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Der soziale Tod – Triumph der Elite, Wille der Regierung, Ende der Gerechtigkeit

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Montag, 23.5.2016. Eifel. „Es geht uns gut“ – sagen die, die auf Positionen sitzen, die fürstlich mit Steuergeldern honoriert werden – wie z.B. Frau Nahles, die unsern Blick auf Äthiopien lenkt, um uns zu zeigen, was für uns „Norm“ zu seien hat (siehe Morgenmagazin.com), jene Frau Nahles, die gerade dabei ist, Arbeitslose noch rechtloser zu machen (siehe Focus) und Kinder noch weiter in die absolute Armut zu treiben (siehe Tagesspiegel). „Uns“ – wird da nie näher definiert, aber mit „uns“ sind sicher nicht alle gemeint. Zum Beispiel Jonny Beyer, selbst Blogger, war auch schon mal zwischendurch obdachlos. Er beschrieb kürzlich sein Leben – mit dem Wunsch, dass man es breiter diskutiere:

„Als Rentner bei 612 €uronen Rente von 30/31 Tagen im Durchschnitt 25 Tage nicht die Wohnung verlassen können (weil die Kohle für ein oder 2 Tassen Kaffee einfach nicht drin ist) und seine sozialen Kontakte nur noch per Facebook oder ähnliches aufrecht erhalten können … und wenn Du jetzt meinst, dass ich ja einen Hund habe (stimmt), aber der ist nun mal als Gespächspartner wirklich nur bedingt geeignet … ebenso, wie die meisten anderen Hundebesitzer …“

Auf seinem Blog hat er die Dankesgaben auch schon aufgeschlüsselt, die er – als erfahrener Kameramann, den man früher auch schon mal im Fernsehen sehen konnte (der Chefredakteuer der Zeit und Mitherausgeber des Tagesspiegel Giovanni di Lorenzo konnte sich an Jonnys Auftritt noch Jahrzehnte später erinnern – es ging um eine Auseinandersetzung mit Rechtsradikalen, in die Jonny beherzt eingriff), von uns als Gemeinschaft der Steuer- und Beitragszahler erhält: nach Abzug aller festen Kosten bleiben im pro Monat noch 220 Euro übrig: für Kleidung, Essen, Kino, Theater, Oper, Fussballspiele und ähnlichem mehr, was wir uns als „Kulturvolk“ gerne gönnen, um uns von den „Primitiven“ abzuheben.

Theater, Kino, Oper, Fussball?

War nur ein Scherz.

Jonny hat pro Tag 7 Euro – für alles. Fussball kostet minimal 15, 14 Euro (manchmal auch 65 Euro – siehe statista), Oper (zum Beispiel in Köln) 12 Euro (bis 125 Euro – wenn man auch was sehen will), Theater (zum Beispiel in Dortmund – also keinem Hochpreisgebiet) Wochentags 10 Euro (bis 65 Euro – wenn man auch die Bühne sehen möchte, siehe Theater Dortmund). Kino kostet in Aachen Montags 5,50 Euro (siehe Cineplex Aachen) – wenn der Film nicht zu lang ist, Cola und Popkorn dazu: schon ist man 8 Euro mehr los. Für Jonny eine Investition, die sein Budget sehr herausfordert – falls er sich in seinen alten Klamotten überhaupt gerne in einer hochgestylte Öffentlichkeit als Außenseiter präsentieren möchte.

7 Euro am Tag – ein Eis mit drei Kugeln (kostet hier auf dem Land 3 Euro)? Völlig unerschwinglich, das wäre ja der Tagessatz für Kinder, die nebenbei noch Kleidung, Verkehr, Gesundheitspflege, Bildung, Nahrungsmittel, Getränke, Möbel, Schuhe und Strom bezahlen müssen – von 270 Euro (Regelsatz für Kinder von 7 – 14 Jahren, siehe cecu). Ein Nachrichtenmagazin wie der „Spiegel“ für 4,60 Euro das Stück? Nur erschwinglich, wenn man an dem Tag ansonsten nur von Billigtoast mit Marmelade lebt. Würde Jonny bio und vegan leben wollen, müsste er eine Woche im Monat ganz aufs Essen verzichten: 261 Euro kostet dieser Luxus (siehe Claudis Blog).

Der Spiegel widmet sich ja gerade mal wieder der „Relativität“ von Armut, die in Deutschland gerne beschworen wird (siehe Spiegel). Wir lernen dort den Herrn Huber kennen, der von seinen Erfahrungen im öffentlichen Leben erzählt:

„Eigentlich sind Biergärten Orte, an denen sich arme und reiche Münchner mischen, in denen der Bankdirektor neben dem Hilfsarbeiter sitzt. Traditionell darf jeder seine Brotzeit mitbringen, nur das Bier muss man kaufen, das spart Geld. „Aber was nützt mir das, wenn die Halbe vier Euro oder mehr kostet“, sagt Huber. So viel kann ein Hartz-IV-Empfänger rechnerisch pro Tag für Ernährung und alkoholfreie Getränke ausgeben.“

Herr Huber? Einst ein wohl situierter Unternehmer:

„Vor 44 Jahren kommt er zum Studium nach München, wird Diplom-Elektroingenieur, geht zu Siemens. 1979 macht er sich als EDV-Unternehmer selbstständig, Systemintegration, eine lukrative Zukunftsbranche. Zieht in ein großes Haus, liebt seine Arbeit, sein Motorrad, seinen Biergarten. Sein Bekanntenkreis ist groß. Fürs Alter hat er eine Lebensversicherung, dazu das Elternhaus mit großem Grund am begehrten Chiemsee.“

Der hat wohl gut eingezahlt in die Solidarkassen der Republik. Verständlich, dass er blöd dreinschaut, wenn der Staat dafür „liefern“ soll:

„Wenn es um Hartz IV geht, wird der freundliche Huber zornig. Er hat Fotos mitgebracht von seiner maroden Schrankwand, Baujahr 1972, vom zerschlissenen Sofa. „11 Euro im Monat für Möbel, 1,23 Euro für einen Kühlschrank. Wie soll des gehen?““

Der Grund für die Pleite? Der Hauptkunde hat nicht bezahlt. Ende der Vorstellung, Absturz inklusive.

Wir lernen in diesem Artikel auch noch andere Arme kennen: eine kinderreiche Familie, die durch alle sozialen Netze fällt, arm ist, obwohl beide arbeiten gehen. Eine Frau aus Aachen, die sich – mit einem globalen Blick ausgestattet – gar nicht für arm hält, weil sie jeden Tag sauberes Wasser hat. Eine Sichtweise, die beneidenswert ist. Was wir aber auch erfahren: die Namen der Armen sind falsch – aus gutem Grund:

„Noch ist Armut in Deutschland ein Stigma. Auch deswegen wollen Frau Kramer, Herr Huber und Familie Ehlers ihre echten Namen nicht veröffentlicht sehen.“

Stigma? Ein Makel. Ein Schandfleck.

Hören wir dazu einen anderen Menschen – Ingrid. Auch hier: ein Kommentar bei Facebook. Ingrid hat einen festen Arbeitsplatz – um hier gleich alle Verdächtigungen auszuschließen.

„Kommt jedoch vor dem physischem Tod, der soziale. Und der ist weitaus schlimmer. Tod ist, wenn ich nicht mehr da bin, bin ich da, so ist der Tod nicht. Vorher aber geschieht das langsame grausame soziale Absterben. Dies kann Jahre dauern, und ist viel schlimmer. Nahles und ihresgleichen, sind einfach dumme Menschen, ohne Bildung und Verantwortungsgefühl. Bald werden die Flüchlinge erkennen, in welche Vorhölle sie sich aufgemacht haben.
Ich sagte ja bereits, 12 Jahre in Westafrika verbracht zu haben. Zurück in diese soziale Armut, war ein unverzeihlicher Fehler. Hier gibt es keinen wahren Genuss des Lebens im Austausch mit Nachbarn und Freunden. Es ist eine dekadente Pseudowelt, basierend auf Lügen und Kampf.
Nur weil ich das Glück hatte, eine Alternative zu lernen, kann ich mit Brot und Wasser lange auskommen, mit leisem Lächeln, über die ach so wichtigen Wichtigtuer, die so geil drauf sind. Ich bin gespannt, wie sie, gerade diese, auf die kommenden Entwicklungen reagieren werden.
Wie war es denn Ende der 20er? Wieviele hatten keine andere Lösung als einen Fenstersturz, um einen Fettfleck zu hinterlassen. Man kann gespannt sein. Aber Danke für den wunderbaren Artikel. Dem Durchschnittsamerikaner ergeht es bereits schlechter… Der Rest kommt über Nacht!“

Ingrid kennt den sozialen Tod. Sie arbeitet in einem Krankenhaus. Der soziale Tod? Sicher schon mal gehört – aber in einem anderen Zusammenhang. Der Begriff wurde früher auf sterbende Menschen bezogen – Menschen, die noch leben, aber von ihrer Umwelt so behandelt werden, als wären sie schon tot. Betraf früher vor allem alte Menschen, die – geschlagen von diversen Krankheiten – nicht mehr dem Normstandard der Spaßgesellschaft entsprachen. Heute fassen wir den sozialen Tod weiter – ohne dass er in dieser Form groß diskutiert wird (siehe uni-oldenburg):

„Unter sozialem Tod verstehen wir, dass jemand völlig vereinsamt, sich so zurückzieht, dass er praktisch keine Beziehungen zu seiner Umwelt, zu Nachbarn, Arbeitskollegen und u.a. unterhält.
Bei älteren Leuten oder Menschen mit Behinderungen oder auch nach schweren, persönlichen Erlebnissen kommt so etwas vor. Der Rückzug erfolgt oft in mehreren Stufen und kann durch Ausgrenzungen (Mobbing) oder Verlust des Partners, der Arbeit veranlasst sein.“

Der soziale Tod – durch Ausgrenzung (Stigma …) oder Arbeitslosigkeit. Eine Erscheinung die – wenn wir Ingrid folgen wollen – eine Erscheinung spezifisch unserer Kultur ist. Er trifft die, die auf eine völlig feindliche, realitätsfremde Umwelt treffen, eine „dekadente Pseudowelt, basierend auf Lügen und Kampf“, eine Welt, in der es keinen wahren Austausch mit Nachbarn und Freunden gibt – anders als in jenem Land in Westafrika (mit einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 173 Euro – siehe länderdaten.info). Was ich in diesem Zusammenhang gerne zitiere: das Gastmahl der Geistlosen, die „Wohlstandsverwahrlosung“ des „akademischen Proletariats“ (siehe NZZ), die – mangels echtem Kontakt der nur selbstdarstellerisch agierenden Akteure – ebenfalls eine Form von sozialem Tod darstellt, die man nur mühevoll durch sinn- und zwecklosen, umweltvernichtenden Konsum und … Drogen ertragen kann. Alkohol, um es genau zu sagen.

Gerade aus diesen Kreisen kommen nun auch andere Philosophien, die den Vernichtungsprozess der Persönlichkeit nur noch verstärken – wie aktuell in der Totholzausgabe der Zeit (siehe Zeit), die einen weiteren Zug neoliberalistischer (oder besser gesagt: neofaschistischer) Strategie darstellt:

„Erfolg und Gesundheit, ja sogar Herzschlag und Gewicht hängen vom Selbstverständnis ab. Was Menschen zu sein glauben, das werden sie auch – im Guten wie im Schlechten. Wie Gedanken unser Leben verändern können.“

Wer trägt die Verantwortung für alles Elend dieser Welt? Sie – mit Ihren dämlichen, unsortierten, minderwertigen und unqualifizierten Gedanken. Würden Sie besser denken: sie wären sofort reich wie Bill Gates. Wichtiger Teil einer breiten Offensive von „reich“ gegen „arm“: die Umkehrung der Verantwortung. Nicht mehr der Mörder hat Schuld an der Tat, sondern die Leiche – die falsch gedacht hat (oder eine falsche „Resonanz“ erzeugt) und nun kräftig an sich arbeiten muss: eine Philosophie, die ein tödliches, selbstzerstörisches Gift enthält, geeignet, das Opfer völlig in den sozialen Tod zu treiben, denn: wer arm ist, behindert, krank, unglücklich, einsam oder sonstwie mit Makeln behaftet, belästigt mit seiner Minderwertigkeit das höherwertige „Außen“, das selbst perfekt denkt (aber bei der eigenen Bereicherung gerne auf ein Herr von Anwälten und diversen Beratern sowie ertragsoptimierten Netzwerken zurückgreift – und seine Kinder nicht im „richtigen Denken“ schult, sondern auf teuerste Privatschulen und Privatuniversitäten schickt).

Ein weiterer Schachzug: der „Veganismus“, der selbst den „Karnismus“ als Wurzel allen Übels ansieht – wer es hier wagt, sich den Ansprüchen der Luxusklasse zu entziehen, wird als unempathischer, grausamer Täter schnell völlig entmenschlicht, dabei beruht die Philosophie auf undurchdachten Momentaufnahmen und hahnebüchenen Theorien (von der hoch zu achtenden Entscheidung, das Leid in der Welt vermindern zu wollen, einmal abgesehen). Ein Beispiel? Nun besuchen wir kurz „Peta“ und schauen uns ihre Berechnungen an: es wird in der Tat viel Wasser verbraucht, um ein Kilo Rindfleisch zu erstellen – wenn die Kuh drei Jahre lebt (weshalb wir sie vielleicht lieber früher essen sollten?). Aber was passiert mit der Kuh, wenn wir kein Fleisch mehr essen? Trinkt die dann nicht mehr? (wieso die 30 Liter Wasser für eine Tasse Tee brauchen, habe ich allerdings noch nicht verstanden – die müssen da große Tassen haben. Sehr große Tassen.). Die Frage ist: was sollen diese fehlerhaften Theorien bewirken? Die Antwort gibt uns die „Süddeutsche“ in einem Artikel über das „Kükenschreddern“ (siehe Süddeutsche):

„Denn wer ist letztendlich verantwortlich für die Produktion von billigsten Eiern und billigstem Hühnerfleisch? Die Gerichte, die Politik, die Hühnerindustrie? Als das Bundesverfassungsgericht 1999 zu den Legebatterien urteilte, stellte der damalige bayerische Landwirtschaftsminister Josef Miller lapidar fest: „80 Prozent der Verbraucher sind gegen die Käfighaltung, aber 80 Prozent der Verbraucher kaufen Eier aus Käfighaltung.“ Leicht abgewandelt gilt diese Einschätzung noch heute.“

Ja – nicht die Gerichte, die das Schreddern von 50 Millionen Küken im Jahr erlauben, nicht die Politik, die den Rahmen dafür gibt, nicht die Hühnerindustrie, die die Morde begeht, sondern: der Arme ist Schuld. Seltsam nur: beim Thema Energieverbrauch erlaubte sich die EU, massiv in das Leben der Bürger einzugreifen. Niemand fand sich für eine Kampagne „Leben ohne Strom“. Als würde die Hühnerindustrie Probleme damit haben, wenn alle Deutschen Veganer werden: dann verkauft man eben ins Ausland. Afrika hat Hunger. Asien auch. Ebenso Südamerika. Würde man aber die Hühnerindustrie verbieten – der Verbraucher müsste schnell Ersatz suchen (wie für die Glühbirne) wenn die Kühltruhe im Supermarkt leer wäre. Vielleicht sollte man alle Tierschützer auffordern, sich der jährlich 50 Millionen Küken als Haustiere anzunehmen? Oder mal drauf hinweisen, dass wir uns nebenbei in Deutschland 20 Millionen fleischfressende Haustiere halten, die ebenfalls von der Fleischindustrie leben? Nun – die sind Peta heilig, hier diskutiert man über das perfekte Hundegeschirr (siehe Peta) … was schon allein 40 Euro kostet. Schlimm für die, die sich als einzige lebendige Gesellschaft einen Hund leisten, weil die Menschen sich abgewendet haben (was übrigens Leben retten kann – diese Hundehaltung).

Wer sich das nicht leisten kann … darf den sozialen Tod erfahren, wie jene, die sich „vegan-bio“ überhaupt nicht erlauben können – jene Lebensweise, mit der man sich als Produzent von veganer Bolognese im Glas schon mal einen Porsche leisten kann, – die der „Vegan-Papst“ Attila Hildmann in der Society-Broschüre „Gala“ (siehe Gala), der vor dem Methangas der Kühe warnt … als würden die weniger pupen, wenn sie frei durch die Getreidefelder flanieren dürften. Ach ja: Kosten der veganen Bolognese: 4,95 Euro für 290 ml plus 1,50 Euro „Mindermengenzuschlag“ – wenn man sich nur ein Glas leisten kann (siehe Attila Hildmann). Da könnte Herr Huber nur jeden zweiten Tag ein dürftiges Gläschen kaufen.

Wie man sieht, wird an diversen Formen des sozialen Todes gezielt gearbeitet, eine streng hierarchische, lieblose Gesellschaft aufgebaut, die man wohl besser wahrnehmen kann, wenn man mal 12 Jahre in einem weniger dekadenten Umfeld gelebt hat – wie zum Beispiel in Afrika.

Doch wo kommt das her? Wo ist der Ursprung für diese Dekadenz, die Ungerechtigkeit, die Vernichtungssystematik?

Die Antwort darauf finden wir an seltsamen Orten, in einem Sachbuch über den islamischen Fundamentalismus in Deutschland – und deren Sichtweise auf die Machtstrukturen in dem Umfeld, in dem sie sich etablieren wollen (siehe Ian Johnson, Die Vierte Moschee, Klett-Kota 2011, Seite 271):

„Der fließend Deutsch und Englisch sprechende Diplomvolkswirt kennt sich mit den politischen Entscheidungswegen in Deutschland aus, mit den komplexen Interaktionen von Gremien, kirchlichen und politischen Stiftungen, wo „Meinungsmacher“ zusammentreffen, miteinander diskutieren und Ideen formulieren, die in den politischen Parteien aufgenommen werden. Hierbei handelt es sich nicht um basisdemokratische Strukturen, sondern um ein System, das die Macht der Eliten vergibt“.

Ein System, das den sozialen Tod für viele eingeleitet hat – wobei wir über die Normen von Mode, Körperpflege oder Wohnungseinrichtung noch gar nicht gesprochen haben – oder über den Friseur, der bei uns in der Eifel für Jugendliche schon 18 Euro pro Schnitt nimmt – also: viereinhalb Tage Essen.

Ein System, das täglich perfider wird, auf breiter Basis den Kampf gegen die Armut durch Vernichtung der Armen führt – jedenfalls: durch ihre soziale Vernichtung.

Die Botschaft ist immer dieselbe – egal, ob im Rahmen des Tierschutzes, der Ernährung oder der Lebensführung vorgetragen: gebt gefälligst viel mehr Geld aus – und sorgt verdammt noch mal selbst dafür, dass ihr es habt, denn sonst … seid ihr nicht mehr menschlich.

Wissen Sie, wie konservative Wirtschaftsmagazine unsere Realität beschreiben? Gnadenlos (siehe Wiwo):

„Bei Hartz-IVlern dagegen drohen sofort brutale Sanktionen. Besitzen darf man sowieso nichts mehr. Man muss komplett nackt am Boden liegen, ehe der Sozialstaat sich gnädig erweist.“

„Das ist das Bermuda-Dreieck menschenverachtender, repräsentativer Demokratie. Barbarei. Animal Farm ist nichts dagegen.“

Und in diesem Bermudadreieck können schon mal 500 Millionen Euro spurlos verschwinden (siehe Yahoo), die Gemeinden Gebühren für die Annahme von Bargeld ab 10 Euro verlangen (siehe Düsseldorf bei Facebook) oder Medikamente an unwertem Leben getestet werden (siehe Tagesspiegel) – wobei die Formulierung mit dem „unwerten Leben“ von mir stammt. Die Barbarei schreitet täglich weiter voran – die Musik zu dem Marsch spielt die Elite. Nichts davon ist geheim.

Das Arbeitslose zur Minderung ihrer Notlage ihre Organe verkaufen sollen, ist schon mal vorgeschlagen worden – von einem inzwischen verstorbenen „Vordenker“ der Afd (siehe AfdwatchAfd):

Der Wille zum sozialen Tod schreitet weiter voran, getragen von einer überversorgten gesellschaftlichen Elite, die ihr Luxusleben auf Kosten der Ärmsten leben – hier in Deutschland und in der ganzen Welt. Und „Gerechtigkeit“ wurde aus dem Bewusstsein gestrichen – wem es  hier nicht passt, der kann ja nach Syrien, dem Irak, Afghanistan, Äthiopien oder den Jemen ziehen: wir sind ja eine freie Welt.

So – wird die Armut Afrikas zum Normstandard für ausselektierte Deutsche … und alle sollten ihre Herren auf Knien danken, dass sie noch sauberes Wasser haben. Man könnte auch noch ungnädiger sein.

Und währenddessen – rafft der rot-grüne soziale Tod (unter fleißigem Beifall der übrigen Parteien) immer mehr Menschen dahin.

Aber „uns“ – geht´s gut.

Noch etwas Torte gefällig?

 

 

Die böse Welt – der gute Mensch

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Freitag, 11.12.2015. Eifel. Wir werden heute mal über etwas anderes sprechen müssen, fort von den ständig übler werdenden Niederträchtigkeiten der Menschenwelt, fort von ihrem andauernden Vernichtungsfeldzug gegen die natürliche Welt, fort von der drohenden Vernichtung allen menschlichen Lebens auf diesem Planeten durch atomare Kriege, völligen Kollaps der lebenserhaltenden Natursysteme oder dem totalen Zusammenbruch des Welthandels und der Nahrungsmittelversorgung durch absolut unverantwortliche Spielereien mit Tauschmitteln, die diesen friedlichen Handel fördern und nicht ausbeuten sollen. Stattdessen werden wir uns einmal radikalen Perspektiven zuwenden, die für unser geistiges und seelisches Wohlbefinden einige Bedeutung haben.

Ich meine jetzt nicht die akademischen Spielereien mit willkürlichen Wertungen. Die sind intellektuell ganz spaßig, aber real völlig bedeutungslos, weil sie keine Bezugsrahmen haben. Ein Beispiel kennt jeder von Ihnen: das Glas ist halb voll – oder halb leer, je nach dem Auge des Betrachters. Der Spruch wirkt so gut, weil er twittertauglich ist, schnell über die Lippen kommt und die Verantwortung für den Zustand der gesammten Welt in das betrachtende Subjekt, das Individuum verlagert. Gehen wir über Twitterdimensionen hinaus, wird es schnell unruhig im Glas. Nehmen wir an, sie sind durstig, bräuchten ein Glas Wasser, um zu überleben – da bringt Ihnen das halbe Glas den sicheren Tod. Wasser trinken ist für uns absolut lebensnotwendig, noch schneller als bei Nahrungsmangel hören wir auf zu funktionieren: das volle Glas ist also absolutes Sicherheitsminimum, mit leeren Gläsern – und seien sie auch nur halb leer – können wir in Wirklichkeit nicht viel anfangen, ihr Nutzen ist generell mangelhaft. Wir haben – wollen wir weiterhin in der Welt die Kunst des Denkens üben – gar keine Freiheit, über den Gebrauch von Wasser zu entscheiden, ein halb leeres Glas ist IMMER ein Warnsignal für den ganzen Körper. Der Verstand weiß genau: ist auch der letzte Rest Wasser aus dem Glas – das schon jetzt beängstigend leer ist – wird es schnell unlustig … und lebensgefährlich, deshalb ist ihm ein volles Glas lieber.

Ja, wir werten hier auch – aber haben auch einen Bezugsrahmen: einen Körper, der hauptsächlich aus Wasser besteht und beständige Wasserzufuhr braucht. Das volle Glas ist gut, das leere Glas böse, das halbleere Glas befindet sich auf dem Weg zum Tode – sofern es nicht bald wieder jemand füllt.

Bitte bedenken Sie: Sprüche wie diese sollen uns in Ruhe wiegen und vor allem dazu erziehen, mit allem zufrieden zu sein, was man uns noch übrig läßt, ohne direkt danach zu fragen: „Hey, welcher Sack hat aus meinem Glas getrunken!?!“

Nehmen wir einen anderen Rahmen: die „Welt“.

Unsere modernste Weltdeutung ist: sie ist chaotisch und zufällig aus dem Urschlamm entstanden, kann aufgrund dieser wirren Grundbedingungen jederzeit völlig unberechenbar aus den Fugen geraten.

Merken Sie, dass was nicht stimmt?

Ersteres wird Ihnen jeder Naturwissenschaftler bestätigen. Doch die Konsequenz daraus … hören Sie so gut wie nie. Wir sind hier mitten in der religiöse Weltdeutung – obwohl wir noch gar nicht den Bereich der Religion berührt haben, wir sind mitten im „Glauben“ angelangt – der, wie wir wissen, nicht viel wissenschaftliches an sich hat. Diese chaotische und zufällig entstandene Welt kennen wir seit Jahrtausenden – in allen Religionen, auch in unserer christlich-jüdischen Weltdeutung. „Gottes Geist schwebte über den Wassern“ – so fängt unsere Welt an. Die Wasser – sind finster, wild, chaotisch, mit dem Leben nicht zu vereinbaren. Sie erinnern an Tiamat, die babylonische Salzwassergöttin und ihren schrecklichen Sohn Quingu, die mit ihrer Armee aus Dämonen die Menschheit vernichten wollte. Die Schöpfungsgeschichten der Menschheit ähneln sich da sehr – es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sie man voneinander abgeschrieben hat. Die Bibel enthält viel, was in anderen Kulturkreisen Vorläufer hatte – zum Beispiel die Sintflutsage oder die zehn Gebote, die für unsere Rechtsprechung so wichtig sind und das chaotische Faustrecht abgelöst haben.

Die Wasser sind auch dämonisch, sie sind nicht wertneutral. Der Leviathan – ein finsterstes, riesiges Meeresungeheuer, das Luther (bewusst?) falsch als „Wal“ übersetzte – ist ein Überbleibsel jener Mächte, die Gott „bei der Schöpfung überging“, Mächte, die heutzutage jederzeit an den Grenzen der Schöpfung lauern und zum chaotischen, leeren Nichts zurückkehren wollen, einer lebenfeindlichen Existenz jenseits unserer Vorstellungskraft, atomare Wüsten kämen ihren Vorstellungen eines gelungenen Urlaubs schon etwas nahe (oder unsere „Agrarsteppen“) – doch wären selbst sie noch viel zu voll und geordnet.

Es ist eine faszinierende Perspektive, die unsere Naturwissenschaft dort auftut: obwohl sie sich antireligiös geben, mit vielen Geschenken kommen (früher mit Glasperlen, heute mit Kraftfahrzeugen, Zentralheizungen, Flachbildschirmen, Laptops und Smartphones), erfüllen sie aus dem Blickwinkel eines babylonischen Bürgers doch die Funktion von Priestern der gräßlichen Tiamat mit ihrer Armee von Ungeheuern, die die Welt vernichten wollen. Ist sicher nur ein Zufall, dass die Ungeheuer der „Wissenschaft“ ebenfalls gerade die Welt vernichten … bzw. WIR die Welt vernichten, weil die „Glasperlen“, mit denen man uns verführte, außerordentlich giftige Nebenwirkungen haben.

Andererseits … vermitteln sie jedoch jetzt den Eindruck, die Welt sei ein stabiler, für die Ewigkeit geschaffener Ort, ein Ort, perfekt dafür geschaffen, das für sich einzigartige und fehlerfrei auf den eigenen Leib zugeschnittene individuelle Shampoo käuflich zu erwerben (als ob Haare waschen der Gipfel des Lebenssinns wäre) – oder irre ich da? Also – ich habe die letzten Monate ein paar mal Werbung sehen können … jenen Ort, wo „Wissenschaft“ ihre Produkte an den Mann und die Frau bringt: die Welt die ich dort sehe ist durch und durch gut, ohne Mangel, ohne Leid, ohne Not, ohne Tod und Krankheit – nur strahlende Menschen in wunderschöner Natur, fernab aller Trübnisse – zu ihrem vollendeten Glück fehlt nur noch die Krönung: der richtige Joghurt, der passende Lippenstift und der politisch korrekte Blockbusterfilm, den „alle gucken müssen“.

Es gab eine Zeit, da habe ich diese Welt geglaubt. Ich war jung, gesund, erfolgreich, gern bereit zu glauben, dass die Welt ein wunderschöner Ort sei, nur für mein Wohlfühlen geschaffen – kein Wunder, wohne ja auch in der „Ersten Welt“ – dem Riesenpalast der Moderne. Dann begegnete ich im Rahmen der psychologischen Ausbildung in der Pharmaindustrie (nach langen Jahren im akademischen Elfenbeinturm, in dem es bei bester Versorgung kein echtes Leid gab) einem Mann, dessen Körper verkrüppelt war und der uns einige Grundlagen über Psychologie vermittelte. Er kam nebenbei auf diese Illusion einer „guten“ Welt zu sprechen, auf jene Religion der Fantasterei und Einbildung, die uns beständig einreden will, dass alles wunderbar ist … und es „Deutschland gut gehe“ (eine krasse Lüge angesichts der realen Wirtschaftsdaten – dazu ein andermal mehr) und wir nur noch eins zu tun haben: den richtigen Ort für unser Lieblingsurlaubsbild an der idealen Wand unseres überteuerten heimischen Konsumtempels zu finden. Wie kann eine Welt gut sein, so fragte er uns, in der kleine Kinder wie er von Kinderlähmung verkrüppelt werden, noch bevor sie die Chance hatten, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen?

Es ist eine alte Frage der Menschheit – allerdings keine ganz alte. Für die ältesten Kulturen war klar: die Welt ist ein finsterer, bösartiger, gemeiner Ort, der eine ganze Büchse der Pandora enthielt, aus der sich alle Übel der Welt ergossen: Tod, Krankheit und ARBEIT (darüber … werden wir noch gesondert reden müssen, wir können aber schon jetzt sagen, dass eine Kultur, in der Arbeit zum Inbegriff alles Guten und zur ersten Bürgerpflicht wurde, eine Kultur des Bösen ist – jedenfalls für die überwiegende Mehrheit der jemals lebenden Menschen, die diese Arbeit zur Belustigung und Bereicherung einiger weniger Banker und Politiker leisten mussten). Das Böse – kam von außen in die Welt, die vorher ein paradiesischer Ort war. Auch Buddhismus und Hinduismus kennen diese Sichtweise, ebenso die archaischeren Glaubensformen eher schamanistischer Ausprägungen. Erst die christlichen Theologen bekamen damit ein Problem – allerding lediglich ein Problem der theologischen Systematik: wie kann das Böse in einer Welt existieren, die von einem guten, gerechten, liebevollen Gott geschaffen und regiert wurde? Die Antworten auf diese Fragen sind vielfältig – und laufen auf diese Geschichte mit dem leeren oder vollen Glas heraus, die der Hinduismus mit der Antwort gerecht zu werden versucht, dass das Glas generell eine finstere Illusion ist, während der Buddhismus das Glas (bzw. den damit verbundenen Durst) als Schrecken gebietendes Hindernis auf dem Weg ins Nirvana betrachtet.

Wir aber: bleiben erstmal im Hier und Jetzt – und bei dem kleinen Menschen mit der Kinderlähmung, dessen Leid begann, noch bevor sein Bewusstsein reif genug war, jene Dummheiten zu begehen, die ihn an der Erlösung hinderten, wir bleiben bei jenen Menschen, die (nach Sartre) in die Welt geworfen wurden und sich darin zurecht finden müssen, fernab des Luxus einer theologischen Ausbildung und ihrer akademischen Feinheiten (über die tausend Bücher zu schreiben wären). Jenem Menschen zu sagen, die Welt sei gut, nur er habe etwas falsch gemacht, ist ebenfalls eine moderne Interpretation, die 18000 Kindern, die täglich an Hunger sterben (ein äußerst qualvoller Tod, wie jeder weiß, der schon mal wirklichen Hunger erlitten hat)(siehe Zeit) auch noch die volle Verantwortung für ihr Leid übertragen: sie haben wahrscheinlich falsch visioniert, falsch gefühlt, falsche Affirmationen gebildet, falsche Gebete falsch gesprochen, haben ein mangelndes Selbstwertgefühl gepflegt, haben es sich in der Opferrolle bequem gemacht oder haben einfach falsch gedacht: in Wirklicheit war ihr Glas ja halb voll. Nur aufgrund ihrer existentiellen Minderwertigkeit sind sie jetzt … tot.

Es ist eine große, weltweite (politische, philosophische, religiöse und wirtschaftliche) Bewegung, Kern des „Amerikanismus“ (den wir als solchen nicht kennen, aber „Antiamerikanismus“ kennen wir sehr gut): die Welt ist gut und perfekt, und wer nicht faul ist (oder sonstwie minderwertig wie das hungernde Kind) und fleißig arbeitet kommt ins Paradies der Konsumgötter, kann sich seinen irdenen Käfig mit edelsten Materialien schmücken … anstatt ihm zu entfliehen. Diese Kultur, dessen Leitspruch „The winner takes all“ aus Milliarden Menschen automatisch Verlierer macht – egal, wie fleißig sie für den zweiten, dritten und vierten Platz gearbeitet haben … oder für den letzten – legt alle Verantwortung für den Zustand der Welt bequemerweise in das Individuum, in … das Opfer, „Opfer sein“ wird als bewusst freiwillig gewählte Qualität minderwertigen Menschenmaterials (das falsch fühlt, falsch glaubt, falsch denkt – siehe oben) definiert.

Ich jedoch … denke an das kleine Kind mit der Kinderlähmung. Sicher: dieses Kind hatte es weit gebracht, konnte jedes Wochenende nach London fliegen um dort Saxophon zu spielen – doch lieber wäre es gesund gewesen, anstatt täglich aufs Neue mit den Qualen seiner Behinderung leben zu müssen.

Nun – Wertungen sind immer problematisch, darüber kann man mit Buddhisten und Hinduisten lange diskutieren – auch sie haben ihre Kasten, die ihre Privilegien durch unausgegorene Philosophien schützen müssen, weshalb sie leicht sagen können: „In Wirklichkeit gibt es nichts schlechtes“ (siehe Deutschlandradio):

Das Böse in der Welt ist Menschenwerk. Darin besteht Einigkeit zwischen einem Muslim, einem Hindu und einer Buddhistin. Sowohl Allah als auch „Brahman“, so nennen die Hindus das Göttliche, und auch der universelle Geist, von dem die Buddhisten sprechen, werden frei von aller Bosheit vorgestellt. Woher kommt dann aber der menschliche Hang zum Bösen?

Nun – für jene, für die das Böse kein Menschenwerk ist, ist das gar keine Frage – für die Katharer zum Beispiel, für die die Welt ein böser, misratener Ort war, regiert von einem finsteren Gott, der jene wilden Wasser befehligte über der der Geist des wahren Gottes schwebte und danach trachtete, den Menschen soviel Erleichterung wie möglich zu schaffen. Die Kirche rottet die Katharer aus (die Gründe sind vielfältig, einer ist rein logischer Natur: sie hatten einen zweiten, weniger mächtigen düsteren Gott neben dem Allmächtigen geschaffen) und damit jene, die einen wunden Punkt in der christliche Lehre herausgearbeitet hatten: auch Christus lebte in einer bösen Welt, in der finstere Dämonen Menschen krank machten und ein wild gewordener Satan alle Menschenreiche befehligte (doch: gehen Sie mal nicht in die Kirche und lesen Sie die Evangelien selbst – am besten in verschiedenen Übersetzungen – sie werden sich wundern, in welcher Welt sich der Sohn Gottes … mit großer Macht … bewegte).

Das Böse in der Welt ins Menschenwerk – ohne Weiteres. Das Gute – aber auch. Für den Reichen in seinem Palast ist es außerordentlich nützlich zu sagen: ihr könntet alle einen Palast haben, wenn ihr nur nicht so falsch und minderwertig währet. Der Arme arbeitet fortan nicht nur weniger murrend weiter für den Reichtum des Palastes, er arbeitet auch fleissig an sich selbst, womit er völlig aus dem Handeln kommt und nur noch um sich selbst kreist: noch so viel Denken beschert keine einzige Gurke zusätzlich. Doch schaut man den Armen an, so sehen wir erstaunliches: er ist wahrlich in der Lage, das Leid eines verletzten Tieres zu erkennen, es bei sich aufzunehmen, zu hegen und zu pflegen und nach der Genesung in die Freiheit zu entlassen. Selbst bei jenen Wesen, die ihn jagen und fressen könnten, kann er Mitleid und Mitgefühl walten lassen … ähnliches gibt es aber auch für Tiere (da gibt es Berichte von Wölfen, Affen und Delphinen, die sich um Menschen in Not kümmerten). Er ist in der Lage, sich „die Welt untertan zu machen“ und aktiv gegen das Leid, dass sie enthält, vorzugehen. Sicher – er kann von den bösen Mächten der Welt verführt werden (wollte man sogar mit dem Sohn Gottes selbst machen)… aber sich auch gegen die böse Welt stellen, weil in ihm auch Bilder einer besseren Welt existieren.

Was wäre das für ein Leben, in der wir die Welt als „böse“ definieren (ja: frecherweise machen wir absichtlich von unsere Soueränität in der Weltdeutung Gebrauch, einem Recht, das uns von Geburt an zusteht – wir brauchen hier keine Schützenhilfe von Theologen, Akademikern oder Priestern, noch brauchen wir irgendeine Legitimierung … könnten aber leicht auf Erfahrungen unserer Vorfahren verweisen, die erlebt  haben, wie „gut“ die Welt war, als das ewige Eis Europa verschlang-  was es in Zukunft wieder tun wird). Ja – sie mag chaotisch, sinnlos und widerwärtig sein, wie die Naturwissenschaft predigt: aber wir haben die Freiheit, die Kraft und die Macht, die unserem Geist entspringt, jenem außerweltlichem Guten, das einen Funken des wahren Gottes in uns darstellt, der … „über den Wassern“ schwebte, die heute die Bretter sind, die die Welt bedeuten.

Das Böse – dass sind Kälte, Hunger, Durst, feindliche Bakterien (Leben, das unser Körper jeden Tag ohne uns zu fragen mit tödlicher Gewalt bekämpft, um der Vernichtung zu entgehen), Viren (die nach unsere Definiton kein Leben sind und eher wie biologische Kampfstoffe des Altertums wirken) und Menschen, die (an sich nicht böse, sondern geistig und sozial schwach und deshalb leicht verführbar) dem finsteren Herrscher der Welt ehrfurchtsvoll als Priester und Handlanger dienen. Wären wir in unserer eingeschränkten Wohlstandsblasenrealität nicht so unendlich weit vom natürlichen Leben entfernt, würden wir auch noch wissen, dass Raubtiere ebenso furchtbar werden können (erst recht, wenn sie sich die wehrlosen Kinder als Beute erwählen) wie Pflanzenfresser, die – wenn es zu viele werden – ganze Landstriche in totes Ödland verwandeln können. Gilt auch für süße Kaninchen.

Was wäre das für ein Weltbild, dass aus dem Menschen ein ursprünglich gutes, edles, gerechtes und außerordentlich soziales Wesen macht, geschaffen, den feindlichen Mächten der Welt zu trotzen, ausgestattet mit unveräußerlichen Rechten, die der Große Geist ihm verliehen hat und die ihm kein Wesen dieser Welt gerechterweise nehmen kann. Sie wären alle Helden, die ein kräftiges Selbstbewusstsein entwickeln könnten – auch Brillenträger, die sich sonst endlos quälen müssen, wieso sie die Verantwortung für ihre schlechten Augen haben. Sozial – ist der Mensch auf jeden Fall. Wird oft vergessen – aber unsere eigentlichen Stärken sind nicht die kräftigen Klauen, die übermächtigen Beine, das stachelige Fell, die mächtigen Hörner oder das kräftige Gebiss, sondern die wunderbare Fähigkeit, sich mit anderen Menschen (und Tieren) verbünden zu können, um gemeinsam mit Ihnen aktiv und kraftvoll lebenswerten Raum in der wilden, wirren, bösen Welt zu erschaffen.

Entscheiden Sie also selbst, wie Sie sich sehen wollen: als missratenes Unwesen in einer perfekt von der Wissenschaft gestalteten Welt … oder als Pionier in einer lebensfeindlichen Umwelt, in der jede Abweichung des Körpers oder des Charakters nur eine Wirkung der bösartigen Welt ist. Überlegen Sie doch einfach, welches Weltbild ihr eigenes Wohlbefinden mehr fördert und der planetaren Lebensgemeinschaft (zu der auch Pflanzen gehören) den größten Nutzen bringt, welches Weltbild sie eher zur aktiven Umgestaltung ihrer (feindlichen) Umwelt bringt – und welches eher dem Frieden der Paläste dient. Diese Entscheidung … dürfen Sie selbst frei treffen – und sie wird Ihr gesamtes Wohlbefinden beeinflussen, ihre Handlungsmacht … und ihre politische Einstellung.

Darum stehen diese Worte in der Rubrik „Politik“ … denn diese erste Entscheidung bedingt alle folgenden.

Man muss aber erstmal an den Anfang der Entscheidungskette zurückgehen, was ich heute für Sie – so kurz wie nur irgend möglich – getan habe. Ob Sie mir folgen wollen – ist ihre freie Wahl. Wenn Sie sich als voll verantwortliches minderwertiges Wesen in einer an sich völlig verantwortungslosen perfekten Welt wohl fühlen, ist das Ihre Sache. Ich kann Ihnen nur sagen: in Wahrheit sind Sie für die meisten Erscheinungen der Welt in ihrem Leben nicht verantwortlich, dafür haben Sie viel zu wenig Macht – und jeder Gedanke, was sie bloß nur wieder falsch gemacht haben, weil ihre Firma ihren Arbeitsplatz wegrationalisiert hat oder Banker die gesamte Zivilgesellschaft betrügen und mit Hilfe der Politik ausplündern oder weil ihr Rücken schmerzt, es gerade heute regnet oder gerade Sie nie im Lotto gewinnen oder ihre Tochter gestern an Leukämie gestorben ist, ist vergeudete Lebenszeit.

Ich persönlich habe meine Entscheidung getroffen und kann sagen: ich fühle mich außerordentlich wohl damit, habe daraus eine wissenschaftlich attestierte „extrem soziale Einstellung“ entwickelt und kreise lieber um die Täter als um mich. Das ich arm, krank, einsam und sterblich bin (dem Fluch der fremdbestimmten Arbeit bin ich krankheitsbedingt ein wenig entkommen – dafür nimmt das Kreisen um die Täter, die Diener des Bösen, sehr viel Raum in meinem Leben ein, was auch Arbeit ist), ficht mich nicht weiter an noch kratzt es an meinem Selbstwertgefühl.

Ich selbst – bin schon völlig in Ordnung, wie die meisten (99 Prozent, um genau zu sein) meiner Mitmenschen auch, die nicht mehr wollen, als den Übeln der Welt zu entfliehen. Und gäbe es dieses „draußen“ nicht – ich wäre überglücklich, könnte meinen Seelenfrieden bis ans Ende meiner Tage genießen.

Doch da draußen … da stimmt was gewaltig nicht.

Und das ist auf keinen Fall Ihre Schuld – wäre jedenfalls meine Meinung.

Es ist die Welt als solche, an der es hakt. Aber gewaltig.

Wilfried Schmickler – Deutschland´s Zukunft

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Wie uns die Gesellschaft in den Selbstmord treiben will

Sonntag, 10.6.2012. Eifel. Heute wäre ich gerne woanders, meine Mutter wird 78 - aber leidlich bekannte Krankheitsgründe zwingen mich wie üblich an den Bildschirm - dort findet der geplagte Rücken etwas Ruhe ... und der gelangweilte Geist etwas zu tun. Immerhin: wie es aussieht, drohen uns turbulente Zeiten: Kanzlerin Merkel hat laut <a href="http://www.welt.de/politik/deutschland/article106483507/Merkel-hat-20-Tage-um-die-Welt-zu-veraendern.html">Welt</a> noch zwanzig Tage, den Euro zu retten. Die Wirtschaft - wie immer treu, selbstlos und nur dem Wohl des Kunden verpflichtet - gibt schon mal indirekt ihr Votum bezüglich Merkels Chancen auf Erfolg ab: sie bereitet sich - ebenfalls laut <a href="http://www.welt.de/wirtschaft/article106484085/Deutsche-Wirtschaft-bereitet-sich-auf-den-Euro-Crash-vor.html">Welt</a> - gezielt auf den Eurocrash vor. Können die es sich bei soviel Vorbereitung eigentlich noch leisten, das der Crash nicht kommt? Es gibt noch zwei weitere Nachrichten, die zum Thema passen.

Sonntag, 10.6.2012. Eifel. Heute wäre ich gerne woanders, meine Mutter wird 78 – aber leidlich bekannte Krankheitsgründe zwingen mich wie üblich an den Bildschirm – dort findet der geplagte Rücken etwas Ruhe … und der gelangweilte Geist etwas zu tun. Immerhin: wie es aussieht, drohen uns turbulente Zeiten: Kanzlerin Merkel hat laut Welt noch zwanzig Tage, den Euro zu retten. Die Wirtschaft – wie immer treu, selbstlos und nur dem Wohl des Kunden verpflichtet – gibt schon mal indirekt ihr Votum bezüglich Merkels Chancen auf Erfolg ab: sie bereitet sich – ebenfalls laut Welt – gezielt auf den Eurocrash vor. Können die es sich bei soviel Vorbereitung eigentlich noch leisten, das der Crash nicht kommt? Es gibt noch zwei weitere Nachrichten, die zum Thema passen.

Eine davon kommt aus den USA, unserer wirtschaftlichen Führungsnation, deren Wirtschaftsphilosophie die rot-grüne Koalition erfolgreich in Deutschland einführt – es lohnt sich deshalb, mal zu bemerken, wie erfolgreich diese Wirtschaftsphilosophie wirklich ist. Wieder einmal ist es die Welt, die uns darüber informiert: fast fünfzig Millionen US-Amerikaner sind mitlerweile auf Essensmarken angewiesen, die Zahl der Suppenküchen in New York, der Hauptstadt des Reichtums, sind im das 45-fache gestiegen, der volkswirtschaftliche Schaden wird auf 170 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt.

Es sind Verhältnisse, die an die große Depression in den dreissiger Jahren erinnern … allerdings nennen unsere Medien das  nicht so. Wir feiern tolle Leistungen beim Fussball … und schauen dort weg, wo das Elend sich langsam über den europäischen Kontinent verbreitet. Aktuell werden wieder 100 Milliarden für die Folgen von Luxuskonsum und Leistungsträgerfixierung ausgegeben – obwohl man laut Spiegel noch nicht genau weiß, unter welchen Umständen diese Hilfe zustandegekommen ist. Während man im Handelsblatt noch das neue Kapitel der endlosen Eurorettung feiert, rechnet die Welt schon einmal vor, das sie inzwischen völlig alternativlos ist: Bürger, Firmen und Staat riskieren mit einer neuen D-Mark die Pleite.

Nur … wenn das so alternativlos ist, wie man uns da vorrechnet – wieso bereitet sich dann die Wirtschaft schon mal auf genau diesen Zustand vor? Wissen die etwas, was wir nicht wissen?

Auf jeden Fall.

Zum Beispiel, wie man 1,5 Milliarden bei einem Superdeal spart – siehe Manager-Magazin.  Solche Schlupflöcher würden sich auch Arbeitslose wünschen … würden die aber welche finden, wäre sofort die gesamte deutsche Presse samt online- und TV-Medien parat, um den Vorgang massiv abzustrafen, während man den Konzernen für solche Betrügereien Hochachtung zollt. Konzerne bieten „guten“ Berichterstattern eben Arbeitsplätze, Arbeitslose nicht. Die Arbeiter von VW bekommen auch erstmal was von dem Deal ab: sie erhalten 4,3 % mehr Lohn.

Damit muss man heutzutage leben:  auf der einen Seite stehen Großkonzerne, Politiker und Arbeitnehmer, auf der anderen Seite der Steuerzahler, der die Ansprüche der erstgenannten mit immer mehr Schulden bezahlen muss. Als Dank dafür droht im beständig Hartz IV und ganz sicher die Altersarmut.

Nun – wie wollen ja unsere Gesellschaft loben.  Politik, Wissenschaft und Wirtschaft haben es geschafft, das der frühe Kindstod abgenommen hat. Zwar wurden Wolf und Bär, Giftschlange und Winter durch den Straßenverkehr und die Haushaltsgeräte ersetzt, aber die schaffen nicht die Ablebequoten, die früher üblich waren.

Die Entwicklung ähnelt jedoch leider jener, die wir gerade bei der Wirtschaft beobachten: ein jahrzehntelanges Wachstum, tolle Steigerungsraten, Rekordgewinne und Absatzwunder führen zu …. Armut, Arbeitslosigkeit und unvorstellbarem Leid.

Wo die Ähnlichkeiten sind?

Nun – das „moderne“ Leben führt heutzutage direkt zu einem Siechtum der besonderen Art: der Pflegebedürftigkeit im Alter.

Das ist auch ein Ergebnis unserer Gesellschaft: Wolf, Bär, Giftschlange und Winter sorgen rund um die Uhr dafür, das alte Menschen einen schnellen Tod haben.  Wir haben diesen schnellen Tod durch ein langsames Siechtum ersetzt, einen Prozess, den wir nur deshalb als Sieg feiern, weil wir den Tod als natürlichen Bestandteil des Lebens ablehnen, ihn zum Feind erklären und damit im Prinzip jenen Autoimmunerkrankungen ähneln, die den Körper als solchen ablehen und ihn als Gefahr begreifen, die eleminiert gehört.

Auf dieses Siechtum in unseren chronisch unterfinanzierten Altersheimen sind wir sehr stolz: es stellt den Gipfel unserer zivilisatorischen Leistung dar. Gelegentlich darf ich mal einen Blick auf jene lebenden Leichen werfen, die in der obersten Etage eines Altenheimes vergessen und allen still vor sich hin wimmern. Manche sind sogar so reich, das sie diesen  Zustand privat finanzieren, manchen wurde alles genommen, was sie ihren Enkeln als Erbe hinterlassen wollten, damit sie diesen tollen Zustand erleben dürfen.

Auch hierüber liest man nur selten in den Medien, dabei bedroht dieser Zustand uns alle – unabhängig von den finanziellen Mitteln, die wir während unseres Lebens ergaunert haben.

Doch auch hier sind wir gewappnet … die Lösung kommt wieder aus der Welt, aus der gleichen Ausgabe, aus der ich oben schon zitiert habe. „Assistierter Suizid“ heißt das Zauberwort. Ich möchte den interviewten Mediziner an dieser Stelle mal zitieren:

Physische Schmerzen fürchten vor allem die Gesunden. Am Ende des Lebens spielen sie nur eine untergeordnete Rolle bei den Ursachen für Wünsche nach Lebensverkürzung, das zeigen viele Untersuchungen.

Es sind vielmehr die psychosozialen Leiden, die den Menschen zusetzen, vor allem der Verlust des Lebenssinns. Oder der subjektive Verlust der Würde. Das Gefühl, anderen zur Last zu fallen. Die Menschen leiden also vor allem an der eigenen Existenz, und das manchmal fürchterlich.

Interessante Untersuchungen, oder?  Warum werden diese Ergebnisse nicht auf das Problem „Arbeitslosigkeit“ angewendet, wo ebenfalls Menschen an dem Gefühl leiden, anderen zur Last zu fallen – oder an dem Verlust der Würde?

So gesehen … ist Hartz IV das gigantischste Suizidprogramm, das dieses Land in den letzten hundert Jahren hervorgebracht hat – und das will bei diesem Land etwas heißen.

Ebenso bekommen wir einen Ausblick auf unsere ganze Zivilisation: die Entwürdigung des Alters (die die meisten medizinisch angeblich noch „jungen“ Fünfzigjährigen schon beim Arbeitsamt erleben dürfen) betrifft jeden … und angesichts der laufenden wirtschaftlichen Turbulenzen wird sich der Trend noch deutlich früher zeigen.

Das ist die Krone unserer modernen Zivilisation: am Ende bleibt uns nur der Suizid … bald schon ab vierzig.

So erbärmlich war noch keine Kultur – auch wenn viele den Suizid differenziert betrachteten.

Noch kein Leben hat sowenig Sinn gemacht, wie das Leben der Moderne, das mit viel Glitzer und Glimmer die Jugend betört (die sich massiv verschulden muss, um sich diese „Glasperlen“ überhaupt leisten zu können), hinter dieser Dauerspaßmaske allerdings eine ziemlich verrottete Wirklichkeit versteckt: wir werden zu einer Kultur, die für den Menschen (für „Kosten auf zwei Beinen“) nur noch sehr bedingt Platz hat … und uns notfalls zum „sozialverträglichen Frühableben“ anleitet.

Ob es wirklich ein Gewinn ist, nach langem Siechtum vergessen von Kindern und Enkeln (die mit ihren „geilen“ Glasperlen den ganzen Tag beschäftigt sind) sich selbst das Leben zu nehmen?

Gelegentlich … hört man im Bereich der Nahtodeserfahrungen davon, das jene, die selbst aus dem Leben scheiden, ein ebenso dunkles Schicksal erleiden wie jene, die absichtlich Leben vernichten. Nun – daran zu glauben oder nicht, sei jedem selbst überlassen.

Im Rahmen eines „Nachdenkmagazins“ sei es aber mal erlaubt, kurz darüber nachzudenken, wie denn eine Kultur zu bewerten ist, die Seele in großem Maßstab in dunkle Jenseitswelten verbannen will.

So etwas Finsteres hätten wir dann noch nie gehabt.

Aber die systematische Vernichtung von Würde und Lebenssinn ist auch so schon schlimm genug – ohne metaphysische Implikationen. Nur gut, das momentan noch wenige Menschen zu diesem Ausweg neigen.

Aber Politik, Wirtschaft und Medizin arbeiten mit Hochdruck daran, das es sich ändert.

 

 

 

 

 

 

Baumkugel

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 Baumkugel         © Jotha

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