Sonntag, 9.10.2016. Eifel. Wir müssen noch mal über Faschismus reden. Ich denke: sogar dringend. Obwohl es nichts helfen wird: folge ich dem Kabaretisten Volker Pispers in seinen Ausführungen, finden 70 Prozent Angela Merkel toll – ein entsprechend großes Zahl dürfte das aktuelle System also toll finden, dem entsprechend werden wir nur 30 Prozent haben, die überhaupt für Alternativen zu begeistern wären.
Über Faschismus reden ist langweilig. Die meisten von uns kennen die tradierte Geschichte zur Genüge. Vielen Deutschen ist es extrem peinlich, über diese Zeit zu reden – immerhin hat fast jede Familie irgendwo einen Täter stecken … wenn man genauer hinschaut. Es ist wohl auch ein Grund, weshalb viele „Deutsche“ so unbedingt „gut“ sein wollen, nicht nur „gut“, sondern „besser“, um der ganzen Welt zu demonstrieren, dass es jetzt „andere Deutsche“ gibt, „bessere“, edle, reine und hilfreiche Deutsche … ohne zu merken, dass mit der Aufteilung der Menschheit in „gut“ und „böse“ der erste Schritt zur Wiederkehr der sozialen Pest gemacht wurde: jedes klar definierte „gut“ verlangt geradezu die Bösen, jene unwerten, schlechten, niederträchtigen Menschen, die einfach an und für sich in ihrem tiefsten Lebenskern völlig falsch sind.
Vizekanzler Gabriel hatte dies mal in einem Interview erwähnt: es gäbe – so zitiere ich aus dem Gedächtnis – Deutsche, die eher „Pack“ sind, „Mob“, Deutsche, die weniger nach Deutschland passen als die Flüchtlinge, die nun zu uns kommen auf der Flucht vor den Bomben der Herren der Welt. Fragen Sie sich auch manchmal, was denn so ein guter Mensch in seinem tiefsten inneren Lebenskern für Maßnahmen gegen jenes Pack ersinnt, das als Deutsche überhaupt nicht nach Deutschland passt? Irgendwie werden wir dieses Problem doch lösen müssen? Was ist das Fernziel dieser Aussage? Alle deportieren, die der Regierung unbequem sind?
Nun – ich möchte auch über die Wiederkehr der sozialen Pest reden, ein Begriff, den ich aus der Philosophie des Wilhelm Reich entlehnt habt – er macht die „emotionale Pest“ für die Horrorjahre zwischen 1933 und 1945 für die Ausfallerscheinungen der modernen, demokratischen Zivilkultur verantwortlich. Ich möchte hier nur von einer sozialen – oder besser: asozialen – Pest reden – ein Ansatz, der sich etwas von der bisherigen Geschichtserzählung unterscheidet. „In“ ist, die Geschichte wie folgt zu erzählen: es kam ein böser Mann aus Österreich, der ein finsterer Zauberer des Wortes war und so ein ganzes Volk verführte, es zu unglaublichen Gräueln gegen ihre jüdischen Mitmenschen anstachelte und es letztlich in den Abgrund des Weltkrieges führte. Eine schöne, bequeme Geschichte: wer kann schon für seine Entscheidungen und Taten verantwortlich gemacht werden, wenn er einer völlig dunklen Macht gegenübersteht, die seinen ganzen Willen lähmt? Normalerweise akzeptieren wir solche Mythen nur in modernen Märchen wie der „Star-Wars“-Saga, wo ein einziger dunkler Sithlord mit ihm völlig unterworfenen Mitstreitern die gesamte Republik in eine Diktatur verwandelt, für die Massenmord Volkssport wird.
Sicher – es gibt viele Vorbehalte, diese Version der Geschichte anzuzweifeln. Die Gräuel könnten verharmlost werden, Hitlers Anhänger könnten wieder auferstehen – „Lord Voldemort“ wird wieder lebendig. Es könnte zu unglaublichen Verzerrungen der Wirklichkeit führen – bis hin zur aberwitzigen Leugnung des Holocaust durch einige Sofahistoriker in der Mietskaserne, die sich nie die Mühe gemacht haben, die überwältigenden Berge von Dokumente zu studieren, die im Umfeld des Holocaust zu dessen Durchführung produziert wurden. Es ist zwar richtig, dass Geschichte immer von Siegern geschrieben wird, es ist auch richtig, dass Geschichte manipulierbar ist und von der Perspektive des Betrachters abhängig ist – trotzdem bleiben Fakten über: der Untergang der Bismark, die Schlacht um Stalingrad, die Bombadierung von Coventry und der Holocaust. Können wir uns auf solche Wahrheiten nicht einigen, können wir reden und denken einstellen und das Projekt „demokratische Zivilgesellschaft“ einstellen und uns auf eine Welt freuen, in der der Mond Dienstags eine Scheibe ist und Sonntags aus grünem Käse.
Ich möchte auch mal wieder über Hartz IV reden. Noch ein langweiliges Thema, das die Mehrheit der Deutschen gar nicht mehr hören kann, weshalb man leichtfertig und bequem den Regierungsparolen glaubt: da lungern faule, degenerierte, unbeschul- und unbelehrbare Untermenschen im Bodensatz der Gesellschaft herum, die man mit aller Härte zur Arbeit zwingen muss. Warum man die zwingen muss, warum man nicht andere Möglichkeiten der Motivation wählt, von denen die Wirtschaft viele kennt? Nun – es sind degenerierte Untermenschen, halbe Tiere: da hilft nur der Zwang. Oder irre ich da?
Und die Regierung hat auch Recht! Das wird Sie jetzt verblüffen – aber Menschen, denen man per Gesetz ihre Würde nimmt, verlieren in der Tat einen Teil ihrer Menschlichkeit – die Hartz-Mühle produziert ein enormes Maß an geistigen Krankheiten, an Demotivation, an zerstörtem Selbstwertgefühl und vernichteter Achtung durch die Gesellschaft … lesen Sie einfach mal ein paar einschlägige Fachzeitschriften der deutschen Hochkultur , „Bild“ – zum Beispiel, oder gewisse „Aufklärungsschriften“ aus dem Ministerium für Wirtschaft. Ja – so etwas wurde 2005 in deutschen Ministerien formuliert (siehe Kopie der Broschüre bei Harald Thomé):
Biologen verwenden für „Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten– leben“, übereinstimmend die Bezeichnung„Parasiten“.
Die soziale Pest – jener Gemütszustand, der die Vernichtung des Lebens und der Lebendigkeit seines Mitmenschen billigend in Kauf nimmt – steht nicht vor der Tür: sie hat schon längst wieder Fuß gefasst in der Mitte unserer Gesellschaft. Studien dazu gibt es genug – doch sie kommen zu spät, „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ schreitet unaufhaltsam voran – nicht nur in Bezug auf Arbeitslose.
Bleiben wir aber erstmal bei denen. Wissen Sie, was ein Arbeitsvermittler über den Zweck seiner Arbeit äußerte? Er brachte den Sinn und Zweck der ganzen „Reform“ auf einen Punkt (siehe Süddeutsche):
„Wir statten Arbeitgeber mit billigem Menschenmaterial aus“, kommentiert Meisner das, was seine Behörde tut. Als Beispiel nennt er das Weihnachtsgeschäft. „Da ruft ein großes Versandunternehmen aus dem Norden Berlins an: Hey, wir brauchen Leute. Dann trommelt die Agentur in Infoveranstaltungen Leute zusammen, schiebt sie in diese Jobs – obwohl völlig klar ist, dass sie nach dem Weihnachtsgeschäft wieder arbeitslos sein werden.“
Aus dem demokratischen Bürger ist „Menschenmaterial“ geworden. Billiges Menschenmaterial, das systematisch produziert wird. Lesen Sie mal den Aufsatz einer Akademikerin mit Doktortitel über ihre „exzellente Dequalifizierung“ (siehe Blätter), einer Dequalifizierung, mit der der Staat einen weiteren Nutzen einfährt:
„Mit ihnen entledigt sich der demokratische Staat auch eines guten Teils seiner eigenen gesellschaftspolitischen Reflexion und der kritischen Distanz zu sich selbst. Und dies gerade in Zeiten, da die Grenzen des neoliberal-enthemmten Umverteilens von unten nach oben nicht nur von Wissenschaftlerinnen (außerhalb Deutschlands, etwa von Thomas Piketty) eindrücklich nachgewiesen, sondern sogar vom Internationalen Währungsfonds wiederholt eingestanden worden sind,“
Die kritische Intelligenz wird auf dem Weihnachtsmarkt verheizt. Nun: „Deutschland geht es gut“ – so die Parole – was brauchen wir da noch Kritiker? Besser als gut geht nicht. Hartz IV ist auch erblich – selbst wenn man einen Studienabschluss mit der Note 1,6 erzielt (siehe Süddeutsche) entkommt man dem Prekariat nicht … und wird nach einem Jahr wieder zur Hilfsarbeiterin herabgestuft, für die es natürlich keine Arbeit mehr gibt, die Maschinen nicht besser und billiger machen können. Deutschland geht es gut – Millionen von Kindern können nicht in den Urlaub fahren (siehe NTV), die Zahl der armen Kinder steigt beständig (siehe Spiegel) – ebenso die Zahl der vom Jugendamt „in Obhut“ genommenen Kinder (siehe Spiegel), worunter wohl bald auch mehr Kinder von „sanktionierten“ Eltern fallen – wer eine Sanktion von mehr als 30 Prozent erdulden muss, wird dem Jugendamt gemeldet: Kindeswohl ist in Gefahr (siehe Kindesentzug 24). Dass die größte Gefahr für Kinder von der „Inobhutnahme“ selbst ausgeht (wie auch von jeder anderen frühen Fremdbetreuung: siehe Welt) wird billigend in Kauf genommen … trotz der drohenden „innerseelischen Katastrophen„.
2008 gab es ein Gutachten im Finanzministerium (siehe Bundesfinanzministerium), das sich mit der Problematik befasste, dass die Superreform einfach keine Ergebnisse zeitigte. Die Lösungsvorschläge sind gruselig und reichen bis zur Versteigerung der Arbeitslosen an die Privatwirtschaft: das sozial völlig enthemmte Denken findet in den Bereichen jener Leute, die nur auf Kosten anderer Leben (Beamte und Professoren) keinerlei Grenzen mehr – man mag gar nicht wissen wollen, was da derzeit noch in den Schubladen schlummert.
Geht es uns eigentlich so schlecht, dass wir zu solchen Maßnahmen gezwungen sind? Lauschen wir mal der Presse (siehe Spiegel):
„In den sieben Jahren seit der großen Finanzkrise ist das private Geldvermögen weltweit um 61 Prozent gestiegen – beinahe doppelt so schnell wie die Wirtschaftsleistung.“
Die Welt stinkt vor Geld. Deutschland erst recht: aber es profitieren nicht die, die die Arbeit machen, sondern jene, denen der Staat per Staatsgewalt mit Zwang billigstes, degradiertes, entmenschtes Menschenmaterial zur Verfügung stellt. Hört sich schaurig an, wenn man das so formuliert, oder? Keine Sorge: es wird noch schlimmer.
Zu einem demokratischen Rechtsstaat gehört unbedingt auch die Gewaltenteilung zwischen dem Gesetzgeber, der durchführenden Polizeigewalt und dem Richteramt, das unabhängig die Maßnahmen auf Legalität überprüft. Funktioniert noch nicht immer überall perfekt, aber wir arbeiten dran.
Anderes Recht gilt für die Parasiten und Schmarotzer. Die „Junge Welt“ berichtet über neue Maßnahmen gegen die Verbrecherkaste der Arbeitslosen – und enthüllt interessante Aspekte (siehe Junge Welt):
„Die BA stellt in ihrer Dienstanweisung klar: »Die in einem OWi-Fall ermittelnden Sachbearbeiter besitzen weitgehend dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.« Sie sollen sich an deren Vorschriften, etwa der Strafprozessordnung, orientieren. Ausgenommen seien »lediglich schwere Eingriffe, wie freiheitsentziehende Maßnahmen«. Selbst wenn am Ende das Bußgeldverfahren eingestellt wird, so geht weiter aus der Weisung hervor, habe der Betroffene, obwohl »rehabilitiert«, seine Auslagen, etwa für einen Rechtsanwalt, selbst zu tragen. Nur auf Antrag könne das Jobcenter nach eigenem Gutdünken entscheiden, ob die Staatskasse doch dafür aufkommen könnte.“
Wir werden eines Tages uns selbst verfluchen, dass wir des Emporkommen solch einer Monsterbehörde nicht umgehend verhindert haben – denn hinter der Philosophie von Hartz IV steckt noch viel mehr als die Anmaßung von Staatsgewalt durch schlecht ausgebildetes Personal aus ehemaligen Bahn-, Post- und Friedhofsbeamten. Es ist eine einzige Behörde, die nach Gutdünken „Sanktionen“ verhängt – jene Sanktionen, die auch die Mehrheit der oben zitierten Gutachter des Bundesfinanzministeriums für unverzichtbar hält. Jene Sanktionen, die das Lebensminimun an Geld jederzeit ohne Gerichtsurteil auf Null fahren können – ein Umstand, den kein Massenmörder, Vergewaltiger oder Kinderschänder im Knast zu befürchten bräuchte. Die Behörde bestimmt die „Gesetze“ allein (also: den Sanktionsgrund), beurteilt ihre Legitimität allein und führt ihn auch allein durch: ein Staat im Staate. In einer demokratischen Zivilgesellschaft gehörte eine solche Behörde umgehend aufgelöst, weil sie sich von dem Boden der demokratischen Grundordnung entfernt – da sie aber Millionen Menschen Gewinne beschert, schert sich keiner darum. Jedenfalls keiner von denen, die Entscheidungsgewalt haben und an den so produzierten Reichtümern Gewinn machen … und das sind bis zu 70 Prozent der Bevölkerung.
Die soziale Pest schreitet immer weiter fort, wird Jahr für Jahr schlimmer: die Verlierer der Globalisierung werden Opfer der Verfolgung, als hätten sie selbst es zu verantworten, dass Arbeitsplatzabbau zum probaten Mittel zwecks Steigerung der Aktiengewinne geworden ist. Darf ich jetzt mal ein Zitat bringen?
„In den vielen Pflegeanstalten des Reiches sind unendlich viele unheilbare Kranke jeder Art untergebracht, die der Menschheit überhaupt nichts nützen vielmehr nur zur Last fallen, unendliche Kosten für die Verpflegung verursachen, und dabei ist keinerlei Aussicht vorhanden, daß diese Menschen je wieder gesund und nützliche Mitglieder der menschlichen Gemeinschaft werden können. Sie vegetieren dahin, wie die Tiere, sind asoziale, lebensunwerte Menschen, dabei sonst in den inneren Organen gesund und können noch viele Jahrzehnte leben. Sie nehmen nur anderen Menschen die Nahrung weg und bedürfen oft der zwei- und dreifachen Pflege. Vor diesen Menschen müssen die übrigen geschützt werden.“
Dieser Text, der ganz und gar den Geist moderner Broschüren aus dem Wirtschaftsministerium atmet, stammt aus dem Jahre 1940 – und beschreibt den Vorlauf zur Aktion T 4: der Vernichtung der Geisteskranken in den deutschen Pflegeheimen (aus: Götz Aly/Susanne Heim, Die Vordenker der Vernichtung, Hoffman und Campe, 4. Auflage 2004, Seite 268). Die Autoren sehen diese Aktion sogar als Test an, als Vorbereitung zur Massenvernichtung des Holocaust: ein Test, unter welchen Bedinungen das Volk solche „Maßnahmen“ aktzeptiert. Und die Vernichtung fing ganz langsam an:
„Als dann in den letzten Jahren vor 1939 der Ausbruch des Krieges in immer greifbarere Nähe rückte wurde uns bekannt, daß im Reichsinnenminiserium erwogen würde, im Kriegsfall die Insassen der Heil- und Pflegeanstalten für Geisteskranke, Epileptische und Schwachsinnige auf eine stark verkürzte Lebensmittelration zu setzen“ … was bedeutet, „sie einem langsamen, aber sicheren Hungertode auszusetzen“
Erst in Folge dieser Erwägungen wurde dann „vorsichtig vorgefühlt, wie die Innere Mission sich dazu stellte, wenn der Staat die Vernichtung bestimmter Kategorien von Kranken im Krieg … in Erwägung zöge“. (Aly, Heim, a.a.O., Seite 271).
Aly fasst die Quintessenz der Aktion T 4 wie folgt zusammen:
„Im Mittelpunkt des ersten, systematischen NS-Massenmordes stand die Definition der ökonomischen „Nützlichkeit“ eines Menschen.“ (Aly, a.a.O., Seite 268)
Der Kern des Holocaustes: die Reduktion des Wertes eines Menschen auf seine betriebswirtschaftliche Ausbeutbarkeit. Oder: die Verdrängung christlicher Urwerte durch die Betriebswirtschaft. Nicht mehr der Mensch steht im Mittelpunkt staatlichen Handelns, sondern der effektive Betrieb. Das Ziel?
„Daß der soziale Status Quo für die breite Mehrheit erhalten oder sogar verbessert werden sollte, indem eine als unbrauchbar definierte Minderheit ermordet oder wenigstens vertrieben wurde“. (Aly, a.a.O., Seite 270).
Damit es 70 Prozent besser geht, müssen 30 Prozent weg. Alte faschistische Lebensweisheit. 70 Prozent fanden die damals gut – und heute wohl auch. Diese Facette des Faschimus wird eher am Rande der Geschichtsschreibung erwähnt, wir mögen lieber die düstere Geschichte vom übermächtigen Lord Voldemort.
Wie liest sich das im Detail?
Nun – ein späterer Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums „verfaßt 1942 einen statistischen Bericht über die erste Phase dieser Morde unter dem Titel „Was ist bisher in den einzelnen Anstalten geleistet, bzw. desinfiziert worden“- „Desinfizieren bedeutet die Ermordung durch Gas.“ Großzügig berechnet er die Einsparungen bis ins Jahr 1951 – durch „Tötung der nicht arbeitsfähigen Kranken (der Statistiker bezeichnet das als „Leistung“) kommen die Einsparungen „an toten Kosten“ bezüglich Essen, Wohnungen, Kleidungen „auf mehr als 880 Millionen Reichsmark“ (Aly, a.a.O., Seite 269″).
Erstaunlich, wer alles der Entnazifizierung entkommen konnte. Außer den „Stars“ der Bewegung wohl fast alle.
Wird Ihnen jetzt unheimlich?
Nun – wahrscheinlich nicht, wenn Sie zu den gesegneten 70 Prozent gehören, die vom System mit einem unkündbaren Arbeitsvertrag verpflichet wurden – oder wenigstens noch einen Vollzeitarbeitsplatz mit lebensfähigem Gehalt haben. Sie gehören ja zu den Gewinnern. Den „Guten“ – wie auch der Autor dieser Zeilen hier.
Die anderen jedoch müssen sich die Frage stellen: wann greift die soziale Pest wieder soweit um sich, dass wieder „desinfiziert“ wird?
Wann das sein wird?
Nun – die Vorarbeiten zur Aktion T 4 stammen aus den zwanziger Jahren.
„Im Sommer 1939 schrieb der Leibarzt Hitlers, Theo Morell, für seinen mächtigen Patienten ein kleines Gutachten. Er bezog sich auf eine Umfrage, die in den frühen 20er Jahren unter den Eltern schwerbehinderter Kinder in Sachsen durchgeführt wurde. Die Eltern hatten die „rein theoretisch“ gestellte Frage, ob sie „in eine schmerzlose Abkürzung des Lebens ihres Kindes einwilligen“ würden, weit überwiegend mit „ja“ beantwortet“. (Aly/Heim a.a.O., Seite 273)
Ab 1933 kam dann eine politische Bewegung, die dieses kleine „ja“ in die Tat umsetzte.
Was ist also Faschismus?
Die Bewertung des Menschen nach seiner rein ökonomischen Nützlichkeit … mit allen Folgen. Faschismus – ist Betriebswirtschaft ohne Menschlichkeit. Etwas, das ich gerne als „soziale Pest“ bezeichnen möchte.
Kommt Ihnen das bekannt vor – aus den Entlassungswellen der letzten Jahrzehnte?
Wo stehen wir da jetzt gerade? Wann werden wir die Entsorgung unnützen Menschenmaterials intensivieren?
Das möchte ich nun Ihrer eigenen Einschätzung überlassen. Ich möchte dem Souverän dieses Landes nicht in seine Meinungsbildung hineinreden…