Anthropologie

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Warum wir ohne Herrschaftswissen die Welt nicht mehr verstehen und von Affen regiert werden

Warum wir ohne Herrschaftswissen die Welt nicht mehr verstehen und von Affen regiert werden

Samstag, 3.3.2012. Ganz schlechte Nachrichten erreichen uns heute: der Warp-Antrieb funktioniert nicht – bzw. wenn er funktionieren würde, dann würde er sein Ziel vernichten – oder das ganze Universum. Ganz so sicher ist man sich dabei wohl noch nicht. Nun, man würde ihn wie die Atombombe trotzdem ausprobieren, wenn man könnte, da bin ich mit sicher. Bei der wusste man ja auch nicht, ob man nur Nagasaki oder nicht auch die gesamte Atmosphäre oder den Rest der Welt per Atombrand vernichten würde. War ja noch alles ganz neu für die Wissenschaft. Angesichts der Tatsache, das wir hier nicht wegkommen, wäre man nun gut beraten, wenn man einfach mal das aktuelle Raumschiff namens „Erde“ und seine Mannschaft etwas pfleglicher behandeln würde, noch bevor sämtliche Eisvorräte geschmolzen sind, grausige Tornados nicht nur in den USA ganze Städte auslöschen, neue schockierende Erdbebenrekorde  die Grenzen menschlichen Wissens (und unsere Städte) sprengen oder unsere kapitalistische Kultur uns alle zu Müllmenschen macht wie Indonesiens „Recycling“-Pioniere. Warum man das nicht tut, hat seinen Grund … den erfahren wir aber nicht. Und hier fängt es an, richtig unheimlich zu werden: wir kommen in den düsteren Bereich des Herrschaftswissens, den es in Demokratien gar nicht geben dürfte. Trotzdem ist er da, siehe FAZ:

Die Regierung rückt nicht mit der ganzen Wahrheit heraus. Und das ist gut so – im Angesicht von Bedrohungen wie dem Terror und der Eurokrise. Der Innenminister darf nicht alles sagen, was er über drohende Gefahren weiß, schon weil er dann zugeben müsste, dass er vieles nicht weiß. Und der Finanzminister sagt schon viel, wenn er sagt, dass er nicht sagt, ob sich bald der nächste EU-Staat retten lassen muss. Der Feind hört mit, ob im Terrorlager oder an der Börse.

Das las man dort 2010 in einem Loblied über die gerechtfertigte Existenz von Herrschaftswissen. Es wurde sogar unterstellt, der Bürger mag das sehr gerne, weil er ja selber gar nicht mitregieren wolle sondern „denen da oben“ voll und ganz vertraut.

Ich weiß nun nicht, welche Art von Herrschaftswissen Angela Merkel bei ihrer Arktisreise vermittelt bekommen hat – angeblich hat sie die schmelzenden Gletscher ja selbst gesehen. Nur hat sie wohl nicht verstanden, was sie da sieht, denn einfachste Maßnahmen zum Klimaschutz blieben aus: Verbot der SUV´s auf deutschen Straßen, Verbot von Inlandsflügen, Sonntagsfahrverbot für alle (der Schmidt hat doch gezeigt, das das geht), Reduzierung des Fernreisewahns, Förderung der lokalen Wirtschaft gegenüber der emissionsintensiven Konzernwirtschaft – dem normalen Bürger kommen ja endlos Gedanken, wie man die Welt retten kann. Das keine der sofort wirkenden Massnahmen beschlossen wird, kann doch nur eins zeigen: der Klimawandel ist ein Witz – oder mal wieder eine clevere Geschäftsidee, mit der man Steuergelder abgreifen und noch mehr Steuergelder auferlegen kann. Jenseits des „Business“ jedoch – ist der Klimawandel allen völlig egal.

Nehmen wir ein anderes Beispiel – die nicht enden wollende Wirtschaftskrise. Aktuell sind ja zur Rettung der Weltwirtschaft die Griechen – trotz umfangreicher Hilfspakete – auf das allerunterste Niveau herabgestuft worden, was – nach der Logik der Preistreiber – bedeutet, das die Kredite für Griechenland wieder teurer werden. In den letzten beiden Jahren hat die EZB den privaten Banken ÜBER EINE BILLION EURO geliehen – Tendenz steigend. Steuergeld für Spekulanten, sozusagen. Die geben das den Griechen, Italienern, Spaniern und Portugiesen wieder – dank Rating mit satten Gewinnen.

Der normale Bürger würde sagen: geben wir doch den Griechen, Italienern, Spaniern und Portugiesen diese Kredite einfach direkt: die haben dann den unglaubliche niedrigen Zinssatz von einem Prozent (anstatt bis zu 25%), können ihr Volk weiter ernähren, haben keine Rekordarbeitslosigkeit mehr und werden auch die Zinsen zahlen können, ohne ihre Wirtschaften ruinieren zu müssen. Warum Merkel nun meint, erstmal die Spekulanten reich machen zu müssen, bevor den europäischen Brüdern und Schwestern in Zeiten schlimmster Not geholfen wird, erschließt sich uns vor Ort erstmal nicht. Aber vielleicht haben wir es auch hier nur mit einer cleveren Geschäftsidee zu tun.

Doch verlassen wir einfach mal den Bereich Klima und Geld – wenden wir uns dem heikelsten Thema der politischen Welt zu: der Machtpolitik. Nehmen wir beispielsweise mal Libyen – also den Rest davon, der noch steht. Da waren wir ja als Nato angetreten, Frieden, Wohlstand und Gerechtigkeit zu bringen im Namen der Allgemeinen Menschenrechte. Die zählen zwar in den Natostaaten selbst immer weniger, aber zumindest verkaufen wir das immer noch, weil es eine gute Ausrede ist, in fremden Ländern Bomben werfen oder Leute ermorden zu dürfen. Was haben wir dort nun bekommen, als Dank für unser Engagement: eine Regierung, die die Allgemeinen Menschenrechte mit Füssen tritt: mit Folter, willkürlichen Verhaftungen und tagelanger öffentlicher Zur-Schau-Stellung von Regimegegnern. Warum werden die jetzt nicht schnellstens weggebombt – wo das doch gerade aktueller Standard ist?

Noch ein Beispiel: Israel. Hier hat Wikileaks nun Herrschaftswissen veröffentlicht, das unser Weltbild wieder einmal auf den Kopf stellt, siehe Welt:

Unabhängig davon hat sich das Verhältnis der Türkei zu Israel verschlechtert, weil Israel im Jahr 2010 brutal gegen die „Hilfsflotte“ der „Mavi Marmara“vorging und seither eine Entschuldigung dafür verweigert.

Das wussten wir ja. Was wir nicht wussten – das war … wie Israel schon verzweifelt ausrief … ein lang geplanter Coup, ein strategischer Schachzug, um sich zur islamischen Führungsnation aufzuschwingen:

Und jetzt die beiden Sätze, die alles ändern. Sie stehen in einer von Wikileaksveröffentlichten internen E-Mail der US-Sicherheitsfirma Stratfor. Deren Chef, George Friedman, traf im Februar 2010 offenbar mit dem einstigen US-Außenminister Henry Kissinger zusammen, nachdem dieser kurz davor dentürkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan getroffen hatte. Friedman verfasste für sein engeres Team eine Zusammenfassung der aus dem Gespräch gewonnenen Erkenntnisse.

Darin steht, in einer E-Mail vom 20. Februar 2010: „Erdogan hat ihm (Kissinger, die Red.) klargemacht, dass er plant, irgendwann mit Israel zu brechen und sich zur islamischen Welt zu orientieren. Er hat vor, deren Führer zu werden.“ Mehr nicht, aber diese beiden Sätze haben es in sich. Erdogan plante, mit Israel zu brechen?

Im Rahmen dieser Wikileaksoffenbarung erfahren wir auch etwas über uns … etwas, das uns helfen kann, zu verstehen, warum Politik und Vernunft sich immer weiter voneinander entfernen:

In Deutschland, so heißt es da in Bezug auf die Wirtschaftskrise und deren politische Folgen, „trifft eigentlich nur die Deutsche Bank Entscheidungen“

Aha – damit wird alles klar. Die Parallelewelt der Banken braucht keine Umwelt – ausser als Möglichkeit, billiges EZB-Geld für hohe Zinsen weiter zu verkaufen. Sie findet Konflikte aller Art ebenfalls sehr gewinnträchtig – und Bomben, die in Massen produziert werden, müssen irgendwann auch geschmissen werden. Aus dieser Weltsicht wird allerdings die aktuelle Organspendedebatte unheimlich – erst recht, wenn man merkt, wie auf einmal „in aller Stille“ an dem Gesetz herumgeschraubt wird: hier entsteht ein Hochpreismarkt, der für Banken höchst interessant ist. Bedenkt man den ethischen Standard, den Politik, Banken und Wirtschaft in den letzten zehn Jahren gelebt haben, dann sind  schlimmsten Horrorphantasien keine Grenzen mehr gesetzt.

Gut, das wir da Abhilfe schaffen können, um die Mannschaft des Planeten Erde und das gesamte Raumschiff vor weiterem Chaos und weiterer Zerstörung zu retten. Der Spiegel verrät, wie:

Teamwork  macht stark – und unterscheidet Menschen von Tieren, wie ein Experiment jetzt auf eindrucksvolle Art gezeigt hat. Kinder haben dank Kooperation knifflige Aufgaben wesentlich effektiver gelöst als Affen, denen vor allem ihr Egoismus im Weg stand.

Teamwork – das ist das ganz normale menschliche Verhalten, wenn keine Affen an der Regierung sind. Hat man aber den Fehler gemacht, Menschen in Machtpositionen zu dulden, die den Weg vom Baum herab in die Chefetage gemacht haben ohne den mühsamen Weg menschlicher Sozialisation zu gehen, dann hat man ein Problem: die Affen missbrauchen ihr Herrschaftswissen, wo immer sie nur können – Klimakatastrophe, hungernde Griechen, Folter in Libyen, Beschiss in Billionenhöhe  – all das stört sie nicht, solange sie selbst nur „ganz oben“ sitzen. Und da sie für immer und ewig die Spitze des Baumes bilden wollen, möchten sie auch gern ihre verschlissenen Organe durch unsere ersetzen.

Und hier haben wir jetzt auch jenes Herrschaftswissen gefunden, das wir brauchen, um die Welt zu verstehen: an den Spitzen jeglicher Machtpyramiden finden sich grundsätzlich egoistische Affen und produzieren Probleme, die der soziale Mensch nie hätte. Zur Lösung dieser Probleme jedoch kann der gemeine Affe nicht viel beitragen – auch wenn man ihm noch soviel schmelzende Gletscher zeigt.

Der kapiert doch gar nicht, was er da sieht.

Für ihn gilt nur: Hauptsache, er sitzt ganz oben auf dem Baum.

Ob das jetzt wirklich auch für Angela Merkel persönlich gilt, kann ich nicht sagen. Dafür kenne ich sie zu wenig.

Aber ich kann sagen, das wir weltweit eigentlich gar keine Probleme hätten, wenn es diese Affen nicht gäbe, die den ganzen lieben langen Tag nichts anderes tun, als in Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik Gebilde in Baumstruktur zu errichten, die es ihnen ermöglichen, ganz oben zu sitzen.

Sitzen sie erstmal dort … ist ihnen der Rest – Klima, Wirtschaft, Menschenrechte – völlig egal.

 

PS: und nicht vergessen – am 4.Juli ist der erste nationale Kaufnixtag … jener Tag, an dem wir den Affen einmal zeigen können, was geschehen würde, wenn wir zusammen im Team mit der Säge spielen: Teamarbeit ist ja das Erfolgsrezept der Gattung Mensch.

 

 

 

 

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