Amok

This tag is associated with 6 posts

Deutschland im Amok- und Terrorfieber – Über die Turbo-Radikalisierung von fernsehenden Reihenhausbürgern in Zeiten des Turbo-Kapitalismus

40_parkwaechter

„So eine Woche habe ich noch nicht erlebt“, stammelt Bayerns Innenminister Herrmann auf einer Pressekonferenz in Hinblick auf die Anschlagserie der letzten Woche. Dass zusätzlich noch der Stolz Herrmanns gekränkt wurde, indem das Landgericht Karlsruhe einem deutsch-ghanaischen Anwalt zugebilligt hat, dass er den Bayerischen Innenminister ungestraft als „ganz wunderbares Inzuchtsprodukt“ bezeichnen darf (siehe taz), ist da inmitten der aktuellen Blutbadserie nur eine Randmeldung wert.

Wir wollen das Wort „Inzucht“ trotzdem als Ariadnefaden behalten, um uns durch das blutige Labyrinth des Minotaurus zu manövrieren. Denn wenn wir nicht an der Oberfläche bleiben wollen, müssen wir einige grundlegende Fragen stellen:

Welchen Elementen bietet das derzeitige marktradikale („neoliberale“) Treibhausklima optimale Wachstumsbedingungen? Welche Charaktere züchten wir in unserer Arbeits- und Ausbildungswelt heran? Warum werden die Gewächse bzw. die Absolventen unserer scheinbar so hochqualifizierten und hocheffizienten Schulen und Universitäten plötzlich von Schwarzschimmel befallen und überziehen ihre Umgebung mit einem tödlichen Pelz?

Wer sich mit Umweltmedizin beschäftigt, der weiß, dass Schwarzschimmel nur unter ganz bestimmten Luftfeuchtigkeits-, Temperatur- und Nährstoffbedingungen wächst. Sind diese Bedingungen gegeben, dann benötigt Schimmel weniger als eine Woche, bis er anfängt zu wachsen und das Haus unbewohnbar zu machen – Blitzradikalisierung par excellance also. Obwohl, und das wissen die wenigsten, Schimmel in den meisten Fällen für das Auge unsichtbar bleibt und oft erst nach Jahren oder gar nicht aufgedeckt wird. Viele Menschen werden daher in einer scheinbar blitzsauberen, aber unsichtbar verschimmelten Wohnung krank, ohne zu wissen warum. Nur wenn die Schimmelkultur bis in ihre Blüte bzw. Sporenbildung kommt, wird der Befall für das Auge sichtbar. Experten wissen daher, dass sichtbarer Schwarzschimmel nicht mehr ist als die Spitze des Eisbergs und ein viel tiefgehender Schaden an der Bausubstanz vorliegt, in den meisten Fällen ein unerkannter Wasserrohrbruch oder eine Wärme-/Kältebrücke.

Bevor wir uns den tieferen Ursachen des aktuellen Fiaskos widmen, zunächst noch einmal kurz zurück an die Oberfläche des Schwarzschimmelpelzes: Aktuell schlägt den Migranten eine Welle der pauschalen Empörung entgegen: Wie war es möglich, dass Flüchtlinge, die allen Grund zum Dank hätten, dass Deutschland ihnen Aufnahme, Ausbildung und Unterkunft gewährt hat, sich auf solch desaströse Art revanchieren?

Auch die Schäubles, Merkels und sonstigen Herrmänner sind ratlos. Sogar Konstantin Wecker, der stets eine Lanze für die Willkommenskultur gebrochen hat, schreibt, dass er bei den Nachrichten über Amok laufende Flüchtlinge für Momente das Gefühl gehabt habe, die Flüchtlinge fielen ihm nun in den Rücken bei seinen Versuchen, öffentlich für ihre Rechte einzutreten.

Wieso dieser Hass und Vernichtungswille? In einem Wohlstandsland, in dem allen Bürgern – zumindest solange sie gerade nicht malochen – das Frei- bzw. Billigbier fließt und es Unterhaltung nonstop bis zum Abwinken gibt?

Mangels anderer Erklärungsansätze verengt sich die aktuelle Diskussion derzeit meist auf zwei Erklärungsansätze bzw. Etiketten, die man den Amoktätern umhängt: geistesgestörter Einzeltäter oder islamistischer Terrorist. Wie der Gefängnispsychologe Götz Eisenberg ausführt, kann sich in beiden Fällen die Gesellschaft von Verantwortung freisprechen und sagen: Der Mann ist wahnsinnig oder er handelt im Auftrag des IS. Wenn alle Erklärungen versagen, da der Täter bisher ein biederes Musterleben in einer Musterfamilie in einem Musterreihenhaus geführt hat, dann ist das eben ein typischer Fall von Selbstradikalisierung, vorzugsweise Selbstradikalisierung im Blitztempo, so wie beim Attentäter von Nizza, der sich innerhalb von 14 Tagen selbstradikalisiert und zum Dschihadisten gewandelt haben soll.

In seinem jüngsten Essay (siehe Nachdenkseiten) nähert sich Götz Eisenberg in gleichermaßen ruhiger wie treffsicherer Weise an den Kern der derzeitigen Misere an. Man erspart sich durch das Lesen dieses bereits sehr tiefschürfenden Artikels das Lesen unzähliger anderer sogenannter Expertenmeinungen. Eisenberg führt darin aus, wie Attentäter oft nicht morden, weil sie sich dem Dschihad zugewandt haben, sondern dass sie sich dem Dschihad zugewandt haben, weil sie morden wollten. Wie eine neoliberal-nihilistisch-technokratisch konditionierte Gesellschaft immer mehr „radikale Verlierer“ produziert, die sich abgehängt und in permanenter Frustration fühlen. „Menschen, die vom heiligen Markt als überzählig ausgespuckt werden und wie Fische auf dem Trockenen liegen.“ Und schließlich, wie Amoktäter, die teilweise in imitiertem, gebrochenem Arabisch „Allahu akhbar“ rufen, sich der IS-Chiffre nur bedienen, um gewissermaßen als Teil einer „weltumspannenden Hass-Föderation“ erweiterten Suizid zu verüben. Es lohnt sich, diesen etwas längeren Artikel zu studieren, man sieht danach klarer.

Auch der französische Politologe Olivier Roy kommt zum Schluss, dass nicht die Radikalisierung des Islam heute das größte Problem sei, sondern dass sich Radikalität an sich immer öfter islamistisch kostümiere. Die Ideologie des IS, laut Roy zurzeit das „radikalste Produkt auf dem Markt“, komme diesen Menschen gerade recht, um ihre Wahnsinnstat zu etikettieren und in einer vermeintlich weltumspannenden Guerillagemeinschaft wider die westliche Welt in einen größeren Kontext zu stellen. In Wirklichkeit seien die Attentäter Produkte einer zutiefst gespaltenen und ausbeuterischen Gesellschaft, die an ihren Rand gedrängt, der Kriminalität und Destruktivität verfallen.

Indes kündigen unsere Politiker bereits Jugendschutz- und Entradikalisierungsmaßnahmen an. Was die Folge davon sein wird, ist jetzt schon klar: Ethnische und religiöse Minderheiten wie die Roma, Zeugen Jehovas etc. werden noch mehr an den Rand gedrängt und mit Projektionen und Repressionen behäuft als bisher. Die Wut und der Hass der Bevölkerung über die eigentlich ungreifbare Bedrohung wird sich an einigen Minderheiten entladen – während die eigentliche gesamtgesellschaftliche Radikalisierung bzw. der vorgenannte Schwarzschimmelbewuchs weiterhin ungehemmt voranschreiten kann. Die Strategie, Sündenböcke bereitzustellen, auf die der gemeine Bürger unter Duldung der Justiz weitgehend ungestraft einschlagen kann, hat sich schon seit jeher bewährt, wenn es darum ging, kollektive Wut – die schließlich zu einer Änderung der etablierten Machtverhältnisse hätte führen können – zu kanalisieren. Auch im Dritten Reich konnte auf diese Weise von dem eigentlich unhaltbaren wirtschaftlichen, sozialen und weltanschaulichen Bankrott eines Systems abgelenkt werden, indem man die Schuld für die gesamtgesellschaftliche Krise den Juden, den Roma und ein paar weiteren Randgruppen gab.

Aber wenn wir schon über Entradikaliserungsprogramme reden: Wer kümmert sich eigentlich um die Entradikalisierung unserer Politiker? Ist die weltanschauliche Gesinnung mancher Politiker heute nicht bereits ebensoweit ins Radikale abgeglitten, dass Verelendung und sogar Vernichtung von Menschenmengen größeren Ausmaßes zu befürchten ist?

Ist es nicht ebenso eine radikale Weltsicht, wenn z.B. Wolfgang Schäuble, also eine an der Spitze der Machtpyramide unserer Gesellschaft stehende Person, in einem ARD-Interview sich selbst beschreibt als jemanden, der „abgehärtet ist in einem langen bösen Leben“? (Quelle: ARD-Mediathek – dort nur noch bis 24.8.2016 verfügbar). Muss man angesichts der Verbitterung und womöglich sogar leisen Todessehnsucht, die man aus solchen Worte ahnen könnte, nicht Gänsehaut am Rücken bekommen?

Würde ein Flugzeugpilot solche Worte sprechen, man würde ihn wegen Verdachts auf akute Lebensmüdigkeit und implizite suizidale Tendenzen wohl umgehend aus dem Verkehr ziehen. Dass man von Schäuble trotzdem kein psychologisches Attest eingefordert hat, wird sich womöglich aus zukünftiger Perspektive bitter rächen. Nicht, dass so jemand bewusst eine Katastrophe herbeiführen würde wie z.B. der Germanwings-Pilot Andreas L., aber wie Sigmund Freud schon festgestellt hat, „ist das Unterbewusste immer schlauer“ – womit er meinte, dass sich immer die untergründige Motivlage eines Menschen als Resultat durchsetzt und nicht das, was er in seinem intellektuellen Oberstübchen bekundet. Wenn z.B. jemand bei einer Heirat vor dem Altar oder zu einem Vertrag „Ja“ sagt, aber untergründig ein „Nein“ in sich trägt, dann wird sich dieses Nein irgendwann durchsetzen und Früchte tragen.

Wie werden wohl die Früchte der Politik eines Menschen sein, der das Leben als „lang und böse“ ansieht? Die Griechen haben dies jedenfalls bereits am eigenen Leib zu spüren bekommen: Nach eiserner Durchsetzung der Troika-Weisungen ist dort die Säuglingssterblichkeit um 43% gestiegen, die Suizidrate um 27%, Krankenhäuser kollabieren, vier von zehn Kindern leben in Armut. Dessen unbekümmert wurde lt. ORF-Bericht unter Schäubles Ägide dafür gesorgt, dass von 100 Euro Griechenlandhilfe nur 1,80 Euro im echten Leben, also in Krankenhäusern, Infrastruktur und Schulen ankommen, während die übrigen 98,2 Euro mit Zinsen direkt zurück an die Großbanken gingen. – Eigentlich war das In-die-Mangel-Nehmen von Griechenland ein sinnloser und gemeinschädigender Akt, was laut dem ehem. Finanzminister Varoufakis für seine Verhandlungspartner auch vollkommen einsichtig war. „Und dann schauen dir sehr mächtige Personen in die Augen und sagen: »Sie haben recht mit dem, was Sie sagen, aber wir werden Sie trotzdem zerquetschen.“ (seltsamerweise wurde dieses geschichtsträchtige Zitat in keinem einzigen unserer Leitmedien abgedruckt, sondern findet sich nur in alternativen Medien oder kleinen sozialistischen Blättern).

Seitdem findet in Griechenland täglich ein stilles Gemetzel statt, zwar weniger blutig und spektakulär als die Attentate in München oder Nizza, aber mit noch ungleich mehr Todesopfern und Elend im Gefolge. Noch viel desaströser wirkt sich die transatlantisch verbrückte Politik der angeblichen Verteidiger der europäischen Demokratie – denen Varoufakis das „völlige Fehlen demokratischer Skrupel zugunsten kalter Machtpolitik“ bescheinigt – im Nahen Osten und Nordafrika aus, von wo aus letztes Jahr eine Millionenschaft an Flüchtlingen zu uns geströmt ist, um ein neues Leben anzufangen.

In euphorischer Erwartung „einer Grundlage für das nächste deutsche Wirtschaftswunder“ (Daimler-Chef Dieter Zetsche) ließ die deutsche Bundeskanzlerin, akkordiert mit einer Kampagne der BILD-Zeitung und sämtlichen anderen relevanten Leitmedien, eine Willkommenskultur und das Ende der Schengen-Grenzen ausrufen. Unter den neu einströmenden Humanressourcen sollte sich eine große Anzahl gut ausgebildeter Ärzte und Ingenieure befinden. Wie die Länder, die gerade um ihre qualifiziertesten Fachkräfte ausgeblutet werden, ohne Ärzte und Ingenieure ihre zerstörten Krankenhäuser, Wasserleitungen und Straßen wieder aufbauen sollen, fragte angesichts des in Aussicht sehenden neuen Wirtschaftswunders im Oktoberfestland kaum jemand. Unter einem Kraftakt von Bevölkerung und Administration wurden dann quasi über Nacht über 1,5 Millionen Flüchtlinge bei freier Kost, kassenärztlicher Versorgung und Schulbildung einquartiert. Die Chefs von Siemens, Porsche und Post überboten sich des Lobes für die neu ankommenden Humanressourcen und drängten die Politik, ihnen nach einer kurzen Einführung in „westliche Werte“ möglichst rasch Jobs geben zu dürfen. Und jetzt quasi als Dank ein von blutigem Terror erschüttertes Europa? – Am Stammtisch versteht man die Welt nicht mehr.

Viele der Amokläufer sind durchwegs jung, manche fast noch Kinder. So wie der 17jährige Axt-Attentäter von Würzburg Riaz A., der bis zu seiner Tat als Musterflüchtling galt, bei einer deutschen Pflegefamilie scheinbar beste Start- und Ausbildungsbedingungen genoss und dennoch in seinem Bekennervideo diese verstörenden Sätze voller Hass sprach (Auszug aus Video/SPIEGEL TV: „Ihr könnt sehen, dass ich in eurem Land gelebt habe und in eurem Haus … und in eurem eigenen Haus werde ich euch abschlachten.“) Im vorgenannten Spiegel-Video zeigt sich auch der Bürgermeister, der den Täter kurz vor der Tat noch auf dem Pfarrfest begrüßt hatte, vollkommen verdutzt, wie mit Riaz K. eine solche Wandlung geschehen konnte.

Auch der 18jährige David S., der vor dem Münchner Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen erschossen hat, ging eine rätselhafte Metamorphose durch. In einem weiteren SPIEGEL TV-Bericht kann man seine Wandlung von Superhelden zum Amokläufer bildhaft mitverfolgen. In der Online-Community figurierte er zunächst unter dem Namen „Neo“, gepaart mit einem Bild von Kenau Reeves. Er hatte also ursprünglich jenen Menscheitshelden vor Augen, der im Film „Die Matrix“, eine von Maschinen geknechtete Menschheit wieder aus dem Abgrund befreit. Zuletzt hatte er jedoch die Identität des Neo verworfen und figurierte im Netz nur noch unter dem Pseudonym „Hass“. Auch das Profilbild hatte er verändert: Statt dem Heroengesicht des „Neo“ gab er der Community nun eine schwarze, in sich zusammengekauerte Gestalt ohne Gesichtszüge zu sehen.

Eine Vielzahl von ähnlichen Fällen an Radikalisierung, in denen unscheinbare, äußerlich bestangepasste Schüler plötzlich ein Massaker an Lehrern und Mitschülern anrichten, finden sich in Götz Eisenbergs Buch mit dem bezeichnenden Namen „Gewalt, die aus der Kälte kommt“ – dort auch vollkommen ohne Migrationshintergrund. Denn bei unserer Betrachtung sollten wir nicht den Fehler begehen, unsere Wut nun in die falsche Richtung bzw. auf die Migranten zu lenken. Das würde uns von der berechtigten Wut auf die wirklichen Krankheitswurzeln unseres politisch-ökonomischen Systems ablenken und uns menschlich spalten. Denn in Wirklichkeit sind die Migranten genauso Spielbälle ökonomisch-politischer Interessen wie wir Inländer. Insofern hätten wir also allen Grund, um zusammenzuhalten. Während jedoch durch das Anzünden von Asylheimen und das Bilden von Bürgerwehren geradewegs verhindert wird, dass die Menschen dieser Welt in einer entscheidenden historischen Zeit gemeinsam an einem Strang ziehen und gegen den Marktradikalismus („Neoliberalismus“) protestieren.

Man stelle sich vor, jemand flüchtet aus einer elenden, zerbombten und vergifteten Heimat auf einen neuen Kontinent, der ihm bisher in Büchern bzw. Flachbildschirmen als reines Paradies erschienen ist. Er hat dann alles auf eine Karte gesetzt, sein Haus verkauft und die erhaltenen Jetons in eine Schlepperbande investiert, sein Leben auf einer gefährlichen Fahrt über das Mittelmeer oder die Balkanroute riskiert (hier ein lesenswerter Erlebnisbericht eines auf hoher See gekenterten Überlebenden), und während dieser Überfahrt womöglich auch einige Familienmitglieder oder Freunde verloren. Der letzte Strohhalm seiner Hoffnung war das gelobte Deutschland, von dem Merkel suggerierte, dass man es dort bloß über die Grenze schaffen müsse, dann wäre alles gut.

Nun hat er es über ebendiese Grenze geschafft, aber siehe da: Gar nichts ist gut, der Glanz der über das Smartphone vermittelten Werbewelt des westlichen Mekkas ist dahin – das einzige, was in diesem Kommerzmekka glänzt, sind die SUVs und die omnipräsente Unterhaltungselektronik. Eine Zeitlang legt er sich voll ins Zeug und versucht, auch unsere Sprache zu lernen, auf LED-Flachbildschirmen herumzuwischen und Anschluss zu finden, aber irgendwie wird es nichts so richtig, er bleibt ein Underdog, muss eine missachtete Randexistenz führen, wird sogar gemobbt, so wie es der Amokläufer David S. kurz vor seinem Gestelltwerden durch die Polizei mit seinen letzten Worten lauthals beklagt hat (siehe SPIEGEL TV).

Der Neuankömmling im gelobten Land muss erleben, dass in einer Gesellschaft, unter deren Jugend laut soziologischer Studien „Du Opfer!“ neben „Du Wichser!“ das gängigste Schimpfwort geworden ist, es für Opfer wie ihn leidlich wenig Pardon gibt. Dass die von Medien wie BILD & Co. im Chor mit den Konzernen – in Erwartung eines nächsten, dank billiger Arbeitskräfte katalysierten Wirtschaftswunders – ausgerufene „Willkommenskultur“ nur gefakt war. Dass hier im Vergleich zu seiner Heimat im Großteil des Jahres nicht nur das Wetter arschkalt ist, sondern auch die soziale Atmosphäre unter den Gefrierpunkt gesunken ist und er sich durch eine eisige Gletscherlandschaft bewegen muss. Dass im einstigen Land der Dichter und Denker heute fast jeder Aspekt des Lebens dem Kommerz zum Fraß vorgeworfen wurde und wahre Humanität aus politisch-ökonomischer Sicht nur lästiger Sand im Getriebe einer gnadenlos auf höchste Effizienz getrimmten Technokratie darstellt. Eine Gesellschaft, in der man für Gutmenschen im besten Falle ein mitleidiges Lächeln, meist jedoch schiere Aggression übrig hat (dass neben „Du Opfer!“ und „Du Wichser!“ heute laut laut Bericht im Focus auch „Du Goethe!“ zu einem der übelsten Schimpfwörter unter Jugendlichen avanciert ist, habe ich zuvor vergessen zu erwähnen. Man weiß dann, auf welchem Niveau das Kulturgut, das Deutschland einstmals von den USA und vom Kongo unterschieden hat, heute rangiert).

Der Migrant merkt mehr oder weniger schnell, dass seine Zukunftsaussichten in solch vergletscherter marktradikaler („neoliberaler“) Landschaft in Wirklichkeit die gleichen sind wie daheim: Dass er sich als unterbezahlter Tagelöhner verdingen wird müssen, der trotz rückhaltlosen Verschleißes seiner Gesundheit zuwenig zum Leben und zuviel zum Sterben besitzt, während sich einzelne Warlords (hierzulande nicht mit Patronengürteln und Granaten gewappnet, sondern fein herausgemausert in Nadelstreif und bestückt mit bloßer Hugo Boss-Titankugelschreibermine und Smartphone) dick und dämlich verdienen.

Dass hier im vermeintlich gelobten Land Bullshitjobs warten, an denen sogar die gut situierten und von ihrer Kindheit an an das marktradikale („neoliberale“) Klima getrimmten Eingeborenen mittlerweile zermürben und ins Burnout abzudriften drohen – wobei Burnout nichts Flammendes oder Heldenhaftes ist (von einem Betriebsarzt weiß ich, dass es in vielen Firmen immer noch als „Verwundetenabzeichen der Leistungsgesellschaft“ angesehen wird und man zumindest ein „kleines Burnout“ vorweisen sollte, um zu beweisen, dass man im Job alles gegeben hat), sondern man es, wie mir eine Psychotherapeutin erklärt hat, lieber ganz unpathetisch als „Erschöpfungsdepression“ bezeichnen sollte.

An gleichermaßen naiven wie brandgefährlichen Maßnahmenforderungen aus dem pragmatischen Eck der Herrmänner mangelt es natürlich nicht. Reflexartig wird z.B. der Einsatz der Bundeswehr im Inneren gefordert (als ob man mit der Feuerkraft von Panzern und Kampfjets einen Rucksackbomber daran hindern könnte, auf einen Knopf zu drücken) oder der weitere Abbau der Grundrechte und Ausbau der Totalüberwachung (wir kommen gleich noch darauf zurück). Aber lassen wir das, wir werden schon wieder oberflächlich und haben Tiefgang versprochen.

Halten wir uns also nicht mit Oberflächlichkeiten auf, diese bekommen wir über die Leitmedien gerade im Überfluss serviert. Eisenberg schreibt dazu in seinem Buch „Gewalt, die aus der Kälte kommt“:

„Die unter die „Diktatur der Einschaltquote“ geratenen Medien leben von Sensationen wie dem Massaker von Erfurt. Es scheinen die giftigen Sekrete der Medien zu sein, die den „Amok-Virus“ auf Empfänger übertragen, deren Immunsystem geschwächt ist und die infolgedessen für Ansteckung anfällig sind.“

Lassen wir die Boulevardmedien, die Herrmänner und eitle „Inzucht“-Kontroversen also einmal hinter uns und gehen wir in medias res.

Sigmund Freud, der Vater der Psychoanalyse, hat neben der Erforschung seines Hauptthemas, dem als „Libido“ bezeichneten Lebenstrieb, in seinem Alter zunehmend auch das Gegenteil dieses Lebenstriebs thematisiert: „Thanatos“, den Todestrieb. Laut Freud schlummert „Thanatos“ als destruktives Gegenprinzip in jedem Menschen, kommt jedoch erst dann zum Ausbruch, wenn der natürliche Lebenstrieb frustriert wird.

So ähnlich also wie ein Herpes-Virus, der im Nervensystem fast aller Menschen schlummert, jedoch vom gesunden Immunsystem normalerweise in Schach gehalten wird. Erst wenn das Immunsystem durch Stress geschwächt ist, nützt der in den Nervenkanälen verschanzte Herpes-Virus seine Chance und kommt in Form unappetitlicher Eitergeschwüre an die Oberfläche.

Dass auch ein aktuell geforderter Ausbau der Bürgerüberwachung keineswegs zur Lösung des Terror- bzw. Amokproblems führen wird, sondern ganz im Gegenteil, das gesunde Immunsystem des Menschen bzw. seine psychische Kondition noch mehr schwächen und damit die Affinität für den Ausbruch entzündlicher Symptome erhöhen würde, wird im aktuellen politischen Diskurs leider wenig bedacht. Denn Überwachung ist eigentlich etwas dem gesunden Menschsein diametral Entgegengesetztes: Jeder Mensch, der in Beruf oder im Privatleben überwacht wird, weiß, dass er sich unter diesem Misstrauensvorschuss nicht wirklich entfalten kann. Er hasst dies bzw. seinen Vorgesetzten dafür und wünscht sich sogar unbewusst den Untergang derjenigen Institution, die ihn überwacht. Ist der Staat diejenige Institution, die den Menschen in Stasi-Manier überwacht, dann steht es um den Zusammenhalt und die Zukunft dieses Staates nicht gut.

Da der Mensch auf Freiheit und Verantwortung hin ausgelegt ist, bewirkt der Aufbau einer diese spezifisch-humanen Eigenschaften immer mehr bedrückenden Überwachungsmaschinerie selbst eine höchst ungesunde Atmosphäre, in welcher Ängste und Depressionen induziert werden und in welcher sich schwache Charaktere leichter zu irrationalen Handlungen hinreißen lassen.

Doch zurück zu Freuds Todestrieb „Thanatos“. Halten wir nochmals die These fest: Wenn der natürliche Lebenstrieb des Menschen frustriert wird, dann ergreift „Thanatos“, der Todestrieb, die Regie mit dem unheimlichen Drang, sich und möglichst die gesamte – als unwert, da sinnlos erlebte – Existenz um sich herum in den Abgrund zu reißen.

Und genau diese Dramatik ist aktuell bei vielen jungen Menschen zu beobachten. Sie bringen von ihrer inneren Anlage eigentlich eine geballte Ladung an Kraft und neuem Potential mit, mit dem sie die Welt in individueller Weise ein Stück weit verändern und in positiver Hinsicht bereichern wollen – Viktor Frankl nennt diesen zentralen menschlichen Impuls den „Willen zum Sinn“. Nun wird aber unter den gegenwärtigen, ganz auf Technokratie und Kommerz ausgerichteten gesellschaftlichen Bedingungen dieser Wille zum Sinn laut Frankl permanent frustriert.

„Aber der ‚Mensch auf der Suche nach Sinn‘ wird unter den gesellschaftlichen Bedingungen von heute eigentlich nur frustriert! Und das rührt daher, dass die Wohlstandsgesellschaft bzw. der Wohlfahrtsstaat praktisch alle Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen imstande ist, ja, einzelne Bedürfnisse werden von der Konsumgesellschaft überhaupt erst erzeugt. Nur ein Bedürfnis geht leer aus, und das ist das Sinnbedürfnis des Menschen – das ist sein „Wille zum Sinn“, wie ich ihn nenne, das heißt, das dem Menschen zutiefst innewohnende Bedürfnis, in seinem Leben oder vielleicht besser gesagt in jeder einzelnen Lebenssituation einen Sinn zu finden – und hinzugehen und ihn zu erfüllen.

(…)

„Jede Zeit hat ihre Neurose und jede Zeit braucht ihre Therapie. Tatsächlich sind wir heute nicht mehr wie zur Zeit von Freud mit einer sexuellen, sondern mit einer existenziellen Frustration konfrontiert. Und der typische Patient von heute leidet nicht mehr so sehr wie zur Zeit von Adler an einem Minderwertigkeitsgefühl, sondern an einem abgründigen Sinnlosigkeitsgefühl, das mit einem Leeregefühl vergesellschaftet ist – weshalb ich von einem existenziellen Vakuum spreche.“ (V.E. Frankl)

Wird allerdings der Sinn des Lebens und des Menschseins frustriert oder von vornherein geleugnet, so wie dies derzeit in unseren Schulen und Universitäten de facto gelehrt wird (lt. unbestrittener herrschender Lehrmeinung sind Mensch und Welt nur geistlose, somit der reinen Effizienz und ökonomischen Verwertbarkeit unterworfene Kohlenstoffagglomerate – eine heute achselzuckend hingenommene Weltanschauung, die ihrem Wesen und auch ihren ganz realen Folgewirkungen nach in Wirklichkeit nicht minder radikal und zerstörerisch ist als diejenige der islamistischen Fundamentalisten ), dann gerät der Mensch in innere Verzweiflung. Mittlerweile konstatiert Regisseur David Schalko „Perversion als letzten Ausdruck der inneren Verzweiflung“ – eine optimale Kondition also, in der der Schimmelpilz des „Thanatos“ gedeihen und zur Blüte gelangen kann.

Dass eine Kondition geschaffen wurde, in der „Thanatos“ mit seinen Amok-/Terrorgeschwüren wie in einem Treibhaus gedeihen kann (so wie plakativ anhand der vorgenannten Mutation des Profilbildes des Attentäters David S. vom Helden „Neo“ zur Schattenfigur „Hass“ ersichtlich), sollte bei uns eigentlich alle Alarmglocken läuten lassen. Es ist insbesondere deshalb eine Schande, da wir in unserem europäischen Kulturgut alle notwendigen Requisiten hätten, um ein wirksames Gegengift gegen den technokratisch-nihilistischen Wahnsinn, der alle Grundlagen unserer Zukunft zu verschlingen droht, zu brauen.

Wir tun es jedoch nicht, sondern huldigen weiterhin bedingungslos dem neoliberalen Mammon, obwohl wir mittlerweile schon erkannt haben, dass er uns wie einen Lemmingzug in den Grand Canyon führt. Im Gegenteil, den herrschenden Polit- und Wirtschaftsmächten kommt die Terrorangst in Wirklichkeit sehr gelegen, denn so lässt sich jede Diskussion über eine Neuordnung der gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse verdrängen. Denn nach der 2008er-Krise waren wir kurz davor, einige grundsätzliche Fragen zu diskutieren. Das geht nun im allgemeinen Chaos und Rauch unter. Man hat jetzt wieder ein Feindbild, das ein in Wirklichkeit zerrissenes und jeder Nachhaltigkeit spottendes System vordergründig wieder eint: Den Terror bzw. den IS.

Derzeit werden wir alle mobilisiert und eingeschworen auf den „Krieg gegen den Terror“. Der Eifelphilosoph hat bereits darauf hingewiesen, was die Ausrufung dieses Krieges für unsere nähere Zukunft bedeutet (siehe Nachrichtenspiegel). Auch Götz Eisenberg resümiert in seinem vorgenannten Artikel, dass der Kollateralschaden dieses Krieges darin bestehen wird, dass ihm Rechtsstaat und Demokratie zum Opfer fallen. Roland Rottenfußer, Redakteur des Webmagazins „Hinter den Schlagzeilen“, warnt ebenfalls: „Bestimmte Kräfte warten doch nur darauf, den Umbau zuvor freier Gesellschaften in Polizei-, Überwachungs- und Angstgesellschaften bei jedem gegebenen Anlass voranzutreiben. Wir dürfen ihnen das nicht durchgehen lassen.“

Nachsatz:

Innerhalb der vorgenannten Sinnkrise und der Flut an täglichen Schreckensnachrichten, von Marcuse als „Normalisierung des Grauens“ bezeichnet, stellt sich natürlich die Frage, was der einzelne Mensch im derzeitigen Teufelskreis tun kann.

Zunächst ist eine bewusste Dosierung im Nachrichtenkonsum anzuraten. Wie auch Götz Eisenberg anmahnt, „verschlingen wir unentwegt eine derart hohe Dosis an Dramatik, dass wir jede Fähigkeit zur Verarbeitung und Wahrnehmung einzubüßen drohen. (…) Die Fülle der Nachrichten wird zum Widersacher der Wahrheit, unsere Aufnahmefähigkeit und Verarbeitungskapazität kollabiert unter dem Ansturm schrecklicher Bilder.“

Auf der anderen Seite gilt es heute umso mehr, dasjenige aufzubauen, was Viktor Frankl als das „Spezifisch-Humane“ bezeichnet hat. Das ist derjenige menschliche Faktor, der zwar unwägbar ist, aber uns schlichtweg ausmacht. Jeder kann in seinem privaten oder beruflichen Umfeld zigtausenden Menschen etwas von dieser Qualität vermitteln, auch wenn er äußerlich keinen augenscheinlichen Handlungsradius oder Entscheidungskompetenz hat. Bereits durch die Art und Weise, wie er im Supermarkt in der Schlange steht (ungeduldig oder humorvoll, ruhig) und wie er andere Menschen auf der Straße anblickt, übt er eine soziale Wirkung auf den Gesamtorganismus der Gesellschaft aus. Joseph Beuys hat dies als „soziale Plastik“ (von ‚plastisch‘ = formbar) bezeichnet. Es gibt zahlreiche Berichte, dass Menschen, die einen Suizid vorhatten, diesen destruktiven Gedanken wieder verworfen haben, nachdem ihnen am Gehsteig nur für Sekundenbruchteile ein Mensch in die Augen geblickt hat, der etwas Ehrliches, Mitfühlendes oder Hoffnungsvolles ausgestrahlt hat.

Vielleicht ist es also auch nicht vermessen, sich vorzustellen, dass ein frustrierter junger Mensch, der innerlich mit einer Gewalttat liebäugelt, diesen Gedanken des Thanatos wieder verwirft, nachdem er einem Menschen begegnet, der von seiner Wesensart her etwas Spezifisch-Humanes ausstrahlt oder ein freundliches Wort zu ihm spricht.

Auch wenn uns das nicht beigebracht wurde, aber die Möglichkeiten jedes Einzelnen sind hierbei groß und man darf auch auf diese dem Menschen eigenen Fähigkeiten vertrauen. Sie sind in Wirklichkeit das einzige, was uns in den auf uns zukommenden Zeiten einen Anker geben kann.

Ebenso, wie die Entfaltung der spezifisch-humanen Qualität in seinem individuellen Leben – diese Qualität ist bei jedem Menschen anders gefärbt und daher niemals ersetzbar und auch niemals langweilig– in Wirklichkeit die größte Revolution und der tiefste Dolchstoß ist, den man dem morschen Baum des retardierenden Wahnsinns, den man uns heute zur Normalität erklären möchte, verpassen kann.

Am Bösen also nicht bitter werden, sondern reif. Obwohl die Zukunftsaussichten wenig rosig sind, kann uns die eskalierende Krise die Augen öffnen, um dem Wahnsinn die Stirn zu bieten und ihm wieder eine Wendung zu geben. Dazu braucht es natürlich auch Galgenhumor. Ganz im Sinne von Yamaoka Tesshu, einem japanischen Samurai:

„Wenn sich zwei Schwerter treffen, gibt es kein Entrinnen.

Schreite gelassen voran,

wie eine Blüte im tosenden Flammenmeer erblüht

und durchstoße energisch die Himmel!“

 

München, Ansbach, Reutlingen – die Wahrheit hinter den Anschlägen

Digital StillCamera

Montag, 25. Juli 2016. Eifel. Ich hoffe, Sie sind noch auf dem Laufenden? So – anschlagstechnisch? 19.7., Würzburg: ein siebzehnjähriger Afghane greift Mitmenschen mit einer Axt an. München, 22.7.: ein 18-jähriger, deutsch-iranischer AfD-Fan erschießt wahllos Passanten, die meisten davon ohne arischer Bioherkunft. Zehn Menschen sterben, die bundesdeutsche Bevölkerung lernt zum wiederholten Male, dass die Sicherheit im öffentlichen Raum nicht mehr gegeben ist. Reutlingen, 24.7. – ein 21-jähriger Syrer tötet eine schwangere Frau (momentan kann eine Beziehungstat nicht ausgeschlossen werden, siehe Zeit, der Täter war zuvor schon als gewalttätig bekannt – siehe Spiegel), ebenfalls 24.7.: ein siebenundzwanzigjähriger Syrer sprengt sich in einer Menschenmenge in die Luft. Bislang keine Toten.  Nur eine einzige Woche hat die Parole der Bundeskanzlerin („Deutschland geht es gut“) als Lüge entlarvt – falls einem das nicht schon zuvor klar war. Die Reaktionen auf diese Taten? Der Hass nimmt zu, überall, bei jedem.

Der Täter in Reutlingen wurde von einem BMW-Fahrer zur Strecke gebracht – er hat ihn einfach mit seinem Auto gerammt. So geht Lynchjustiz – aber diesen Aspekt nehmen wir kaum noch wahr, so selbstgefällig beurteilen wir unsere Taten. Flüchtlingshelfer bekommen ausufernde Hassmails, wer anstatt Flüchtlinge AfD hasst, hat ebenfalls genug Material, um „zurück zu schießen“.

Die Täter sind natürlich immer dieselben, das ist schon lange klar: das „Internet“ (für führende deutsche Spitzenpolitiker völlig unbekanntes Neuland und deshalb „schlecht“ – was mich daran erinnert, dass es einen Spruch gibt, der besagt, dass der Bauer nicht frißt, was er nicht kennt … woraus ich dann schließe, dass wir von dummen Bauern regiert werden…) und die „Ballerspiele“.

„Das Internet“ ist auch Schuld an Kinderpornografie, die nur so auf die Rechner von Bundestagsabgeordneten und Bischöfen kommen kann und diese ehrenwerten Herren so vom rechten Weg abbringt, „das Internet“ liefert außerdem Mordwaffen an Mörder (wie in München) und fördert zudem den Hass – vielleicht sollte man dieses Internet auch mal mit einem BMW rammen.

Außerdem gibt es da noch Ballerspiele – von Ballertypen immer gerne ins Gespräch gebracht. Ballerspiele? Nun – da schießen virtualisierte Menschen auf virtuelle Roboter (ich nenne die computergenerierten Feinde mal so, weil sie dem Urbild des Roboters entsprechen) – oder werden von diesen erschossen. Für manche der Horror schlechthin – jedenfalls für die gutbürgerliche Heuchlerkultur, die immer gerne eine Sau durchs Dorf treibt, gerne auch Juden (wenn deren Besitz interessant ist). Diese Ballerspiele erzeugen Amokläufer, da sind sich die bildungsfernen Schichten in Regierung und Parlament einig – und auch Wissenschaftler, die neue Fördertöpfe riechen. Wenn das Schießen mit virtuellen Waffen auf künstliche unkörperliche menschenähnliche Gestalten zum Amokläufer macht – was richtet dann nur die Bundeswehr an, die tausende junger Männer und Frauen an echten Waffen ausbildet, um damit auf echte Menschen zu schießen? Richtig, das fragen wir uns nie.

Nach jedem Anschlag wird das Netz überflutet von moralischen Sprüchen, die noch nicht mal bis zum Abend jenes Tages überleben, an dem sie ausgesprochen werden. Ich möchte Ihnen deshalb kurz ein wenig über die Gesellschaft erzählen, die von diesen Anschlägen getroffen wird – Sie werden sehen, der kleine Ausflug in unsere Realität lohnt sich.

Nehmen wir unsere Wirtschaft, unser Geld, unsere Arbeit – das, worauf wir im Prinzip zu Recht stolz sind. Ja – man darf auf Arbeit stolz sein, auch auf die Ergebnisse: wenn Sie auf einer einsamen Insel stranden und nach zwei Tagen einen regendichten Unterschlupf gebaut, ein Feuer entfacht, eine Wasserquelle gefunden und Nahrungsmittel gesammelt haben, werden Sie verstehen, was ich meine. Doch diese Art von Arbeit (man nennt sie: „selbstbestimmt“ – ein unbekanntes Fremdwort heutzutage) meine ich nicht. Unsere Art von Arbeit, unsere Art von Wirtschaft ist eine kannibalistische: fressen und gefressen werden. Wir sind stolz darauf: wie viele „Politiker“ haben sich öffentlich über „Sozialromantiker“ echauffiert, die in der Tat behaupteten, dass schwache Menschen so viel Wert sind wie „Leistungsträger“, deren größte Leistung darin besteht, immer höhere Preise für immer schlechtere Waren durchzusetzen – also zum Schaden des Wirtschaftsraumes zu arbeiten.

Am 11.9.1989 schrieb der Spiegel über den Stolz der deutschen Wirtschaft, unseren größten Umsatzfaktor – das Auto (siehe Spiegel):

„Allmählich erst erschließt sich Politikern und Umweltschützern, daß jedes Auto, genaugenommen, ein Stück Sondermüll auf Rädern ist. Zu gut einem Drittel bestehen Kraftfahrzeuge aus Umweltgiften oder anderen schwer zu entsorgenden Materialien.“

Hauptsächlich also verbringt der Deutsche seine Zeit damit, weltweit die Umwelt zu vernichten. Interessiert keinen Grünen, weil man ja im Porsche Cayenne zum Bioladen fährt und sich dort gutes Gewissen kauft, mit dem man dann guten Gewissens Bomben auf Zivilisten werfen kann – man hat ja heiliges Biofleisch im Bauch, wirft also gute Bomben.

Wir kriegen von den Folgen wenig mit – einmal abgesehen vom dramatischen Insektensterben – 70-80 Prozent beträgt der Schwund in den letzten Jahrzehnten (siehe Nabu) aber dafür interessieren sich noch nicht mal „Tierschützer“, die eine willkürliche Grenze im Tierreich ziehen zwischen jenen Tieren, die leicht vermenschlicht werden können (wie Kuh und Dackel, wenn man nur genug Disneyfilme gesehen hat) und jenen, die keine Sau interessieren (Hummel, Biene, Schmetterlinge), weil man mit deren Schutz nicht auf sich aufmerksam machen kann („ich esse keine Insekten“ hört man selten, auch von Veganern – obwohl man damit die Welternährungsorganisation ärgern könnte, die den Verzehr von Insekten empfiehlt (siehe SWR).

Mit Menschenschutz jedoch hat diese schizoide Kultur wenig am Hut, man will einen „Veggie-Day“ anordnen – ohne zu merken, dass man damit massiv in die Freiheitsrechte der Menschen eingreift – ignoriert aber gleichzeitig, wie vergiftet das soziale Gemeinwesen ist (siehe Zeit):

„Mehr Stress, mehr Arbeitsverdichtung: In Deutschland werden immer mehr Überstunden geleistet. Mehr als die Hälfte der 1,8 Milliarden Stunden Mehrarbeit sind unbezahlt.“

Das wären auch eine Menge Arbeitsplätze. Wir arbeiten umsonst an der Vermüllung unsere einzigen Ökosphäre – das ist der Deutsche. Als Dank dafür bekommen wir eine völlig sexualisierte Gesellschaft („sex sells“ – was sein einziger Sinn ist), während Arbeiten im Bereich der Sexualökonomie unterdrückt wenn nicht sogar verboten werden – es könnten ja glückliche, ausgegelichene Menschen entstehen. Die kaufen aber nichts, während dunklere, sinnentfremdetere Formen der Sexualausübung Aggression und Wahn (und eine faschistische Gesellschaft) zur Folge haben – aber trotzdem seit Jahrzehnten gepredigt werden.

Selbstverständlich – das haben inzwischen schon die Dümmsten begriffen – darf man niemals mehr „die Gesellschaft“ anklagen (was heute leichter ginge als je zuvor), „Schuld“ hat immer nur der Verbraucher. Er erfährt zwar immer erst Jahre später von den häßlichen Entartungen im Produktionsbetrieb, darf aber die volle Verantwortung für den gesamten Entscheidungsprozess übernehmen: mit dem Kauf einer billigen Bratwurst bei Aldi trifft in die volle Wucht der Verachtung jener, die diese Wurst produziert und an ihrer Produktion sehr gut verdient haben. Es gibt einen ganzen, schlichtweg völlig irrsinnigen und wahnhaften Kult des „positiven Denkens“, der die Verantwortung für die Terrorakte den Opfern zuschiebt: sie werden schon wissen, warum sie zu jenem Zeitpunkt an jenem Ort waren und warum sie diese Erfahrung machen wollten – dem Täter selbst sollte man dankbar sein (was konsequent ist, aber nur selten ausformuliert wird). Dieser irrationale Kult wird von führenden Unternehmensberatern gelehrt – weil er dem Chef einen großen Nutzen bringt: wer wenig verdient, ist selber Schuld.

„Gerechtigkeit“ ist ein Fremdwort, als verehrungswürdiges Gemeinziel vollkommen dem „Profit“ gewichen, der nur wenigen gegönnt ist, die aber gezielt mit „Statussymbolen“ ausgestattet werden (vor allem Automobile – wir sind ein Autoland) – die Zeiten, in denen jeder Schüler wusste, dass Statussymbole nur von armen Seelchen gebraucht werden und eine unverantwortliche Verschwendung von Ressourcen zur Überdeckung charakerlichen Mangels sind, sind lange vorbei (das hat der Autor selbst auf einer Schule gelernt, die Wirtschaftselite herausbilden wollte).

Eine beispiellose Enteignungswelle durchrollt mal wieder das Land – über sie wird kaum gesprochen, außer in Extremfällen, wo „Jobcenter“ einen erstmalig im Alter von 63 Jahren vorstellig gewordenen Trockenbauer dazu anhalten, seine eigene Mutter auf Herausgabe des Erbpflichtteils zu verklagen – was Zwangsversteigerung und enorme Verluste für die Mutter bedeuten würde – von der Zerrüttung der Familie mal ganz abgesehen (siehe Berlinjournal), Beispiel für eine ausufernde staatliche Asozialität im Dienste der „Besserverdiener“ und zum Schutz von Riesenvermögen, die rational gar nicht mehr begründet werden kann. Im gleichen Journal erfährt man auch, dass – wie selbstverständlich – die Motoren der asozialen Entwicklung mal wieder vom Sozialstaat gerettet werden wollen, weil das ganze Bankensystem mal wieder vor dem Zusammenbruch steht (siehe Berlinjournal): letztlich soll der alte, schwer kranke Trockenbauer deshalb dem Staat bei der Enteignung seiner eigenen Mutter helfen und wird deshalb vom Staat mit dem  Hungertod bedroht. Andere werden vom Jobcenter in die Insolvenz getrieben, was sie für ewig aus den Kreisen der Normalbürger stößt (siehe Süddeutsche).

Häßlich, wenn man das so darstellt, oder? Sind wir guten Menschen doch so stolz auf unser gutes Land, dem es so gut geht – und verachten jeden, dem es nicht gut geht, weil er einfach nicht in dieses Land passt.

Wir aktzeptieren selbst wahnsinnigste Erscheinungen in unseren „westliche Werten“ als völlig normal (siehe der Westen):

„Sie ermittelten jahrelang erfolgreich gegen Steuerhinterzieher und durchsuchten am Finanzplatz Frankfurt Banken, die das Geld ihrer Kunden in großem Stil im Ausland versteckt hatten. Ihre Arbeit brachte dem Staat Millionen an Rückzahlungen und den Finanzinstituten zahlreiche Strafverfahren ein. Doch dann wurden die vier Steuerfahnder Rudolf Schmenger, Marco Wehner sowie das Fahnderehepaar Heiko und Tina Feser mit falschen Gutachten im Auftrag der Finanzverwaltung für geisteskrank erklärt und zwangspensioniert.“

Ich hoffe, Ihnen ist bewusst, was Sie da gerade gelesen haben: die Finanzverwaltung hat per falschem Gutachten vier erfolgreiche Steuerfahnder für geisteskrank erklären lassen – und so hunderte weitere Fahnder „diszipliniert“. Die Finanzverwaltung müsste sofort aufgelöst, alle Verwantwortlichen verhaftet und eingesperrt werden (inklusive der ärztlichen Gutachter), weil sie gemeingefährlich und staatsschädlich sind … doch ich denke, das wird nicht geschehen.

Nun – ich versprach Ihnen die Wahrheit hinter den Anschlägen zu beschreiben – Sie haben jetzt einen Ausblick auf das Umfeld, in dem die Täter leben mussten.

Blicken wir nun mal auf die Täter – und zwar erstmal auf den angeblichen Urvater des Münchener Anschlags, Anders Behren Breivig (siehe N-TV):

„Er ist in eine normale norwegische Familie hineingeboren, er ging in einen gewöhnlichen Kindergarten, eine normale Schule, er wurde Mitglied einer zugelassenen, für alle zugänglichen Partei. Er hatte die Möglichkeit, so zu werden wie alle anderen. Er ist nicht in einem Vakuum aufgewachsen, sondern unter uns. Die Frage könnte also auch lauten: Sind wir schuld an ihm? Haben wir etwas getan, das ihn zum Monster werden ließ?“

So erzählt es eine norwegische Journalistin. Kein Suchen nach Hassobjekten wie „Internet“ und „Ballerspiele“, „Flüchtlinge“ und „Nazis“, sondern eine nüchterne Bestandsaufnahme einer gesunden Kultur mit vorbildlichem Sozialstaat. Die hat aber nicht nur Fragen – die hat auch Antworten:

„Der Schlüssel zu seinen Taten ist Erniedrigung. Was auch immer er in seinem Leben versucht hat – er wurde zurückgewiesen, zurückgewiesen, zurückgewiesen. Überall. Und zu guter Letzt wurde er auch noch von den Rechtsextremen im Internet zurückgewiesen. Sie lasen nicht sein Manifest, sie beantworteten nicht seine E-Mails, sie fanden ihn langweilig. Als er diese Ablehnung erfuhr, begann er, Waffen zu kaufen.“

Damit es nicht zur Erniedrigung kommt, haben wir einen Artikel in unserem Grundgesetz – gleich den ersten: die Würde des Menschen ist unantastbar. Es sei denn, es müssen mal wieder größenwahnsinnige Banken mit Steuergeldern gerettet werden, um die Profite der riskanten Geschäfte zu schützen: dann ist die Würde des „kleinen Mannes“ der Allianz der „großen Statussymbolmänner“ egal, es gilt, die übergroße eigene Haut zu retten.

Schön zu sehen, dass es noch Länder gibt, die Weisheit dem Pauschalurteil vorziehen. Deutschland gehört leider nicht mehr dazu. Wir erklären solche Taten lieber nach Schema F anstatt nach den Ursachen zu fragen (siehe Spiegel):

„Ein sonderbarer Einzelgänger, psychisch auffällig, bestimmt von Wut und Hass – und von Rachegedanken. Und ohne brauchbare soziale Kontakte. „Diese Menschen steuern auf einen schwarzen Tunnel zu“, sagt Bannenberg.“

Dann noch „Ballerspiele“ und „Internet“ als Codeworte: der deutsche Wissenschaftler ist zufrieden – so zufrieden wir nach der Verurteilung kerngesunder Finanzfahnder. Dabei enthält der gleiche Artikel auch eine Antwort – die man jedoch nicht hören will:

„David besucht zunächst die Mittelschule in der Toni-Pfülf-Straße. Schon dort wird er gemobbt, heißt es. Er ist ein Einzelgänger, hat offenbar kaum Freunde. Laut Staatsanwalt kommt es 2012 zu einem Jugendverfahren, weil David auf dem Nachhauseweg von der Schule von drei Jugendlichen angegangen und gehänselt wird.“

Kein Wort über die verrohte Gesellschaft und ihre Opfer, dafür aber ein anklagendes Moment:

„David flüchtet sich mehr und mehr in die Welt der Computerspiele.“ 

„Zu diesem Zeitpunkt ist David längst in psychiatrischer Behandlung. Im Sommer 2015 verbringt er laut Staatsanwaltschaft zwei Monate in einer stationären Einrichtung. Auch danach wird er ambulant weiterbehandelt, bekommt Psychopharmaka verordnet. David leidet offenbar nicht nur unter Depressionen, sondern auch unter einer sozialen Phobie, Begegnungen mit Fremden versetzen ihn in Angstzustände.“

Man könnte auch formulieren: David reagiert ganz natürlich (und somit kerngesund) auf eine feindliche Umgebung (die wir – trotz Artensterben, Ausbeutung, asozialer Sozialpolitik und maximierter Umweltvernichtung „gut“ nennen), er entscheidet sich angesichts einer feindlichen Umwelt für Flucht … und dann für Angriff. Wir beschreiben das aber anders: David ist unwert, ist schwach – dass er erst Opfer war, bevor er Täter wurde, ist egal – wir haben in Deutschland ein ausgeprägtes Täterschutzprogramm laufen, während man die Fluchtwelten massiv angreift (heute: Internet und virtuelle Realitäten, früher: „eskapistische Literatur“).

Und „hart durchgreifen müssen“ ist das Credo der Mehrheit der Deutschen (jedenfalls der Mehrheit jener, die Möglichkeiten haben, sich mit Breitenwirkung artikulieren zu dürfen – weil sie eigene Zeitungen haben), Hartz IV ist das strategische Vorbild jedes Amokläufers … der in seinem eigenen Leben hart gegen „Parasiten und Schmarotzer vorgeht“ … also, was er dafür hält, ganz nach dem Motto: „gleiches Recht für alle“.

Wir sind jetzt nur bei David und München hängengeblieben, dabei gilt es noch andere Dimensionen zu berücksichtigen: sich der Wahrheit zu nähern, ist halt komplizierter als „Ballerspiele“, „Internet“ oder „Scheißausländer“ zu brüllen.

Es gibt nun ein Buch eines Philosophen, der schon angegriffen wird, weil er sich überhaupt mit dem Thema beschäftigt hat. Seine Schlussfolgerungen sind recht einfacht (siehe Süddeutsche):

„In unserer Welt regiert der Neo-Liberalismus, jeder steht mit jedem in Konkurrenz. Sie mit Ihren Kollegen, wir im Westen mit den Menschen im Osten. Dieser ständige Druck kann psychische Krankheiten auslösen. Man muss den Tätern kein Verständnis entgegenbringen, aber man muss einsehen: Das sind Monster, die wir mitgeschaffen haben.“

So weit reicht die Degeneration schon: die Täter zu verstehen wäre der erste Weg, zukünftige Anschläge zu verhindern – das ist der Sinn von „Verständnis“, doch selbst Philosophen, deren Kunst das Verstehen sein sollte, scheuen sich hier, sich zum „Verständnis“ zu bekennen. Wir müssten den Kurs einer zutiefst kranken Gesellschaft ändern, die beständig Monster gebiert (wie jene Aktienschummler, die sich superreich geschwindelt haben und als Krone der Menschheit gelten) – doch gerade an diesem kranken Kurs verdienen die Entscheidungsträger, die den Kurs ändern könnten. Und die gehen über Leichen, denn die Leichen sind seht nützlich, wie uns ein Psychologe erzählt (siehe Deutschlandradio):

„Denn durch Angst lässt das Denken sich fernsteuern. Angst beherrscht die Wahrnehmung und überlagert jede andere Emotion. Sie sucht sich Bestätigung und widersetzt sich besserem Wissen. Sie ignoriert Entwicklung und schleichende Prozesse, die zunehmende Neigung zur Gewalt, den Klimawandel und das Auseinanderbrechen der Gesellschaft. Dafür löst sie Panik aus, wo weitaus geringere Gefahr droht.“

Ja – unser Staatswesen löst sich gerade auf. Das merken wir alle. Staat wird Feind, wo er Diener sein sollte. Unsere Umwelt verabschiedet sich: man braucht keine Insektenentferungsmittel für Autoscheiben mehr, weil die Insekten fort sind – ihnen werden Blumen und Vögel folgen – und der Mensch, aber das interessiert nicht, weil wir wegen all dieser Gefahren ja SUV fahren und uns so für viel Geld die schäbige Illusion von Sicherheit kaufen – so wir wie auch die Illusion von „gut sein“ im Bioladen erwerben. Oder auf der Veganerparty.

Wer es übrigens merkt, sind die Entscheider. Sie denken weiter als man es dem Volk gestattet, sie predigen die Mär vom psychisch kranken Einzeltäter (der real nichts anderes macht als die kerngesunden angesehenen, wehrhaften Bundeswehrsoldaten, nur die Deutungsrahmen sind verschieden), ziehen aber selbst ganz andere Konsequenzen (siehe Zeit vom 9.7.2016):

„Ab sofort will die Bundeswehr für Einsätze in Deutschland üben. Soldaten müssten Polizisten im Falle von Terrorangriffen unterstützen können, betont die Koalition.“

Die Polizei hütet Recht und Ordnung im Inneren des Landes, die Armee schützt das Land vor seinen Feinden. Wird sie im Inneren des Landes eingesetzt, ist das eigene Volk zum Feind geworden. So einfach ist das. Das wird dann der größte Terrorakt und der nachhaltigste Amoklauf. Insofern ist es bezeichnend dass der oben genannte Philosoph trotz scheinbar kritischer Position genau diese Entwicklung stützt, in dem er – zu Recht, wie ich finde – Amoklauf und Terrorakt gleich setzt. „Religion“ kommt erst ganz ganz spät dazu, als Feigenblatt fürs eigene Gewissen.

Wir könnten dem nun eine menschliche, liebenswerte, glücksfördernde Gesellschaft entgegenhalten, in der es keine großen Verlierer mehr gibt und jeder einen Platz zum Leben hat, dass dies komplett kostenlos geschehen kann, ist lange bekannt. Das eine solche Gesellschaft schlecht auszubeuten ist und gar nicht in Kriege ziehen mag, auch.

Darum pflegen wir die Kultur der Angst, die uns unser Leben, unsere Demokratie, unser Glück, unsere Freiheit und unsere Würde raubt und uns auferlegt, dass alles auch noch als „gut“ zu empfinden, weil die Bundeskanzlerin es so angeordnet hat.

Und die Opfer dieser Kultur werden – weltweit – so reagieren wie die Regierungen des Westens: mit rücksichtsloser Härte gegen alles, was anders oder im Weg ist.

„Wie der Herr, so´s Gescherr“.

 

 

 

 

 

 

 

Welchen Weg nehme ich nur?

Zu Beginn hier eine kurze Geschichte:

Ein Mann ist dabei, auf der Flucht vor bitterer Not und schrecklichen Kriegsgeschehen auf einem fast unendlich langen und staubigen Weg eine riesige knochentrockene Wüste zu durchqueren, sieht in der Ferne nun endlich deren Rand und damit auch erste Zeichen von Vegetation vor sich, als er an eine Weggabelung kommt, an der links ein Schild angebracht ist auf dem „Koma“ steht“, und rechts ein Schild mit der Aufschrift „Amok“. Nur allzu deutlich spiegeln beide Schilder wider, was auch in dem Mann vorgeht: er will endlich dem vielen Schrecken entrinnen, den er zuvor erlebt hat, wird nun nun jedoch erst einmal von seinen eigenen in ihm widerstreitenden Gefühlen irritiert, denn beide Wege schlängeln sich so unübersichtlich durch das Gelände, daß er nicht erkennen kann, wohin sie letztlich führen. – Welchen Weg wählt der Mann nun, – wenn er klug ist?

Ich will Sie nicht lange raten lassen: der Mann ist klug und wählt – weder den Weg in Richtung „Koma“ noch den Weg in Richtung „Amok“, sondern vielmehr den eigenen Weg und das heißt, er folgt seinem eigenen Orientierungssinn, der ihn ohne viele Umwege in Richtung der beginnenden Vegetation, einem wahren Sinnbild des Lebens führt!

Für mich stellt diese Geschichte eine Allegorie dar, die sowohl mein eigenes Leben, wie auch das Überleben unserer heutigen Zivilisation als Ganzes betrifft, denn:

Wir wissen alle von den Entbehrungen und Nöten die das Leben manchmal für uns bereit hält und geben daher ständig acht, möglichst auch nicht in Not zu geraten und haben von klein auf gelernt, uns aller möglicher Mittel und Wege (!!!) zu bedienen, um wie es heißt unser Glück zu machen. – Mittlerweile aber sind wir meines Erachtens auf nun zunehmend dramatische Weise an jenem Scheideweg angelangt, den ich oben beschrieben habe.

Der Weg nach „Koma“ ist der Weg der fortwährenden Betäubung und das kann z. B. Betäubung durch alle möglichen Arten von Drogen, alle möglichen Arten von heute so vielfach angepriesenen Freizeitevents oder auch die fortwährende Betäubung durch immer mehr Arbeit (und damit verbundenen Geldgewinn) bedeuten. Der Weg nach „Amok“ hingegen ist vor allem durch Rücksichtslosigkeit gekennzeichnet, Rücksichtslosigkeit gegen Andere, aber auch gegen sich selbst.

Beide Wege werden uns heutzutage auch längst immer wieder durch alle möglichen Arten von Propaganda und Werbung geschildert und als sichere Wege zum Glück gepriesen. Aufs Koma bezogen heißt das: „Kaufe dies oder kaufe das, nimm‘ es in Deinen Besitz und Du wirst Dich glücklich fühlen“, und vielfach wird auch längst schon Lebendigkeit (in Form von Livestyle-Werbung) versprochen. Diese Surrogate von Lebendigkeit müssen jedoch auf der anderen Seite, der Sollseite oft mit solch‘ harter Arbeit bezahlt werden, daß der (meines Erachtens zweifelhafte) Nutzen durch die insgesamt längst immer höhere steigenden Kosten zumindest egalisiert, wenn nicht sogar – bei weitem übertroffen wird! – Auf Amok bezogen heißt es hingegen heute immer häufiger: „Streng Dich an und tue dies oder tue das so bedenkenlos, so kompromißlos und so rücksichtslos wie möglich und Du wirst Dir alles leisten können, was Du in Deinem Leben begehrst!“

Beide Wege werden heutzutage – immer wieder über lange Strecken hinweg – von sehr vielen Menschen gegangen, auch der Weg des Amoklaufens, indem so viele von uns mehr oder weniger rücksichtslos (gegen Andere oder auch sich selbst) Gewinn bzw. Beute zu machen versuchen, um dann „genußvoll“ den Weg des Komas in Form von kurzweiliger Befriedigung momentaner Gelüste beschreiten zu können. – Unzählige Menschen kommen mit dieser unglücklichen Mischung aus beidem in ihrem Leben in Wirklichkeit jedoch kaum voran, denn sie kehren auf ihrem Weg zum „großen Lebensglück“ ständig zu dieser Weggabelung zurück, bringen dabei oft auch lange „Durststrecken“ hinter sich, ohne aber je auch nur einigermaßen in die Nähe der oben erwähnten Vegatation, dem Sinnbild für wirkliches, wahrhaftig blühendes Leben zu gelangen! Fortwährende Zerrissenheit zwischen beiden Optionen und damit auch fortwährende Zerrissenheit in sich selbst ist daher der Preis, den sie für diese letztlich irrsinnige Plackerei zahlen müssen, sowie bislang bei so vielen Menschen auch – eine bislang noch immer weiter voranschreitende und letztlich (auch für uns alle) oft zunehmend gefährlicher werdende Orientierungslosigkeit.

Auch kein wirkliches Selbst, sondern eine übergestülpte Selbstsimulation, weil durch äußere Propaganda bestimmte fortwährende Selbststimulation wird dadurch erkennbar, ein eher schemenhaftes Wesen, allein bestimmt durch das künstliche, weil von außen herangetragene Wirtschaftsprinzip von Angebot und Nachfrage -(erzeugung). – Was aber geschieht dabei mit den in jedem Menschen innewohnenden ganz persönlichen Bedürfnissen und seinen ganz persönlichen Neigungen und Talenten; werden sie dabei je befriedigt? – Wird der heutige Mensch etwa wirklich schon zu dem von vielen heutzutage so hochgepriesenen unverwechselbaren glücklichen Inividualisten, wenn er schafft, sich ein Sammelsurium von wie es heute heißt „angesagten“ hochpreisigen Markenartikeln (wie z. B. Kalvin-Klein-Klamotten, Gucci-Taschen oder einen Fuhrpark teuerer Exclusiv-Autos zuzulegen? – Ist es wirklich sinnvoll, daß solche Hirngespinste von der Wirtschaftswelt allen Menschen als „ultimative Lebensziele“ angepriesen werden, wo doch längst erkennbar ist, daß dies alles erstens in der gesamten Welt zu immer destruktiveren Streitigkeiten um den Besitz solcher Statussymbole führt und das zweitens – der schon jetzt zunehmend schädliche Ressourcenverbrauch durch die Streitigkeiten zusätzlich noch mehr in immer weitere und damit zunehmend noch schädlichere Höhen getrieben wird? – Ist heute nicht eigentlich längst schon fast jedem klar, daß inzwischen in allen möglichen Bereichen des Lebens, im Privaten, in der Welt der Wirtschaft, der Wissenschaft und auch in der Politik unglaublich viel gelogen, getrixt und betrogen wird, daß also unzählige Versprechungen heute von sehr vielen Zeitgenossen vor allem dazu genutzt werden, sich – vor allem – erst einmal die eigenen Taschen (und die dann möglichst bis zum Bersten) zu füllen?

Zwischen den vielen sich heute auf den ersten Blick immer wieder anbietenden Koma- und Amok-“Lösungen“ verläuft für jeden Menschen noch ein dritter, eben nicht von unzähligen Menschen breitgetrampelter Weg, nämlich der der ganz persönlichen Bewußtwerdung. – Es ist der Weg der eigenen Selbstauslotung, ein Weg, der nicht nur immer wieder in die äußeren Gefilde der Welt, sondern vor allem immer wieder – in die innere Tiefe des eigenen Selbstes führt und bei dem man sich immer wieder aufs Neue fragt, in welche Richtung das eigene Pendel des Lebens wirklich schwingt, ein abenteuerlicher Weg, den ich allen meinen Mitmenschen gerne empfehle. – Finde vor allem selbst heraus, was Dir wirklich gut tut und halte Dich daran, lege Dein Schicksal nicht immer wieder aufs Neue in andere Hände. Lerne daher – Dein wahres eigenes Leben selbst in Dir zu spüren!

W. Oesters, achtgegeben.de

Winnenden: Amokläufe, Lebensberechtigungsschein und eine verpasste Chance

Ich würde gerne mal „unter den Tisch“ gucken. Dorthin, wo alles gekehrt wird, was nicht paßt. Ich denke, dort wird man ein kleines Wunder erleben: ganz ganz viele Dinge auf ganz wenig Platz. Zum Beispiel die Tatsache, das es eine ganze Reihe von blutrünstigen Diktatoren in der Welt gibt, denen wir unsere Arbeitsplätze verdanken, das unser Kaffee mit Kinderblut gedüngt wird sowie eigentlich unser ganzer Lebensstil von der Ausbeutung von Frauen und Kindern abhängt, genau wie vor einhunderfünfzig Jahren. Nur wohnen die inzwischen so weit weg, das ihr Elend uns nicht mehr täglich in die parfümierte Nase steigt.

Was ganz neu unter dem Tisch zu finden ist – neben Kunduz, dem Verlust des Afghanistankrieges oder den sinkenden Aufträgen der deutschen Industrie ist … der Amoklauf von Winnenden.

Amokläufe sind neu für uns, Amokläufe in Schulen erst recht. In den USA sind sie schon seit langem fester Bestandteil der Kultur, gehören dazu wie der zerquetschte Industriearbeiter oder das zerfetzte Unfallopfer. Das ist halt der Preis, den man für eine bestimmte Kultur zahlen muß.

Wir kannten so etwas vorher nicht. Dann kamen McDonalds, Privatfernsehen, Hartz IV und … Amokläufe. Alles Erscheinungen, die in einem direkten Zusammenhang stehen, weil sie eine Kultur repräsentieren, die den „Lebensberechtigungsschein“ nur noch gegen Höchstleistung an Menschen unter vierzig vergibt. Wer nicht mithalten kann, kriegt die Bürgerrechte beschnitten.

In dieser Kultur wachsen Kinder auf.

„Ich reiße Dir ein Auge ´raus und zwinge es Dich zu essen, während Du mit dem anderen Auge zuschaust“. Ein Filmzitat von gestern. Zombie 4? Nein, Scooby Doo 2, Altersfreigabe ab 6 Jahren. Über Tom und Jerry möchte ich gar kein Wort mehr verlieren, der brutale Krieg zwischen Katze und Maus (Altersfreigabe: ab 6 Jahren) hat schon genug pädagogische Kommentare bekommen.

Es ist eine gigantische Industrie, die derartige Machwerke mir äußerster psychologischer Raffinesse auf ihr Publikum zuschneidet – so wurde aus Disney ein Weltkonzern, der bestimmt, was Unterhaltung ist – und noch viel mehr, was gesellschaftliche Mindestwohlstandsnorm zu sein hat: ohne eigenes Haus, eigenes Auto und Spitzenjob kommt man kaum als Filmfamilie auf die Leinwand.

Im Inneren ist diese Kultur hohl und leer … doch das wird nicht gezeigt. Auch das findet man nur unter den Tischen, wie heute in der Zeit:

Eine Gallup-Studie aus dem Jahr 2010 belegt, dass nur elf Prozent der deutschen Beschäftigten engagiert arbeiten. Ganze 66 Prozent spüren ihrem Arbeitgeber gegenüber keine Verpflichtung und machen Dienst nach Vorschrift.

89 Prozent der deutschen Beschäftigen machen eine miesen Job – aber sind dabei total gut drauf, weil das eben total „in“ ist und man sich die Beschallung durch den Motivationscoach ersparen möchte, der häufig das Niveau des Nachtmittagsfernsehens nur mit Mühe erreicht.

Und so … macht sich langsam eine Spaltung im deutschen Leben breit: man jubelt die dunkle Wirklichkeit weg, anstatt sie fortzujagen. Dabei wäre es einfach gewesen, nun eine Chance wahrzunehmen, die selten kommt: die Chance zur Umkehr. Die Chance, zu erkennen, das wir gezielt in eine narzistische Gesellschaft hineingetrieben werden, deren Straßen mit Leichen gepflastert sein werden. Narzisitische Gesellschaft? Findet man sogar schon bei Wikipedia:

Auf der kulturellen Ebene werden in einer narzisstischen Gesellschaft Werte des Eigennutzes propagiert unter Vernachlässigung von Werten des Gemeinnutzes. Die in dieser narzisstischen Kultur lebenden Menschen brauchen eine willentliche Entscheidung oder alternative Vorbilder, um nach Werten zu handeln, die nicht im Rahmen gesellschaftlich akzeptierter Verhaltensnormen und Werte liegen. Sie müssen dann oft auf Privilegien verzichten.

Eine komplexe Formulierung, die man auch anders ausdrücken kann: die Helden einer narzistischen Kultur sind arm, müssen arm sein und arm bleiben. Das ist der Preis, den man für Gemeinnutz zahlen muß. Man kann ihn aber auch gut zahlen, wenn man weiß, das Kinderblut an all den bunten Waren klebt.

Wer will, kann auch den kulturellen Selbsttest machen und die Diagnosekriterien mit der Selbstdarstellung unserer Kultur in den Medien vergleichen … Wetten Dass … man fündig wird?

(Anmerkung des Übersetzers: Die folgende Auflistung entspricht im englischen Original (bis auf allergeringste Abweichungen) wörtlich dem entsprechenden Text der DSM-IV.)

  1. hat ein grandioses Verständnis der eigenen Wichtigkeit (übertreibt etwa Leistungen und Talente, erwartet ohne entsprechende Leistungen als überlegen anerkannt zu werden)
  2. ist stark eingenommen von Phantasien grenzenlosen Erfolgs, Macht, Brillanz, Schönheit oder idealer Liebe
  3. glaubt von sich, „besonders“ und einzigartig zu sein und nur von anderen besonderen oder hochgestellten Menschen (oder Institutionen) verstanden zu werden oder mit diesen verkehren zu müssen
  4. benötigt exzessive Bewunderung
  5. legt ein Anspruchsdenken an den Tag, d. h. hat übertriebene Erwartungen auf eine besonders günstige Behandlung oder automatisches Eingehen auf die eigenen Erwartungen
  6. ist in zwischenmenschlichen Beziehungen ausbeuterisch, d. h. zieht Nutzen aus anderen, um eigene Ziele zu erreichen
  7. zeigt einen Mangel an Empathie: ist nicht bereit, die Gefühle oder Bedürfnisse anderer zu erkennen / anzuerkennen oder sich mit ihnen zu identifizieren
  8. ist häufig neidisch auf andere oder glaubt, andere seien neidisch auf ihn / sie
  9. zeigt arrogante, hochmütige Verhaltensweisen oder Ansichten

Die gesamte Agenda 2010, die gesamte Berliner Sozialpolitik findet sich in diesen Vorraussetzungen wieder und unsere ganze Kultur wird in diese Richtung gepreßt, eine Richtung, wo auf einmal wieder – wie schon in der Steinzeit – nur noch der Fitteste überleben kann.

Wo da der Fortschritt sein soll, erschließt sich mir noch nicht so ganz.

Einer der Amokläufe kommt ja gerade nochmal in den Medien hoch. Das hätte eine Chance werden können. 89 % der Deutschen finden das System und seine Entwicklungen mies. Jetzt hat es nochmal Tote gegeben – und die Täter kommen gerade aus dem Kreise jener Menschen, die „alles richtig gemacht haben“, wie die Welt zitiert:

Amoktäter kommen häufig aus Elternhäusern, die unauffällig wirken. „Es sind in keiner Weise ‚broken homes‘, sondern kleinbürgerliche Elternhäuser oder Mittelschichtfamilien, in denen ein gemeinsames Familienleben mit geregelten Mahlzeiten und Sorge um das Wohlergehen des Kindes festzustellen ist“, schreibt die Gießener Strafrechtlerin Britta Bannenberg im Buch „Amok“.

Und man findet auch noch eine gemeinsame Ursache:

Neuere Untersuchungen zeigen, dass es bei jugendlichen Tätern tatsächlich viele Parallelen gibt. Praktisch alle litten unter einer narzisstischen Störung.

Da produzieren angepaßte Eltern in einer narzistischen Kultur Kinder narzistische Störungen bekommen. Wo ist da das Wunder, wo kann man da Staunen?

Eher gibt es etwas zu fürchten, weil man damit rechnen muß, das der Amokläufer ein Standardmodell des Deutschen Alltags wird. Jeder weiß es. Wir laufen offenen Auges ins Messer, produzieren eine selbstzerstörerische asoziale Leistungsgesellschaft … und tun dann so, als kämen die Amokläufer vom Mars. Es geht ja noch weiter:

Auffällig war das Verhältnis zum Vater. In einigen Familien wird er als eher abwesend beschrieben. Die Folge ist laut Psychologen ein gestörtes Männlichkeitsbild.

Der Vater will halt kein Hartz IV und arbeitet die karrierefreundliche 60-Stunden-Woche. Ein wahrer hochgelobter Leistungsträger, der alles richtig macht … bis er merkt, das es zu spät ist.  Dann merkt man, das Adorno recht hatte: Es gibt kein richtiges Leben im falschen.  Manchmal ist Hartz IV der richtige Weg, um seine Kinder vom Amoklauf abzuhalten und ein anderes Leben zu leben. Anstelle von „Ich bin arbeitslos“ könnte man auch sagen: „Ich arbeite im Amokschutzprogramm“ …. oder im Widerstand gegen eine Kultur, die mit Vollgas in die Hölle rauscht.

Warum das Amokschutzprogramm finanziell so gering ausgestattet wird … sollte man die Politik fragen. Die werden immerhin dafür bezahlt, eine Kultur zu erhalten, in der Frieden herrscht und wo man sich als Lehrer nicht vor den Schülern fürchten muß. Aber offensichtlich verrichten die ihre Arbeit wie 89 % der anderen Deutschen: Dienst nach Vorschrift. Pflichtübungen. Die Kür bezahlt dann der Lobbyist für ein gewisses … geringes … Entgegenkommen.

Die Chance ist verpaßt, man hat wieder den bequemen Weg genommen: der Vater wars. Der hatte die Waffe nicht weggeschlossen. Wären als Mordwerkzeuge Molotowcoctails mit Muttis Milchflaschen benutzt worden, wäre es halt Mutti gewesen. Mutti und der Narzissmus … ist für Analytiker ein bequemes Thema.

Das Kinder auch Produkte der Umwelt sind … ist eine Erkenntnis, die schon lange unterm Tisch bei den anderen unbequemen Wahrheiten liegt.

Also wird es weiter knallen. Zwei Tage – so das Gerücht in der Eifel – brauchen Jugendlich mitlerweile, um sich eine Waffe zu besorgen. Der Vertrieb läuft über die normalen Drogenkanäle – jene Kanäle, aus denen auch das Kokain für die Prominenz kommt.

Milleniumsgipfel – Gipfel der Schande und Unverschämtheit … und des fortgesetzten Kolonialismus

Das hatte sich ja schön angehört, damals, vor zehn Jahren:

Am 18. September 2000 verabschiedeten 189 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen mit der Millenniumserklärung einen Katalog grundsätzlicher, verpflichtender Zielsetzungen für alle UN-Mitgliedstaaten.[1]Armutsbekämpfung, Friedenserhaltung und Umweltschutz wurden als die wichtigsten Ziele der internationalen Gemeinschaft bestätigt. Das Hauptaugenmerk lag hierbei auf dem Kampf gegen die extreme Armut: Armut wurde nicht mehr nur allein als Einkommensarmut verstanden, sondern umfassender als Mangel an Chancen und Möglichkeiten.

Reiche wie auch arme Länder verpflichteten sich die Armut drastisch zu reduzieren und Ziele wie die Achtung der menschlichen Würde, Gleichberechtigung, Demokratie, ökologische Nachhaltigkeit und Frieden zu verwirklichen.

Im Vergleich zu früheren Entwicklungsdekaden sind die Ziele umfassender, konkreter und mehrheitlich mit eindeutigem Zeithorizont versehen. Außerdem ist zu erwähnen, dass sich nie zuvor neben Regierungen auch Unternehmen, internationale Organisationen aber auch die Zivilgesellschaft so einstimmig zu einem Ziel bekannt haben und sich einig sind, dass der Ausbreitung der Armut Einhalt geboten werden muss.

Oberstes Ziel war die globale Zukunftssicherung, für die vier programmatische Handlungsfelder festgelegt wurden:

Jetzt – zehn Jahre später – wird eine „Halbzeit“ ausgerufen. Merke: fünfzehn geteilt durch zwei gleich zehn. So macht nicht nur Merkel Mathematik, sondern auch die UNO.

Kein Wunder, das man den statistischen Daten der UNO wenig trauen kann, erst recht nicht der spontanen Reduzierung der Hungertoten pünktlich zum Gipfel. Die zählt doch sowieso keiner  – oder denkt da jemand, da laufen Blauhelme mit Stift und Notizblock durch die Welt und haken jede Leiche ab? In Zonen, wo der Hunger herrscht, gibt es schlichtweg keinen, der Lust hat, sich um solche Kleinigkeiten zu kümmern – deshalb muß man schätzen. Hätte man 2007 mal nachgeschaut – also zu dem Zeitpunkt, wo die für Normalbürger Halbzeit gewesen wäre, dann hätte man merken können, das die jetzt vielgelobte Effektivität der UNO nicht so deutlich zu erkennen gewesen wäre.

Die Zahl der hungernden Menschen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, steigt jedoch langsamer als die Bevölkerung an: 1990 waren es etwa 822 Millionen, im Jahr 2008 etwa 963 Millionen Menschen.[1] Am 19. Juni 2009 berichtete die BBC, dass nun offiziell eine Milliarde Menschen hungern.[2] Das ist etwa jeder siebente Mensch auf der Erde. Jedes Jahr sterben etwa 8,8 Millionen Menschen, hauptsächlich Kinder, an Hunger, was einem Todesfall alle 3 Sekunden entspricht (Stand 2007).[3]

Quelle: Wikipedia

Aufgrund dieser Entwicklung hat zum Beispiel Attac gravierende Kritik an dem Gipfel geübt:

Frankfurt (epo.de). – Das globalisierungs-kritische Netzwerk Attac hat aus Anlass des UN-Millenniums-Gipfels das Versagen der Staatengemeinschaft bei der Bekämpfung von Hunger und extremer Armut kritisiert. „Das Problem sind die ungerechten Welthandelsstrukturen, die marktradikale Ideologie der mächtigsten globalen Institutionen, die geringe Bereitschaft der Regierungen der reichen Länder, einen ernsthaften Beitrag zu leisten, und die hoffnungslose Abhängigkeit der Länder des globalen Südens“, sagte Steffen Stierle vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.

Quelle: Epo

Gerade Afrika leidet enorm unter dem Hunger … dabei ist Afrika ein extrem reiches Land. Die haben nicht nur Hunger, die haben auch Öl, Gold und Diamanten. Einfach mal nachfragen: Afrika ist viel reicher als Europa. Die bräuchten überhaupt keine Hilfe – immerhin leben dort schon seit vier Millionen Jahren Menschen – Menschen, die wir in ihrer Kultur als vorbildlich darstellen könnten, denn ihr  „ökologischer Fußabdruck“ ist weitaus zukunftsverheißender als unser.

Schauen wir uns doch mal die „armen“ Afrikaner an:

Erdöl ist das wichtigste Exportprodukt Afrikas (42% aller Exporte). Gold, Diamanten und Metallerze machen 14,5% des Exports aus Afrika aus.

Zudem findet man in Afrika etwa 20 – 40% der weltweiten Uranvorkommen, über 80% der Platin-, etwa 40% der Vanadium-, über 80% der Mangan, ca. 50% der Kobalt-, über 80% der Chromit- und etwa 18% der Titanvorkommen.

Generell ist zu sagen, dass Europa viel weniger Bodenschätze besitzt als Afrika. Die Verarbeitung oder Weiterverarbeitung von Rohstoffen ist aber in Europa weiter verbreitet. In Afrika ist dies, aus finanziellen Gründen, bisher nur eingeschränkt möglich.

Diese Daten stammen aus dem Schulunterricht – aus einer Seite eines Gymnasiums in München. Man darf also davon ausgehen, das auch Frau Merkel und Herr Niebel über solche Informationen verfügen können.

Afrika ist schwerreich – braucht den ganzen Krempel aber nicht. D.h. … es könnte ihn wohl gut gebrauchen, um den Hunger seiner Kinder zu lindern – aber da kommen wir zum Kernproblem. Würde Afrika das tun können, dann … würden bei uns die Lichter ausgehen. Unser Reichtum, der Reichtum unserer Konzerne, beruht darauf, das wir die Rohstoffe Afrikas für einen Cent einkaufen und für tausend Euro verkaufen – eine einfache Rechnung. So wird man Leistungsträger, das ist die wahre Macht des Handels in unserer Zeit – und so schafft man auch die 25% Rendite.

Dafür sterben Kinder in Afrika. Das ist auch seit Jahrzehnten bekannt, zum Beispiel hier:

Afrika, Europas Nachbarkontinent, versinkt im Chaos und geht an irrwitzigen Bürgerkriegen zugrunde, ohne dass dies die abgebrühte Öffentlichkeit der Industrieländer sonderlich bewegt. Dabei sind es gerade westliche Industriekonzerne und Geheimdienste, die zahlreiche dieser Konflikte schüren, um so noch besser an die afrikanischen Bodenschätze heranzukommen.

Während afrikanische Staaten zu Zeiten des Kalten Krieges wenigstens als vorgeschobene Basis einer der beiden Supermächte dienen und ihre Haut in Stellvertreterkriegen teuer verkaufen konnten, sind nach dem Fall der Sowjetunion einer grenzenlosen Ausbeutung Tor und Tür geöffnet. »Gemessen an der Raffgier und der Menschenverachtung dieses hemmungslosen ‘Wild-West-Kapitalismus’ erscheint das europäische Kolonialsystem von einst in einem beinah milden Licht«, so der deutsche Journalist Peter Scholl-Latour. In seinem Buch Afrikanische Totenklage prangert er die Schattenseiten einer Globalisierung an, deren Bedingungen einzig von den Mächtigen und Reichen diktiert werden. Er wählt dazu mit Bedacht, um nicht des Antiamerikanismus geziehen zu werden, die Worte des amerikanischen Publizisten William Pfaff: »Man erzählt uns heute, Globalisierung bedeute Fortschritt, Erziehung, Wohlstand und wirtschaftliche Modernisierung. Das ist nur die halbe Wahrheit. Gleichzeitig beschert sie der ‘Dritten Welt’ gesellschaftliche und politische Zerrüttung, die Vernichtung der kulturellen Grundwerte, den Ruin ihrer unterlegenen Industrie und Landwirtschaft.« Kein Wunder, dass die Afrikaner z. B. an der Elfenbeinküste die Globalisierung als »mal américain« bezeichnen, als »amerikanische Krankheit«

Am deutlichsten wird dieses Übel am Kongo. Diese fast unerschlossene Landmasse, sechseinhalbmal so groß wie Deutschland, ist im Laufe eines fünfjährigen Bürgerkrieges, eines »afrikanischen Weltkrieges«, in dessen Verlauf mehr als zwei Millionen Menschen starben, von seinen Nachbarn fast vollständig aufgeteilt worden: Truppen aus Ruanda, Uganda, Angola, Simbabwe und Namibia stehen im Land und halten die wichtigsten Rohstofflager – Gold, Diamanten, Kupfer, Coltan – besetzt, deren Ausbeutung sie westlichen Firmenkonsortien überlassen. Ähnliches gilt für Angola oder den Sudan.

Würden wir nicht Wert auf billige Rohstoffe legen, ohne die unser Bundeshaushalt, unsere Wirtschaft und unser Bruttosozialprodukt sehr armselig aussehen würde, dann gäbe es das Problem Hunger nicht mehr.  Das weiß auch jeder.

Ein schönes Beispiel ist auch Nigeria, der sechstgrößte Erdölproduzent der Welt. Fernab von der superheilen Welt der Ölscheichs geht es den Ölnegern schlecht, siehe Wikipedia

Schwerste Schäden entstanden im Nigerdelta durch die seit 37 Jahren andauernde Erdölförderung.[2] Wasser und Luft sowie Nahrungsmittel sind verseucht.[3]

Geschützte Gebiete sind 3,22 % der Landesfläche.

Bei Explosionen von Ölpipelines sind in den letzten Jahren immer wieder zahlreiche Menschen getötet worden.[4]

Bei einer Explosion einer Ölpipeline bei Abule Egba am 26. Dezember 2006 wurden etwa 500 Menschen getötet.[5] Eine Explosion der Iljegun Ölpipeline am 16. Mai 2008 fordert etwa 40 Todesopfer.[6] Im Mai 2010 tritt aus einer Erdöl-Pipeline sieben Tage lang insgesamt eine Million Gallonen Öl aus und zerstört damit einen der größten Mangrovenwälder der Erde.[7]

Wer will, kann sich mal detalliert mit dem Wirken der Korporatokratie im Niger auseinandersetzen, mit dem Schicksal des Bürgerrechtlers Ken Saro Wiwa.

Kritiker warfen der in Nigeria engagierten Royal Dutch Shell – Gruppe eine Mitschuld am Tode des Schriftstellers und Ogoni-Führers sowie acht seiner Mitstreiter vor. Außerdem wird dem Unternehmen vorgeworfen, die Umwelt im Niger-Delta verwüstet und die Lebensgrundlagen der dort lebenden Menschen erheblich beeinträchtigt zu haben. Am 9. Juni 2009 verglich sich der Konzern außergerichtlich mit den Hinterbliebenen von Ken Saro-Wiwa und den anderen 8 Hingerichteten und zahlte 15,5 Millionen US$, um nicht vor einem US-Bezirksgericht wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt zu werden.[1]

15,5 Millionen gezahlt, Welt beruhigt, Geschäft läuft weiter.  Gehe ich in ein Geschäft -sagen wir Aldi – entnehme dort Waren für 10000 Euro, zerschlage die Einrichtung, erschieße einen Mitarbeiter und zahle dann als Straße 1,5 Cent … dann werde ich auch reich. Ich – und alle, die mir bei dem Coup helfen. So läuft halt das Geschäft.

Das alles hätte man bei dem Gipfel einmal zur Sprache bringen können. Stattdessen vergnügt man sich mit Statistiktricks, wie hier bei Spiegel-online zitiert:

Eine Erfolgsstory sind die Uno-Ziele dennoch nicht. Noch immer lebt mehr als eine Milliarde Menschen in extremer Armut. Noch immer leidet laut Unicef jedes vierte Kind unter fünf Jahren an Untergewicht. Noch immer stirbt nach Angaben der Welthungerhilfe jede Minute eine Frau bei der Geburt ihres Kindes.

Die Erfolgsmeldungen bei der Armutsbekämpfung basieren zudem zum Teil auf einem Statistik-Trick: Ausgangspunkt der sinkenden Quote ist das Jahr 1990. Doch gerade in den neunziger Jahren machten China und Indien bei der Reduzierung des Armenanteils gewaltige Sprünge. Entsprechend gut fällt die Statistik aus, obwohl sich die Lage in Ländern wie Kongo, Simbabwe oder Afghanistan kaum gebessert hat.

Andere Zahlen sind nur bedingt aussagekräftig. So verkündete die Uno vergangene Woche in einer Presseerklärung, 2008 seien rund ein Drittel weniger Mütter gestorben als 1990. Doch für die frühen neunziger Jahre gebe es gar keine aussagekräftigen Daten zur Müttersterblichkeit, sagte William Easterly, Ökonom an der New York University, der „Financial Times“.

Vor dem Hintergrund wirkt Dirk Niebel geradezu absurd, hier im Handelsblatt:

Den Empängerstaaten warf er vor, sich zu sehr auf Hilfe von außen zu verlassen. So gebe es manche Länder, die reich an Bodenschätzen seien. Die finanzielle Ausbeutung dieses natürlichen Reichtums gehe jedoch oft genug an der Staatskasse vorbei, da in keine eigenen Steuern erhoben würden.

Die sind nicht nur reich an Bodenschätzen. Die haben auch reichlich Nahrung … allerdings haben sie auf Drängen der Weltbank Monokulturen wie Kaffee und Baumwolle angepflanzt anstatt ihr eigenes Essen anzubauen. Bei Baumwolle können sie nicht die Preise zahlen, die die vom Steuerzahler subventionierten us-amerikanischen Baumwollproduzenten auf dem Weltmarkt bieten können, bei Kaffee werden sie brutal gegen Mittelamerika ausgespielt – damit wir alle jeden Morgen billigsten Kaffee bekommen. 2,35 Euro für 500 Gramm bei Lidl. 23,50 Euro währen wohl mindestens angemessen für ein Produkt, das eine weite Reise hinter sich hat, auf der es die Umwelt nachhaltig zerstört und den Bauern genug Geld geben würde, damit sie außer dem Kaffee auch noch Lebensmittel zum Essen haben.

Er reise mit einem Bund von Schlüsselbotschaften nach New York, erklärte der FDP-Politiker: „Dazu gehört, dass wir gute Regierungsführung, den Schutz der Menschenrechte und geeignete Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Privatinitiative in unseren Partnerländern fördern und unsere Entwicklungszusammenarbeit wirksamer gestalten.“

So Niebel bei N24

Vielleicht sollte er das lieber in seinem eigenen Heimatland fördern, denn die weltweite Entwicklung erreicht auch Deutschland – wenn auch viel schwächer als die afrikanischen Staaten:

Wie Ursula von der Leyen Hartz IV umkrempelt

Das Arbeitslosengeld II ist künftig an Preise und Löhne gekoppelt. Zudem können Strafen einfacher verhängt werden.

Auch die Übernahme der Wohnkosten wird in dem Gesetz neu geregelt. Künftig sollen die Kommunen innerhalb eines vom Ministerium gesteckten Rahmens selbst bestimmen können, bis zu welcher Wohnungsgröße und Miethöhe sie die Kosten der Hartz-IV-Empfänger übernehmen. Sie sollen sich dabei am untersten Ende des örtlichen Mietspiegels orientieren. Die Kommunen sollen auch Pauschalen auszahlen können. Darauf hatte insbesondere die FDP gedrungen.

Mit der Neuregelung dürften Sanktionen von den Jobcentern einfacher verhängt – und vor Gericht auch durchgesetzt werden können.

…berichtet heute die WELT.

So kommt die Armut der Dritten Welt, der Hunger und die Obdachlosigkeit nach Deutschland – per Gesetz. Von wegen „Milleniumsziele“. Früher durfte man das noch Augenwischerei nennen, heute ist das „Marketing“, um die wahre Entwicklung zu verschleiern:

Doch nicht jede Arbeit ist eine gute Arbeit  –  1,4 Milliarden Menschen, etwa die Hälfte aller Arbeitenden weltweit, verdienen weniger als zwei Dollar am Tag. Sie haben zwar Arbeit, können von ihr aber nicht leben. 80 Prozent der arbeitenden Menschen sind ohne ausreichenden sozialen Schutz. Und die Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen Nord und Süd, zwischen Gewinnern und Verlierern der Globalisierung, wächst weiter. Sie hat inzwischen längst auch die Menschen in den Industriestaaten erreicht. Auch dort schreitet die Prekarisierung der Arbeit voran, werden soziale Rechte abgebaut, gibt es immer mehr Menschen, die sich und ihre Familie von ihrer Arbeit nicht mehr ernähren können.

Quelle: Gute Arbeit, Stand Juni 2010

Die andere Seite ist … die Entwicklungshilfe.

Und so engagiert unsere Entwicklungshelfer auch sind … mit ihrer finanziellen Ausstattung sorgen sie in der Dritten Welt vor allem für eins: Neid. Viele reiche Besserwisser demonstrieren dem Neger, was man sich von dem Geld für seine Bodenschätze alles kaufen kann – 1335 Euro im Monat (Anfangsgehalt, unverheiratet, keine Kinder, ohne Zusatzleistungen) sind für Menschen mit 60 Dollar im Monat ein unermeßlicher Reichtum. Was würden wir von „Entwicklungshelfern“ halten, die 1,2 Millionen Euro im Jahr verdienen?

Leistungen für Entwicklungshelfer (EH)

Zur Sicherung des Lebensbedarfs erhalten Entwicklungshelfer unanhängig von Alter, Beruf und Berufserfahrung weltweit ein einheitliches Unterhaltsgeld. Berücksichtigt werden die familiäre Situation und die Dienstzeit. Das Unterhaltsgeld wird jährlich entsprechend den gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst und staffelt sich in drei Stufen je nach erreichter Dienstzeit (Einsatzzeit). Nach Stufe I werden Erst-Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer vergütet. Die nächsten Stufen werden nach je zwei weiteren Dienstjahren erreicht. Gegebenenfalls wird ein Kaufkraftausgleich (KKA) gezahlt, der eine ausreichende Kaufkraft in Partnerländern mit hohem Preisniveau garantieren soll.

Das Unterhaltsgeld wird ab Aufenthalt im Partnerland ohne Lohnsteuerabzug ausgezahlt. Nur bei Vorliegen steuerlicher Auflagen erfolgt ein Lohnsteuerabzug (sonstige Einkommen z.B. aus Kapitalvermögen, Beibehaltung eines inländischen Wohnsitzes, etc).

Zusätzlich zum Unterhaltsgeld wird die Unterkunft im Partnerland gestellt bzw. die Mietkosten übernommen. Der DED zahlt außerdem Pauschalen für die Ausstattung und Einrichtung der Unterkunft im Partnerland, für die Möbeleinlagerung in der Heimatstadt und für den Transport des Reisegepäcks.

Weiterhin leistet der DED eine jährliche Sonderzahlung und gewährt zum Vertragsende eine steuerfreie Wiedereingliederungsbeihilfe.

Darüber hinaus übernimmt der DED die Kosten für:

  • die mehrmonatige Vorbereitung der EH in Deutschland und im Partnerland
  • die Rentenversicherung der EH
  • die Krankenversicherung der EH und der Familienangehörigen
  • eine Anwartschaftsversicherung für die Vertragsnehmer und ggf. Ehepartner in ihrer bisherigen Krankenkasse und Pflegeversicherung
  • eine Unfallversicherung für die mitausgereisten Familienangehörigen
  • eine Versicherung der persönlichen Habe (kombinierte Hausrat- und Reisegepäckversicherung) für die EH und für die mitausgereisten Familienangehörigen
  • eine Haftpflichtversicherung für alle Familienangehörigen
  • Gesundheitsvorsorge
  • den Schulbesuch der Kinder im Partnerland (90 %, max. 8.000 € pro Kind und Jahr)
  • Hin- und Rückflug
  • einen Heimaturlaubsflug nach dem 2., 4., 6. usw. Dienstjahr für alle mitausgereisten Familienangehörigen, falls die Restvertragszeit noch mindestens 12 Monate beträgt

Nach der Rückkehr haben EH ggf. Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Quelle DeD

Afrikaner selbst wissen, das Entwicklungshilfe die Fortsetzung des Kolonialismus mit anderen Mitteln ist:

„Wir müssen die Entwicklungshilfe sofort und komplett stoppen“, fordert der kenianische Ökonom. „Wir können uns selbst helfen.“ 2001 hat der 37-Jährige deshalb in Kenias Hauptstadt Nairobi die Denkfabrik „Inter Region Economic Network“ (IREN) gegründet. Entwicklungshilfe, so lautet seine Argumentation, hat Afrika ärmer und korrupter gemacht und Bürokratie und Abhängigkeit gefördert.

„Daran sind wir in erster Linie selbst schuld“, meint Shikwati. Aber die gewaltigen Finanzströme hätten Fehler wie Verstaatlichungen oder Machtmissbrauch noch verstärkt. Den Geldgebern gehe es auch nicht um Mildtätigkeit. „Sie zahlen aus strategischen Gründen, das war schon im Kalten Krieg so“, sagt er. „Heute geht es nicht mehr um Ideologie, sondern um den Zugang zu Märkten und Rohstoffen und um Vorherrschaft.“ Den Nichtregierungsorganisationen (NGO) wirft Shikwati Eigennutz vor. „Das ist ein richtiges Geschäft“, sagt er. „Sie sammeln für sich selbst Gelder ein, wir aber treten auf der Stelle.“ Statt zu helfen, schrecken die Hilfsorganisationen Touristen und Investoren mit ab, indem sie ein negatives Bild Afrikas vermitteln, so Shikwati.

Quelle: NTV

Würden sich die Staaten in New York darauf verständigen, ihre Ausbeutungsindustrie zurückzuhalten, so bräuchte Afrika keinen einzigen Cent von uns. Im Gegenteil – sie könnten uns was spenden. Stattdessen droht denen nun Schlimmeres:

Merkel sprach von einem „neuen Miteinander“ zwischen Geber- und Empfängerländern. Berücksichtigt werden müssten die Wünsche der Entwicklungsländer, diese würden aber auch „in stärkerem Maße in die Verantwortung“ gezogen.

Quelle: Süddeutsche

Heist auf Deutsch: die Wirkungsgrad der Korporatokratie in den Ländern soll erhöht werden. Geht ja nicht an, das die Konzerne immer weiter so hohe Bestechungsgelder zahlen müssen und das die Neger immer weiter Öl aus den Pipelines für sich selber abzapfen. Dafür schicken wir denen jetzt Entwicklungshelfer, die noch präziser darauf schauen, das „die“ auch machen was „wir“ sagen, sonst kriegen „die“ von dem Gewinn, den wir aus „ihren“ Rohstoffen ziehen einfach noch weniger ab.

Nochmal zur Erinnerung:

Reiche wie auch arme Länder verpflichteten sich die Armut drastisch zu reduzieren und Ziele wie die Achtung der menschlichen Würde, Gleichberechtigung, Demokratie, ökologische Nachhaltigkeit und Frieden zu verwirklichen.

Vielleicht sollten wir erstmal in unserem eigenen Land damit anfangen, in dem nun die ersten Schritte zur weiteren Reduzierung der Lebenräume und Lebensgestaltung für Arbeitslose eingeleitet worden sind – auch wenn man die Verantwortung dafür geschickt den finanziell sehr knappen Kommunen übertragen hat. Unsere eigenen Mißstände bezüglich des Friedens und der menschlichen Würde wahr zu nehmen könnte uns die Verwunderung darüber ersparen, das nun sogar auch Frauen  – und sogar Anwältinnen – Amok laufen. Die Gewalt in Afrika hat die gleichen Ursachen – nur andere Dimensionen.


Amoklauf in Lörrach, soziale Kälte und Völkermord – schmeißt die Ungarn aus der EU und die Banker hinterher

Wenn Schüsse durch die Nacht hallen werden Menschen wach. Jedenfalls in Städten. Auf dem Lande ist man das gewöhnt. Zwei Tage soll es dauern, bis hier Jugendliche für wenig Geld eine Schußwaffe kaufen können. Ich mag diesem Gerücht nicht nachgehen … aber es würde mir erklären, warum wir uns auf solche Meldungen einstellen müssen:

Vier Tote und mehrere Schwerverletzte: Das ist die vorläufige Bilanz eines Amoklaufs in Lörrach. Die Täterin wurde von der Polizei erschossen. Die Frau hatte zunächst in einem nahegelegenen Haus um sich geschossen und war dann in Richtung eines Krankenhauses geflohen.

Quelle: Spiegel-online

Ich beschäftige mich gerade – immer noch – mit dem Völkermord in Ruanda, konkret mit der Frage: könnte das hier auch passieren. Das Menschen ihre Nachbarn töten – einfach so, von heute auf morgen. Eine blöde Frage eigentlich, denn … das haben sie schon einmal getan. Gut, sie sind nicht mit Macheten auf sie losgegangen, haben sie bestialisch gefoltert und zum Kannibalismus ihrer eigenen Kinder gezwungen (was ja auch Satanisten gerne machen, das ist rituell für irgendetwas in den kranken Hirnen sehr wichtig und logisch), sie haben nur gesagt: da hinten wohnt der Jude, der Sozi, der Kommunist – und haben danach von nichts gewußt.  Ist weniger grausam, aber ein gleiches Prinzip.

Es ist ja nicht der erste Amoklauf, den wir hier hatten. Generell – so die Polizei – nehmen Straftaten ab, aber die Gewalt nimmt zu. Aber Statistiken sind halt nur korrekt für die interpretierbar, die sie erstellt haben – und hier werden ja leider auch oft viele Beruhigungspillen verabreich, so wie jetzt in Lörrach:

„Es war eine Beziehungstat“!

Die Täterin schoss mit einer kleinkalibrigen Faustfeuerwaffe. Tatort war die Wohnung des Mannes in einem Mehrfamilienhaus in der Lörracher Innenstadt. In dieser habe es eine heftige Explosion gegeben. Diese sei von der Frau durch Brandbeschleuniger ausgelöst worden. Der Mann und das Kind lebten gemeinsam in der Wohnung, die Frau nicht. Die Wohnung wurde komplett zerstört.

Auf ihrer anschließenden Flucht ins benachbarte Elisabethen-Krankenhaus tötete die Frau einen Pfleger und verletzte durch Schüsse vor dem Gebäude zwei Passanten sowie in der Klinik einen Polizeibeamten. Lebensgefahr bestand in der Nacht bei keinem der Verletzten mehr. Im Flur des ersten Obergeschosses wurde die Frau von der Polizei erschossen, nachdem sie wild um sich gefeuert habe,

Quelle: Handelsblatt

Hat Feuer gelegt, die Familie erschossen und wollte danach irgendwen im Krankenhaus erschiessen …. aber wir können uns beruhigt schlafen legen. Schüsse in der Nacht machen wach, und wache Menschen müssen ruhig gestellt werden, damit sie nicht sehen, was in diesem Land – und in diesem vereinten Europa wächst.

Den Anblick ihrer verarmten Landesgenossen können die neuen Saubermänner auf Ungarns Regierungsbank offenbar nicht ertragen. Bereits im Juli hatte Innenminister Pinter Sandor angekündigt, alle öffentlichen Plätze von Bettlern und Personen „säubern“ zu wollen, die die Atmosphäre im Land „degradieren“. Den Worten ließ sein Ministerium rasch Taten folgen: In einem zu Monatsbeginn auf der Website des Ministeriums veröffentlichten Gesetzentwurf zur „Sicherung der Straßenzirkulation“ wird bei „unangebrachter Nutzung“ öffentlicher Plätze den Behörden das Recht eingeräumt; Obdachlose von diesen zu „verbannen“.

Quelle: Die Welt

Wo so mit Schwachen umgegangen wird, wächst die Angst. Angst verleitet zur Flucht … oder zum Kampf. Angst kann als Störung auch unbegründet sein, nicht aber, wenn man kompetente Zeugen hat, die einem von der Machtübernahme der Korporatokratie in Deutschland berichten:

Welt am Sonntag: Halten Sie die Wirtschaft allgemein für verkommen?

Steinbrück: Ich spreche von Teilen der Finanzbranche, die ich kennengelernt habe. Um die herum kreisen juvenile Anwälte, Anlageberater, Investmentbanker, denen die Bindungskräfte in der Gesellschaft bis hin zu regelsetzenden staatlichen Institutionen, die mit Ressourcen – also Steuereinnahmen – ausgestattet werden müssen, gelinde gesagt gleichgültig sind. Die profitieren von der Stabilität in Deutschland, aber geben wenig zurück, und fühlen sich angegriffen, wenn man ihnen sagt, dass der von ihnen verachtete Staat überhaupt erst den Rahmen bietet, um ein auskömmliches Leben zu haben.

Quelle: Die Welt

Hier wird – wie in Ruanda – gezielt an der Destabilisierung einer Gesellschaft gearbeitet. Wie immer in den letzten hundert Jahren trifft es die ökonomisch Bescheidenen zuerst: Roma und Obdachlose. Sie dürfen nicht sein, weil ihre Existenz den Mythos der Marktwirtschaft als Lüge entzaubert. Außerdem könnten gerade die Roma den Eindruck vermitteln, man könnte ohne viel Geld glücklich werden – dem gilt es entschieden entgegenzutreten.

Ich denke, es würde den Menschen mehr Hoffnung und Zuversicht geben, wenn man die Ungarn aus der EU schmeißen würde, sobald die Obdachlosen von der Straße verschwunden sind. Gleich hinterherwerfen sollte man die Kosmokraten (siehe Jean Ziegler) und ihre Höflinge – die sind ja sowieso alle international ausgerichtet, wäre also für die nicht so schlimm.  Es wäre eine Art Notwehr, denn wer die Bindungskräfte der Gesellschaft gezielt schwächt (und sei es nur, das er 260 Millionen mit der Privatisierung von Krankenhäuser und der Einführung von „Fließbandmedizin“ scheffelt wie unser Baron von und zu Guttenberg) darf sich nicht wundern, wenn die Gesellschaft auseinanderbricht.

Das interessiert den Jet-Set nicht, die sind mit schnellen Privatautos schnell am Privatflughafen und mit dem von privaten Sicherheitsleuten bewachten Privatjet ganz schnell auf ihrer Privatinsel, wo sie im Privathaus von ihrem Privatvermögen leben – das Bild erinnert an brutale finstere menschenfeindliche Piratenkapitäne auf der Flucht.

Ach ja … privat … laut Wikipedia: „abgesondert, beraubt, getrennt“

Privatwirtschaft ist somit Raubwirtschaft, Raubwirtschaft schafft soziale Kälte … und die tötet, weshalb ich mit einer Zunahme von Beziehungsdramen rechne. Da gab es ja letztens erst einen Rentner, der schlechte Beziehungen zur Polizei hatte.

Nachdem Peter K. schon am Donnerstag einen Polizisten schwer verletzt hatte, feuerte er in der Nacht zum Freitag erneut auf die Beamten. Zum Glück wurde diesmal niemand verletzt. In beiden Fällen konnte der 67-jährige entkommen.

Grund für den Amoklauf von Peter K. ist anscheinend die geplante Versteigerung seines Wohnhauses nahe der Innenstadt von Biel.

Quelle: BZ

Zwangsversteigerungen bringen immer nur den Bruchteil des Wertes. Kann einem wie Raub vorkommen, gegen den man sich wehren möchte, war aber sicher nur ein „geistig verwirrter Rentner“.

Ich meine mich an Zeiten erinnern zu können, wo das Land noch amokfrei war.

Inzwischen laufen immer mehr Amok – vor allem in der Wirtschaft und der Politik. Das das Volk irgendwann mitmacht, wenn die Elite es vorlebt – wen wundert´s?

Die letzten 100 Artikel