Sonntag, 28.Oktober 2012. Eifel. Der Eifelphilosoph ist heute außerordentlich angefressen – was selten geschieht. In der Regel pflege ich nicht, meine Seelenruhe durch politischen Alltagsmist zu verlieren und hege meine „heiligen Zeiten“ mit großer Bedacht, jene Zeiten, an denen man Abstand nimmt vom politischen Tageseinerlei und sich den wirklich wichtigen Themen des Lebens zuwendet: der Sonne, der Natur, dem Wind, der durch die Bäume zieht, dem Licht, das sich in kleinen Flüssen bricht, dem Plätschern des Baches auf steinigem Grund und tausend anderen Dinge, die Freude bringen und glücklich machen. Glück ist nach wie vor die beste Waffe gegen den um sich greifenden Wahn und hilft enorm, den politischen Scheißesturm zu ertragen, der Tag für Tag via Medien über einen hereinbricht. Ich dachte auch, 15 Jahre Management- und Konzernerfahrung haben mich hinreichend gestählt, um selbst widerwärtigste gesellschaftliche Erscheinungen vorausahnen zu können, alldieweil Zeit genug war, das Wirken finsteren Geistes im Detail zu studieren – trotzdem gelingt es der degenerierten Führungskaste dieses Landes immer noch, mich zu überraschen.
„Even the worst case“ ist das Motto, unter dem ich diese Artikel im Nachrichtenspiegel schreibe und mir Mühe gebe, gesellschaftlich jenen Job zu machen, den jeder Konzern in der Planungsabteilung als zwingend notwendig erachtet: jene Menschen, die analysieren, was bei zukünftigen Geschäften schief gehen könnte, sind in Firmen für die Entwicklung von Notfallplänen unverzichtbar, aber gesellschaftlich und politisch seltsamerweise nahezu völlig von der Bildfläche verschwunden sind, weshalb der kleine Mann das selber in die Hand nehmen muss, um Schlimmeres verhüten zu können. Das ist ja auch nicht schwer – noch unmöglich zu tun. Es ist sogar relativ einfach, wenn man nur genau hinhört – und fein jegliche Nachrichten aussortiert, die nur der Unterhaltung aber nicht der Aufklärung dienen. So kann man in aller Öffentlichkeit einen Putsch der Reichen in Deutschland durchziehen, ohne das es einer merkt: man wird halt überflutet von bedeutungslosen Nachrichten, hinter denen sich die grauenvollen Neuigkeiten geschickt verstecken können. So kann man sogar einen weltweiten ökonomischen Putsch durchziehen, ohne das sich groß Widerstand regt: die meisten wissen gar nicht, was das bedeutet.
Die wenigsten haben auch verstanden, was Hartz IV wirklich bedeutet – und was jene Weichenstellung auch für die Zukunft bewirken wird. Kaum jemand hat gemerkt, das es hier einen radikalen Paradigmenwechsel gab. Aufmerksamer Zuhörer von WDR 5 konnten das schon Anfang 2000 mitbekommen, als Friedhelm Fahrtmann in einem Interview ganz offiziell den typischen deutschen Häuslebauer als „hochverschuldet“ darstellte und damit das klassische deutsche Vermögensbildungsmodell als fiese Armutsfalle darstellte – und jeden, der eine Hypothek am Laufen hatte, als fiesen, dummen, gemeingefährlichen und größenwahnsinnigen Emporkömmling erscheinen ließ, der sich einfach übernommen hatte. Das war für mich der Beginn der Kriegserklärung der politischen Kaste an das Volk, das zuvor großzügig in den Immobilienkauf gelockt wurde, nur zum letztlich zu sehen, das das, was sie gekauft hatten, das Geld nicht wert war, das sie dafür zahlten. Nachdem man ihnen jahrelang die Vorzüge des Eigenheimerwerbs gepredigt hatte, lies man sie (angesichts einer Krise, über deren Erscheinen die Politiker Jahre vorher informiert waren) im Notfall im Regen stehen: schon da war klar, das man den Mittelstand der Vernichtung preisgegeben hatte.
Der Paradigmenwechsel besagte eigentlich nur eins: nachdem wir jahrzehntelang eure Beiträge kassiert haben, möchten wir euch nun im Regen sehen lassen und auch dazu anhalten, das ihr euch ab heute mal um euch selber kümmert: wir machen uns derweil mit euren Versicherungsgeldern einen schönen, mit Diäten prall gefüllten Lebensabend. Ein sehr bösartiger Geist hatte Einzug in das Denken der Menschen gehalten und wurde systematisch von Unternehmensberatungen bis in den letzen Winkel des Landes getragen, unterstützt von jenen Banken, die erst Kredite gewährten, wenn McKinsey den Betrieb auf Kurs gebracht hatten.
Das war kein Zufall, dahinter steckte Plan und Absicht: die Gleichschaltung weiter Teile der politischen, wirtschaftlichen und medialen Welt (gefördert durch einen beispiellosen Konzentrationsprozess, an dem Banken, Versicherungen, Politiker und Unternehmensberater super verdient haben – jeweils deutlich auf Kosten der Leistungsfähigkeit und des Wertes der konzentrierten Unternehmen) zwecks Ausplünderung des westdeutschen Mittelstandes im Dienste internationaler Kapitaleigner (u.a. erfolgreiche Drogenbarone, Waffen- und Menschenhändler sowie der gesamten Mafia), die Zerschlagung oder Gleichschaltung der Gewerkschaften und die Unterdrückung der gesamten demokratischen Gesellschaft durch liberalisierte Arbeits – und Finanzgesetze und die Schaffung einer Behörde, die jederzeit in einen gestapo-ähnlichen Apparat umgewandelt werden kann … wenn nur der Widerstand im Volke groß genug ist.
Wir reden hier von jenem bösartigen Geist, der nur an sich selbst denkt, an seine persönliche Bereicherung und an sein eigenes Fortkommen – und dort, wo dieser Geist herrscht, brauchen wir uns auch zusätzlich keine komplizierten politischen Verschwörungen zu denken – es reicht ein gewisser Konzentrationsgrad von kriminellen „Asozialen“ an den entsprechenden Schaltstellen der Macht, um die gesamte Gemeinschaft ins Chaos zu stürzen. Üben konnte er bei der feindlichen Übernahme der DDR, wo wertvollstes Volksvermögen (z.B. 800 000 Hektar Wald) zu Schleuderpreisen an reiche Wessis verramscht wurde: da konnten sich die erfolgreichen Selbstbereicherungsseilschaften bilden und austoben, die danach ihre gierigen Klauen nach dem goldenen Westen ausstrecken konnten – mit großem Erfolg, wie die aktuelle Staatsverschuldung zeigt.
Gerade wir in Deutschland müssten außerordentlich sensibel auf diese Vorgänge reagieren, denn wir haben ALLE leibhaftig erlebt, was einem Volk geschieht, wenn die Asozialen sich organisieren und sich konzentriert an den Schaltstellen der Macht sammeln: das DRITTE REICH war ein lebendiges Beispiel dafür, wie letztlich alle dadurch verlieren – auch die ekelhaftesten Mitläufer. Gelernt haben daraus nur die Wenigstens, wie Berichten aus der Zeit zu entnehmen ist:
»Anne Will, Kerner, die ganzen Talkshows haben in den vergangenen Tagen bei mir angerufen«, sagt Kallay. »Ich habe abgesagt. Sonst geht der ganze Zirkus wieder von vorne los.« Mit »Zirkus« meint er die Beschimpfungen, die seine Familie erduldet hat. Als auf allen Sendern über sie berichtet wurde, erhielten die Kallays wochenlang E-Mails mit wüsten Beleidigungen, sie wurden am Telefon bedroht und beim Einkaufen beschimpft. Einmal hätten Unbekannte auf das Auto geschlagen, erzählt Kallay, mit dem seine Frau und seine Tochter vor Schmähungen geflüchtet seien.
Sicher, das war 2011 – und die Kommentare zu dem Artikel zeigen, das scheinbar immer mehr Menschen verstehen, was Hartz IV aus diesem Land macht … und wo es hinführen kann, wenn wir diesen Prozess nicht stoppen – inklusive der Vernichtung unserer Staatsfinanzen zugunsten der Konzernbilanzen, die durch Leiharbeit in wachsendem Ausmaß vorgenommen werden.
Der Angriff auf unser bürgerliches Leben ist so total geworden, das sogar konservative Politiker wie Norbert Blüm außer sich vor Entsetzen sind und zu einem bedrohlichen Vokabular greifen, um zu beschreiben, was mit uns gerade geschieht – siehe seinen Artikel in der Zeit:
Doch die Programme zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf drohen die Familie sanft, aber bestimmt unter die Knute der Erwerbsgesellschaft zu stellen. Beide Ehepartner sollen in Lohnarbeit stehen. Der Störfaktor Kind soll möglichst früh der staatlichen Erziehungsarbeit übergeben werden. An die Stelle der Amateure »Mama und Papa« tritt eine professionalisierte Elternschaft namens »Schule«. Die Arbeit der Mütter wird erst dann anerkannt, wenn sie fremden Kindern gilt; das ist das System »Tagesmutter«. Wir könnten die Abschaffung der Elternschaft konsequenterweise bis hin zum staatlichen Brutkasten betreiben. Dann würden auch Schwangerschaft und Mutterschutz die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht länger stören.
Es geht hier um die systematische und gezielte Vernichtung der Keimzelle der Gesellschaft, die eigentlich per Grundgesetz besonders geschützt ist:
Die Erwerbsgesellschaft ist imperialistisch und schickt sich an, die Familie zu erobern. Mit dem Programm Kinderhort, Kindertagesstätte, Kindergarten, Ganztagsschule, Ferienbetreuung ist die Kindheit nahezu vollkommen verstaatlicht. Nur noch die Schlafzeit ist fest in Händen der Familie. Wahrscheinlich kommt der aufgeregte Eifer der Schulreformen erst dann zur Ruhe, wenn das ganze Leben – von der Wiege bis zur Rente – in ein staatliches Rundum-Internat gezwängt ist.
Hier spricht kein Linker, sondern ein CDU-Mann, dem die Vernichtung der gesellschaftlichen Grundlage unsere Gemeinschaft klar vor Augen steht – und der auch nicht anders kann, als zu Bildern von einem großen, gezielten und für den Einzelnen apokalyptischen Putsch Zugriff zu nehmen:
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine Große Koalition des vermeintlichen Fortschritts mit enormem Fleiß die Ehe und die Familie zermürbt, auf dass die ungebremste neoliberale Verwirtschaftung das ganze Leben in seinen Strudel reißt.
Politisch gesehen: eine Sensation. Was könnte uns der Neoliberalismus eigentlich noch anhaben, wenn die klassischen Linken Parteien mit CDU und CSU zusammen gegen den neoliberalen Banditenhaufen vorgehen? Das Entsetzen über die Degenerationserscheinungen der Gesellschaft ist im Prinzip in allen Parteien gleich groß (sogar in der FDP – auch wenn das kaum einer hören will, weil wir gerne „Schuldige“ haben) – nur in den Spitzen der Parteien denkt man anders.
Und nicht nur dort. Während wir vor Ort noch den „worst case“ analysieren, wird in den Chefetagen (fein vernetzt durch Seilschaften, Freundschaften, Freundeskreisen, Golfclubs, Wandervereine, Rotariertreffen und ähnlichem unauffälligem Mumpitz) der nächste Coup geplant – wie üblich, in aller Öffentlichkeit.
Zuerst meldet dies die Welt:
Vor diesem Hintergrund wird in der Pflegebranche zunehmend darüber diskutiert, dass die deutsche Pflegeversicherung künftig mit Altenheimen im Ausland kooperieren könnte. Mit Rehakliniken existieren solche Verträge bereits. Sowohl AOK als auch Barmer BEK signalisierten auf Anfrage, man sei offen für Modelle, in denen Deutsche im Ausland versorgt würden.
„Pflege ist in Deutschland nicht mehr bezahlbar“ – so der Titel … und die unterschwellige Botschaft.
Der Spiegel legt einen Tag später nach:
400.000 Senioren können Altenheim nicht mehr zahlen
Beide Quellen nennen jene Senioren, die aus Kostengründen in Osteuropa, Spanien oder Thailand Zuflucht suchen – was bei dem Leser schnell zu dem Traumbild eines reichen Ruhestandes umgeben von thailändischen Schönheiten führt. So hirnvernebelt legt man das Thema schnell zur Seite … und denkt nicht drüber nach, das beide Artikel das gar nicht aussagen.
Es geht um die PFLEGEVERSICHERUNG – nicht um jene rüstigen Rentner, die im Alter noch ausziehen, die Welt zu erobern. Es geht gerade um jene Menschen, die sich nicht mehr selber helfen können, kein Geld mehr haben (was oft kein Wunder ist, wird doch in Deutschland nur noch jede zweite Überstunde bezahlt – und das auch noch sehr schlecht) und dann als Ausschußware ins Ausland exportiert werden sollen.
Wir planen, nicht nur unseren Sondermüll im Ausland zu lagern, sondern auch unseren Menschenmüll. Wie es den hilf- und wehrlosen Alten dann im ausländischen Exil wirklich geht, kann man sich an drei Fingern abzählen: es wird kein Geld für Kontrollen da sein – und schon jetzt kann man jene entsetzten Berichte über Kannbalismus in Altenheimen erahnen, wie es sie einst aus osteuropäischen Kinderheimen gab – tagelanges Siechtum aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung, mangelnder Ernährung und mangelnder Hilfe bei einfachster Körperhygiene inklusive.
Die so entsorgten Alten werden hungernd und durstend in ihrer eigenen Scheiße liegen und von ihr verdaut werden – bei lebendigem Leibe. Viele Pfleger werden sich vielleicht auch noch besondere Späße mit jenen rechtlosen Gestalten erlauben, die ihr Heimatland verlieren, weil sie absolut nie mehr für Kapitalrendite verwertbar sein werden: immerhin macht sich „der Deutsche“ gerade wieder besonders unbeliebt, da kann man an den den „Entsorgten“ grausam Rache üben.
Der Zweck und der Plan hinter diesen Vorstellungen ist klar: unter der gnadenlosen Knute der extremen Kostenreduzierung wird – wie auch durch Hartz IV – ein enormer Druck auf die Deutschen ausgeübt: immerhin gilt es, mindestens 3400 Euro pro Person pro Monat zu erwirtschaften. Soviel kostet ein Pflegeheimplatz im Durchschnitt. Die Durchschnittsrente von 1800 Euro reicht hier bei weitem nicht aus, um dem Gammelfleischexport zu entkommen und ist man erstmal Pflegefall (oft auch noch ohne Kinder, die sich um einen kümmern, ohne Angehörige, die in der Nähe über einen wachen), dann merkt man erst, wie schnell man entmündigt werden kann, wie schnell das Vermögen dahinschmilzt, um die Rendite der Pflegeindustrie zu bezahlen … und wie schnell man in „Altenheimen“ im fernen Osten landet: hilflos, rechtlos und grenzenlos allein den Launen jener Pfleger ausgeliefert, deren Sprache man noch nicht mal versteht.
Mit solchen Entwicklungen hätte selbst ich nicht so schnell gerechnet … aber es zeigt deutlich auf, das jener böse Geist, der uns Hartz IV eingebrockt hat, immer schneller immer größere gesellschaftliche Schichten erreicht.
Wen es betrifft? Nun … das kann sich jeder selbst ausrechnen.
Für ein Ehepaar sind das 6800 Euro im Monat. Wer das zahlen kann – bleibt in Deutschland.
Wer das nicht zahlen kann – kommt mit dem Gammelfleischexpress in die Altenlager im Osten … jenen Lagern, aus denen man nie wieder etwas hört.
Wie schön für unsere Reichenkinder! Was haben sie dann für ein schönes Land für sich, nachdem man 50 Millionen überalterte Deutsche ins Ausland verschickt hat. Die Autobahnen leer, Grundstücke spottbillig ohne Ende – und die problematische deutsche Alterspyramide ganz bequem bewältigt, Sozialausgaben nahe Null.
Schade nur, das solche Überlegungen nicht als Kommentare den großen Nachrichtenmedien zugefügt werden, das diese Meldung nicht in die Tagesschau kommt. Käme sie es – wir hätten die Grundlage für wehrfähige Bürgerallianzen von Rechts bis Links, denn die Preise – die in Zukunft noch deutlich steigen werden – kann sich in Deutschland nur noch ein Millionär leisten … einfach mal ausrechnen, wie viel Kapital man braucht, um bei sicheren 1% Zinsen pro Jahr nur die Grundversorgung bezahlen zu können: da merkt man, das eine Million freies Kapital nicht mehr ausreicht.
Wenn wir diesen Kurs nicht ändern, werden die meisten von uns noch Zeiten erleben, die das Potential in sich tragen, das Dritte Reich noch zu toppen – ganz ohne Uniform und Asozialenpartei.
Es wird auch viel von geneigter Seite getan, unseren Blick von diesen Entwicklungen abzulenken: Firmenwagen für Alle ist das Motto, mit dem die Putschisten von der grausamen Zukunft ablenken wollen. Das reduziert schön das Einkommen, das man dringend braucht, um für das eigene Alter vorzusorgen.
Aber das braucht man ja nicht mehr, denn wie sich zeigt, gibt es für unseren Ruhestand schon ganz konkrete Pläne der Großen Koalition der nationalen Spitzenverdiener.
Und weil wir eine Demokratie sind, sagt man uns das auch ganz offen. So weiß jeder, das alles seine Ordnung hat.