig anders erledigen konnte.
Das „Narrativ“ (= die erzählte Geschichte, bzw. das sinnstiftende Erzählmotiv) ändert sich so deutlich: nicht der staatlich verordnete Judenhass steht im Mittelpunkt, sondern das Zentralproblem des Kapitalismus, dass derjenige, dessen Existenz keinen Profit für den Edelmann liefert, keine Lebensberechtigung mehr hat. Uns wird lieber die Geschichte mit den Juden erzählt (die auch wahr ist, keine Frage – aber in der Vernichtungslogik sind halt Elemente enthalten, die eher … betriebswirtschaftlich sind), weil sich so Auschwitz als Singularität, als Unfall der Geschichte verkaufen läßt – anstelle der anderen Geschichte, die uns Bauer, Bürger und Edelmann lieber nicht erzählen wollten.
Modern formulieren wir das natürlich anders – wir sagen nicht mehr Bauer, Bürger, Edelmann, wir haben da viel schönere Wörter, die inzwischen jeder kennt: Hartzer, Konsument und Promi sind unsere Kasten.
Schon wieder: negativ. Wir wollten doch zu Weihnachten was schönes, was erbauliches, was … biedermeierhaftes. Nun – erstmal zum Biedermeier. Aus einer Quelle für Kinder – damit es wirklich jeder verstehen kann (siehe Kinderzeitmaschine):
„Politische Mitsprache oder gar Kritik waren in dieser Zeit unerwünscht und wurden unter Umständen auch hart bestraft. Das fanden all die kritischen Köpfe, die für mehr Freiheit und Demokratie kämpften, gar nicht gut. Doch für viele Menschen bedeutete dieser Rückzug in das Private mehr Sicherheit. Dieser Rückzug war auch eine Reaktion auf die Karlsbader Beschlüsse von 1819, durch die die Freiheiten der Menschen stark eingeschränkt worden waren.“
„Die Familie wurde sehr wichtig und das Leben und Wirken im persönlichen Zuhause kennzeichnete die Zeit des Biedermeier. Sehr gut sieht man das auf Gemälden dieser Zeit, in der die „heile Familie“ immer stärker in den Mittelpunkt rückte.“
Endlich mal was Positives: die Famile. Wussten Sie, dass heutzutage fast 50 Prozent aller Ehen geschieden werden? Oh – sorry: wieder was negatives.
Auch Positiv: auch wir leben in einer Zeit, in der politische Mitsprache oder gar Kritik unerwünscht sind – und unter Umständen auch hart bestraft wird: mit öffentlicher Ächtung, medialer Schmähung und breit angelegter Verachtung. Noch nicht gemerkt? Ich merke: Sie sind schon ganz schön gebiedermeiert – feine Mietwohnung in gutem Viertel (als könne ein Stadtviertel moralische Qualitäten erhalten – aber der moderne, verwässerte, pervertierte Begriff des „Guten“ hat ja nicht umsonst dazu geführt, dass „Gutmensch“ ein Schimpfwort geworden ist, worüber sich viele aufregen. Das „Gutmenschen“ Nächstenliebe für „Sozialromantik“ halten, wurde jedoch kritiklos akzeptiert).
Ich könnte Ihnen da ein paar Themen nennen … möchte aber nicht zu sehr ins Detail gehen, weil auch ich ja Angst vor der Verfolgung habe. Einmal geoutet, werden Sie in diesem Land Schwierigkeiten haben, noch einen Job zu bekommen – und Job ist das, was Ihnen die Lebensberechtigungsscheine verpasst. Vorbei die Zeiten, in denen die Natur alles umsonst liefert – der Fortschritt hat halt alles anders gemacht, besser, schöner … jedenfalls für die Kaste der Edelmänner (und Edelfrauen – wir leben ja nicht mehr im Mittelalter). Die Themen kennen Sie im Übrigen alle: selbst Theorienbildung – Grundlage jeder Wissenschaftlichkeit – ist verpönt, sie können dafür schnell unter hämischem Gelächter der sadistischen Folterknechte und Spießbürger Aluhüte verliehen bekommen, die nichts anderes aussagen sollen als dass Sie ein vogelfreier, geistig kranker, abartiger, nutzloser Schädling sind.
Gut: sprachlich haben wir uns vom Mittelalter etwas entfernt – inhaltlich jedoch überhaupt nicht. Biedermeierzeit halt: des Deutschen Allzweckwaffe gegen Unbequemes. Seit Jahrhunderten bewährt. Nicht mehr lange, da werden sich die Zeiten ändern, denn die Natur kann ohne Insekten keine Früchte produzieren – und ohne Früchte werden wir sehen, dass selbst unsere gewaltigen, neu erworbenen Bitcoinschätze uns nicht ernähren können. 75 Prozent der Insekten in Mitteleuropa sind schon fort – und die Folgen werden der pure Horror sein (siehe WDR):
„“Die Ergebnisse der Untersuchung sind schockierend. Die Arbeit ist methodisch sauber und zeigt flächendeckend für eine große geografische Region Mitteleuropas einen massiven Biomasserückgang für Insekten. Wir befinden uns mitten in einem Albtraum, da Insekten eine zentrale Rolle für das Funktionieren unserer Ökosysteme spielen„, warnt Prof. Dr. Johannes Steidle der Universität Hohenheim.“
Andere werden noch deutlicher – wie Dirk C. Fleck (siehe Rubikon):
„Denn der Tsunami der Zerstörung, den das Dauerbeben eines ungezügelten Kapitalismus ausgelöst hat, reißt weiterhin ungebremst alles aus dem Gleichgewicht: das filigrane ökologische Netzwerk ebenso wie die sozialen Strukturen unserer globalen Zivilgesellschaft.
Bemerkenswert daran ist nur, dass die meisten Menschen angesichts des bis zum Anschlag betriebenen Raubbaus an der Natur kein Gefühl des Verlustes verspüren. Selbst wenn der Südpol über Nacht auf 20 Quadratmeter schrumpfen und das letzte Dutzend Pinguine sich auf den Köpfen stehend mit den Fächerfüßen gegen die stechende Sonne zur Wehr setzen würde – das Gros der Menschen bliebe davon gänzlich unbeeindruckt.“
Unbeeindruckt weil – im Biedermeiermodus. Eingelullt von täglich rund um die Uhr laufendem Beruhigungsfunk, dessen Kernbotschaft lautet: „bleiben Sie sitzen, bleiben Sie in ihren Häusern, bleiben Sie auf dem Sofa, lassen Sie das Fernsehgerät eingeschaltet – wir informieren Sie über aktuelle Entwicklungen rund um die Uhr! ALLES WIRD GUT!“ entwickelt sich halt schnell das Gefühl von wohliger Geborgenheit, das böse Draußen ist halt nur Draußen – innen ist alles heil und heilig (von der Zunahme der häuslichen Gewalt – siehe Frankfurter Rundschau – mal abgesehen).
Ja – das ist die eindeutig gute Nachricht in dieser Zeit: das alles wird ein baldiges Ende haben – nicht nur wegen den Insekten, die ja eigentlich keiner wirklich vermisst, solange die Autoscheibe auch bei Langstreckenfahren im ländlichen Raum sauber bleibt, sondern auch wegen unserer desaströsen Art des wirtschaftens (siehe Manager Magazin):
„Es ist Zeit, dass wir unsere Wirtschaftspolitik grundlegend hinterfragen. Seit Mitte der 1980er-Jahre setzen wir darauf, mit immer mehr Schulden kurzfristiges Wachstum zu erzielen. Dabei nimmt die Produktivität der neuen Schulden immer mehr ab. Nachdem jahrzehntelang die Wirtschaft im Einklang mit der Verschuldung wuchs, werden heute weltweit immer mehr Schulden gebaucht, um überhaupt noch Wachstum zu erzielen. Die Ursache liegt in der überwiegend unproduktiven Verwendung der Schulden. Wir kaufen uns damit gegenseitig vorhandene Vermögenswerte zu immer höheren Preisen ab. Im Unterschied zu Investitionen in neue Produkte und Dienstleistungen wächst dadurch die Wirtschaft jedoch kaum, wenn man von dem Zusatzkonsum durch den Reichtumseffekt steigender Vermögenspreise absieht.“
Ein Konsum, der nur noch durch völlige Vernichtung unsere Ökosphäre zustande kommt. Super. Selbst Goldman Sachs – die globale Bank, die so raffiniert aufgestellt ist, dass sie sogar in Megakrisen noch Megagewinne errechnet (nur errechnet, nicht erwirtschaftet – dieser Unterschied wird leider viel zu selten erlebt) warnt vor einem neuen Megacrash (siehe Zeit).
Alle … wissen Bescheid. Warum tut eigentlich keiner was dagegen?
Nun – kommen wir endlich mal zu den positiven Dingen unserer Gegenwart: wenn wir wollen können wir wissen, wie die denken, die an den Hebeln der Macht sitzen, welcher Philosophie sie folgen – rein aus Gründen der Nützlichkeit für die persönlichen, egoistischen Ziele. Der von mir sehr geschätzte Herr Preparata (noch nicht Aluhut-würdig, weil die bildungsfernen Schichten der deutschen Pseudointellektuellen ihn nie gelesen haben, noch er durch Einladung in eine Talkshow geadelt wurde) hat den kleinsten gemeinsamen Nenner unserer „Elite“, unserer Edelmänner, kurz zusammengefasst:
„Schließlich bildet dieses polyphone Ensemble einen eigenen (postmodernen) geregelten Orden, dessen verbindliche Grundsätze man stenographisch wie folgt zusammenfassen könnte: Verherrlichung der Gewalt und des Krieges, Machtgier, Glaube an ein Nichts nach dem Tod, Einwilligung in die oligarchische und tyrannische Herrschaft, Glaube, dass Überbevölkerung eine Plage ist, Glaube an die Notwendigkeit des Kampfes zwischen den Völkern und die Faszination des korrumpierten „Wortes““. (siehe: Preparata, Die Ideologie der Tyrannei, Dunker & Humblot, Berlin 2015, Seite 193).
Da verläuft die eigentliche Front unserer Gegenwart – und wer nun wissen will, was zu tun ist, braucht einfach nur die Gegensätze zu den Lehrsätzen der Edelmänner bilden: schon haben wir eine Philosophie, die uns eine unerschöpliche Quelle humaner Werte vermittelt … dazu gehört – als zentraler politischer Wert – auch die feste Gewissheit über die Unsterblichkeit des menschlichen Bewusstseins … die auch die Physik inzwischen als möglich erachtet (siehe livenet.ch).
Doch das ist keine Philosophie für Edelmänner – ihre Macht endet nach dem Tod, was sie sehr ärgert: alle Früchte ihrere Arbeit verschwinden im Nichts – selbst die der Pharaonen, Kaiser und Mulitmilliardäre. Und man begegnet womöglich – diesmal machtlos – all´ jenen geschundenen Seelen, die von der Herrlichkeit der Erde wenig hatten, weil sie in Fabriken, Büros und Bergwerken sinnlos entfremdeter Arbeit nachgehen mussten, Seelen … die darüber mal ein Gespräch führen möchten.
Und das … wäre eigentlich die schöne Botschaft zu Weihnachten: das man endlich weiß, was man dagegen tun kann. „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ – lautet die einfache Botschaft für jedermann. Und die erweiterte Botschaft würde lauten: schaffe einen Orden integrer Menschen, die Gewalt und Krieg als die wirklichen Feinde der Menschheit erkennen, die wissen, dass jede Form von Macht Menschen wahnsinnig macht und man sie davor schützen muss, die Wissen, dass der Tod nur die Befreiung der feinen Seele aus dem groben Matsch der Materie darstellt, die die Herrschaft von Menschen über Menschen generell und überall ablehnen, die den Mythos der Überbevölkerung zurückweisen, weil jede menschliche Seele wertvoll ist, die den unpersönlichen Kampf zwischen „Völkern“ als groben Unfug ansehen und die das Wort zur Verständigung und zum Verstehen benutzen – vielleicht auch oder einfach gerade deshalb, weil „Sprache“ an und für sich schon auf die Existenz von Göttlichem hindeutet (siehe livenet.ch).
So einfach ist dann auch die Evolution (nicht: Revolution) des Menschen vom Feudalstaat, der in Deutschland ungebrochen seit tausend Jahren das Denken bestimmt.
Es ist einfach – aber nicht „bequem“ … was für Biedermeierzombies einfach eine Zumutung ist – doch genug der finsteren Aussichten, konzentrieren wir uns einfach auf das Helle: in dieser Hinsicht wünsche ich mal allen … fröhliche Weihnachten!
PS: und wem das an praktischen Maßnahmen gegen die finsteren Mächte und Gewalten immer noch nicht reicht, der darf sich gern an dem kleinen britischen Dorf orientieren, dass sich absolut erfolgreich gegen den Zerfall gewehrt hat (siehe: Schlaglichter.at): Tankstellen, Buslinien, Käsefabrik … alles in der Hand der normalen Bürger.
Das Paradies … liegt direkt vor der Haustür.
Immer noch.
Samstag, 31.3.2012. Eifel. Gestern hatte ich ein einschneidendes Erlebnis, das uns Eifelern selten zuteil wird: ich war eine Weile in einem ausgedehnten Industriegebiet spazieren. Schon nach einer Stunde konnte ich konstatieren: diese Kultur kann nur untergehen. Mal abgesehen davon, das die Leblosigkeit der betonierten Areale normalerweise nur nach einem Vulkanausbruch oder auf dem Mond zu finden ist, überzeugte mich mehr das Verhalten der Menschen, das das Ende naht – und jeder es weiß. Wie anders will man es erklären, das sie enorme Energien investieren, um daheim ein kleines Stück heile Welt zu bauen, während ihre natürliche Umwelt in großem Maßstab vernichtet wird? Noch unheimlicher werden diese Häuslebauer, wenn man sich vor Augen führt, wo die Ursprünge ihres Reichtums zu suchen sind: buchstäblich pflastern sie ihren Hof mit den Knochen von Negern, düngen ihre Primeln mit deren Blut und vertilgen ihr Leben, um weiterhin mit ihren SUV´s Unmengen an nutzlosen Ramsch in ihre ganz individuell ausgestatteten Egotempel zu bringen, wo sie nichts anderes machen als den ganzen Tag zu feiern, wie toll sie sich selbst finden. Ist ja auch altbekannt, wo unser Reichtum herkommt, siehe Welt:
Wenn ein Kind jeden Tag zentnerschwere Säcke schleppen müsse. Über rutschige Halden, auf schlammigen Wegen. Kilometerweit durch den dichten Dschungel. Zwei Dollar pro Woche, die sieben Arbeitstage kennt. Und selbst davon habe er den Soldaten einen Teil geben müssen.
„In den Minen in Walikale“, sagt Merci und flüstert ängstlich, „da wohnt der Teufel. Und alle, die dort arbeiten, gehören ihm.“
Vielleicht denkt man mal an „Merci“, wenn man das nächste Mal von der Toprendite der Telekom-Giganten hört und Politiker von unglaublichen Vorzügen der globalisierten Welt faseln, die uns Reichtum und Wohlstand beschert hat. Was verschwiegen wird, ist: Reichtum und Wohlstand haben wir aufgrund von Sklaverei, nicht aufgrund von Arbeit und Erfindungsreichtum. Ein älterer Spiegelartikel über Berliner Mietskasernen erinnert uns daran, das diese Erscheinungen nicht neu sind:
In sieben Schlachten hatte Schuster G. für die Preußen gefochten. Dann, als Veteran, mußte er die bittere Erfahrung machen: „Man gibt uns keine Arbeit, verbietet das Stehlen und wirft uns ins Loch, wenn wir betteln.“
Sein Schicksal teilten Tausende am Stadtrand von Berlin.
Für ein Stück Brot oder eine Handvoll Hafergrütze suchten G. und seine Nachbarn in der Stadt Knochen zusammen, hackten Holz, trugen Torf. Die Ärmsten, die nichts als den Tag stehlen konnten, bekamen im Winter einen Schlag „Armensuppe“.
Es lohnt sich, dieses historische Dokument zu lesen, es stammt aus dem Jahre 1980, einem Jahr, in dem der deutsche Bürger noch politische Visionen haben durfte, ohne dafür zum Arzt zu müssen. Besonders gut gefällt mir dieser Abschnitt:
Das war — vor 150 und auch noch vor 100 Jahren — „das Elend in seiner letzten, furchtbarsten Gestalt“, wie der verfemte Jurist und Schriftsteller Ernst Dronke es 1846 nannte: das Wohnelend in den ersten Berliner Mietskasernen.
Stellen wir uns mal vor, jemand würde heute das Wohnelend in den Hartz-Kasernen der Republik anprangern und es als „das Elend in seiner letzten, furchtbarsten Gestalt“ anprangern: wir würden diese Sozialromantiker sofort in die Schranken weisen – mit Hinweis auf die Stundenlöhne in Afrika. So was geht im Jahre 2012 wieder. Viele haben daran gearbeitet – und arbeiten weiter daran. Zum Beispiel der deutsche Finanzminister, ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, das Elend der Mietskasernen des 19. Jahrhunderts wieder flächendeckend zu verbreiten. Es ist nur noch peinlich zu nennen, wie man sieht, wie er in der Tagesschau die vielfältigen Schutzschirme erläutert und dabei erkennen lässt, das er noch nicht mal genau weiß, wie viele Milliarden er gerade aus dem Fenster wirft.
80 Milliarden oder 60 Milliarden oder 65 Milliarden und dann noch irgendwie 28% von 650 Milliarden und 40 Milliarden cash für den IWF: – wenn ich so meinen Haushalt führen würde, wäre ich am Ende der Woche verhungert. Als deutscher Finanzminister geht das – weil man Leute hat, die einem sagen, wo es langgeht. Die Financial Times Deutschland klärt über die Zusammenhänge auf:
So lässt etwa das Institute for International Finance, ein einflussreicher Lobbyverband großer Finanzinstitute mit Sitz in Washington D.C., regelmäßig verlauten: Helft uns aus der Patsche, oder ihr habt die Konsequenzen zu tragen. Mindestens ebenso wichtig, wie der Handlungsstrang, auf den sich der Verband geeinigt hat, ist seine politische Macht, die in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat – so sehr, dass sich alle wichtigen politischen Entscheidungsträger in den USA und in Europa um das Schicksal von Banken sorgen, auch wenn das keinen allgemeineren Einfluss auf die Wirtschaft hat.
Als die Immo-Blase platzte, fiel das Kartenhaus zusammen. Masters wechselte während des Booms nach New York, wo die 42-Jährige bis heute für JP Morgan arbeitet. Während der Finanzkrise erhielt sie stets Rückendeckung von ihren Chefs. Derzeit leitet sie den globalen Rohstoffhandel. Bei Anhörungen der Regierung tritt sie schon mal als Expertin auf. Unumwunden gab sie zu, dass die Kreditderivate Schwächen aufwiesen. Der „New York Oberserver“ bezeichnete Masters als „einen Zerstörer der Welt“.