In der ganzen Menschheitsgeschichte waren noch nie so viele Flüchtlinge unterwegs. Tägliche Meldungen in den Zeitungen über Flüchtende erreichen langsam einen Sättigungsgrad, der Mitleid leider in Fremdenhass mutieren lässt. Aufgrund der immer weiter wachsenden Zahl von fliehenden Menschen, wächst die Unsicherheit beim einheimischen Volk und sie wissen nicht, wie sie mit den ganzen Flüchtlingen umgehen sollen. Angeheizt wird die Diskussion mit aufreisserischen Schlagzeilen, welche die Flüchtlinge als Wirtschaftsschmarotzer, Kriminelle, Unruhestifter, Drogendealer, Ebola-Kuriere und Halsabschneider betiteln. Die Masse der Michels verlässt sich immer noch auf die Berichterstattung der Verblödungsblätter und sobald ein Text ihren inneren Frust beschreibt, wird gleichzeitig mit dem Finger auf die Schuldigen gezeigt, egal ob sie wirklich schuldig sind oder nicht. Aber in der Massenmeinung ist das Wort Flüchtling allmählich als Schimpfwort etabliert worden.
Das haben wir den lieben Journalisten zu verdanken, die mit brauner Tinte ihr Gedankengut unters Volk verteilen, bis jeder nur noch in einem Ausländer einen Feind sieht. Das führt mitunter zu paradoxen Szenerien. Letzte Woche haben Rechtsextreme und Hooligans gegen Salafisten, im Grunde gegen jeden Muslim, demonstriert, wollen alle aus dem Land werfen und in einer Grölpause geht man schnell zur Frittenbude und lässt sich von einem solchen Ausländer den Magen füllen. Möglichst noch mit einem Döner, dem urtypisch deutschen Snack. Man stopft sich den Junk-Food in die Birne und bevor man runtergeschluckt hat wird schon wieder „Ausländer raus“ durch den vorgekauten Döner geschrien. Ist das Toleranz, Dummheit oder einfach nur kollektives Gejohle?
Um hier ein wenig Klarheit zu vermitteln, möchte ich die Geschichte der Flüchtlinge erläutern. Nicht Einzelschicksale, sondern generell dass Flüchtlings-Phänomen erörtern.
Seit es Menschen gibt, gibt es auch Flüchtlinge. Als wir noch mit Lendenschurz und Keule unterwegs waren, flüchteten wir, falls die Wunschhöhle schon von einem wilden Tier bewohnt oder wenn das Wasserloch von einer grösseren Sippe beansprucht wurde. Flucht ist also ein natürliches Verhalten, das einzig dem Lebenserhalt dient. Heute hat sich daran nichts geändert. Die Ursachen sind teils die Gleichen geblieben. Viele Menschen haben nach wie vor keinen Zutritt zu sauberem Wasser und nach drei Tagen ohne Flüssigkeit macht man den Schirm zu. Also flüchtet man zur nächsten Wasserstelle. Dasselbe mit der Nahrung. Millionen von Menschen flüchten von Essensration zu Essensration. Hier haben sie wenigstens drei Wochen Zeit, bis der Körper seinen Dienst versagt. Einzig die wilden Tiere sind verschwunden und machen Bomben und Sprengfallen Platz. Das Resultat ist ebenfalls das Gleiche. Die heimische „Höhle“ wird unbewohnbar was wiederum eine Flucht nach sich zieht.
Dann hören die Flüchtenden vom reichen Europa, wo es immer Geld hat, wo die Geschäfte so voll mit Konsumgütern sind, dass nicht einmal alle verkauft werden können und sogar weggeschmissen werden. Alle sind schön angezogen, die Autos glänzen , jeder ist satt und am Himmel fliegen grosse Vögel, die einen überall hinbringen wohin man will. Jetzt mal ehrlich, wenn ihre Heimat zerbombt wurde, die Familie kurz vor dem Verhungern ist und ihr ganzes Hab und Gut verloren haben, würden Sie nicht auch dorthin gehen, wo das Überleben ihrer Familie eine grössere Chance hätte. Oder würden Sie in ihrem zerstörten Haus bleiben mit der Gefahr, dass ihre Liebsten vergewaltigt, getötet, verschleppt oder gefoltert werden? Ich glaube es ist verständlich, wenn jeder versucht in dieser Situation sein Heil in der Flucht zu finden.
Dabei ist es ja nicht so, dass die Flüchtlinge einen Familienausflug machen mit anschliessender Kreuzfahrt über das Mittelmeer. In der Regel kratzen sie die letzten Groschen zusammen, um sie den mafiösen Schleppern zu geben in der Hoffnung, dass ihre Familie überlebt. Dann beginnt die Reise in einem Schlauchboot, völlig überbelegt und mit ungewissem Ausgang. Mittlerweile arbeiten die Menschschlepper mit den europäischen Politikern zusammen und versenken die Flüchtlingsboote mitten auf dem Meer. Die Schlepper werden von Schnellbooten abgeholt und die Zurückgelassenen lässt man absaufen. Für die Politiker und Militär wäre es ein Einfaches, einen Korridor über das Mittelmeer zu errichten, um den Flüchtlingen eine sichere Überfahrt zu gewähren, aber das machen sie nicht. In ihren Augen ist jedes gesunkene Boot weniger Arbeit. Sonst müssten sie mal zu denken anfangen, wie man die vielen Flüchtlinge unterstützen kann, ohne das eigene Volk zu brüskieren. Aber eben, das mit dem Denken in den Führungsetagen ist so eine Sache.
Dabei sind viele Deutsche selber Flüchtlinge. Sie sind sogar in der Flüchtlingsgruppe vertreten, die am meisten verurteilt wird. Die sogenannten Wirtschafts-Flüchtlinge. Haben selber volle Supermärkte, bekommen vom Staat Gratis-Geld, haben ein Dach über dem Kopf. Sie sind aber immer noch unzufrieden und wollen mehr. Da kein Feind in der Nähe ist, die Wohnung bewohnbar, das Auto mit symbolischen Materialismus vollgestopft und die Kinder nach wie vor auf dem Handy daddeln können, muss man unbedingt seinen sich eigeredeten, mittellosen Standard verbessern und ins angrenzende Ausland flüchten. Ich habe es jetzt extra ein wenig überspitzt ausgedrückt, aber eines müssen wir Europäer uns gefallen lassen. Die grössten Wirtschaftsflüchtlinge sind wir selber. Nicht die, welche ums nackte Überleben kämpfen.
Früher prangerten wir die vielen Spanier, Italiener, Türken und sonstige Arbeiter aus dem Süden als Wirtschaftsflüchtlinge an. Dabei sind die wenigsten Einheimischen bereit, die Drecksarbeit zu machen, welche wir den Ausländischen Arbeitern gerne aufgetragen haben. In meiner Zeit auf dem Bau waren 8 von 10 Arbeitern Ausländer und machten sich wirklich schmutzig. Die Einheimischen sah man höchstens mit Krawatte oder im Bauwagen. Selten im Dreck. Mittlerweile geht es dem europäischen Volk so schlecht, aufgrund länderübergreifender, politischer Inkompetenz, dass sie selber zu den verhassten Flüchtlingen werden. Jetzt haben wir wieder die gleiche Situation wie vor tausenden von Jahren am Wasserloch. Die Sippe der einheimischen Flüchtlinge ist grösser als die Dazugekommenen. Also werden die neuen „Mundräuber“ verjagt, respektive durch die Medien denunziert.
Sind wir immer noch solche Barbaren? Da wird in verschiedenen, heilig gemachten Büchern die Nächstenliebe propagiert und in der Realität betrifft die Nächstenliebe nur die eigene Nasenspitze. Wir glauben immer noch, dass die Flüchtlingswelle ein Problem ist, übersehen aber, dass nur die Politiker ein Problem daraus machen. Würden sie nicht Milliarden an Steuergeldern zum Fenster rausschmeissen, alle hätten genug, sogar die neuen Flüchtlinge. Dasselbe mit dem Platz. Da stöhnen Gemeinden und Kommunen über die hohen Flüchtlingszahlen. Kein Wunder, wenn man alle auf kleinem Raum zusammenpfercht, sieht es schnell überbevölkert aus. Auch hier haben die Politiker versagt. Aber das hat System.
Die geschürte Unzufriedenheit des eigenen Volkes ermöglicht den Ausbau des Überwachungsstaates. Man hetzt jeden gegen jeden auf und darf dafür das Verteidigungs-Budget aufstocken. Sie wollen keinen sozialen Frieden. Denn wäre er da, könnten sic h die Leute mit den kriminellen Machenschaften in Berlin und Brüssel auseinandersetzen. Aber so sind sie mit dem gezüchteten Feindbild „Ausländer“ vollends beschäftigt und werden erfolgreich von den politischen Kungeleien abgelenkt. Die HoGeSa-Fetischisten lassen sich so vor den politischen Dreckskarren spannen und merken es nicht.
Es würde mich interessieren, was passiert, wenn jeder Hooligan und Rechtsextreme sich plötzlich für die Flüchtlinge einsetzen würden? In Brüssel, Berlin, Paris und überall dort, wo die politische Elite den Fremdenhass für ihre Zwecke instrumentalisiert, bräche die Panik aus. Schnell organisierten sie verkleidete Geheimdienstler, die sich als Salafisten ausgeben und gezielt gegen das einheimische Volk vorgehen. Nur damit die Fremdenhass-Flamme nicht erlischt. Diese Strategie konnte man in der Ukraine, Türkei, Syrien, Hong Kong und Griechenland sehr gut beobachten. In diversen YouTube-Filmchen sieht man blonde Radikale, die viele Sprachen beherrschen, ausser arabisch.
Es wird Zeit, dass der Michel schnallt, dass die Flüchtlingswellen politisch gewollt sind um im eigenen Land eine Destabilisation zu erreichen. Einzig zum Zweck, die politische Führung zu schützen und von ihren unlauteren Methoden abzulenken. Ein perverses Treiben, dass bereits tausenden Unschuldiger das Leben gekostet hat. Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass zum Beispiel die italienische Regierung einen Deal mit den Schleppern hat, wieviele Boote nach Lampedusa kommen dürfen und wie viele versenkt werden. Sie haben ja bereits beste Verbindungen zur Mafia und helfen ihnen seit Jahrzehnten Industriemüll, radioaktiven Abfall und Gefahrengut im Meer zu versenken. Da liegt es auf der Hand, dass diese guten geschäftlichen Beziehungen gepflegt werden. Was versenkt wird ist schlussendlich egal, Hauptsache man kann seinen Ferienpalast in der Toscana mit vergoldeten WC-Deckeln verzieren oder mit Minderjährigen ausschweifende Partys feiern.
So gesehen sind Flüchtlinge kein Problem, sie werden zu einem gemacht. Solange wir das Gesülze von problematischen Immigranten den Zeitungen und ihren Diktierern abkaufen, solange wird weiter Hass geschürt und auf den Buckeln derer entladen, die eigentlich nur ums nackte Überleben kämpfen. So wie wir mittlerweile auch.
Zwei Beispiele:
1. In die gezielten Tötungen von Terrorverdächtigen in Afrika durch Drohnen sind US-Standorte in Deutschland maßgeblich eingebunden.
2. Aus heiterem Himmel gefeuert.
Quelle: ARD panorama 30.05.2013
Über Löhne für Arbeitnehmer, von den man (nicht) leben kann, war bereits mehrfach ein Thema im Nachrichtenspiegel, bleibt aber ein Dauerbrenner, schon deshalb weil die Arbeitgeber sich immer etwas neues einfallen lassen um ihren Profit gnadenlos zu erhöhen, zu Lasten von Arbeitnehmern. Möglich ist das geworden, weil die Gewerkschaften mit der Agenda 2010, gleich mit über den Tisch gezogen worden sind. Es gibt nicht mehr viele Arbeitnehmer, welche sich von den Gewerkschaften im Kampf für anständige Löhne vertreten fühlen. Heute nutzen die Arbeitgeber die Schwäche der Gewerkschaften aus, um ihre eigenen Modelle von Gewerkschaften zu installieren.
Da sind Gewerkschaften tätig, die „Tariflöhne“ abschließen, die dem Arbeitgeber gefallen, tolle Sache, solch ein Gewerkschaftsmodell. Und den Arbeitgeber gefällt das so gut, dass sie die „Mitgliederwerbung für solche Gewerkschaften“ gleich mit übernommen haben sollen, was natürlich durch die Arbeitgeber, beharrlich bestritten wird.
Gunter Smits von der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit, sagt zur Mitgliederwerbung durch Arbeitgeber: “ Es findet nicht statt“. Und zum Vorwurf „ob es bei den Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit „Zwangsmitgliedschaften“ gäbe“, antwortete der Herr Smits mit „Nein“. Was soll er auch anderes sagen. Leiharbeiter, welche über solche Praktiken berichten, dass ihnen der „Mitgliedsbeitrag direkt vom Lohn, den sie erzielt haben abgezogen wird“, wird durch den Herrn Smits bestritten. Von den ARD Mitarbeitern, Thomas Dauser und Beate Klein darauf angesprochen, äußerte Smits vielsagend: „Ich kann Ihnen zu dieser Praxis hier keine Auskunft geben“. Überhaupt muss man feststellen, dass auf konkrete Fragen, wie „Bruttostundenlöhne von 4,80 – 4,88 Euro“, oder „Niedrigtarifverträge“, „Haustarifverträge“ , „Anzahl der Mitglieder solcher Gewerkschaften“, ist die Antwort auch klar und eindeutig: „Dazu gebe ich…. keine Auskunft“. Muss man auch nicht, jeder weiß doch, was abläuft bei den (u.a.) Christlicher Gewerkschaften. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Gewerkschaften allgemein dazu beigetragen haben, dass Exzesse auf den Arbeitsmarkt stattfinden können.
Prof. Peter Schüren, von der Universität Münster sagt deutlich was da abläuft: „Unter dem Deckmantel eines Tarifvertrages wird der Billigstlohn realisiert. Mehr nicht. Eine solche Vergütung kann eigentlich nur dann entstehen, wenn Arbeitgeberträume auf der Stelle erfüllt werden.“
Arbeitsklaven mit Billiglöhne, „Wir machen den Weg frei-Ihre Gewerkschaft“, ist doch toll, hat aber nichts mit gerechten Löhnen, Arbeitnehmerrechten zu tun und christlich kann man das wahrlich nicht nennen.
Es fällt ja heute schon nicht leicht, alle die Möglichkeiten aufzuzählen, wie Arbeitnehmer beschissen und ausgebeutet werden, möglich gemacht durch Schröder und Genossen. Jeder hat schon irgendwann mal was von Niedrigtarifverträge – Haustarifverträge – Werksverträgen gehört, vielleicht war der Eine, oder die Andere, davon betroffen und könnte darüber berichten. Und viele Arbeitnehmer müssen von Zeitarbeit und Leiharbeit mit Billiglohn leben. Ja sogar Tagelöhner gibt es in Deutschland mehr als man glauben mag, was für eine „schöne neue Arbeitswelt“ in Deutschland.
Aber wie ich bereits erwähnte lassen sich Arbeitgeber immer was neues einfallen. Neben Zeitarbeit, Leiharbeit und Tagelöhner, gibt es noch das Modell von Arbeitsverträgen, die KRANKHEITSVERTRETUNGSANSTELLUNG, von den Arbeitgeber als befristet begründet ausgewiesen, ich konnte es gar nicht glauben, wenn ich einen solchen Arbeitsvertrag nicht selbst gesehen hätte. Dieses Arbeitsvertrag Modell wird von Arbeitgeber immer mehr genutzt, denn der „Arbeitsmarkt“ ist voll von Rechtlosen Arbeitnehmern, welche in solche Arbeitsverhältnisse, mit „freundlicher Unterstützung durch die Behörden für Armut“, gezwungen werden, weil gut für die Arbeitslosenstatistik.
Und für Arbeitgeber bringen solche Arbeitsvertrags Modelle nur Vorteile, getreu nach dem Motto, heute angeheuert und morgen wieder gefeuert, ohne den Widerstand durch die Arbeitsklaven und Gewerkschaften zu befürchten. Und das dies so bleibt, dafür sorgen Beraterfirmen, welche die „Lohndrücker“ beraten und kümmern sich gerne um die „rechtssicheren Formulierungen“ von solchen Arbeitsvertrags Modellen, um den Rest kümmert sich die Politik, welche die „Rahmenbedingungen“ für solche Ausbeutungmodelle sicherstellt.
Denn die Politik meint ja bekanntlich, „SOZIAL IST WAS ARBEIT SCHAFFT“, billig, billiger, arbeiten für Lau. Für den Betroffenen Arbeitnehmer ist diese Entwicklung eine Katastrophe, ohne Hoffnung auf Änderung, je wieder eine Arbeit zu finden, von der sie und ihre Familien leben können. Hinzu kommt die Angst von den Betroffenen welche ihren Alltag bestimmt. Hinzu kommt der Frust über die „Behörden für Armut“ die durch bürokratischen Auffand, bei der Bearbeitung von Anträgen auf Aufstockung der „Sklavenlöhne“, vielen den Rest an Lebensfreude nehmen.
Die Zukunft läßt wenig Hoffnung und dürfte nicht all zu groß sein, dass diese Willkür auf dem Arbeitsmarkt beseitigt wird. Die Verrohung der Gesellschaft, die Missachtung der Würde des Menschen, scheint gesellschaftsfähig geworden zu sein. Der Mensch wird heute immer mehr an seiner Leistungsfähigkeit beurteilt, Schwache, Kranke und Alte sind Störfaktoren und sind in der globalen Welt allenfalls ein Kostenfaktor, der nach Möglichkeit so gering wie möglich gehalten werden muss. Es herrscht „Klassenkampf von oben“, mit dem Ziel, einer weiteren fortwährenden Machterweiterung des Kapitals, der Wirtschaft und weiteren Einschränkung der Rechte von Arbeitnehmern. Und das dieser Krieg durch das Kapitals, der Gier und Wirtschaft gewonnen wird ist so unwahrscheinlich nicht, denn es gibt so gut wie keine Gegner mehr auf der anderen Seite. Schwache Gewerkschaften, Ausgebeutete und entrechtete Arbeitnehmer haben, so scheint mir, ihren Widerstand bereits aufgegeben, bzw. besitzen nicht mehr die Kraft, die Massen dazu zu bringen, sich zur Wehr zu setzen.
Blieben da noch die Schwachen, Kranke, Alte, die von der Politik, der Wirtschaft, Teilen der Gesellschaft und einen Teil der Medien umgangssprachlich als „Sozialschmarotzer“ genannt werden, welche keine Lobby haben. Sie dienen den Mächtigen als „propagantisches Kanonenfutter“, mit dem Ziel , dass die Gräben der Gesellschaft noch breiter und tiefer werden und um ihr handeln und tun zu rechtfertigen. Es ist ein Irrglaube anzunehmen, dass die Mächtigen und die Wirtschaft ernsthaft Interesse daran hat, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Nein das ist nicht so, denn die benachteiligte der Gesellschaft sind der Garant für die Durchsetzung von Interessen der Wirtschaft, denn der „natürliche Feind des Kapitalismus“ ist eine starke und solidarische Gesellschaft.
Auch müssen die Mächtigen aus Politik und Wirtschaft die durchaus existierende Sozialbewegung, in all ihren Formen nicht fürchten, weil diese in der derzeitigen Gesamtheit von der Gesellschaft kaum wahrgenommen wird, aber vor allem ist die Sozialbewegung, zerstritten und führen zum Teil „Krieg, schüren Missgunst“ gegen einander selbst. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich für diese Einschätzung heftiger Kritik ausgesetzt werde, aber ich komme zu keinen anderen Ergebnis. Und ich bin ehrlich, wenn es darum geht die Frage zu beantworten, wie man das ändern könnte, ich weiß es nicht. Vielleicht bei den anstehenden Wahlen der Partei die Stimme zu geben, welche eine gerechte Gesellschaft wichtiger ist als die Gier und Macht einzelner, aber welche Partei soll das sein, welche Partei steht für eine solche Gesellschaft? Wer hat die Kraft, die Möglichkeiten und den Mut den Kampf gegen Finanzmärkte und Wirtschaftbosse aufzunehmen? Zur Zeit reden uns alle Parteien ein, dass nur sie das könnten, wahrlich ein schlechter Witz.
Natürlich kann man zur Auffasung gelangen, dass es uns, gesehen an der wirtschaftlichen Situation von Menschen in anderen Staaten, noch gut geht. Mag so sein, aber es kann nicht das Ziel einer Gesellschaft sein, sich an der Armut und der Lebenssituation in anderen Staaten zu orientieren. Was mich nachdenklich stimmt ist die Aussage des chinesische Ministerpräsident Li Keqiang in der Zusammenarbeit mit Deutschland von einem “ Traumpaar“ spricht. „Chinesische Verhältnisse“ für Arbeitnehmer in Deutschland, da wären die heutigen bestehenden Niedrigtarifverträge – Haustarifverträge – Werksverträgen- KRANKHEITSVERTRETUNGSANSTELLUNG – Arbeitsklaven mit Billiglöhne „das kleinere Übel“, ODER?
PS: Ich würde Euch noch kurz den Herrn Gunter Smits vorstellen:
Ein Gastbeitrag von Rayuell
„Wenn kein Sinn darin ist, so erspart uns eine Menge Arbeit, denn dann brauchen wir auch keinen zu suchen.“ – Lewis Carroll „ Alice im Wunderland“
In einem berühmten Gedankenexperiment wird eine Katze in eine fest geschlossene Kiste eingesperrt. „Auf sie ist ein Gewehr gerichtet, dass einen Schuss abfeuert, wenn ein radioaktiver Kern zerfällt, was mit einer fünfzig prozentigen Wahrscheinlichkeit geschieht. (…) Wenn man die Kiste öffnet, ist die Katze entweder tot oder lebendig, aber bevor die Kiste geöffnet wird, ist der Quantenzustand der Katze eine Mischung aus dem Zustand „tote Katze“ und dem Zustand „lebendige Katze“. (Stephen W. Hawking „Einsteins Traum – Expeditionen an die Grenzen der Raumzeit“)
Während viele Philosophen der Naturwissenschaft sich damit schwer abfinden können, dass beide Möglichkeiten neben einander existieren, entwarf Hartz IV die perfekte Personifizierung von Schrödingers Katze – einen Aufstocker.
Würde man die Kiste mit artgerechtem Hamsterrad ausstatten, hätte man der Katze die Möglichkeit gegeben, bevor der Schuss fällt, vor Erschöpfung zu sterben; das Drehrad könnte dann die Eigenbemühungen darstellen, die Sanktionsdrohung – der Antrieb. Dieses Geschöpf, das gleichzeitig arbeitet und arbeitslos ist, sollte vielleicht die „Olaf-Scholz-Katze“ heißen.
Die WAZ vom 17.02.2009 berichtet, dass mehr Arbeitslosen das Geld gesperrt wird. Ob in der Statistik die Aufstocker berücksichtigt werden, erwähnt sie nicht. Darüber hinaus müssen rund 59 000 Menschen auf ihr Geld verzichten, weil sie nicht wussten, dass sie sich schon drei Monate vor der Entlassung arbeitslos melden müssten. Das bedeutet also, dass man nach Hartz 4 bestraft wird, bevor man überhaupt Hartz4-Empfänger wird. – Willkommen im Club!
Dem Bericht zufolge ist der Anstieg der Sperrzeiten durch flexiblere Strafen möglich geworden. Im Klartext, die Verschärfung der Sanktionen fängt schon, als Beispiel, bei der Interpretation der Zumutbarkeit an. Es wird zwar manchmal berücksichtigt, dass die Kinderbetreuung, gesundheitliche Einschränkung oder eine zu große Entfernung vom Arbeitsort im konkreten Fall eine Ablehnung rechtfertigen, es gibt aber keine klaren Vorgaben. Selten wird zu Gunsten der Arbeitslosen entschieden. Die Sanktionen werden schon bei Eingliederungsvereinbarungen verhängt. Ein solcher Vertrag sollte der Integration in den 1. Arbeitsmarkt dienen, doch er beinhaltet keine konkreten Anweisungen und ist peinlich einseitig. Weder die Fahrtzeiten noch die Kinderbetreuung oder gesundheitliche Einschränkungen werden erwähnt. Zur Hälfte besteht die EGV aus Beschreibung der Sanktionen; unter anderem geht es um das Nachweisen der Eigenbemühungen. In einem Atemzug werden die Kosten pro nachgewiesene schriftliche Bewerbung ab Januar 2009 auf 3,00 Euro reduziert. Allein die Verweigerung der Unterschrift wird mit Kürzung der Leistungen bestraft. Nach einer oft zu kurzen Bedenkzeit soll das Dokument unterschrieben in den Postkasten eingeworfen werden, obwohl das bei Verträgen nicht rechtskonform ist.
Ein Aufstocker unterliegt dem Hartz4 Strafregister und muss gewissenhaft allen Verbindlichkeiten nachkommen. Neben den Einladungen von ARGE und halbjähriger Antragstellung muss er jeden Monat seine Lohnabrechnung vorzeigen. Es bedeutet oft lange Wartezeit bei dem ALGII-Schalter, denn es gibt keine Abgabestelle extra für Aufstocker. Eine Verspätung wird mit Sanktionen belegt und als „Verletzung der Meldepflicht“ abgetan.
Stellt sich nicht die Frage, ob die Mitarbeiter neben der Vollstreckung der Sanktionen überhaupt noch Zeit haben könnten, sich um die Arbeitsvermittlung zu kümmern? Wann sollen sie die individuelle Strategien für die Rückkehr in den Arbeitsmarkt entwickeln, wenn sie als reines Kontrollinstrument und Straforgan fungieren, deren ersten Ziel das Realisierung und Vollstreckung der Sanktionen zu sein scheint? Die persönlichen Ansprechpartner sollten bei den individuellen angepassten Weiterqualifizierungsmaßnahmen auch die familiäre Situation berücksichtigen, doch die kennen oft nicht einmal die Akten, nicht ein Blick wird auf die mehrmals verlangten Dokumente geworfen.
Eine Sanktion bedeutet, von weniger als dem Existenzminimum zu leben. Auch ohne eine Kürzung sind die Hartz4 Empfänger ohne „Tafel“ nicht überlebensfähig. Das sind die Läden, vor denen stundenlang die Bedürftigen ausharren, um dank der Spenden und ehrenamtlichen Mitarbeitern ein bisschen welkes Obst und ein Brot von Gestern für das kleine Geld zu kaufen. Das wartende Volk erinnert an die großartigen Bilder von Hieronimus Bosch, von den mittelalterlichen Gewändern abgesehen.
Die gekürzte Leistung reicht nicht, um die laufenden Zahlungen zu decken. Vom nicht gedeckten Konto werden die Daueraufträge storniert, natürlich auf Kosten der Kontoinhaber. Hinter jedem einzelnen Fall steht eine furchtbare Tragödie. Ein Gipfel des Zynismus, zu behaupten, von den Sanktionen wird der Haushaltsvorstand allein betroffen. Es trifft immer eine ganze Familie, eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft.
Was ein Hartz4 Empfänger mit einer Katze in einer fest geschlossenen Kiste gemeinsam hat, ist die Isolierung. Ein zur Heiserkeit schreiendes Geschöpf kann niemanden auf sein Leid aufmerksam machen. Ein Hartz4 Empfänger wird sogar sprachlich von dem Rest der Gesellschaft abgesondert. Er spricht von Zumutbarkeitsgrenzen, Eingliederungsvereinbarungen, Eigenbemühungen, verschobener Unterdeckung, – kein Mensch versteht etwas.
Heiner Geißler schrieb: „Wir sind arm am Wissen über die Armut. Es hilft aber nichts, vor diesem Problem einfach die Augen zu verschließen. Die eigene Sprachlosigkeit der Armen darf nicht dazu führen, dass sie der öffentlichen Aufmerksamkeit entzogen werden“. Sein Parteikollege, Phillip Mißfelder, meint über 30 Jahre später, dass die Anhebung der Regelsätze der Hartz 4 Empfänger so etwas wie eine Konjunkturspritze für die Tabak- und Spirituosenindustrie wäre. Er hat aber nur das wiederholt, was schon Herr Witzel, FDP, vor Monaten öffentlich gesagt hat. (Und beide wissen Bescheid, dass die Hartz4 Empfänger sich nicht wehren können. Ein Prozess wegen Verleumdung kann schon alleine wegen der Streichung der Prozessbeihilfe nicht statt finden. Der Rechtsstaat ist für die Armen gestorben.)
Genau wie unzählige Medien es täglich tun, z.B. Financial Times Deutschland brachte es auf Punkt: Hartz4 sollte der notwendige „Tritt in ***** der Arbeitslosen“ werden (genauer Wortlaut). Nach den Freien Demokraten sollen das untere Zehntel der Gesellschaft nur „ledige Mütter und Alkohol- und Drogensüchtige“ sein, die für die Folgen ihres Handelns selbst einstehen müssten. Die begehrte Wählerklientel in der „Mitte“ hört das immer gern. „Gut verdienende Politiker plaudern gerne mal so vor sich hin, wenn es um das fremde Thema Armut geht“ – verrät Gabriele Gillen in „Hartz 4 – Eine Abrechnung“. „In der Welt am Sonntag“ vom 19.09.2004 gab Familienministerin Renate Schmidt ihre Erfahrung zu Protokoll, dass die Armut unterschiedliche Gesichter habe. Manche Menschen, so wusste die uns zu berichten, fühlten sich mit einem Einkommen auf Sozialniveau gar nicht arm. (Und manche Politiker fühlen sich auf niedrigstem intellektuellen Niveau auch nicht dumm.)
Die Politiker können sich auf die Mithilfe der Mehrheit von Journalisten verlassen, die den Abbau des Sozialstaates offenbar regelrecht erzwingen wollen, sagte sie an anderer Stelle, und zitiert J. Kaube in FAZ „Den Dauerarbeitslosen gehe es um die vermeintliche Pflicht zur Subventionierung eines Anscheins von bürgerlichem Leben“. Das kann man kaum eine subtile Beeinflussung mehr nennen. Immer, wenn ich solche Sätze wie oben lese, muss ich zwangsläufig an einen der ungekämmten Gedanken J. Lec’s denken: „Er hat ein reines Gewissen. Er hat es auch noch nie benutzt.“
Im Joachim Israel Buch „Der Begriff Entfremdung – Zur Verdinglichung des Menschen in der bürokratischen Gesellschaft“ geht es um Verwandlung des Menschen von einem aktiven Subjekt in ein passives, gesteuertes Objekt; in einem (dialektischen) Prozess wird ein Mensch phasenweise vom Arbeiter zur Arbeitskraft verwandelt. Wo Verbrauch nicht mehr nur zur Reproduktion der Arbeitskraft benötigt wird, sondern auch Voraussetzung zur Massenproduktion wird, geschieht die Verwandlung des Verbrauchers in Kaufkraft, und dieser Aspekt wird so umgewandelt, dass der Mensch als Arbeitskraft und Kaufkraft Ausdrücke der verdinglichten Objektivierung sind; die dritte Phase tritt ein, wenn die Bürokratisierung der Gesellschaft zu einer neuen Aufhebung führt und verwandelt den Menschen in ein willenloses Objekt mächtiger Bürokratien. Obwohl das(Un)Wort „Bürokratieabbaugesetz“ allgegenwärtig zu sein scheint, lebt ein Hartz 4 Empfänger wie Dostojewskis Fürst Myschkin und Franz Kafkas K. in einer Welt, in der die Gesetzestafeln umgedreht werden können und zeigen, dass auf ihrer Rückseite das Gegenteil geschrieben steht. Als die Medien von der Schließung der Beratungsstellen für die Arbeitslosen und Streichung der Prozessbeihilfe berichteten, blieb die Öffentlichkeit fast stumm. Keine Stimmen der Empörung, dabei bei der noch lange nicht bewältigten Klageflut bei Sozialgerichten ging es überwiegend um fehlerhafte Bescheide über Leistungen für die Hartz4-Empfänger. Netter Versuch, Millionen von bedürftigen Menschen das Recht auf einen Anwalt zu entziehen, um den schon zum Alltag gewordenen Rechtsbruch zu rechtfertigen, in dem man ihnen einen Status des Gesetzlosen zuschiebt.
Bei Franz Kafkas „Prozess“ dringt auch K. niemals bis zu seinen Richtern vor; er trifft nur ihre Boten, Beamten und Henker. „Die Autorität selbst enthüllt sich ihm nie, und dennoch – oder gerade deswegen – ist K’s Leben, jeder Tag und jede seiner Handlungen, von ihrer unsichtbaren Allgegenwart durchdrungen“ (Paul Watzlawick, „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“).
Keiner der Sachbearbeiter der ARGE will je die Verantwortung tragen. Alle tun nur ihre Arbeit. Auch der ehemalige Leiter der Vestischen Arbeit, der Hauptdarsteller der Affäre um die 1-Euro-Jobs in dem Seniorenheim Grullbad in Recklinghausen. Das Ganze klingt schon fast wie eine Vorlage für einen Hollywoodthriller, und zwar unter dem Titel „Das Schweigen des Lammers“, – hätte der Ulrich zum Schluss bloß doch nicht gesprochen. Er meint, immer korrekt gearbeitet zu haben und ist sich seiner Schuld nicht bewusst.
Was ist eigentlich aus den Mitarbeitern des Seniorenheims geworden? Haben sie ihre Arbeit wieder? Was sagen die 1-Euro-Job Kräfte dazu, dass Lammers & Co.’s seltsame Machenschaften zum irritierenden Finale kommen, indem er zum Schluss mit einer Strafe von 5.000,- Euro davon kommt? In welchem Verhältnis steht das zur Kürzung der Leistung eines Hartz-4-Empfängers, der zur Einladung der ARGE zu spät kam, weil ein Zuganschluss verpasst hatte? Welcher Sanktion würde die Geldstrafe des Lammers entsprechen – 10%, 30%, 60% Kürzung oder dem Wegfall des Zuschlags, in dem auch keine Beiträge zur Kranken-und Pflegeversicherungen abgeführt werden? Im Finale des Films, hätte die Story John Grisham geschrieben, könnte man den Herr Lammers in einer orangefarbenen Weste auf der Josefa Labuga Straße in Marl, mit anderen 1-Euro-Jobber den Besen schwingen sehen. So wäre er aus jeder Statistik rausgefallen, auf Dauer der 5000 Stunden (Sonder)Maßnahme.
Die Katze will raus
Aus Hartz4, genau wie in Erwin Schrödingers Experiment, gibt es keinen Ausweg. Die Katzenklappe für Freigänger gibt es nicht. Jedenfalls für lebendige Katzen nicht.
Ich habe eine Bekannte, eine qualifizierte Altenpflegerin, 53 Jahre alt. Sie ist ein unwahrscheinliches Energiebündel, hoch motiviert, eine Person, die es immer weniger gibt – die ihren Beruf als Berufung versteht. Sie ist eine gepflegte sehr nette Dame mit einem großen Herzen, in dem es jede Menge Platz für Senioren, Kinder, Katzen und Hunde gibt. Sie hat ein Strahlen in sich, wie Menschen, die eine Hoffnung haben. Bei jedem Termin bei der Vestischen Arbeit ist sie überpünktlich, macht jede Maßnahme mit, und der Umfang ihrer Bewerbungen kann von der Papiermenge her mit dicksten Enzyklopädien konkurrieren. Sie ist ein lebendes Beispiel für das von Bundesregierung und Wirtschaft organisierte Einsparprogramm, das mit Hilfe von s.g. gemeinnütziger Arbeit bei minimalem Geldeinsatz über die Aussteuerung von Millionen Menschen aus angemessenen Leistungen funktioniert. Ein Arbeitsloser soll durch die vertragsfreien und nicht sozialversicherungspflichtigen Arbeitsgelegenheiten beweisen, dass er arbeitswillig ist und bereit wäre, auch einen regulären Arbeitsplatz anzutreten. (G.Gillen, ibidem) Meine Bekannte hat schon von 1-Euro-Jobs bis hin zur Busbegleitung bei der Vestischen und diverse Qualifizierungsmaßnahmen mitgemacht. Sie kennt die Seniorenheime im ganzen Kreis, weil sie immer im Rahmen einer Art Praktika die Probezeit durchläuft; verzichtete oft freiwillig auf Wochenenden, weil sie immer wieder am Anfang die Versprechung hört, dass sie eventuell angestellt wird. Und wenn das wieder mal nicht geklappt hat, dann nicht deswegen, weil sie ungeeignet oder nicht fleißig genug ist – es sind einfach so viele, die schon auf diesen Platz ungeduldig warten…
Neben den vielen Maßnahmen durch Eingliederungsvereinbarungen verpflichtet, muss sie regelmäßig die „Eigenbemühungen“, „Mobilität“, „Flexibilität“ und was weiß ich alles nachweisen. Sie sucht also nach einer Arbeit und bewirbt sich dann auch aus Eigeninitiative und geht jedem Vorschlag ihrer „Fallmanagerin“ nach. Sie kann das Wort „Eigenverantwortung“ nicht mehr hören. Nach der Analyse ihres Lebenslaufs bekam sie einen Vermittlungsschein für „Jugend in Arbeit“, und wegen dem Mangel an qualifizierten Stellen eine „Überweisung“ für eine Pizzeria, als Küchenaushilfe. Bis sie eines Tages nicht mehr konnte. „Ich habe für meine Katze einen größeren Vorrat an Trockenfutter gekauft, die Rollos runter gemacht und ging zwei Wochen lang nicht aus dem Haus.“ erzählte sie. Sie litt unter Angstzuständen und einer tiefen Depression, mit der ganzen Symptomatik wie Menschen, die chronisch Mobbing ausgesetzt werden, und fühlte sich „weder lebendig noch tot“. Die Zumutbarkeitsgrenzen kann man nicht klar zeichnen – die liegen bei jedem Menschen wo anders. „Ich muss doch feststellen, wie weit ich bei ihnen gehen kann“ – sagte ihre persönliche Ansprechpartnerin, und legte noch ein Termin, noch eine Bewerbung drauf.
Viele Arbeitslose werden schon krank, wenn sie sich in einer Schlange in der Agentur anstellen müssen; dort, wo die Security-Beamten darüber wachen, dass niemand vor Verzweiflung schreit; es könnte ansteckend sein. Es wäre Zeit, dass in den Jobzentren Automaten mit Antidepressiva aufgestellt werden. Die Hartz-4 Empfänger werden dauerhaft traumatisiert. Sie verlieren dauerhaft ihr Selbstwertgefühl. Sie haben schon deshalb geringere Chancen bei Vorstellungsgesprächen, weil Selbstsicherheit ihnen fremd geworden ist. Sie und ihre Kinder werden öfter krank. Sie tragen billige, gebrauchte Kleidung und können sich keinen Friseur leisten. Sie fallen einfach durch, nicht weil sie dumm oder ungebildet, oder unqualifiziert sind, sondern weil sie von den Arbeitsagenturen arbeits- und vermittlungsunfähig gemacht worden sind. Für die 1-Euro-Jobs ist auch niemand überqualifiziert.
„Es ist faszinierend, was seelische Schmerzen bei einem Menschen anrichten können, der in keiner Weise schwach oder hinfällig ist. Seelische Schmerzen sind heimtückischer als körperliche, denn sie können nicht durch Morphiuminfusionen, Spinalanästhesie oder eine Operation gelindert werden. Wenn sie einen einmal in ihrem Griff haben, ist es, als könnte einen erst der Tod von ihnen erlösen. Es ist harter, grausamer Realismus, wie man ihn sonst nirgends findet.“ (Philip Roth, „Der menschliche Makel“)
Kurz vor Weihnachten brachte die WAZ eine Geschichte in der ein Hartz4 Empfänger selbst erzählt, über seine an Diabetes erkrankte Katze, Jule. Die Leser waren sehr berührt und schockiert, dass man nicht einmal seinem Tier medizinische Hilfe geben kann, wenn man arm ist. Die WAZ, reagierend auf die Welle der Reaktionen ihrer Leser, die von warmherzigen Briefen bis hin zu Geldspenden reichte, bedankte sich mit den Worten „Wir sind stolz auf unsere Leser“. Der Autor des erschütternden Berichts hat seine Katze zwei Wochen sterben sehen müssen.
Ein Schicksal hat vorübergehend ein (Katzen) Gesicht bekommen, bevor die vielstelligen Zahlen wieder Oberhand gewonnen haben.
Ich bin selber alleinstehende Mutter 3-er Kinder, auch Aufstockerin übrigens. Als Absolventin der Uni Breslau und Pädagogischer Hochschule in Grünberg, Polen (Bibliothekswissenschaften und wissenschaftliche Information) – bin ich von der Arbeitsamt gezwungen worden, wärend meine Tochter noch in KiGa war, eine geringfügige Arbeit (10St./Woche) als Aushilfe aufzunehmen.
Ich habe nach 3 Monaten eine unbefristete Stelle bekommen. D.h. ich kann nicht kündigen. Inzwischen arbeite ich dort 5 Jahre. Meine Beschäftigung hat weder mit meinem Beruf (Schulbibliotkheken und Leseförderung & Bibliotherapie) noch mit Weiterqualifikation als technische Redakteurin zu tun.
Das nur am Rande.
…ist ein Buch aus der Praxis für die Praxis, ein Aufklärungsbuch über Sinn & Unsinn aktueller Arbeitsmarktpolitik seit Hartz IV.
Die Autorin Isabel Horstmann (Dr. phil., Jahrgang 1958, geb. in London, in Niedersachsen aufgewachsen, studierte nach einer anthroposophischen Ausbildung zur Gymnastiklehrerin und Tätigkeit an einer heilpädagogischen Schule an der Philipps Universität in Marburg die Fächer “Neuere deutsche Literatur und Medien” sowie “Kunstgeschichte”; 1996 promovierte sie und arbeitete im redaktionellen Bereich für Fachzeitschriften, als Lektorin für Ratgeber, Dokumentationen und Fachbücher.) war jahrelang freiberuflich an Bildungsinstituten in Mittel- und Nordhessen tätig. Der Schwerpunkt Ihrer Arbeit lag dabei auf sog. “Bewerbungstrainings”, zum Teil eingebunden in “Feststellungs- und Qualifizierungsmaßnahmen”.
Dabei hat sie umfangreiche und tiefe Einblicke in jenen Bereich erhalten, in dem Arbeitsverwaltung und Bildungsinstitute versuchen, den Gedanken des “Fordern und Fördern” (Davon lebt mittlerweile eine ganze Branche) in die Tat umzusetzen. Um zu verstehen, was da geschieht, muss man wissen: Zahlreiche arbeitsmarktpoltitische Maßnahmen reduzieren die Zahl der Arbeitslosen, weil die Teilnehmer während ihrer Teilnahme nicht mehr als Arbeitslose gezählt werden.
Bspw. waren im April 2008 offiziell 1.531.940 Personen in solchen Maßnahmen untergebracht und erschienen während dieser Zeit nicht mehr in der offiziellen Arbeitslosenstatistik, senkten also die so wichtige Arbeitslosenquote.
Wer “Maßnahmen” nur vom Hörensagen kennt, wird bei der Lektüre dieses Sachbuches aus dem entsetzten Staunen nicht mehr herauskommen – und wer selbst schon an Maßnahmen teilgenommen hat, wird feststellen, dass sich auch das, was er selbst erlebt hat, noch übertreffen lässt…
Ohrfunk.de gab die Autorin, die selbst als Teilnehmerin nachdem Sie als Bewerbungstrainerin entlassen wurde von der ARGE in eine solche Maßnahme verwiesen wurde, ein zweiteiliges Interview, das hier & hier mit staunen & entsetzen gehört werden kann.