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Der Geldherr als Nachfolger des Lehnsherren – und die Vernichtung des Staates

Freitag, 3.2.2017. Eifel. Wir müssen mal über den Kapitalismus reden. Oder über Aldi. Was wäre Ihnen lieber? Sie reden nicht gerne über Kapitalismus? Haben Angst? Oder wissen Sie gar nicht, was das ist? Manche empfehlen ja, man soll Marx lesen, um zu verstehen, was Kapitalismus ist. Reicht eigentlich, wenn man versteht, das es eine Wirtschaftsform ist, in der Geld über dem Menschen steht. Also, besser gesagt: das Betriebsergebnis vor Steuern über der Lebensqualität der Menschen, die das Ergebnis erarbeitet haben. Oder noch einfacher: Kapitalismus ist das, was für alle Übel in der Welt verantwortlich ist. Wir haben den Militäradel fortgejagt, um das Übel in der Welt auszurotten … aber den Geldadel vergessen. Das wird das nächste Ziel revolutionären Denkens sein: die Entmachtung des Geldadels. Ach, wissen Sie was: reden wir lieber über Aldi.

Aldi – das kennen Sie aber, oder? Das sind die Jagdgründe des Weißen Mannes, dem man zuvor seine Weiden, seine Felder, seine Tiere und seinen Hof weggenommen hat, der nicht mehr in den Wäldern jagen darf und dessen Land weitgehend von Zäunen umgeben ist. Ging der Weiße Mann früher gezielt auf die Jagd nach einem Hirsch in freier Wildbahn und freier Natur, so bleibt ihm heute wenig anders übrig, als bei Aldi in der Kühltruhe zu suchen. Oder in den Regalen. Ja,viele Stammesvölker erschrecken sich bei solchen Geschichten: der Weiße Mann ist nicht mehr Herr seiner selbst, er kann sein Brot nicht selber backen, sein Fleisch nicht mehr jagen, weder Früchte noch Nüsse sammeln: außer in seltenen Ausnahmefällen lebt das ganze Volk in vollkommener Abhängigkeit. Wer bei Aldi wieviel jagen darf, bestimmt der Geldherr, so wie früher der Lehnsherr bestimmte, wer was wo anbauen bzw. jagen durfte. Ja – ohne Geld ist keine Jagd möglich, der Zugriff auf die eh schon sehr entpersönlichten Waren ist noch zusätzlich dadurch erschwert, dass ihr Erwerb von Lebensberechtigungsscheinen abhängig ist – von „Geld“. Wir nennen das „gut“.

Wir nennen ja auch Aldi gut. Also – ich habe auch nichts gegen die Gebrüder Albrecht. Coole Idee, einfach Kisten in einen Raum zu stellen und so den Preis als Verkaufsargument in den Vordergrund zu rücken. Als Studenten hat uns das eine hohe Lebensqualität beschert. Sicher: in den Reihen professioneller Verkäufer gilt die Argumentation über den Preis grunsätzlich als die billigste Strategie, die man auch vermeiden sollte, weil sie schnell ruinös werden kann. Billiger, billiger, billiger – wo soll das enden? Bis dorthin, wo alles verschenkt wird? Aber egal: für viele Menschen mit wenig Geld und wenig Zeit war Aldi der Renner … wenn man in seiner Nähe wohnte. Ist ja auch schön zu sehen, wie Menschen mit cleveren Ideen reich werden, sogar superreich – sogar zu den reichsten Menschen Deutschlands gehören können. Das ist ja auch der Traum des Kapitalismus: der Traum vom schnellen Geld, von grenzenlosem Reichtum und unbeschränkter Macht. Jedenfalls – für eine Hand voll Leute … aber das wird nicht immer so deutlich mit erwähnt wie hier.

Natürlich gönne ich solchen Menschen auch ihren Reichtum. Ich finde: wenn einer gute Leistung bringt, dann soll er sich auch was leisten können. Es ist seine Lebenskraft, die er in seine Arbeit steckt, also sollte sein Verdienst auch ihm gehören und zur Gestaltung und Entfaltung seiner persönlichen Lebensziele genutzt werden. Wo kämen wir auch hin, wenn eine militärische Macht sich im Land etabliert und von allen den „Zehnten“ fordert – oder, wie bei uns in der Demokratie: die Hälfte. Richtig: wir wären wieder im Feudalismus, wo eine kleine Kaste von Adeligen sich ihre bloße Existenz teuer bezahlen läßt, damit ihr Müßiggang nicht gestört wird, ihre Partys üppig ausgestattet sind und reichlich Zeit für reisen, reiten, die Jagd und Golf übrig bleibt. Sie merken jetzt: das Recht auf Eigentum ist eine urlinke Idee, wie auch der Militäradel Hauptgegner revolutionären Strebens war. Nur … ich bin auch dafür, dass die Menschen den Preis für Schäden zahlen, die sie zu verantworten haben. Schäden? Bleiben wir bei Aldi.

Glauben Sie, dass die Gebrüder Albrecht ihr Imperium allein aufgebaut haben? Mit Handkarren durch Deutschland gezogen sind, um überall ihre Geschäfte zu eröffnen? Hoffentlich nicht. Wie üblich im Kapitalismus haben sich die Gebrüder Albrecht Geld von der Bank geliehen, um sich flächendeckend auszubreiten. Ohne dieses Geld … diese „Lehen“ … gäbe es heute nur eine Hand voll Aldi-Läden. Über Wachstum und Mächtigkeit von Aldi haben die Geldherren entschieden – durch Kreditvergabe. So läuft Wirtschaft heute. Die einen kriegen Geld, die anderen nicht. Gut, werden Sie jetzt sagen: Aldi war ja auch erfolgreich, Aldi hat viel Gewinn gemacht, viele Arbeitsplätze geschaffen und eine gute Dienstleistung für die Gesellschaft erbracht.

Wirklich?

Schauen wir doch mal genauer hin. Was hat Aldi denn wirklich gemacht – flächendeckend? Gegründet wurde das Unternehmen vor 100 Jahren, es gibt noch Bilder der ersten Filliale in Essen (siehe Der Westen). Ein schöner Laden, oder? So sahen früher alle Geschäfte aus, sie waren zu Fuß von überall her zu erreichen, auch die Armen und Kranken konnten dort schnell hin – und die Kinder. Ich mag solche kleinen Geschäfte. Auch die Einsamsten finden dort Gesellschaft, man brauchte weder Bus noch Auto, um sie zu erreichen. Sie boten Lebensunterhalt für mehrere Menschen – und lieferten dafür einen guten Dienst: die Erhöhung der Lebensqualität. Dann jedoch: kam Aldi. Die haben nicht nur Geld verdient, sondern – mit einer Flut von Nachahmern – den inhabergeführten Einzelhandel flächendeckend vernichtet … mit enormen Schäden für die Umwelt. Zigtausende von Unternehmen starben, um 10000 Aldi-Fillialen ins Leben zu rufen. Waren es früher nur ein paar Meter zu Fuß bis ins nächste Geschäft, so fährt man heute hin und zurück 24 Kilometer, während die Geschäftsräume im Dorf leer stehen … um mal ein Beispiel aus meinem persönlichen Umfeld zu nehmen. Auf einmal brauchte man mehr Autos, größere Straßen, viel mehr Parkplätze: ganze Landschaften wurden zubetoniert: im Namen von Aldi.

Sicher: wenn man mal in dem Laden steht, kann man gut einkaufen. Nur – wer zahlt den Preis für die Schäden, die durch die Fahrt dorthin entstanden sind? Aldi? Wer zahlte Entschädigung für die vielen verlorenen Arbeitsplätze? Die Zahl der Einzelhandelsunternehmen schrumpfte von 2002 bis 2014 um 62000 (siehe Statista), der inhabergeführte kleinflächige Einzelhandel machte 1995 noch 31,2 Prozent aus, 2010 jedoch nur noch 14 Prozent (siehe Aachener Zeitung), alles mit einem enormen Verlust an Lebensqualität verbunden – vor allem für diejenigen, die nicht mit dem Auto nach Aldi fahren konnten. Stärkerer Verkehr, höhere Umweltbelastung, höhere Arbeitslosigkeit, Verlust an Lebenszeit (Schlange stehen, Anreisezeit) und Lebensqualität (soziale Kontakte, individuelle Beratung, Reperatur vor Ort): wer preist das ein?

Nun – der Steuer- und Beitragszahler. Aldi – und alle anderen Konzerne – wildern wie Raubtiere in einem Landstrich, schleppen viel Beute weg und hinterlassen verwüstete Landschaften. Den Preis für die Schäden bezahlen andere. Arbeitskräfte müssen flexibler werden, Kunden mobiler, Waren kurzlebiger: der Kreislauf beschleunigt sich enorm.

Nun – ich wollte jetzt keine Anklage gegen Aldi erheben. Die Herren Albrecht haben – wie viele andere auch – das gemacht, wozu sie da waren: gute Geschäfte. Ihnen ist kein Vorwurf zu machen – eher ein Diskussionsangebot, wie sie die enormen Schäden in der Volkswirtschaft beheben wollen, die ihre Idee angerichtet hat. Schöner wäre es gewesen, alles wäre lebendiger geblieben, weniger zentralistisch gesteuert: wir hätten mehr Buntheit im Land, mehr Vielfalt. Heute gibt es Vereine und Genossenschaften, die den Tante-Emma-Laden wieder ins Leben rufen wollen, weil er ein eigenständiges Stück Lebensqualität war und für gesellschaftlichen Zusammenhalt gesorgt hatte, finanzieller Gewinn steht da nicht im Vordergrund. Früher … gab es diese Strukturen für die Gemeinschaft „umsonst“, freiwillige Helfer müssen heute das bewältigen, was Konzerne, Banken und Politik angerichtet haben.

Ja – die Konzernbildung wird immer und überall von Banken gefördert. Die Geldherren bestimmen weitläufig, wie unser Leben auszusehen hat – so wie es früher die Lehnsherren taten. Kaum ein Konzern hat genug Kapital, um aus eigener Kraft zu wachsen, es wird kannibalisiert, wo es nur geht: Aufkäufe, Fusionen, feindliche Übernahmen – ein riesiger Konzentrationsprozess , der an Stelle eines freien Marktes … der uns ja immer gepredigt wird … eine Hand voll Oligopolen (also: sowas wie Monopole von einer Hand voll „Player“) bildet und sie mit enormer wirtschaftlicher Macht ausstattet, einer so großen Macht, das sie die politische Macht leicht an die Seite drängen kann. So treten die Geldherren an die Stelle der Lehnsherren.

Aber damit erzähle ich Ihnen ja nichts Neues.

Es wäre schön, wenn der Staat hier seiner Aufgabe nachkäme, Ordnung zu schaffen. Wir bezahlen unsere Angestellten dort ja nicht umsonst. Immerhin haben wir dort die „Wissenschaftler“, die solche Entwicklungen voraussehen können: dafür stellen wir sie ja von normaler Erwerbsarbeit frei, damit sie heute schon wissen, was die Kreditvergabe der Banken in Zukunft anrichtet. Ordnung und Sicherheit, Schutz und Hilfe: dafür leisten wir uns sowas wie „Staat“. Wird wohl oft vergessen – gerade von den „Staatsdienern“, die sich kaum noch erinnern können, woher das Geld überhaupt stammt, das monatlich auf ihr Konto fließt. Viele halten den Geldfluss dort für so selbstverständlich, wie Sie die Tatsache, dass sie Regenwasser nicht bezahlen brauchen (allerdings für das vom Regenwasser verursachte Abwasser müssen Sie jetzt schon zahlen). Und einige ausgesuchte Übeltäter aus dem Kreise dieser Staatsdiener fangen sogar an, völlig perverse Gedanken zu hegen, faseln von „Gewinn“, den sie mit „ihrem“ Staat eingefahren haben – oder mit „ihrer“ Bundesagentur für Arbeit gemacht haben, wobei „ihrer“ hier wirklich als eigentumsrechtliche Vorstellung zu begreifen ist.

Ein Beispiel dafür aus ihrem Umfeld? Nehmen wir ihre freiwillige Feuerwehr. Die bezahlen Sie, damit die löschen kommen, wenn´s brennt. Sie sind enorm in Vorleistung getreten, damit das möglich wird: allein die Löschfahrzeuge kosten ein Vermögen, sind aber auch effektiver als Eimerketten. Jetzt stellen Sie sich mal vor, es brennt in Ihrem Haus, die Feuerwehr kommt … und will erstmal Geld sehen, Gewinne erwirtschaften, Rendite einfahren. „10000 Euro bar auf die Hand oder wir fahren wieder“. Können die ja machen, in dem Moment jedenfalls haben sie die Macht dazu. Erheben Sie Einspruch, werden gleich 20000 Euro gefordert – und zur Strafe bzw. zur Sanktion wird schon mal die Garage nicht mit gelöscht – samt Ihrem tollen Auto darin. Oder ein Kinderzimmer.

Grausame Vorstellung, oder?

Geschieht aber schon. Täglich. Sie merken nur nichts mehr davon, weil die Sprachregelungen der Lehnsherren – Entschuldigung – der Geldherren – Diskussionen darüber nicht mehr möglich macht.

Wo es geschieht? Bei den Opfern der Marktmächte, jenen Menschen, die den enormen Vernichtungsprozessen (ich ersetzt hier mal das schönrednerische Wort „Konzentrationsprozesse“) am Markt zum Opfer gefallen sind, deren Lebenshütte brennt, weil sie von den Lebensberechtigungsscheinen abgeschnitten werden, die den freien Zugriff auf die Ernte und das Jagdwild ersetzt haben … was sich schon anders anhört als „arbeitslos geworden zu sein“. Nicht nur das Essen ist in Gefahr: auch Obdach und Schutz vor Kälte stehen auf dem Spiel; „wohnen“ ist wie „essen“ keine normale Grundausstattung des Naturmenschen mehr, sondern „Ware“, die Lehnsherren gehört … äh, Geldherren. Wie früher schon – im Mittelalter.

Nun kommt dieses Opfer, dessen Leben brennt, zum Staat, den es selbst bezahlt hat, fordert die Löschfahrzeuge zur Hilfe an, weil elementare Lebensvoraussetzungen durch Kündigung des Arbeitsvertrages in Gefahr sind und trifft auf … das Jobcenter. Soziale Betreuung wäre notwenig, weil hier gerade Urängste walten: „Ach, Sie Ärmster, kommen Sie mal schnell herein, nur keine Angst, zur Not können Sie hier im Büro schlafen, sind ja auch unser Chef, Souverän dieses Landes, wir machen erstmal Kaffee und eine Suppe, kommen Sie einfach erstmal zur Ruhe, Hilfe ist ja da! Ich rufe gleich mal die Kollegen zusammen, wir suchen Ihnen eine neue Arbeit, telefonieren gleich mal ein wenig herum, Geld kriegen Sie umgehend von uns. Darfs vielleicht auch erstmal ein Schnaps sein auf den Schock hin?“

Ein schöner Traum, oder? Dafür bezahlen wir mit 50 Prozent unserer Arbeitsleistung, die eigentlich uns gehört. 50 Prozent unserer Leistung gehen in diesen „Staat“, unsere persönliche Lebensfeuerwehr, doch was erwartet uns als Dank dafür?

Nun – „Sanktionen“ für den Fall dass wir nicht „gehorsam“ sind. Wir sind nicht mehr Opfer eines vernichtenden Wirtschaftsprozesses, sondern Täter, deren Haupttat es war, dass sie nicht aus eigener Kraft die Folgen der Globalisierung ausgeglichen haben … denn genau das fordern der Staat, seine Wissenschaftler und Büttel von uns: wir sollen ausbügeln, was Banken, Konzerne und kraftlose Politik angerichtet und zugelassen haben. „Sanktionen“  – da sind gerade wieder Dokumente aufgetaucht, die belegen, dass sie systematisch angeordnet werden (siehe Gegen-Hartz): flächendeckende Vernichtung ist die Folge.

Ich will Ihnen mal sagen, was diese „Sanktionen“ aus der Sicht der politischen Philosophie bedeuten: in dem Moment, wo der erste Bürger aus „erzieherischen Gründen“ eine Totalsanktion erhielt (sein Haus also – um beim Feuerwehrbeispiel zu bleiben – brennen gelassen wurde … oder man mit Benzin löschte) verlor das ganze Gebilde „Staat“ seine Rechtfertigung und Existenzberechtigung. Ein Staat, der unkriminelle Bürger mit dem Tod bedroht, ist kein moderner Staat mehr – sondern ein Feind des Menschen und der Menschheit. Die politische Philosophie setzt hier klare, eindeutige und nicht diskutierbare Grenzen. Und darum … ist ein bedingungsloses Grundeinkommen aus ethischer, moralischer und staatstheoretischer Sicht in modernen Zeiten eine absolute Notwendigkeit des Selbstschutzes und des Schutzes der leiblichen Unversehrtheit des Souveräns, des Königs dieses Landes – und der sind SIE.

Wer soll das finanzieren? Nun … ich schiele da gerade mal zu den Gebrüdern Albrecht herüber … und zu den Banken. Es gibt ja auch Unternehmer, die für ein bedingungsloses Grundeinkommen sind – und den Platz von Unternehmern in einem modernen Staat sinnvoll definieren (siehe Standard):

„Ihr Job ist es, unter Einsatz von Geist, ressourcenschonend, mit sparsamen Umgang mit menschlicher Lebenszeit konsumfähige Güter herzustellen. Wir nehmen als Unternehmer ja Lebenszeit in Anspruch.“

Was haben wir jedoch für Unternehmer? Eine von den Banken geführte Büttelklasse von Raubrittern, die sich – um mal ein Beispiel aus einem ehedem staatseigenen Konzern zu nennen – für ein Jahr Arbeit 15 Millionen Euro aus der Firmenkasse nehmen plus einer monatlichen „Rente“ von 8000 Euro (siehe FAZ), während die Selbstausbeutung Standard für die Welt des niederen Dienstpersonals wird (siehe Zeit) natürlich deutlich schlechter bezahlt. Wenn überhaupt, denn „Arbeit“ ist ja fast Bürgerpflicht geworden – während sie naturgemäß seit Jahrtausenden eine Last war – was aber die Büttel nicht verstehen, weil ihr Geld ja auch ohne jede konkret messbare Arbeitsleistung fließt. Der Anteil der Niedriglohnempfänger wächst rasant (siehe Zeit), 41 Prozent der Deutschen sehen ihre Arbeit grundsätzlich nicht mehr durch Bezahlung wertgeschätzt (siehe Spiegel), dafür können wir aber eine Rückkehr des „Dieners“ auf breiter Front verzeichnen (siehe Nachdenkseiten): ein deutliches Kennzeichen für die Erosion und Degeneration des zivilen Bürgertums.

Was wir erleben, ist die Vernichtung des Staates als Gemeinwesen und seinen gezielten Umbau zum Exekutivorgan der Geldherren, das sich im Übrigen nicht im Mindesten um die Folgen seiner „Sanktionen“ kümmert: niemand zählt die Leichen und das Leid jener, die völlig von jeder Versorgung abgeschnitten werden (siehe Bundesdrucksache 18/1404), dabei wären gerade die Investitionen in die Ärmsten der Armen sehr förderlich für unser Wirtschaftswachstum: das zeigt allein jenes Wachstum, das durch die Investition von 20 Milliarden Euro in eine Million Asylbewerber erzielt wurde (siehe Spiegel). Diese Summe ist nur unwesentlich geringer als die, die wir für 5 Millionen Arbeitslose ausgeben: was wäre da für ein Wachstum möglich, wenn wir auch pro Kopf soviel in jene investieren, die vor den Wirtschaftskriegen der Oligopole flüchten mussten – oder einfach ´rausgeschmissen worden sind.

Wo das Geld für solche Investitionen herkommen soll? Wir haben in Deutschland 1,2 Millionen Millionäre, die über je eine Million Euro investierbares Kapital verfügen (siehe FAZ). Auf 66 Einwohner kommt ein Millionär. Wir reden hier von Geld, dessen Verlust niemandem weh tun würde, Geld, das nutzlos zwischen Konten hin – und hergeschoben wird, um seine Erträge aus dem globalen Spielkasino zu erhöhen, Geld, das letztlich gefrorene Arbeitsleistung ist. Man stelle sich mal vor, wir würden das Geld in die Zukunft der Gemeinde investieren können: es wäre genug da, um jenen, die keine Arbeit haben, einen ordentlichen Lohn zu zahlen: wie in Kriegen üblich und legal würden wir Zwangsanleihen erheben können, die wir später zurückzahlen: von dem Wachstum, das wieder durch solide Arbeit anstatt durch riskante Spekulation erwirtschaftet wird.

Aber … bevor wie solche Träume realisieren können, müssen wir erstmal die fortlaufende Erosion des Staates – und damit unseres bürgerlichen Gemeinwesens – stoppen … und die neuen Lehnsherren in die Schranken weisen. Das können wir sanft, zivil, demokratisch, im gemeinsamen, friedlichen, vernunftgesteuerten Diskurs machen … oder die Abgehängten dieser Gesellschaft werden sich in naher Zukunft – wie in den USA – einen starken Mann wählen, der ihnen Essen organisiert, Unterkunft, Waffen und Uniformen, damit man sich auf den Straßen erkennen kann. So … wurde die SA groß – und auch hier wenden sich die „Ballastexistenzen“ seltsamen politischen Bewegungen zu, die nur eins versprechen: hart durchzugreifen. Ist nur noch ein kleiner Schritt bis zur Uniformierung der Nachbarschaftswachen.

Und jetzt versteht vielleicht auch der letzte Millionär, warum es wichtig ist, in die demokratische Zivilgesellschaft zurück zu kehren, anstatt von eigenen, „freien“ Städten  zu träumen. Diese Städte wären sowieso nur solange „frei“, wie der Führer der SA sie in Ruhe läßt.

Wer wirklich das Land vor „Rechten“ schützen will … muss die starken Schultern des Landes zurück in die Gemeinschaft holen … zur Not auch mit einem sanften Schubs – oder harten Sanktionen, die für ihre Brüder am unteren Ende der Vermögensskala schon lange Alltag geworden sind.

Ansonsten … stirbt der Staat.

Und damit langfristig auch der Schutz jedes Eigentums.

Oder des eigenen Lebens.

Vom Tode der Marktwirtschaft in Deutschland und Europa

Vom Tode der Marktwirtschaft in Deutschland und Europa

Mittwoch, 27.5.2014. Eifel. Kennen Sie eigentlich noch die Legende vom „Markt“? Sicherlich – wie ein goldenes Kalb wird dieses Bild von Wirtschaft und Politik durch die Welt getragen – aber kennen sie auch seine Geschichte? Sollten Sie, denn „der Markt“ ist älter als der Kapitalismus. Viel älter – und viel gesünder. Die Idee hinter dem Markt ist einfach: Wohlstand durch Kooperation. Anstatt, dass jeder einzeln durch die Wildnis läuft, sich von Beeren, Nüssen, Äpfeln und den Kadavern kleiner Tiere ernährt, rodet man einen Wald, legt Felder an, produziert – im günstigsten Fall – Überschuss, den man dann mit anderen Gemeinschaften auf dem Markt austauschen kann. Es ist im Prinzip gar keine Geschichte des „Marktes“, sondern eine Geschichte des Handels an und für sich, eine Geschichte, der die Menschheit ihren ganzen Wohlstand, ihren gesamten Fortschritt und ihre enorme Widerstandsfähigkeit gegen Umwelteinflüsse zu verdanken hat.

In der Tat verbringt der Markt Wunder. Er kann Wein in Hühner verwandeln, Gerste in Kleidung, Kühe in Bücher: Dinge, die in der eigenen Wirtschaftsgemeinschaft in Hülle und Fülle vorhanden sind und ansonsten nutzlos in der Ecke liegen würden, kann man dort gewinnbringend eintauschen: so werden alle mit allem versorgt … jedenfalls alle, die Grundeigentum zum wirtschaften haben: das zeigt, wie begrenzt der Markt von vornherein war. Böse formuliert könnte man sagen: hier tauschen Reiche ihren Überfluss. Im Idealfall jedoch denkt man sich bei „Markt“ gleichberechtigte Wirtschaftsteilnehmer: jeder kriegt seinen Arbeitsplatz bzw. seinen Grund und Boden, um sich mit der Kraft seiner Arbeit und dem Wachstum und der Fruchtbarkeit seiner Felder eine Existenz aufbauen zu können … was den Gedanken eines „bedingungslosen Grundeinkommens“ zwecks Aufbau einer Existenz sehr plausibel erscheinen läßt.

Mit der Zeit – lange vor dem Kapitalismus – erfand man auch „Geld“: also – „Tauschmittel“ in Form von Muscheln, Gold, Diamanten oder Anrechtsscheinen. Dieses Geld erlaubte einem, die Angebote des Marktes noch viel effizienter nutzen zu können: Geld konnte „Leistung“ konservieren, war leicht zu transportieren und vor allem: es wurde nicht schlecht, wenn man es lagerte. Geld wurde das „Schmieröl“ für den „Motor Markt“.

In der Tat funktionierte dieses Modell auch, selbst heute noch gibt es Märkte, auf denen Bauern ihre Überschüsse vermarkten. Kleinbauern verkaufen dort „Bio“-Lebensmittel. Von ihnen gibt es nur noch eine Hand voll. Die Mehrheit der – insgesamt nur noch wenigen Bauern – produziert mit der Hilfe von Maschinen ganze Berge von Überschüssen … so viel, dass oft sogar was weggeschmissen wird. Möglich wurde dies dadurch, dass wir die ganzen Minifelder der Gemeinschaften zu gigantischen Feldern vereint haben, um dort Maschinen überhaupt erstmal einsetzen zu können.

Im Prinzip eine gute, vernünftige Sache … gäbe es da nicht einen kleinen Haken.

Im Laufe der Zeit hatte sich gezeigt, dass der Markt Schutz brauchte. Tauschmittel waren ideale Diebesware, Überfälle auf Marktflecken durch Raubritter versprachen maximalen Profit bei minimalem Arbeitseinsatz (der Investmentbanker war erfunden) die Anmarschwege zum Markt mussten gegen Wegelagerer geschützt werden (die ersten Formen des Finanzbeamten) und der Markt selber vor Betrügern, Fälschern und Dieben: der soziopathische Geist egozentrischer Mitmenschen konnte sich übel auf das Markttreiben auswirken – und man sah auf einmal, wie unsicher doch das Markttreiben war, wenn nicht eine große Macht den riesengroßen Rahmen garantierte: der Staat war geboren – und er war eine gute Idee, getragen von einem noch größeren Gemeinschaftsgedanken.

Es gab nämlich ein paar Probleme zu lösen. Der Markt brauchte nicht nur Schutz, er war auch anfällig gegen andere Übel. Gab es eine Missernte, drohte Hungersnot auf den Marktflecken, weil die Bauern keinen Überschuss produzierten – eine Tatsache, die jeden Schneider, Schuhmacher und Hufschmidt dazu anhielt, sich besser nicht zu spezialisieren. Da aber – bei gutem Wetter – der Markt und der Handel eine Lebensqualität produzierten, wie man sie allein auf seinem Hof niemals hätte erwirtschaften können, war es im Interesse aller, dass der Marktflecken auch in Notzeiten erhalten blieb: der Sozialstaat war geboren – samt bedingungslosen Grundeinkommen, das im Prinzip schon als Ausgleich für fremdverteilten Grund und Boden notwendig war, damit der Markt überhaupt noch funktionieren konnte, eine reine Überflussgemeinschaft, die dank vorausschauender Lagerhaltung und Planung immer unabhängiger vom jeweiligen Wetter wurde, aber als Gemeinschaft stärker war als es die bloße Summe ihrer einzelnen Mitglieder je hätte sein können: der Schutzgedanke weitete sich aus, der Gedanke der „Versicherung“ war geboren, der Wohlstand gegen alle Übel (nicht nur Räuber und Betrüger) sichern sollte.

Hier hätte man einen Punkt machen können und sagen: mit großen Einsatz der Gemeinschaft, unter großem Verzicht auf persönliche Rechte und Inkaufnahme enormer Einschränkungen (z.B. der 300 000 Jahre lang gültigen Siedlungsfreiheit) haben wir ein fragiles System erschaffen, dass bei optimaler Funktion allen Mitgliedern der Gemeinschaft ein Leben in Überfluss beschehrt und so allen ermöglicht, sich vom Joch der Arbeit mehr und mehr zu befreien, um sich der Menschwerdung widmen zu können.

So jedenfalls – die Theorie.

In der Praxis jedoch … entwickelte sich alles etwas anders. Vieles hängt an einem prinzipiell kleinen Fehler, der sich irgendwann in das Denken des Handels einschlich: es gab Menschen, die sich die Oberhoheit über die Tauschmittel sicherten. Angefangen hatte das ganz harmlos: als „Bank“, d.h. als sicherer Ort, wo man seine Muscheln gegen ein kleines Entgelt in einem Tresor lagern konnte, damit man sie nicht dauernd mit sich herumschleppen musste. Diese Bank kam nun irgendwann auf die Idee, das Geld Menschen zu geben, die gar nichts hatten: keine Wolle, keine Musik, keine schönen Worte, keine Hühner, Kühe oder Kartoffeln – sie hatten einfach gar nichts … außer einer gewissen Skrupellosigkeit, Brutalität, Asozialität und Egozentrik und dem Willen zur absoluten Macht.

Das Geschäft war klar umrissen: „Wir geben Dir 1 000 000 Taler – und fordern am Ende des nächsten Jahres 1 100 000 Taler zurück – oder sperren Dich lebenslänglich in den Schuldturm“. Man merkt: der Zins war geboren – und ALDI. Natürlich war der Zins völliger Murks – wenn man mal genauer drüber nachdachte, konnte keine Wirtschaft der Welt garantieren, dass dieser Zins immer erwirtschaftet werden konnte – der Autor Günter Hannich beschreibt das sehr anschaulich:

Hätte jemand beispielsweise im Jahre 1 nur 1 Pfennig zu 5% Zins angelegt (bzw. 1 Pf. Schulden gemacht), würde diese Anlage im Jahre 1466 den Wert einer Erdkugel aus Gold und im Jahr 1990 bereits den Gegenwert von 134 Mrd. Erdkugeln aus Gold erlangt haben

Das heißt: das ganze Geschäftsmodell der Banken funktionierte im Prinzip wie ein Schneeballsystem, an dessen Ende immer ein Zusammenbruch stehen muss (oder die Eroberung fremder Planeten aus Gold) – aber das verstehen nur Menschen mit einem gewissen Bildungsgrad: vor Ort arbeiteten die Banken nämlich auf einmal ganz anders: man bezahlte nicht mehr für die Einlagerung seines Geldes, sondern man bekam die DIENSTLEISTUNG BEZAHLT! Man hätte da stutzig werden können … denn der Wert der Dienstleistung scheint geradezu negativ zu sein, wenn man für die Inanspruchnahmen auch noch bezahlt wird – aber erstmal ist es natürlich ein schönes Gefühl. Es gibt zwar regelmäßige Wirtschaftscrashs, der Sinn von Staat und Markt, gerade vor diesen zu schützen, wird untergraben … aber das merken oft erst die Enkel der Enkel. Eine Zeit lang geht das ganz gut – nur nicht ewig.

Da die Kritik am Zinssystem der Bankenwirtschaft aktuell in Deutschland als „rechtsradikal“ gilt (womit Banken und Linke auf einmal an einem Strang ziehen), wollen wir uns auf einen anderen Aspekt der Entwicklung beschränken: nämlich darauf, was der faule Gauner (ich nenne ihn mal so, weil einfach eine Million für Nichtstun zu bekommen schon eine Gaunerei ist und ich vermute, dass nur extrem arbeitssscheues Gesindel sich auf solche Experimente einläßt) mit seinem Geld anstellt: er geht in den  Markt und kauft alle Ware auf. Viele denken jetzt: „Wie blöde, dass kann der doch alles gar nicht essen?“

Das will er auch nicht. Er kauft die Ware – und damit den ganzen Marktinhalt – und den ganzen Marktplatz mit dem Geld, dass die Bauern auf der Bank deponierten. Die Bauern freuen sich erstmal – erst recht, weil der Soziopath gute Preise zahlt (das Geld landet aber sofort wieder auf der Bank, weil die Bauern es nicht unter ihrer Matratze lagern wollen), sondern weil er auch noch Verträge macht, mit denen er auch zukünftige Ernten aufkauft: der Wohlstand scheint auf ewig gesichert – auch wenn die Preise auf dem Markt plötzlich anfangen zu steigen denn immerhin gab es die Verpflichtung, ohne eigene Arbeit jedes Jahr 100 000 Euro an die Bank abzutreten, Geld, dass die Bank auf braucht, um die Zinsen für das geliehene Geld bezahlen zu können.

Im Laufe der Jahre merken die Bauern nun, das was falsch läuft. Sie merken, dass einer die Zinsen zahlen muss – und das ist nicht der Soziopath. Wer das ist, merken sie, als der Agent des Soziopathen im Mai zu ihnen kommt und ihnen mitteilt: sie bräuchten dieses Jahr nichts liefern, man hätte im Kongo einige Stämme gefunden, die für Glasperlen die doppelte Menge an Essen lieferten – da bräuchte man die lokale Wirtschaft nicht mehr. Die Bauern schauten etwas doof drein: sie brauchten doch das Geld, allein schon die Betriebsgebühren für die Gemeinschaft, die mit Leib und Leben für die Sicherheit der Transportwege  und der Marktflecken sorgt (wir nennen das heute „Steuern“), müssen entrichtet werden … sonst droht Privatkonkurs oder Enteignung.

Natürlich gibt sich der Soziopath großzügig … allerdings nähern sich die Preise immer mehr dem Wert von Glasperlen an – vor allem die Preise für den Wert von Arbeitsleistung, dem Urwert allen bäuerlichen Arbeitens. Wozu auch noch arbeiten? Das Schneeballsystem ernährt seinen Mann! Der Soziopath hat letztlich sogar die ganze Gemeinschaft im Griff, fordert die Begleichung der Bankzinsen durch den Staat selbst – sonst schließt er den Markt und Millionen verhungern. Er ist auf einmal König der Welt … in einer Welt, die Könige schon lange abgeschafft hat.

Der Markt selbst jedoch, der freie, demokratische Ort des Austausches, der Kommunikation, des Miteinanders – ist tot. Der Tod der Märktegemeinschaft (Staat) ist vorauszusehen: ewig wird er die Kosten der „Wirtschaft“ nicht mehr tragen können – einer Wirtschaft, die selbst nur noch als Raubwirtschaft überleben kann – fernab jeglicher ideeler Prinzipien des Marktgedankens hat sie sich auf Straßenräuberei verlegt … die anderen Marktteilnehmern natürlich durch Staatsmacht verboten ist.

Modern hört sich das so an – siehe Wiwo aus einem Interview mit dem Sozialphilosophen Axel Honneth:

Ich habe jedenfalls große Zweifel, dass die heutigen ökonomischen Verhältnisse im Sinne der Gründerväter noch „marktwirtschaftlich“ zu nennen sind. Dafür sind die Machtasymmetrien in den Märkten zu gewaltig. Großformatig gesehen, ist der Markt längst außer Kraft gesetzt. Erstaunlich ist, dass der Markt im kleinen Format, also als Instrument des Warenaustauschs vor Ort, noch immer gut funktioniert.

Gruselt es Sie bei dieser Formulierung? Nein? Ich kann Sie ihnen übersetzen: „Erstaunlich ist, dass die Menschen immer noch was zu essen bekommen„. Oder: es ist ein Wunder, das wir noch nicht alle tot sind. Der Staat selbst – die Gemeinschaft aller Marktteilnehmer – ist in Gefahr:

Die demokratische Willensbildung und ihre Umsetzung in staatliche Entscheidungen ist längst nicht mehr so gut geschützt gegenüber externen Einflussnahmen wie noch vor 50, 60 Jahren. Ich habe im Gegenteil den Eindruck, dass unser ökonomisches Modell von autokratischen Systemen so weit nicht mehr entfernt ist. Sowohl mächtige Banken als auch internationale Konzerne haben inzwischen beängstigend viel Veto-Macht gegen staatliche Entscheidungen. Sie lassen sich von Staaten und Steuerzahlern retten, entziehen sich aber zugleich der Steuererhebung in den Ländern, in denen sie wirtschaften und rekrutieren ihre Arbeitskräfte dort, wo sie am billigsten sind… das alles sind alarmierende Zeichen.

Die Folgen?

Erbärmlich für die Marktteilnehmer – die man korrekterweise besser Marktgestalter nennt.

So wird die Wirtschaftspolitik in Deutschland trotz allen Reichtums immer unsozialer – was sogar die OECD kritisiert (siehe Spiegel), trotz allen Reichtums kann sich jeder zwölfte Marktteilnehmer im superreichen Deutschland kein Essen mehr leisten (siehe Tagesspiegel) – ein Zustand, den die Bundesregierung (bzw. die SPD) noch gerne durch Steigerung der Mehrwertsteuer verschärfen möchte (siehe Focus). Wer aber reich wird, sind jene, deren Vorväter den Großangriff auf die Marktwirtschaft gestartet haben: ihre Tauschmittelsammlungen (bzw. die Versprechen der Banken, im Bedarfsfall so viele Tauschmittel auszuschütten) versprechen durch den Schneeballeffekt der Zinszahlungsversprechen enorm steigenden Reichtum … wodurch der Markt immer weniger Tauschkraft zur Verfügung hat. Wer mitmacht, kann unglaublichen Reichtum ernten, siehe Bert Flossbach im Handelsblatt:

Das Problem ist im Investmentbanking am größten. Dort gibt es reihenweise Leute, die selbst keinerlei unternehmerisches Risiko tragen, aber in unvorstellbare Gehaltssphären vorstoßen. Dort können 30-jährige „Talente“ so viel verdienen, wie ein erfolgreicher Unternehmer am Ende eines langen Arbeitslebens, wenn überhaupt. Der Banker geht Risiken ein, der Unternehmer trägt sie, das ist ein feiner Unterschied.

Man wird reich durch theoretische Tauschmittelvervielfältigung, die praktisch nur noch Wahnsinn ist.

Im Jahre 2012 betrug das Weltbruttoinlandsprodukt 71,7 Billionen Dollar (siehe Statista), die Weltprivatvermögen beliefen sich 2013 jedoch auf 241 Billionen Dollar (siehe Credit-Suisse) – die Verschuldung der Staaten, die für die zerstörten Märkte gerade stehen müssen, belief sich 2014 auf 100 Billionen Euro (siehe Handelsblatt) – um nur ein paar Kennziffern zu nennen, die den Stand des Schneeballsystems 2014 aufzeigen.

Reale Folgen für die ehemaligen Marktgestalter? Katastrophal – siehe Giacomo Corneo im Interview, hier als Warnung vor dem Untergang des Gesamtsystems „Kapitalismus“ bei Wiwo:

Aus ökonomischer Sicht ist die Ineffizienz eindeutig. Es gibt viele Fälle, wo wir Ressourcen verschwenden. Schauen Sie auf die hohe Arbeitslosigkeit in Südeuropa. Das Potenzial von Millionen von Menschen bleibt ungenutzt. Oder schauen Sie in die USA: durch eine lasche Kreditvergabe wurde ein Immobilienboom geschaffen. Nun stehen landauf landab Häuser frei und verrotten. Die Materialen könnten wir an anderer Stelle gut gebrauchen.

Banken wollen nur noch Millionäre als Kunden – die anderen machen zuviel Arbeit (siehe Handelsblatt), die hoffnungslose Jugend sucht ihr Heil in Suff und Selbstmord (siehe Stern) – wobei letzteres eine Erscheinung ist, die in früheren Kulturen extrem selten war. Armut greift auch im schwerreichen Europa um sich – wie es in Staaten mit toten Märkten aussieht, beschreibt der Spiegel:

Coelhos eiserne Reformpolitik hat Portugal zwar die Rückkehr an die Finanzmärkte ermöglicht, aber gleichzeitig das Land in eine historische soziale Krise gestürzt. 2,5 Millionen Portugiesen leben in Armut oder an der Armutsgrenze, das entspricht rund einem Viertel der Bevölkerung.

Das Gesicht der Armut ist vielfältig:

Rund hundert Menschen versorgt das Team täglich mit Essen, gut die Hälfte kennt Duque persönlich. Er wohnt seit 18 Jahren in der Gegend. Als er 2008 anfing, Essen auszuteilen, kamen vor allem Obdachlose; vor drei Jahren kam die Frau eines befreundeten Bauarbeiters, vor zwei Jahren kam ein befreundeter Diplom-Ingenieur, vor einem Jahr die Nachbarin von gegenüber, aus dem Haus mit dem Swimmingpool.

Das Schneeballsystem erreicht seine Grenze – die Marktwirtschaft ist tot – oder liegt in den letzten Zügen, das Schneeballsystem frißt das Schmieröl des Marktes – das Geld – in immer größerer Geschwindigkeit.

Noch funktioniert die Warenversorgung vor Ort – anstatt gute Ware gegen Arbeit zu tauschen, wird die Versorgung durch Verteilung fast abgelaufener Lebensmittel (sprich: MÜLL) aufrecht erhalten. Produktive Arbeit – Grundlage eines jeden Wertes – wird vom Staat unter Androhung von Gewalt zu Billigstpreisen erzwungen (siehe „Hartz IV“ in Deutschland, das Modell für Europa werden soll), während der Staat sich selbst immer weiter verschuldet, um das Schneeballsystem am Zusammenbruch zu hindern: wir weit man mit einem Motor ohne Öl kommt, den man mit Gewalt weiterlaufen läßt, kann sich jeder selbst vorstellen.

Wann es soweit ist, bis der Motor endgülitg tot ist, auch.

Der Soziopath aber: der wird am Ende Berge voller Muscheln in seinem Geldspeicher haben. Dafür zu sterben lohnt sich auf jeden Fall, oder?

 

 

 

 

 

 

Käfer, Aldi, Desira und die Pinkelwurst

Heute präsentierte mir meine Lebensgefährtin ein ganz besonders Fundstück. In dem Produkt:

Desira Buttermilch Dessert Himbeer-Vanille mit der Registierungsnummer SN 016 072107 3808 fand sie einen Käfer. Die Beine hatte sie wohl vorher schon gegessen.

Nun, sie ist immer besonder pingelig, was diese Dinge angeht. Viele Völker essen Käfer und es ist doch nicht verwunderlich, wenn wir uns im Rahmen der Globalisierung Essgewohnheiten anderer Völker zu Eigen machen. Immerhin haben wir uns an Pizza und Gyros auch schon gewöhnt.

Also schaute ich einfach mal auf das Inhaltsverzeichnis des Produktes, mußte aber zu meiner Enttäuschung feststellen, das das Produkt offiziell gar keine Käfer enthielt. Das war jetzt verwunderlich.

Auch eine Analyse des Nährwertes ergab, das Käferinnereien nicht Bestandteil des Produktes sein konnten, ebensowenig Panzer und Beine.

Eigentlich nur eine kleine Episode des alltäglichen Lebens. Mir selbst sind schon häufiger fremdartige Bestandteile in Fertigprodukten aufgefallen … Haare, Fingernägel, Dreck … aber ich hatte auch mal die Gelegenheit, eine Gruppe von schlecht bezahlten Wurstverpackern in den siebziger Jahren kennen zu lernen.

Die waren nicht glücklich mit ihren Arbeitsumständen … und erst recht nicht mit der Bezahlung. Also sannen sie auf Rache. Sie bewarfen sie mit Wurstscheiben, die sie anschließend fein säuberlich in die
Verpackungsmaschine zurücklegten, sie pinkelten und spuckten auf die Scheiben ohne Bewußtsein, das der Beruf eines Wurstverpackers eine hohe gesellschaftliche Verantwortung mit sich bringt – erst recht bei einer Firma, die deutsche Qualitätsware produziert.

Ich hatte anschließend eine lange wurstfreie Zeit.

Der Käfer heute hatte mich wieder dran erinnert. Man spart ja wo man kann, vor allem an Personal.
Und man denkt: das kostet nichts.

Klar kostet das was, je mehr man spart, umso geringer die Qualtität. Wenn man einen Billigjoghurt kaufen möchte, dann darf man nicht all zu hohe Erwartungen an die Inhalte stellen. Da darf man sich über einen Käfer nicht sonderlich wundern … aber die Lohnnebenkosten waren wahrscheinlich außerordentlich gering.

Man macht sich viele Gedanken über Unruhen in diesem Land … dabei geht Frustabbau auch viel leichter, leiser … und dafür aber viel unangenehmer.

Einfach mal zwischendurch einen Käfer in den Joghurt schmeißen, in die Wurst pinkeln, ins Bier spucken … schon ist der Tag dein Freund. Man hat des „denen“ mal wieder richtig gezeigt.

Dabei sind es nicht „die“, die das essen, sondern „wir“.

Aber „wir“ lassen ja sowieso gern alles mit uns machen. Masochismus ist mitlerweile modern und gesellschaftsfähig geworden – einfach mal die nächstgelegene Domina fragen.

Laßt uns also über diesen Käfer nicht allzu lange aufregen. Er ist das natürliche Ergebnisse konsequenter und gezielter Einsparmaßnahmen im Produktionsbereich. Und die Rendite läßt sich nicht halten, wenn man bei ständig steigenden Preisen auch noch gleichbleibende Qualität möchte.

Und wer weiß … vielleicht ist es ganz gut, wenn wir uns an frische Käfer als Nahrung gewöhnen. Hört sich besser an als Gammelfleisch … welches auch ein Segen für die Rendite ist.

Und für das wirtschaftliche Wachstum müssen halt alle mal Opfer bringen, da sollte keiner feige zurückstehen!

Danke also an ALDI, das uns jetzt schon neue Nahrungsquellen erschließt. Manch einer wird in Zeiten der Krise dankbar dafür sein, schon mal an leicht zugängliche Nahrungsalternativen gewöhnt worden zu sein.

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