Freitag, 2.6.2017, Eifel. Liebe Frau Nahles! Endlich komme ich mal dazu, Ihnen zu schreiben. Das nehme ich mir schon lange vor, weil – nun: Sie reden immer so gerne über Arbeitslose, da dachte ich mir: reden Sie doch einfach mal mit Arbeitslosen … oder noch besser: hören Sie einfach mal zu. Ich weiß, dass das schwer fällt, denn immerhin … sind wir die Unterschicht, oder, vornehmer formuliert: das Prekariat. Kurz: der Dreck, der Abschaum, die Unmenschen, Schuld am Leid des ganzen Landes. Wir saufen den ganzen Tag, rauchen wie Fabrikschlote und sind die Hauptursache, dass RTL 1-24 nur erbärmlichsten Schund produziert: außer uns schaut das nämlich keiner. Wir sind ausländerfeindlich, rechtsoffen, homophob, islamophob, können mit den hochwertigen Errungenschaften der Genderwelt nichts anfangen, weil wir bei der Frage nach unserem Geschlecht einfach in die Hose schauen und dann eine eindeutige Antwort geben können. Wer redet schon gerne mit solchen … Wesen. Sie sind doch eigentlich gar nicht mehr richtig menschlich, oder? Eher so eine Art … Untermenschen.
Sie können edle Weine nicht von billiger Plörre unterscheiden, kaufen billigstes Fleisch bei Aldi, halten „Vegan“ für eine Fortsetzung der Science-Fiction-Serie „Sie kamen von der Wega“ und waren noch nie an den schönsten, von National Geographic ausgezeichneten Urlaubsorten der Welt, sie haben kein Geschirr von Villeroy und Boch, waren noch nie beim Bundespräsidenten eingeladen und haben auch keinen der vielen vielen Preise erhalten, die sich die gehobene Gesellschaft gegenseitig so gerne verleiht. Man kann mit ihnen nicht über die Wahnsinnsgefühle reden, die einen überkommen, wenn in den neuesten Theaterstücken auf der Bühne gekotet und uriniert wird, wenn man in feinstem Kreise pseudokannibalistische Rituale als künstlerischen Akt genießt oder mit dem neuesten Audi-SUV mit 200 über die Autobahn brettert, als sei man ein Sportwagen.
So ist es doch, oder?
Nur mit harter Hand kann man diesen Pöbel dazu bringen, gehorsam zu sein. Man muss sie straff führen, wie Hunde – und sie auch sonst so behandeln. Zuckerbrot und Peitsche – was anderes verstehen die nicht. Fehlt die harte Hand des Herren … weigern die sich nachher noch, Steuern und Abgaben zu bezahlen – und man müsste nachher als hochwohlgeborener Elitemensch noch selber arbeiten gehen – was einem nur die Fingernägel und die Figur ruiniert.
Ja, das war jetzt ein wenig harter Tobak, das stimmt: aber mal Hand aufs Herz: Sie kennen sicher einige, die so denken, nicht wahr? Ich könnte Ihnen ein paar Namen nennen, die öffentlich drastisch solche Horrorbilder befördert haben – was ja nichts besonderes ist. Die Entmenschlichung des Feindes ist der erste Schritt in jedem Krieg, je abartiger der dargestellt wird, umso leichter fällt es, ihn auszulöschen, ja, man fühlt sich letztendlich sogar richtig gut bei jeder Leiche, die man hinterläßt, so als würde man das Werk Gottes tun und die Welt vom Bösen reinigen. Nun – mal abgesehen, dass Gott erstmal nicht vorhat, die Welt vom Bösen zu reinigen – und möglicherweise sogar einen geheimen aber gut Plan mit dem Bösen hat – ist das Auslöschen von Menschen nie gut, egal, wie überzeugt man selbst davon ist, dass das eine gute Sache sei.
Vielleicht sollte ich erstmal etwas über mich erzählen? Sie Frau Nahles kennt jedermann, ich bin nur ein völlig unbekannter Mensch aus einer verstoßenen Maße, die man gerne die ungebildeten Schichten nennt. Ich werde dieses Jahr 58 Jahre alt. Ich habe die Hauptschule besucht, danach Abitur gemacht, mein Studium als einer der Jahrgangsbesten abgeschlossen, Karriere in der Pharmaindustrie gemacht und meine Bafög-Schulden komplett abbezahlt. Mein Vater war Schreiner, er starb sehr früh an Prostatakrebs, meine Mutter war Hausfrau und gelernte Verkäuferin – also jene Berufe, in denen man schon mal leichter arbeitslos wird. Mein Vater war jedoch nie arbeitslos, meine Mutter auch nicht. Ich auch nicht bis … ja nun, bis dieser Moment beim Arzt kam, der mir klar machte, dass die unerträglichen Schmerzen im Rücken nie wieder verschwinden werden und ich mit 45 eine ganz neue Arbeit brauchte. Meine Firma war so nett – nachdem ich ihr schnell noch einen Auftrag für 1,3 Millionen Euro besorgt hatte – das Arbeitsverhältnis zu kündigen, dank der Reform des Kündigungsschutzgesetzes gab es auch keinen Kündigungsschutz: der Anwalt der Gegenseite hatte die Belegschaft schnell auf 9,5 Mitarbeiter heruntergerechnet.
Nach einem Jahr Arbeitslosigkeit – nachdem mehrere Mitarbeiter des Arbeitsamtes mir klar gemacht hatten, dass sie für mich keine Arbeit hätten, erst recht nicht bei meinem Alter (45) und überhaupt nicht unter Berücksichtigung meines Gesundheitszustandes – wurde ich der erste Kunde der neuen Jobcenter, die mich sofort – obwohl ich noch in Bezug von ALG 1 war – mit einem Jobangebot überfielen, dass ich mit meinem Gesundheitszustand überhaupt nicht mehr bewältigen konnte. Natürlich wurde mit der völligen Einstellung der Leistungen gedroht.
Nun – ich will nicht ja nicht klagen, aus Ihren Sphären hört man dann ja schnell, wie gut es uns doch geht – verglichen mit den hungernden Kindern im Sudan. Mich hat immer gewundert, wie schnell man die Armut Afrikas als Normstandard für eins der reichsten Länder der Welt nimmt – aber nicht die Abgeordnetenbezüge des Sudan für wünschenswert hält. Was kriegen die eigentlich? Drei Hand voll Reis im Monat und ein frisches Magazin für die Kalaschnikow, um das Parlament gegen Banden verteidigen zu können? Ich weiß es nicht. Darum geht es mir auch gar nicht.
Worum es mir geht? Ihnen mal aus erster Hand zu schildern, was „Arbeitslosigkeit“ mit einem Menschen anrichtet. Ich werde Ihnen aufzeigen, dass „Arbeitslosigkeit“ gesellschaftlich wie Krebs zu behandeln wäre – anstatt wie eine vom Gott des Marktes verhängte Strafe für „unrein sein“.
Was sind die ersten Folgen von Arbeitslosigkeit?
Nun – zuerst kommt die Enteignung. Wir hatten sechs Kinder, für jedes dieser Kinder wäre nach unserem Ableben eine Eigentumswohnung vorhanden gewesen – und ein Baugrundstück. Ja – wir hatten vorgesorgt, dafür gesorgt, dass die kleinen glücklichen Küken eine Basis hätten, von der sie aus ins Leben starten können. Das Eigentum – musste natürlich weg, Sie kennen die Gesetze. Mit den Baugrundstücken – die natürlich zwangsversteigert werden mussten – das Gesetz kennt keine Geduld – macht nun ein Unternehmer Millionengewinne. Damals waren die noch nicht soviel Wert, vor allem sollte da nicht gebaut werden, solange die Kinder die Wiesen als Spielplatz brauchten – und ich dort hunderte Bäume pflanzte, um unsere grausame Klimabilanz aufzuhübschen. Mit den Gewinnen aus dem Geschäft, das sich dort jetzt entfaltet, hätten wir ganz ohne Hartz IV lange leben können. Sicher – ich bekam eine winzig kleine Rente (Sie wissen, wie winzig die ist: Ihre Partei hat die ja extra zusammengekürzt), aber die reicht nicht für eine Familie.
Ich hatte ja zu tun – mit doppeltem Bandscheibenvorfall, zertrümmerter Lendenwirbelsäule und dementsprechend vielen Arztbesuchen, Behandlungen und Klagen gegen alles und jedermann, außerdem musste – nach staatlicher Plünderung unseres Eigentums – ein Privatkonkurs organisiert werden (ja: Überraschung – Zwangsversteigerungen bringen nicht so viel wie ein organisierte Verkauf … und da außer den ersten beiden Wohnungen noch nicht alles abbezahlt war, blieben Schulden übrig. Nicht viel – aber genug). Wir hatten ja noch Glück: wir fanden ein Haus, das groß genug für uns war und nur ganz wenig Miete kostete (aber ganz schlecht isoliert war: die Heizkosten waren der Horror: darum froren wir auch ein paar Wochen lang, während es draußen minus 11 Grad war). Es lag wunderschön – nur konnten die Kinder nicht mehr die Eliteschule in Belgien besuchen: 100 km Autofahrt am Tag war einfach nicht mehr drin. Nun – für Belgien war das eigentlich keine Eliteschule, nur ich habe sie so genannt, weil sie so viel fortschrittlicher war als unsere Schulen: dort konnte man gleichzeitig mit dem Abitur eine Berufsausbildung machen (z.b. als Friseur oder Comiczeichner) und sich nach dem Verlassen der Schule – bei bestandenen Prüfungen – sofort als Meister selbständig machen – irre, oder?
Am schlimmsten traf es zuerst die Kinder, sie haben sich bis heute noch nicht davon erholt: vor allem der älteste, bald 30, hat dank Vater Staat weder einen Schulabschluss noch eine Berufsausbildung: er hat den Absturz der Familie ins soziale Nichts nie überwunden, sich völlig zurückgezogen von der Welt. Dank Vater Staat? Denken Sie nur an das Bild von uns, dass ich oben beschrieben habe: damals haben die Kinder noch Fernsehen geschaut (ich habe es kurz danach völlig abgeschafft, um sie vor der Grausamkeit und Häme von Medien und Politik zu schützen), ihnen war schnell klar, dass sie nun – von heute auf morgen – versoffene Hartzis waren, der Abschaum der Republik. Also brachen sie die Schule ab – jedenfalls die drei Großen, die alt genug waren, selbst zu entscheiden. Die jüngeren bekamen bald Kleiderspenden von Klassenkameraden – was enorm peinlich war.
Dann kam die Trennung der Familie.
Vielleicht kennen Sie die Studie von Forbes: 75 Prozent der Frauen können mit arbeitslosen Partnern nichts anfangen, die kosten nur und bringen nichts (siehe Forbes), außerdem belohnen Sie ja die Trennungen: Alleinerziehende erhalten eine Prämie von 120 Euro im Monat („Alleinerziehendenzuschlag“), wer seine Kinder liebt, ihnen häßliche Armut ersparen will, hat hier einen sicheren Weg, Erleichterung zu schaffen.
Können Sie sich vorstellen, wie „Mann“ sich da fühlt? Nun – Männer sind eine Minderheit in Deutschland – und zwar eine sehr ungeliebte, weshalb das egal ist. Man weiß schnell, dass man als Partner völlig unattraktiv ist, denn: wer mit einem zusammen ziehen will, muss zahlen. Schnell ist man eine „Bedarfsgemeinschaft“ und der Staat überlässt die Zahlungsverpflichtungen dem neuen Partner: betriebswirtschaftlich gesehen ist man in einer Partnerschaft reiner Ballast geworden – zumal heute die Gehälter einzelner kaum ausreichen, eine ganze Familie zu unterhalten, schnell gerät man dann selbst in die Fänge des Jobcenters, die einem dann Stellenangebote schicken (mehr Geld, aber viel weniger soziale Sicherheit) damit man dem Partner komplett aus dem Bezug heraushelfen kann. Alles schon dagewesen.
Wer sich auch trennte? Die Freunde. Und die Verwandschaft. Ja – die Hasskultur im „Mainstream“ hat halt auch Folgen, man ist nicht sonderlich stolz darauf, wenn bei der Hochzeit der Tochter der arbeitslose Cousin mit seinen billigen Klamotten auftaucht und auf die Frage „Und was machen Sie so beruflich“ nur peinlich berührt wegschauen kann. Es war auch gut so, dass die verschwanden, denn: den Geschenkekult der Konsumgesellschaft kann ein „Hartzi“ nicht mitmachen. Auch nicht zu Weihnachten. Es gibt jeden Monat den gleichen Betrag, egal, ob Oma Geburtstag hat oder Weihnachten ist. Man wird zwar schnell einsamer – weil man die vielen Einladungen zum Grillen einfach nicht mit noblen Gegeneinladungen erwidern kann – aber erspart sich dadurch auch enorme Kosten. Man muss außerordentlich streng wirtschaften, um überhaupt überleben zu können: die Preise steigen ständig. Der Hunger steht als Möglichkeit wieder vor der Tür.
Was dann kommt?
Krankheit.
Frau Nahles, nun laufen Sie nicht weg, wir sind noch nicht fertig. Nein, ich zitiere jetzt mal auch keine „alternativen Fakten“, sondern die Bundeszentrale für politische Bildung (siehe BpB):
„Mögliche individuelle Folgen der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Langzeitarbeitslosigkeit, sind u.a. psychologische und gesundheitliche Probleme, Entqualifizierung (Entwertung der bisher erlangten Qualifizierung), gesellschaftlich-kulturelle und soziale Isolation (Stigmatisierung), familiäre Spannungen und Konflikte, Schuldgefühle, Aggressivität und trotz Grundsicherung relativer Verarmung. Zwischen den meisten genannten Folgen besteht dabei ein sehr enger Zusammenhang.
Die Folgen von Arbeitslosigkeit beschränken sich nicht auf die Arbeitslosen selbst. Auch für nahe Angehörige kann Arbeitslosigkeit eine gravierende Beeinträchtigung von Wohlstand, Selbstachtung, sozialem Ansehen und Lebenschancen bedeuten. Selbst bei Beschäftigten werden Arbeitsvermögen, Leistung, Solidarität und Krankenstand beeinflußt.“
Man weiß das seit Anfang der 30´er Jahre. Und das … haut besonders ´rein – die leibhaftige Erfahrung von purer Bosheit und reinstem Sadismus. Es gab keinen rationalen Grund für die Horrorgesetze der Agenda 2010, die in so vielen Punkten (Reisefreiheit, Freiheit der Berufswahl, Unantastbarkeit der Wohnung – um nur einige zu nennen) mit der Verfassung kollidierten – und Peter Hartz hatte das ja auch nie so gemeint. Er kam wie ich aus der Privatwirtschaft, setzte ganz naiv die Methoden der Mitarbeiterförderung von VW auf das Arbeitsamt um – ohne sich auch nur den kleinsten Gedanken darüber zu machen, dass die Beitragsgeldvertilger aus dem Mammutamt für Arbeitslosenverfolgung ethisch, moralisch, fachlich und menschlich ganz anders drauf sind als Führungskräfte in der Wirtschaft, die Prämien für erkennbar effektives Fördern erhalten … so dass das Geschäft auch allen Freude macht. Aber die Beamten in Regierung und Behörde haben dann schnell die Gelegenheit genutzt (Sie wissen: vor allem waren das die Staatssekretäre, jene Garde, die auch gerne mal zur Bertelsmannparty eingeladen wird) und daraus ein Vernichtungsgesetz gemacht.
Gut, wir waren bei der Krankheit. Vier von sechs Kindern bekamen unter Hartz IV gesundheitliche Probleme, die vorher nicht erkannbar waren: soziale Ängstlichkeit, Mutismus, Asperger Syndrom, erhöhte Infektanfälligkeit, Antriebsarmut. Wirklich – ich versuche, nach Kräften dagegen zu steuern … mit meinen bescheidenen Mitteln … aber wie es aussieht, werden diese Menschen – die einst so gut gestartet waren und immer so glücklich wirkten – dauerhaft Hartz IV-Empfänger. Sowas betrifft momentan 1,7 Millionen Kinder im Land – meine sind also nicht allein. All´ dieser Rückzug ist aber auch nützlich: schützt er doch vor den Attacken einer durch Medien und Politik aufgepeitschten Umwelt, deren Hass bis heute nie kritisiert wurde – weil er wohl staatlich gewollt war.
Man kann auch nicht alles für die Kinder tun: ein Tag Uniklinik kostet 10 Euro, dazu noch 10 Euro Fahrtkosten … machen Sie das mal zwei Wochen lang, ohne beim Essen massiv einzusparen. Geht einfach nicht.
Man selbst – als Mann – muss damit leben, dass sich die Wahrscheinlichkeit von Prostatakrebs dahingerafft zu werden enorm erhöht (siehe ecancer). Und der Stress, dem man durch Arbeitslosigkeit unterliegt? Schlimmer als der, wenn man sein Haus verliert oder die Kinder ausziehen (journalists.resource). Arbeitslosigkeit kann ziemlich tödlich sein – auf jeden Fall ist sie ein enormes Gesundheitsrisiko. Sie verändert die ganze Persönlichkeit (siehe University of Sterling). Es gibt einen ganzen dicken Forschungsbericht über die gesundheitlichen Folgen der Arbeitslosigkeit (siehe IAB): nach einem Jahr haben 30 Prozent der „Hartzis“ allein durch die Umstände eine psychische Störung. Angst steht dabei an vorderster Stelle: immerhin kann man jederzeit total sanktioniert werden – und sei es auch nur, weil man mal wieder einen Job aus der Pornobranche abgelehnt hat (siehe Gerichtsverfahren).
Man sieht: Arbeitslosigkeit ist an sich schon eine enorme Bedrohung – ich vergleiche das mal mit der Diagnose „Krebs“ – und darauf reagieren Sie noch mit „Druck“? Kein Wunder, dass man da Schaden nimmt: wenn eine Regierung (und eine ganze feine Gesellschaft) anfängt, auf die einzutreten, die sowieso schon am Boden liegen und die Schwächsten der Gesellschaft sind, muss man sich nicht wundern, dass sich das Klima im ganzen Land verändert. Natürlich hat man Angst – und zwar völlig zu Recht, wenn man sieht, wie eine Behörde wieder mit Vollmacht zu dem Urteil über Leben und Tod ausgestattet wird, das – das zeigen die enormen Erfolgsquoten der Sanktionierten bei Gericht – sehr freizügig und willkürlich je nach Tageslaune des unterqualifizierten Sachbearbeiters verhängt wird. Es ist die Erfahrung des Bösen, dass in der Gesellschaft die Oberhand gewonnen hat – und sich weiter ausbreitet. Die Erfahrung von Hilflosigkeit, Entwürdigung, Abhängigkeit … und das sichere Wissen darum, dass jederzeit – auch aufgrund eines Amtsirrtums – die Vernichtung erfolgen kann, weil die allerletzten Zahlungen ausbleiben.
Es gibt schon Menschen, die sind obdachlos geworden, weil das Amt die Miete nicht vereinbarungsgemäß zahlte – und die haben sogar vor Gericht verloren.
Und da stellen Sie sich hin und wagen zu sagen, dass Hartz IV nicht für die Armut in Deutschland verantwortlich ist (siehe neues-deutschland). Nun -als Ex-Frau eines Audivorstandes leben Sie ja auch auf ganz anderem Niveau – von den Bergen an Steuergeldern, die Ihnen persönlich zugeteilt werden, mal ganz abgesehen. Ach ja – Steuergelder. Ich will ja nicht nur klagen, sondern auch Verbesserungsvorschläge einreichen: 30 Milliarden kostet Hartz IV, 100 Milliarden werden jährlich an Steuern hinterzogen (siehe Stern): einfach alle Arbeitslosen zu Steuerfahndern ausbilden, die Beute 50/50 teilen – und alle sind froh.
Sie müssten diese Idee nur mit Ihrem Millionär Martin Schulz (siehe theeuropean) besprechen, vielleicht auch mit Ihrem Ex-Mann, dem Audi-Vorstand: schon hätte die SPD endlich ein Programm.
Mit besten Grüßen: Ihr Eifelphilosoph
PS: Ich muss eins gestehen – bevor Sie nach mir fahnden: weder ich noch meine Kinder sind im Leistungsbezug. Da musste ich lügen. Ich arbeite – wieder. Nur: als Hartzi hätte ich diesen Brief nicht schreiben können, ist schon einmal vorgekommen, das ein Mitarbeiter Ihrer Behörde diese Information im Rahmen unseres Engagements für Kikki W. Geiß an die Öffentlichkeit gebracht hatte, um uns mundtot zu machen.
War erfolgreich – nur jetzt … als ordentliche Steuerzahler … können wir etwas deutlicher werden. Ich kann Ihnen aber sagen: die Studien haben Recht: diese Angst wird man nie wieder los. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: diese Erfahrung der Vernichtung von Leben (verstanden als Vernichtung von Lebensqualität in verschiedenen Abstufungen) verändert die Persönlichkeit nachhaltig.
Und auch den Blick auf die feine Gesellschaft.
Arbeitsfähig … dürften nach erfolgreicher Verhartzung wirklich nur noch die allerwenigsten sein.
Warum man das wohl will?
Und warum man nichts dagegen tut – obwohl man seit 1930 über die Folgen Bescheid weiß?
Vielleicht wird es Zeit, dass die Damen aus der feinen Gesellschaft mal für Arbeitslose sammeln, Charityabende veranstalten, Benefizkonzerte machen. Hätte nur keinen Sinn … weil der Staat diesen Opfern des sterbenden Kapitalismus alles sofort wieder weg nimmt.
Verstehen Sie nun, warum ich das Wort „böse“ gebrauche?
(ich danke hiermit dem Magazin WIWO, dass in einem Beitrag die verschiedenen Folgen der Krankheit Arbeitslosigkeit treffen zusammengefasst hat)
Montag, 23.5.2016. Eifel. „Es geht uns gut“ – sagen die, die auf Positionen sitzen, die fürstlich mit Steuergeldern honoriert werden – wie z.B. Frau Nahles, die unsern Blick auf Äthiopien lenkt, um uns zu zeigen, was für uns „Norm“ zu seien hat (siehe Morgenmagazin.com), jene Frau Nahles, die gerade dabei ist, Arbeitslose noch rechtloser zu machen (siehe Focus) und Kinder noch weiter in die absolute Armut zu treiben (siehe Tagesspiegel). „Uns“ – wird da nie näher definiert, aber mit „uns“ sind sicher nicht alle gemeint. Zum Beispiel Jonny Beyer, selbst Blogger, war auch schon mal zwischendurch obdachlos. Er beschrieb kürzlich sein Leben – mit dem Wunsch, dass man es breiter diskutiere:
„Als Rentner bei 612 €uronen Rente von 30/31 Tagen im Durchschnitt 25 Tage nicht die Wohnung verlassen können (weil die Kohle für ein oder 2 Tassen Kaffee einfach nicht drin ist) und seine sozialen Kontakte nur noch per Facebook oder ähnliches aufrecht erhalten können … und wenn Du jetzt meinst, dass ich ja einen Hund habe (stimmt), aber der ist nun mal als Gespächspartner wirklich nur bedingt geeignet … ebenso, wie die meisten anderen Hundebesitzer …“
Auf seinem Blog hat er die Dankesgaben auch schon aufgeschlüsselt, die er – als erfahrener Kameramann, den man früher auch schon mal im Fernsehen sehen konnte (der Chefredakteuer der Zeit und Mitherausgeber des Tagesspiegel Giovanni di Lorenzo konnte sich an Jonnys Auftritt noch Jahrzehnte später erinnern – es ging um eine Auseinandersetzung mit Rechtsradikalen, in die Jonny beherzt eingriff), von uns als Gemeinschaft der Steuer- und Beitragszahler erhält: nach Abzug aller festen Kosten bleiben im pro Monat noch 220 Euro übrig: für Kleidung, Essen, Kino, Theater, Oper, Fussballspiele und ähnlichem mehr, was wir uns als „Kulturvolk“ gerne gönnen, um uns von den „Primitiven“ abzuheben.
Theater, Kino, Oper, Fussball?
War nur ein Scherz.
Jonny hat pro Tag 7 Euro – für alles. Fussball kostet minimal 15, 14 Euro (manchmal auch 65 Euro – siehe statista), Oper (zum Beispiel in Köln) 12 Euro (bis 125 Euro – wenn man auch was sehen will), Theater (zum Beispiel in Dortmund – also keinem Hochpreisgebiet) Wochentags 10 Euro (bis 65 Euro – wenn man auch die Bühne sehen möchte, siehe Theater Dortmund). Kino kostet in Aachen Montags 5,50 Euro (siehe Cineplex Aachen) – wenn der Film nicht zu lang ist, Cola und Popkorn dazu: schon ist man 8 Euro mehr los. Für Jonny eine Investition, die sein Budget sehr herausfordert – falls er sich in seinen alten Klamotten überhaupt gerne in einer hochgestylte Öffentlichkeit als Außenseiter präsentieren möchte.
7 Euro am Tag – ein Eis mit drei Kugeln (kostet hier auf dem Land 3 Euro)? Völlig unerschwinglich, das wäre ja der Tagessatz für Kinder, die nebenbei noch Kleidung, Verkehr, Gesundheitspflege, Bildung, Nahrungsmittel, Getränke, Möbel, Schuhe und Strom bezahlen müssen – von 270 Euro (Regelsatz für Kinder von 7 – 14 Jahren, siehe cecu). Ein Nachrichtenmagazin wie der „Spiegel“ für 4,60 Euro das Stück? Nur erschwinglich, wenn man an dem Tag ansonsten nur von Billigtoast mit Marmelade lebt. Würde Jonny bio und vegan leben wollen, müsste er eine Woche im Monat ganz aufs Essen verzichten: 261 Euro kostet dieser Luxus (siehe Claudis Blog).
Der Spiegel widmet sich ja gerade mal wieder der „Relativität“ von Armut, die in Deutschland gerne beschworen wird (siehe Spiegel). Wir lernen dort den Herrn Huber kennen, der von seinen Erfahrungen im öffentlichen Leben erzählt:
„Eigentlich sind Biergärten Orte, an denen sich arme und reiche Münchner mischen, in denen der Bankdirektor neben dem Hilfsarbeiter sitzt. Traditionell darf jeder seine Brotzeit mitbringen, nur das Bier muss man kaufen, das spart Geld. „Aber was nützt mir das, wenn die Halbe vier Euro oder mehr kostet“, sagt Huber. So viel kann ein Hartz-IV-Empfänger rechnerisch pro Tag für Ernährung und alkoholfreie Getränke ausgeben.“
Herr Huber? Einst ein wohl situierter Unternehmer:
„Vor 44 Jahren kommt er zum Studium nach München, wird Diplom-Elektroingenieur, geht zu Siemens. 1979 macht er sich als EDV-Unternehmer selbstständig, Systemintegration, eine lukrative Zukunftsbranche. Zieht in ein großes Haus, liebt seine Arbeit, sein Motorrad, seinen Biergarten. Sein Bekanntenkreis ist groß. Fürs Alter hat er eine Lebensversicherung, dazu das Elternhaus mit großem Grund am begehrten Chiemsee.“
Der hat wohl gut eingezahlt in die Solidarkassen der Republik. Verständlich, dass er blöd dreinschaut, wenn der Staat dafür „liefern“ soll:
„Wenn es um Hartz IV geht, wird der freundliche Huber zornig. Er hat Fotos mitgebracht von seiner maroden Schrankwand, Baujahr 1972, vom zerschlissenen Sofa. „11 Euro im Monat für Möbel, 1,23 Euro für einen Kühlschrank. Wie soll des gehen?““
Der Grund für die Pleite? Der Hauptkunde hat nicht bezahlt. Ende der Vorstellung, Absturz inklusive.
Wir lernen in diesem Artikel auch noch andere Arme kennen: eine kinderreiche Familie, die durch alle sozialen Netze fällt, arm ist, obwohl beide arbeiten gehen. Eine Frau aus Aachen, die sich – mit einem globalen Blick ausgestattet – gar nicht für arm hält, weil sie jeden Tag sauberes Wasser hat. Eine Sichtweise, die beneidenswert ist. Was wir aber auch erfahren: die Namen der Armen sind falsch – aus gutem Grund:
„Noch ist Armut in Deutschland ein Stigma. Auch deswegen wollen Frau Kramer, Herr Huber und Familie Ehlers ihre echten Namen nicht veröffentlicht sehen.“
Stigma? Ein Makel. Ein Schandfleck.
Hören wir dazu einen anderen Menschen – Ingrid. Auch hier: ein Kommentar bei Facebook. Ingrid hat einen festen Arbeitsplatz – um hier gleich alle Verdächtigungen auszuschließen.
„Kommt jedoch vor dem physischem Tod, der soziale. Und der ist weitaus schlimmer. Tod ist, wenn ich nicht mehr da bin, bin ich da, so ist der Tod nicht. Vorher aber geschieht das langsame grausame soziale Absterben. Dies kann Jahre dauern, und ist viel schlimmer. Nahles und ihresgleichen, sind einfach dumme Menschen, ohne Bildung und Verantwortungsgefühl. Bald werden die Flüchlinge erkennen, in welche Vorhölle sie sich aufgemacht haben.
Ich sagte ja bereits, 12 Jahre in Westafrika verbracht zu haben. Zurück in diese soziale Armut, war ein unverzeihlicher Fehler. Hier gibt es keinen wahren Genuss des Lebens im Austausch mit Nachbarn und Freunden. Es ist eine dekadente Pseudowelt, basierend auf Lügen und Kampf.
Nur weil ich das Glück hatte, eine Alternative zu lernen, kann ich mit Brot und Wasser lange auskommen, mit leisem Lächeln, über die ach so wichtigen Wichtigtuer, die so geil drauf sind. Ich bin gespannt, wie sie, gerade diese, auf die kommenden Entwicklungen reagieren werden.
Wie war es denn Ende der 20er? Wieviele hatten keine andere Lösung als einen Fenstersturz, um einen Fettfleck zu hinterlassen. Man kann gespannt sein. Aber Danke für den wunderbaren Artikel. Dem Durchschnittsamerikaner ergeht es bereits schlechter… Der Rest kommt über Nacht!“
Ingrid kennt den sozialen Tod. Sie arbeitet in einem Krankenhaus. Der soziale Tod? Sicher schon mal gehört – aber in einem anderen Zusammenhang. Der Begriff wurde früher auf sterbende Menschen bezogen – Menschen, die noch leben, aber von ihrer Umwelt so behandelt werden, als wären sie schon tot. Betraf früher vor allem alte Menschen, die – geschlagen von diversen Krankheiten – nicht mehr dem Normstandard der Spaßgesellschaft entsprachen. Heute fassen wir den sozialen Tod weiter – ohne dass er in dieser Form groß diskutiert wird (siehe uni-oldenburg):
„Unter sozialem Tod verstehen wir, dass jemand völlig vereinsamt, sich so zurückzieht, dass er praktisch keine Beziehungen zu seiner Umwelt, zu Nachbarn, Arbeitskollegen und u.a. unterhält.
Bei älteren Leuten oder Menschen mit Behinderungen oder auch nach schweren, persönlichen Erlebnissen kommt so etwas vor. Der Rückzug erfolgt oft in mehreren Stufen und kann durch Ausgrenzungen (Mobbing) oder Verlust des Partners, der Arbeit veranlasst sein.“
Der soziale Tod – durch Ausgrenzung (Stigma …) oder Arbeitslosigkeit. Eine Erscheinung die – wenn wir Ingrid folgen wollen – eine Erscheinung spezifisch unserer Kultur ist. Er trifft die, die auf eine völlig feindliche, realitätsfremde Umwelt treffen, eine „dekadente Pseudowelt, basierend auf Lügen und Kampf“, eine Welt, in der es keinen wahren Austausch mit Nachbarn und Freunden gibt – anders als in jenem Land in Westafrika (mit einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 173 Euro – siehe länderdaten.info). Was ich in diesem Zusammenhang gerne zitiere: das Gastmahl der Geistlosen, die „Wohlstandsverwahrlosung“ des „akademischen Proletariats“ (siehe NZZ), die – mangels echtem Kontakt der nur selbstdarstellerisch agierenden Akteure – ebenfalls eine Form von sozialem Tod darstellt, die man nur mühevoll durch sinn- und zwecklosen, umweltvernichtenden Konsum und … Drogen ertragen kann. Alkohol, um es genau zu sagen.
Gerade aus diesen Kreisen kommen nun auch andere Philosophien, die den Vernichtungsprozess der Persönlichkeit nur noch verstärken – wie aktuell in der Totholzausgabe der Zeit (siehe Zeit), die einen weiteren Zug neoliberalistischer (oder besser gesagt: neofaschistischer) Strategie darstellt:
„Erfolg und Gesundheit, ja sogar Herzschlag und Gewicht hängen vom Selbstverständnis ab. Was Menschen zu sein glauben, das werden sie auch – im Guten wie im Schlechten. Wie Gedanken unser Leben verändern können.“
Wer trägt die Verantwortung für alles Elend dieser Welt? Sie – mit Ihren dämlichen, unsortierten, minderwertigen und unqualifizierten Gedanken. Würden Sie besser denken: sie wären sofort reich wie Bill Gates. Wichtiger Teil einer breiten Offensive von „reich“ gegen „arm“: die Umkehrung der Verantwortung. Nicht mehr der Mörder hat Schuld an der Tat, sondern die Leiche – die falsch gedacht hat (oder eine falsche „Resonanz“ erzeugt) und nun kräftig an sich arbeiten muss: eine Philosophie, die ein tödliches, selbstzerstörisches Gift enthält, geeignet, das Opfer völlig in den sozialen Tod zu treiben, denn: wer arm ist, behindert, krank, unglücklich, einsam oder sonstwie mit Makeln behaftet, belästigt mit seiner Minderwertigkeit das höherwertige „Außen“, das selbst perfekt denkt (aber bei der eigenen Bereicherung gerne auf ein Herr von Anwälten und diversen Beratern sowie ertragsoptimierten Netzwerken zurückgreift – und seine Kinder nicht im „richtigen Denken“ schult, sondern auf teuerste Privatschulen und Privatuniversitäten schickt).
Ein weiterer Schachzug: der „Veganismus“, der selbst den „Karnismus“ als Wurzel allen Übels ansieht – wer es hier wagt, sich den Ansprüchen der Luxusklasse zu entziehen, wird als unempathischer, grausamer Täter schnell völlig entmenschlicht, dabei beruht die Philosophie auf undurchdachten Momentaufnahmen und hahnebüchenen Theorien (von der hoch zu achtenden Entscheidung, das Leid in der Welt vermindern zu wollen, einmal abgesehen). Ein Beispiel? Nun besuchen wir kurz „Peta“ und schauen uns ihre Berechnungen an: es wird in der Tat viel Wasser verbraucht, um ein Kilo Rindfleisch zu erstellen – wenn die Kuh drei Jahre lebt (weshalb wir sie vielleicht lieber früher essen sollten?). Aber was passiert mit der Kuh, wenn wir kein Fleisch mehr essen? Trinkt die dann nicht mehr? (wieso die 30 Liter Wasser für eine Tasse Tee brauchen, habe ich allerdings noch nicht verstanden – die müssen da große Tassen haben. Sehr große Tassen.). Die Frage ist: was sollen diese fehlerhaften Theorien bewirken? Die Antwort gibt uns die „Süddeutsche“ in einem Artikel über das „Kükenschreddern“ (siehe Süddeutsche):
„Denn wer ist letztendlich verantwortlich für die Produktion von billigsten Eiern und billigstem Hühnerfleisch? Die Gerichte, die Politik, die Hühnerindustrie? Als das Bundesverfassungsgericht 1999 zu den Legebatterien urteilte, stellte der damalige bayerische Landwirtschaftsminister Josef Miller lapidar fest: „80 Prozent der Verbraucher sind gegen die Käfighaltung, aber 80 Prozent der Verbraucher kaufen Eier aus Käfighaltung.“ Leicht abgewandelt gilt diese Einschätzung noch heute.“
Ja – nicht die Gerichte, die das Schreddern von 50 Millionen Küken im Jahr erlauben, nicht die Politik, die den Rahmen dafür gibt, nicht die Hühnerindustrie, die die Morde begeht, sondern: der Arme ist Schuld. Seltsam nur: beim Thema Energieverbrauch erlaubte sich die EU, massiv in das Leben der Bürger einzugreifen. Niemand fand sich für eine Kampagne „Leben ohne Strom“. Als würde die Hühnerindustrie Probleme damit haben, wenn alle Deutschen Veganer werden: dann verkauft man eben ins Ausland. Afrika hat Hunger. Asien auch. Ebenso Südamerika. Würde man aber die Hühnerindustrie verbieten – der Verbraucher müsste schnell Ersatz suchen (wie für die Glühbirne) wenn die Kühltruhe im Supermarkt leer wäre. Vielleicht sollte man alle Tierschützer auffordern, sich der jährlich 50 Millionen Küken als Haustiere anzunehmen? Oder mal drauf hinweisen, dass wir uns nebenbei in Deutschland 20 Millionen fleischfressende Haustiere halten, die ebenfalls von der Fleischindustrie leben? Nun – die sind Peta heilig, hier diskutiert man über das perfekte Hundegeschirr (siehe Peta) … was schon allein 40 Euro kostet. Schlimm für die, die sich als einzige lebendige Gesellschaft einen Hund leisten, weil die Menschen sich abgewendet haben (was übrigens Leben retten kann – diese Hundehaltung).
Wer sich das nicht leisten kann … darf den sozialen Tod erfahren, wie jene, die sich „vegan-bio“ überhaupt nicht erlauben können – jene Lebensweise, mit der man sich als Produzent von veganer Bolognese im Glas schon mal einen Porsche leisten kann, – die der „Vegan-Papst“ Attila Hildmann in der Society-Broschüre „Gala“ (siehe Gala), der vor dem Methangas der Kühe warnt … als würden die weniger pupen, wenn sie frei durch die Getreidefelder flanieren dürften. Ach ja: Kosten der veganen Bolognese: 4,95 Euro für 290 ml plus 1,50 Euro „Mindermengenzuschlag“ – wenn man sich nur ein Glas leisten kann (siehe Attila Hildmann). Da könnte Herr Huber nur jeden zweiten Tag ein dürftiges Gläschen kaufen.
Wie man sieht, wird an diversen Formen des sozialen Todes gezielt gearbeitet, eine streng hierarchische, lieblose Gesellschaft aufgebaut, die man wohl besser wahrnehmen kann, wenn man mal 12 Jahre in einem weniger dekadenten Umfeld gelebt hat – wie zum Beispiel in Afrika.
Doch wo kommt das her? Wo ist der Ursprung für diese Dekadenz, die Ungerechtigkeit, die Vernichtungssystematik?
Die Antwort darauf finden wir an seltsamen Orten, in einem Sachbuch über den islamischen Fundamentalismus in Deutschland – und deren Sichtweise auf die Machtstrukturen in dem Umfeld, in dem sie sich etablieren wollen (siehe Ian Johnson, Die Vierte Moschee, Klett-Kota 2011, Seite 271):
„Der fließend Deutsch und Englisch sprechende Diplomvolkswirt kennt sich mit den politischen Entscheidungswegen in Deutschland aus, mit den komplexen Interaktionen von Gremien, kirchlichen und politischen Stiftungen, wo „Meinungsmacher“ zusammentreffen, miteinander diskutieren und Ideen formulieren, die in den politischen Parteien aufgenommen werden. Hierbei handelt es sich nicht um basisdemokratische Strukturen, sondern um ein System, das die Macht der Eliten vergibt“.
Ein System, das den sozialen Tod für viele eingeleitet hat – wobei wir über die Normen von Mode, Körperpflege oder Wohnungseinrichtung noch gar nicht gesprochen haben – oder über den Friseur, der bei uns in der Eifel für Jugendliche schon 18 Euro pro Schnitt nimmt – also: viereinhalb Tage Essen.
Ein System, das täglich perfider wird, auf breiter Basis den Kampf gegen die Armut durch Vernichtung der Armen führt – jedenfalls: durch ihre soziale Vernichtung.
Die Botschaft ist immer dieselbe – egal, ob im Rahmen des Tierschutzes, der Ernährung oder der Lebensführung vorgetragen: gebt gefälligst viel mehr Geld aus – und sorgt verdammt noch mal selbst dafür, dass ihr es habt, denn sonst … seid ihr nicht mehr menschlich.
Wissen Sie, wie konservative Wirtschaftsmagazine unsere Realität beschreiben? Gnadenlos (siehe Wiwo):
„Bei Hartz-IVlern dagegen drohen sofort brutale Sanktionen. Besitzen darf man sowieso nichts mehr. Man muss komplett nackt am Boden liegen, ehe der Sozialstaat sich gnädig erweist.“
„Das ist das Bermuda-Dreieck menschenverachtender, repräsentativer Demokratie. Barbarei. Animal Farm ist nichts dagegen.“
Und in diesem Bermudadreieck können schon mal 500 Millionen Euro spurlos verschwinden (siehe Yahoo), die Gemeinden Gebühren für die Annahme von Bargeld ab 10 Euro verlangen (siehe Düsseldorf bei Facebook) oder Medikamente an unwertem Leben getestet werden (siehe Tagesspiegel) – wobei die Formulierung mit dem „unwerten Leben“ von mir stammt. Die Barbarei schreitet täglich weiter voran – die Musik zu dem Marsch spielt die Elite. Nichts davon ist geheim.
Das Arbeitslose zur Minderung ihrer Notlage ihre Organe verkaufen sollen, ist schon mal vorgeschlagen worden – von einem inzwischen verstorbenen „Vordenker“ der Afd (siehe AfdwatchAfd):
Der Wille zum sozialen Tod schreitet weiter voran, getragen von einer überversorgten gesellschaftlichen Elite, die ihr Luxusleben auf Kosten der Ärmsten leben – hier in Deutschland und in der ganzen Welt. Und „Gerechtigkeit“ wurde aus dem Bewusstsein gestrichen – wem es hier nicht passt, der kann ja nach Syrien, dem Irak, Afghanistan, Äthiopien oder den Jemen ziehen: wir sind ja eine freie Welt.
So – wird die Armut Afrikas zum Normstandard für ausselektierte Deutsche … und alle sollten ihre Herren auf Knien danken, dass sie noch sauberes Wasser haben. Man könnte auch noch ungnädiger sein.
Und währenddessen – rafft der rot-grüne soziale Tod (unter fleißigem Beifall der übrigen Parteien) immer mehr Menschen dahin.
Aber „uns“ – geht´s gut.
Noch etwas Torte gefällig?
Mittwoch, 6.4.2016. Eifel. Ziemlich unbemerkt hat die Sozialdemokratie wieder zugeschlagen. Eine kleine Meldung nur – doch die Marktromantiker dürften damit endgültig ihre Träumereien aufgegeben haben. Es war Ludwig Erhard (CDU), der gegen den Widerstand der deutschen Industrie eine – wenn auch ziemlich verwässerte – Kartellgesetzgebung durchgedrückt hatte, die viel für das Wirtschaftswunder bewirkte – und es war Vizekanzler Gabriel (SPD), der per Ministerweisung den Geist der freien Marktwirtschaft untergrub und torpedierte. Was bedeutet „Kartell“? Das ein Wirtschaftsteilnehmer sich bewusst und absichtlich in eine Marktmacht hineinmanövriert, die es ihm erlaubt, Preise zu diktieren – sowohl die Preise für die Kunden als auch die Preise für die Zulieferer. Das ist dann kein „freier“ Markt mehr – sondern ein diktierter Markt.
Was tat nun Minister Gabriel (SPD)? Er erlaubte die Fusion von Edeka und Tengelmann, gegen die das Kartellamt massive Bedenken hatte – immerhin haben wir schon einen Markt, der oligopolistisch ist (also nur eine Hand voll starker Teilnehmer hat, siehe Spiegel):
„Die Wettbewerbshüter fürchteten, dass die Marktmacht weniger Handelskonzerne durch die Fusion noch größer wird – zu Lasten der Verbraucher. Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Aldi beherrschen zusammen schon 85 Prozent des Marktes.“
Das ist kein Markt mehr, das ist eine zentralistische Staatsversorgungsorganisation, die im Falle des Zusammenbruchs ein unvorstellbares Elend nach sich ziehen wird: unsere Versorgung steht auf nur 4 Beinen. Natürlich gibt es harte Auflagen zum Schutz der schlecht bezahlten Arbeitsplätze – für ein paar Jahre. Arbeitsplätze, die man normalerweise gar nicht fördern sollte. Es geht aber nicht nur um das Lohndiktat, dass solche Megakonzerne ausüben können, sondern auch um das Preisdiktat – einerseits gegenüber den Kunden, andererseits auch gegenüber den Zulieferern. Der gesamte Markt bekommt eine enorme Schieflage – zugunsten von „Anlegern“ und „Funktionären“ … den „Brüdern im Geiste“ unserer Parteifunktionäre. Das trifft zum Beispiel Bauern, die von der Konzernallianz Preise für ihre Waren diktiert bekommen – aber wer interessiert sich schon für Bauern, wenn wir das Gemüse aus Spanien noch billiger importieren können – auch zu diktierten Preisen, die dort Arbeitsbedingungen schaffen, die nur mit Sklavenarbeit illegaler Einwanderer zu bewerkstelligen sind.
Wer sich freuen darf, sind die Erben der Eigentümer der vier Megariesen: die große Koalition hat „Erben großer Unternehmen massiv bevorzugt“ (siehe Kontraste, RBB). So werden diese Konzerne – praktisch Megaumverteilungsmaschinen, die das Volksvermögen von „unten“ nach „oben“ saugen – mit immer größerem Erfolg: die Armut schreitet immer weiter voran, dafür freuen sich die Parteien über Konzernspenden (siehe Handelsblatt):
„Erst verhindert die Bundesregierung strengere Abgasnormen für Autos, dann wird bekannt, dass BMW-Großaktionäre kurz zuvor der CDU fast 700.000 Euro gespendet haben. Entsprechend laut ist die Empörung jetzt.“
Welche Folgen solche Entscheidungen für die Pöstchenvergabe innerhalb der deutschen Funktionärselite haben werden, wird man in Zukunft sehen – wir haben da schon manches Wunder erlebt.
Wir wollen ja heute auch nicht über die Vermögenskonzentration reden, sondern über ihr Gegenteil: die Armut. Sie wird überall wahrgenommen – zum Beispiel in Berlin, wo der Anblick verarmter Rentner, die im Müll nach Ressourcen zum Überleben suchen, Alltag geworden ist (siehe Berliner Zeitung). Die Behörden reagieren auf diese unhaltbaren Zustände … in dem sie das Betteln verbieten, vor allem das Betteln von Kinder (siehe rbb-online): der Anblick von Armut auf den Straßen von Berlin ist den reichen Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu ersparen , es könnte ihnen übel dabei werden und sie an die oft vernachlässigten Pflichten gegenüber den Bürgern dieses Landes erinnern, Pflichten, die weit über die üblichen Vier-Jahres-Rythmen hinausgehen.
Ja – es hilft, sich kurz daran zu erinnern: der Staat hatte vor zweihundert Jahren Pflichten übernommen. Sogar mit König und Kaiser. Wir – als Staat – hatten uns zu einer großen Kraftanstrengung entschlossen und die vielen unergiebigen Kleinparzellen zu großen Anbauflächen vereint, die eine deutliche Steigerung der Erträge einbrachten. Mehr noch: wir hatten die Menschen von den kleinen Höfen geholt, damit sie in den Fabriken arbeiteten. Die so verlorene Selbständigkeit wog der Staat mit dem Versprechen auf, Sozialstaat zu werden, da man die systematische Schieflage im Land deutlich erkannte: noch bevor der Bürger Souverän wurde anstelle des Kaisers wurde die Grundlage seiner Souveränität – die wirtschaftliche Unabhängigkeit – vernichtet. Ein Überleben der Demokratie war also direkt abhängig geworden von der Verpflichtung des Staates, diesen von ihm selbst geschaffenen Mangel auszugleichen, in dem er die Versorgung der Bürger für alle Zeiten garantierte. Das ist die Grundlage unseres großen „Deals“, für die der Staat jetzt liefern muss – und aufgrund dessen die „Industrie“ Riesengewinne einfahren kann.
Was der Staat jedoch liefert, erfahren wir täglich (siehe Berlin Kurier):
„Ein Drama spielt sich in der Kleingarten-Kolonie „Saatwinkler Damm“ ab. Als die Datsche von Familie Behrens gestern zwangsgeräumt wird, bewegt sich Ehefrau Karin Behrens (77) nicht mehr. Sie muss mit dem Notarzt ins Krankenhaus gebracht werden, war kollabiert.“
Der demenzkranke Ehemann und der Sohn stehen jetzt vor der Obdachlosigkeit, jener Obdachlosigkeit, die die 38-jährige Eleonore E. schon kennt: sie wurde jetzt zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt – für vier Diebstähle im Wert von 93,76 Euro (siehe Süddeutsche). Sie besitzt noch nicht mal einen Personalausweis. Hätte sie nur Kinderpornografie konsumiert wie manche Abgeordnete (Tauss, Edathy, beide: SPD): sie wäre mit einer Bewährungsstrafe davongekommen.
Gesichter von Armut in Deutschland, einer Armut, die immer weiter um sich greift (siehe Bundeszentrale für politische Bildung):
„Im Jahr 2013 galt jede sechste Person in Deutschland als armutsgefährdet: 16,7 Prozent der Bevölkerung bezogen ein Einkommen, das weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens entsprach. Ohne die umverteilende Wirkung von Sozialleistungen wäre sogar jede vierte Person in Deutschland armutsgefährdet. Überdurchschnittlich häufig sind Arbeitslose betroffen – gut zwei Drittel von ihnen waren armutsgefährdet. Ebenso besteht bei Alleinlebenden und Alleinerziehenden ein erhöhtes Armutsrisiko – jeweils etwa ein Drittel der Personen galten 2013 als armutsgefährdet“
Und das im Reich der europäischen Wirtschaftslokomotive, die vor allem so gut brummt, weil sich die starken Schultern nur noch selbst bereichern, anstatt die schwachen mit zu tragen: aus dem kaiserlichen Sozialstaat ist der sozialdemokratische Asozialstaat geworden – an dem die Abgeordneten des Deutschen Bundestages exzellent verdienen: nach der nächsten automatischen Erhöhung werden es 9336 Euro im Monat sein (siehe Focus), bald soviel, wie Armutsgefährdete im Jahr verdienen. Ein genialer Trick der Reichen: einfach alle Abgeordenten reich machen – schon hat man etwas gemeinsam.
In dem Sinne funktionieren die Abgeordneten dann auch – nicht nur beim Thema Abgas oder Kartell. Andrea Nahles ist jetzt mit einem kühnen Vorstoß beschäftigt: sie will Armut in Deutschland einfach umdefinieren (siehe FAZ):
„In Deutschland gibt es immer mehr Armut – so schrieb es der Paritätische Wohlfahrtsverband im Februar. Seine Rechnung: Arm ist, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens zur Verfügung hat, für eine vierköpfige Familie wären das derzeit 1873 Euro im Monat. Das ist ein „relativer Armutsbegriff“.“
Wo wirklich Armut herrscht, weiß die Ministerin genau:
„Mit solchen Berechnungen laufe die Politik und die Gesellschaft Gefahr, den Blick für die wirklich Bedürftigen zu verlieren. „Es gibt zum Beispiel mehr illegale Einwanderer und sehr viele jüngere Erwerbsgeminderte, da haben wir es mit wirklicher Armut zu tun.““
Nun – für illegale Einwanderer ist der Staat im Prinzip im Geiste des oben skizzierten Gesellschaftsvertrages überhaupt nicht verantwortlich (jedoch im Geiste der Erklärung der allgemeinen Menschenrechte), die haben in diesem Vergleich gar nichts zu suchen – und die „jüngeren Erwerbsgeminderten“ bekommen Hartz IV (oder – wenn sie nicht ganz so jung sind – eine Bonsai-Rente auf Hartz IV-Niveau … wenn sie Glück haben) wie alle anderen Armen auch – von denen viele noch Reste von Arbeit haben. Sie als die „wirklich Bedürftigen“ zu beschreiben und demgegenüber alle anderen als umverschämte Gierlappen darzustellen, instrumentalisiert Flüchtlinge zur Vertuschung der deutschen Armutsproblematik.
Bleiben wir bei 1873 Euro netto im Monat – für vier Personen. Das sind 468,25 Euro pro Person. Hört sich gut an. Davon bezahlt man Heizkosten, Strom, Miete, Versicherungen, private Rentenvorsorge. Mieten eine vier-Zimmer-Wohnung? Da fängt das Problem an. Will man nicht gerade für seine Kinder das Szenario „sozialer Brennpunkt“ verwirklichen (was in Aachen warm 890,50 Euro kostet – außerhalb der Stadt in einer Betonwüste mit kriminellem Umfeld) so muss man mit 1275 Euro Miete rechnen (Vorstadt von Aachen), dazu 100 Euro Strom, 20 Versicherungen (Haftpflicht und Hausrat), 100 Euro Auto (Achtung: Sie haben Kinder, die im Krankheitsfalle sofort von der Schule abgeholt werden müssen!), so bleiben unsere „reichen“ Familie 191,20 Euro pro Person im Monat im sozialen Brennpunkt – oder 94,20 in menschenwürdiger Umgebung. Bedenken Sie dabei auch, dass Sie zum ordnungsgemäßen Funktionieren in unserer Gesellschaft überdurchschnittlich viel für Körperpflege und intakte Kleidung ausgeben müssen, um „einstellbar“ zu bleiben – also den Erwartungen von Unternehmern in einer Dienstleistungsgesellschaft gerecht zu werden (was minimal bei uns auf dem Land 60 Euro Friseur/Monat für diese Familie bedeutet – und damit sieht man am Ende des Monats schon etwas ungepflegt aus).
Sicher: mit 94,20 Euro im Monat wären Sie im Sudan reich, auch in Syrien und Marokko, denn die müssen kein hohes soziokulturelles Niveau erfüllen, nicht täglich mehrfach die Hemden wechseln und die Kinder zum Mobbingschutz mit Markenkleidung versehen, die können noch Weizen im eigenen Garten anbauen und Ziegen hüten … ich denke, wenn man Lebensqualität als Maßstab nimmt, sieht es im Vergleich erst recht schlecht aus. Dazu gab es mal einen Film in NRW, gedreht mit Fördermitteln von einer afrikanischen Studentin, der seinerzeit viel Trubel verursacht hat – sie fand unser tolles, reiches Leben nicht lebenswert im Vergleich zu ihrer „armen“ Heimat, in der es weniger Gift, weniger Lärm, weniger Aggression im Alltag und weniger Kinderfeindlichkeit gab – und besseres Wetter.
Aber Frau Nahles (SPD) macht halt, wofür sie bezahlt wird (siehe SWR):
„Und je weiter diese Gesellschaft in Deutschland zwischen Arm und Reich gespaltet wird, umso mehr mauern sich Reiche ein und versuchen, all die in die Ecke zu stellen, die Armut anprangern, indem sie sagen: „Ihr bauscht auf, ihr skandalisiert“, um ihren Reichtum zu schützen.“
Monatsgehalt Andrea Nahles: 14668 Euro (siehe Statista).
Keine weiteren Fragen … zur „Verharmlosung der Armut in Deutschland“ (siehe Christoph Butterwege in Deutschlandradio).
Die Armen werden immer ärmer – so der Bericht der Bundesbank (siehe Süddeutsche) – Zeit also, Armut neu zu definieren. Vergleichszahlen habe ich schon: ein Polizeihund bekommt vom Staat 94,50 Euro (also: das zahlt man dem Hundehalter – siehe fragdenstaat) … das ist mehr als Hartz IV für ein fünfjähriges Kind. Nun – Hunde sind ja auch wichtig.
Armut in Deutschland bedeutet nun nicht nur, dass man weniger in den Urlaub fahren kann (also: GAR NICHT) oder weniger Geschenke zu Ostern kaufen kann (in Zahlen: GAR KEINE) oder nicht so oft ins Kino, ins Theater oder zum Fußball kann (besser gesagt: ÜBERHAUPT NICHT) oder dass man sich gesellschaftliche Verpflichtungen jeglicher Art (wie zum Beispiel Geburtstagsgeschenke für die weitere Familie, Vereinsmitgliedschaft oder Parteiarbeit) schlichtweg nicht leisten kann, ohne am Essen zu sparen – was die Meisten machen.
Armut in Deutschland bedeutet schlichtweg: FRÜHER TOD (siehe armut&gesundheit):
„Die Mortalität (Sterberate) von Armut betroffener Menschen in unserer Gesellschaft ist deutlich erhöht. Es besteht ein Lebenserwartungsunterschied von 11 Jahren bei Männern und von 8 Jahren bei Frauen zwischen dem reichsten und dem ärmsten Viertel der deutschen Bevölkerung (Lampert & Kroll 2010). 31% der von Armut betroffenen Männer erreicht nicht das 65. Lebensjahr. Armut bedeutet demnach nicht „nur“ geringere gesellschaftliche Partizipationsmöglichkeiten, Armut bedeutet in einem der reichsten Länder der Erde früher sterben zu müssen. In diesem Kontext spielen strukturelle Gesundheitsversorgungsausschlüsse, -hindernisse und -defizite eine entscheidende Rolle, die von Entscheidungsträgern in unserer Gesellschaft leider viel zu häufig negiert und/oder bewusst ignoriert wird.“
Armut ist … eine besondere Form von Menschenopfer. Armut …. BRINGT MENSCHEN UM. Das ist ein Maßstab, der sich auch nicht durch noch so viele Rechenkünste relativieren läßt. Die Zahl der Opfer geht im Laufe der Jahre in die Millionen … Millionen die zu früh sterben und keinen „ruhigen Lebensabend“ vor sich haben, weil sie in Mülltonnen herumwühlen müssen. Wir sollten also lieber von Massenmord reden – anstatt von „relativer Armut“ … die auch als solche tödlich bleibt.
Da werden die Reichen und Mächtigen natürlich erst Recht „mauern“ und aufheulen, aber … das war schon immer so (siehe Spiegel):
„In vielen Gesellschaften gehörten Menschenopfer zum festen Brauchtum. Eine Analyse zeigt: Die perversen Riten nützen Herrschenden, um die Gemeinschaft zu spalten.“
Lesen Sie den Satz ruhig mehrmals. Sie können ihn auch gerne auswendig lernen.
Gut – wir töten anders als die früheren Herrschenden … ich will ihnen aber gerne die Dimensionen unserer Menschenopfer aufzeigen.
Wir haben über sechs Millionen Arme. Nehmen wir an: die Hälfte davon sind Männer. Das wären drei Millionen, von denen eine Million mindestens 13 Jahre früher sterben. Macht: 13 Millionen Lebensjahre. Ein Leben hat bei uns eine durchschnittliche Lebenserwartung von 78 Jahren bei Männern … also vernichtet Armut das Äquivalent von 166 666 Menschenleben, wenn wir die geraubten Jahre in Menschenleben umrechnen. Ganz grob überschlagen. Mitten in einem der reichsten Länder der Erde. Pro Jahr sterben in Deutschland 868 000 Menschen (siehe statista) – die Zahl der geraubten Lebenszeit für Arme (bzw. der Menschenopfer der Mächtigen) enspricht also 20 Prozent der Bevölkerung – Tendenz steigend.
Die sterben für … das Überleben des monopolistischen Kapitalismus.
Oder: sind die Menschenopfer der Lumpenelite.
Ich weiß: eine wilde Rechnung, die man auf vielfältige Art und Weise angreifen kann – sie dient aber nur der plakativen Darstellung, die Feinrechnung überlasse ich Menschen, die dafür bezahlt werden. Sie soll ja auch nur eins aufzeigen: Armut – ist nicht relativ, sie ist tödlich.
Auch in Deutschland.
Donnerstag, 27.2.2014. Eifel. Sie sind Deutscher? Mein Beileid. Nein – wirklich. Die Lage in Deutschland ist schlimmer als in anderen Ländern – sie dürfen das nur nicht wahrnehmen, das würde das Wohlfühlklima der Lumpenelite empfindlich stören – jener selbsternannten Elite, die sich selbst dadurch definiert, dass sie sich in elitärem Ausmaße Volksvermögen aneignet, also: privatisiert – was übersetzt soviel wie „rauben“ heißt. Darum ja: Lumpenelite.
Beklaut zu werden ist nicht schön. Neben dem Verlust der schnöden Dinge ist es vor allem das Gefühl der Ohnmacht, des mangelnden Respektes und der fortdauernden Bedrohung, die das Lebensgefühl vermiest – das ist nicht schön. Beklaut zu werden, aber trotzdem lustig ohne groß zu klagen Karneval feiern zu müssen, ist schon ein besonderer Akt der Grausamkeit, der anderen Völkern erspart bleibt. Die können wenigstens noch solidarisch Mautstellen anstecken wie in Griechenland (siehe Freiheitsliebe) und erfahren so die heilsame Wirkung von Solidarität und Gemeinschaft, während man in Deutschland dank einer Presse, die vollständig unter der Knute einer Lumpenelite steht und beständig von Arbeitslosigkeit bedroht wird auch noch zum Opfer von Spott und Häme aus den „besseren Kreisen“ wird – oder zum Opfer jener, die meinen, sie würden zu den „besseren Kreisen“ gehören, wenn sie auch Spott und Häme austeilten.
Ja – der Deutsche ist nicht nur arm – er wird auch noch grausam gefoltert … jedenfalls psychisch. Nehmen wir zum Beispiel jene Nachricht bei Yahoo, nach der „das Interesse der jungen Leute an Neuwagen abgenommen hat“. Wäre Deutschland Griechenland, so würden wir andere Formulierungen hören, siehe Süddeutsche:
Keine Perspektive, kein Geld, keine Liebe? Die Finanzkrise trifft junge Griechen in allen Lebenslagen, auch im Privatleben. Die Zahl der Hochzeiten sinkt und viele Paare wissen gar nicht, wie sie zwischen Zweitjob und Existenzangst noch eine Familie gründen sollen.
Keine Perspektive, kein Geld … also auch kein Auto. Jedenfalls kein Neuwagen. Das ist jedem plausibel, der nicht extra noch nach dem Studium bei einer Privatschule „richtigen“ Journalismus gelernt hat. Dort lernt man dann, „kein Geld“ mit „keine Lust“ zu umschreiben.
Dabei ist die Armut keinesfalls versteckt – sie wird sogar noch größer werden. Während die Politik und die Wirtschaft alle Türen weit geöffnet haben, um die Niedriglöhner aus ganz Osteuropa freudig zu empfangen, verliert der Wirtschaftsraum Deutschland enorm an Substanz, siehe Spiegel:
„Deutschland verliert viele der besten Wissenschaftler durch Abwanderung. Zwar gibt es Rückkehrer, jedoch können nicht Wissenschaftler gleicher Qualität zurückgewonnen werden“, schreiben die sechs von der Bundesregierung als Berater bestellten Wirtschaftsprofessoren. „Insbesondere für die Besten scheint das deutsche Forschungssystem derzeit nicht attraktiv genug zu sein“, kritisieren die EFI-Experten.
Befristete Verträge, schmale Gehälter und ein Mangel an Alternativen – damit haben viele Jungforscher zu kämpfen.
Die Politik scheint entschieden zu haben, dass Deutschlands Wirtschaft 2030 einen Schwerpunkt in Billigstarbeit zu haben hat: wir nähen für Thailand die Hemden, während sich unsere Lumpenelite Irlands Schlösser und Herrenhäuser kauft (siehe Manager Magazin), um sich nach getaner Tat fernab des Ortes des Verbrechens gepflegt zur Ruhe setzen zu können. Das wird auch nötig sein – denn eine Zukunft als erstklassige Industrienation haben wir dank Akademikerflucht nicht mehr zu erwarten.
Eine Studie zeigt nun, das wir in punkto Armut inzwischen einen ganz besonderen Rang in Europa erreicht haben, siehe Spiegel:
Manche haben Millionen, andere nur Schulden: Laut einer DIW-Studie sind die Vermögen in keinem Euro-Land so ungleich verteilt wie in Deutschland. Der durchschnittliche Besitz von Arbeitslosen hat sich seit 2002 fast halbiert.
Besonders wichtig für Journalisten – die Positionierung der Arbeitslosen:
Schlechter geht es dagegen den Arbeitslosen: Ihr Nettovermögen ist seit 2002 von 30.000 auf 18.000 Euro gesunken. „Das ist die einzige soziale Gruppe, die in den letzten zehn Jahren signifikant Vermögen eingebüßt hat“, sagt DIW-Forscher Markus Grabka, einer der Autoren der Studie.
12000 Euro Vermögensverlust durch Arbeitslosigkeit – was macht das eigentlich aus bei … ja, wie viele Arbeitslose haben wir eigentlich? Wer ist alles in den letzten zwölf Jahren arbeitslos geworden? Nehmen wir einfach mal die Zahl der offiziell anerkannten Arbeitslosen: das wären allein schon 36 Milliarden Euro, die man dort zum Kauf irischer Herrenhäuser abgreifen konnte. In zwölf Jahren sind die Zahlen aber kumulativ zu sehen: die meisten Arbeitslosen bleiben ja nicht ewig arbeitlos. Da kommt locker ein dreistelliger Milliardenbetrag für jene heraus, die sowieso schon durch Leih – und Billigarbeit profiziert haben. Vielleicht muss man die Zahl ja auch gleich mit 12 multiplizieren, um die konkrete Summe der Beute beziffern zu können?
Das Geld wird dann investiert in Diäten und sich endlos verteuernde Bauprojekte der öffentlichen Hand (an denen wer noch mal gut verdient?) und so von unten nach oben umverteilt, während man sich unten neben der Armut auch noch schuldig fühlen soll und öffentlich als Täter dargestellt wird: was muss das für ein Gelächter geben in den Führungsetagen der Wirtschaft.
Das unterscheidet die armen Deutschen von den armen Griechen: während der Grieche sich zurecht als Opfer fühlen darf, wurde der Deutsche von der Politik zum Täter erklärt, seine Armut ist selbstverschuldet und mit völliger Absicht durch ihn selbst angestrebt worden, weshalb er zum Volksfeind im eigenen Land wird – auch wenn sogar Frau Lagarde vom IWF öffentlich zugibt, dass es seit fünf Jahren eine gewaltige Schieflage bei der Ausgabe der Tauschmittel gibt, siehe Spiegel:
Lagarde beklagte auch, dass zu wenige neue Arbeitsplätze geschaffen würden und dass Einkommensanstiege seit 2009 meist nur auf das Konto der Wohlhabenden gegangen seien.
So werden im beklauten Segment der Bevölkerung selbstverständlichste Lebensnotwendigkeiten langsam unerschwinglich, siehe Spiegel:
Strom, Heizung und Warmwasser sind für immer mehr Bundesbürger kaum noch bezahlbar. 6,9 Millionen Haushalte müssen nach Informationen von SPIEGEL ONLINE mehr als jeden zehnten Euro für Energie ausgeben – 2008 waren es erst 5,5 Millionen Haushalte.
Es ist klar, wo die Reise endet, oder? Die Slums von Thailand – in Bielefeld, Wuppertal und Augsburg, aber eine kleine Elite ist so übersättigt, dass sie Immobilien in Irland sammelt: nur Schlösser, versteht sich. Oder man fördert den Bau von immer dekandenter werdenden Luxusyachten, siehe ManagerMagazin:
Bei den aktuellen Entwürfe der großen Yachtbauer fällt vor allem eines auf: Die Aufwertung des Außenraums. Ohne mindestens einen Beachclub, also eine meist mit großzügiger Terrasse ausgestattete Badeanlage am Heck, geht gar nichts; oft lassen sich an den Kabinen noch Balkone ausklappen, fließende Übergänge zwischen Decks und Innenräumen sind Standard – man sitzt im Freien, kann aber bei Bedarf von der Crew vor Wind und Wetter schützende Glaswände ausklappen lassen.
Mindestens ein Helikopterlandeplatz, Unterwasserfenster, üppige Spa-Bereiche und jede Menge Spielzeug wie Jetskis und Tauchboote gehören ebenfalls fast schon zum Standard. Weit verbreitet ist es, der eigentlichen Yacht ein sogenanntes Shadowboat an die Seite zu stellen – ein nicht ganz so opulent gestaltetes Zweitboot, auf dem ein Teil der Crew wohnen kann, damit es an Bord der Eigneryacht nicht so eng wird.
Die Welt der Armen sieht hingegen anders aus: die Sparprogramme der Regierungen treffen keine Yachtbesitzer, siehe Spiegel:
Wegen rigider Sparpolitik haben viele Bürger in EU-Krisenländern keinen Zugang zu medizinischer Versorgung mehr. Einer Studie der Fachzeitschrift „Lancet“ zufolge breiten sich Infektionskrankheiten in bislang unbekanntem Ausmaß aus, die Zahl der Selbsttötungen steigt rapide.
Im Zeitalter der Globalisierung weiß man auch, wo das Geld bleibt (siehe Spiegel)
Aktuelle Zahlen der US-Banken zeigen, wie gut ihre Geschäfte laufen. Amerikas Geldhäuser haben im vergangenen Jahr rund 154,7 Milliarden Dollar verdient, teilte die US-Einlagensicherung FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation) mit.
Viel davon kommt direkt aus den Taschen der deutschen Arbeitslosen – und den Taschen der deutschen Steuerzahler, denn die Regierung braucht zur Finanzierung ihrer Luxusdiäten beständig neue Kredite – 2013 schreibt Deutschland trotz öffentlicher Jubelmeldungen über sprudelnde Steuereinahmen und eine brummende Wirtschaft wieder rote Zahlen (ebenfalls: Spiegel):
Ein Grund für das Minus in den Staatskassen ist auch das schwächste Wirtschaftswachstum seit dem Rezessionsjahr 2009. Den amtlichen Statistikern zufolge legte das BIP in Deutschland im vergangenen Jahr nur um 0,4 Prozent zu. 2012 hatte es noch zu einem Plus von 0,7 Prozent gereicht, 2011 waren es sogar 3,3 Prozent.
Begleitet wird diese Schrumpfung der Wirtschaftskraft von einem Chor von Journalisten, die voller enthusiastischer Begeisterung täglich über die Erfolge des Systems Deutschland schreiben – ständig auf der Flucht vor der eigenen Arbeitslosigkeit.
Sie teilen da die Erfahrungen mit deutschen Autohändlern. Obwohl die Automobilwirtschaft eine zentrale Säule unserer Wirtschaft darstellt, kann man mit Autos in Deutschland nur noch selten Geld verdienen, siehe Manager-Magazin:
In Deutschland hat laut McKinsey 2013 mehr als jeder vierte Händler (27 Prozent) einen Verlust eingefahren. 2012 waren es noch 9 Prozent. Eine Konsolidierung der Branche ist nach Einschätzung von Experten daher unausweichlich.
Dafür kann man mit Leibesübungen schnell Multimillionär werden (siehe Wofam): Rennfahrer, Fußballspieler und Models liegen bei 9 – 25 Millionen Euro jährlich – bezahlt von Konzernen, die ihre Zuwendungen von der Steuer absetzen können, ebenso können sich Günther Jauch, Harald Schmidt oder Johannes B. Kerner zu den Gewinnern zählen: öffentliche Gebühren und Zahlungen der Konzerne machen es möglich.
Investitionen in Sport und Unterhaltung sind natürlich auch viel wichtiger als Investitionen in Wissenschaft, Gesundheit und allgemeiner Lebensfreude: wir wollen mit Spaß und guter Unterhaltung in die Hölle fahren. Oder werden diese Gestalten extra dafür bezahlt, uns abzulenken, bevor das Aufblühen von Pest und Cholera in Duisburg, Oldenburg und Berlin unübersehbar wird … neben der zu erwartenden Suizidwelle des deutschen Mittelstandes?
Was dort exerziert wird, ist grausam. Mache Gangsterrap, spiele Fußball, fahre Auto, gehe über den Laufsteg oder gewinne eine Million bei Jauch und du bist der Held. Ist doch ganz einfach.
Werde Akademiker, Journalist oder Autohändler … und du gehst vor die Hunde. Arbeit muss sich wieder lohnen … tut sie aber nicht, weil das Geld woanders verfeuert wird: zum Wohle der US-Banken, die in Europa groß abräumen.
Darum: mein Beileid, Deutsche. Nicht nur arm – sondern auch verarscht nach Strich und Faden … mit voller Absicht. Darf ich zu dieser Theorie noch einmal die jetzige Arbeitsministerin Frau Nahles zitieren (siehe Welt vom 23.6.2013):
„Wer SPD wählt, entscheidet sich gegen Frau Merkel und nicht für sie. Alles andere ist eine bösartige Unterstellung. Die SPD will Merkels Kanzlerschaft in drei Monaten beenden. Wir wollen den ganzen Regierungswechsel.“
Seit dem 15. Dezember ist Frau Nahles Mitglied im Kabinett Merkel, zehn Jahre lang war ihr Lebensgefährte der VW-Arbeitsdirektor und Audi-Vorstand Horst Neumann (siehe Wikipedia).
Will man da wirklich noch an Zufall glauben, wenn man auf ihrer Seite ein CDU-Spendenformular findet (siehe Focus):
Wer sich bis Mittwoch Abend auf der Seite www.andrea-nahles.de unter dem Punkt „Wahlkreis“ – „Spenden für den Wechsel“ über die steuerliche Absetzbarkeit von Parteispenden informieren wollte, bekam ein CDU-Formular zum Download angeboten.
Wie ich schon sagte: mein Beileid. Es macht wirklich keinen großen Spaß, in diesen Zeiten Deutscher zu sein – Deutsche ohner Million, versteht sich.