Die Lüge hat viele Schattierungen: Sie reicht von der direkten Unwahrheit bis zum kackfrechen Grinsen des Kanzlers, der eigentlich heulen oder zumindest tiefernst dreinblicken müsste -angesichts dessen, was seinem Land nun bevorsteht. Oder wie es Oskar Lafontaine jüngst ausdrückte: „Unvergessen ist die Pressekonferenz, auf der Joe Biden die Zerstörung der Gasleitung Nord Stream ankündigte, während der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz verlegen lächelnd wie ein geprügelter Hund daneben stand.“ (Quelle: Weltwoche via Nachdenkseiten)
Doch nicht nur die plumpe Lüge hat uns in den Würgegriff genommen. Besonders toxisch sind auch all die Halb- und Viertelwahrheiten, mit denen der wissbegierige Bürger heute bedient wird. Man könnte es auch das Wikipedia-Prinzip nennen: Man füllt die Köpfe mit Massen trockener Daten, denen der streng wissenschaftlich dressierte Intellekt zustimmen muss, lässt jedoch die eigentlichen Umstände weg oder verzerrt sie.
Was man als fernsehender Spiegelbildbürger keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen sollte: Auch das bloße Anpassen an vorherrschende Narrative ist eine Form der Lüge. Dass mittlerweile jeder berufstätige Mensch, der im herrschenden System nicht seine „Anerkennung“ verlieren möchte, gezwungen ist, bei der Lüge zu einem gewissen Grade mitzumachen, ist kein leicht zu lösender Spagat. Es ist schleichendes Gift, das wir uns damit jeden Tag tröpfchenweise zuführen. Ein Gift, das uns nicht nur die Würde raubt, sondern mit der Zeit auch die physische Gesundheit. „Der Lügenäther ist heute so dicht wie zu Zeiten des kalten Krieges nicht mehr“, konstatierte Peter Sloterdijk schon vor Ausbruch der Lügenorgie rund um „die Pandemie“ und den „anlasslosen Angriffskrieg gegen die Ukraine“.
Den Regierenden ist nicht bewusst, dass sie mit ihrem Versuch, die Lüge zu institutionalisieren und die Wahrheit auszuscheren (was heute, wie „Corona“ und „Ukraine“ gezeigt hat, dank technisch-medialer Übermacht durchaus möglich ist), das gesamte System in eine Art Selbstzerstörungsmodus geschaltet haben.
Um zu beurteilen, wie tragfähig unsere Gesellschaft ist, blicken wir vielzusehr auf vordergründige und in Wirklichkeit illusionäre Parameter wie Bruttoinlandsprodukt (BIP), Außenhandelsbilanz oder Inflation. Den eigentlichen Parameter, anhand dessen man untrüglich erkennen kann, ob sich eine Gesellschaft im Aufschwung oder im Niedergang befindet, haben unsere Volkswirtschaftsinstitute hingegen nicht am Schirm: Die Lüge, genauer gesagt, den in einer Gesellschaft vorhandenen Kampfgeist gegen die Lüge oder die Unterordnung unter diese. Eine Gesellschaft, die diesen Kampf kollektiv wie individuell weitgehend aufgegeben hat und stattdessen der Heuchelei und dem Selbstbetrug frönt, hat damit bereits die Einwilligungserklärung in den eigenen Untergang unterzeichnet. Solange sie diese Abwärtsbewegungsrichtung nicht umkehrt, hat sie keine Zukunft. Keine Leopard-Panzer und kein „Sky Shield“-System können sie schützen. Denn die Zersetzung droht nicht von Russland oder einem sonstigen konstruierten Feindbild, sondern sie wird von innen heraus erfolgen. Auch die künstliche Intelligenz, an die wir uns derzeit wie an einen rettenden Strohhalm klammern wollen, wird uns dabei nicht helfen. Sie wird sich sogar als Brandbeschleuniger bzw. als Treibsand erweisen, in dem vieles auf Nimmerwiedersehen verschwindet, was uns bisher lieb und teuer war. Ebenso wie die Begeisterung über neuartige Genspritzen wird auch die Begeisterung über die neuartige KI relativ rasch dahinschwinden und offene Münder hinterlassen.
Dass sich nicht nur die Regierenden, sondern auch die zivile Gesellschaft zu großen Teilen achselzuckend der Lüge ergeben hat, ist in Wirklichkeit die fatalste Zäsur in der gesamten Menschheitsgeschichte. So etwas hat es noch nie (*) gegeben. Bislang hatte jeder Mensch, der einigermaßen auf der Höhe der Kultur war, tiefe Abscheu vor der Lüge und hat auch alles unternommen, um sie um sich herum und vor allem: in sich selbst zu bekämpfen. Insbesondere, dass die führenden Intellektuellen und Philosophen einer Kultur sich als die vordersten Fahnenträger der Lüge verdingen, ist menschheitsgeschichtlich ein absolutes Novum. Frühere Philosophen hätten sich eher den Kopf abnehmen lassen.
Die Folgen dieser Zäsur werden daher auch dramatischer sein als alles, was Menschheit bisher erlebt hat. Doch das ist nicht nur negativ zu sehen. Immerhin werden wir uns damit auch eine bestimmte Erkenntnis teuer erkaufen, auf die eine neue Kultur wiederum ihre Zukunft bauen kann: Lüge, vermeintlich ein Kavaliersdelikt, ist in Wirklichkeit Mord: Man mordet mit jeder Lüge die Wahrheit. So wie es der ehemalige New York Times-Chefredakteur John Swinton ganz offen zugab: „Das Geschäft der Journalisten ist, die Wahrheit zu morden, zu Füßen des Mammon zu legen zum Zweck des täglichen Broterwerbs“.
Und die Folgen eines solchen – oft in bester Böhmermannlaune begangenen – Mordens sind vielfach weitreichender als das direkte Erschießen eines einzelnen Menschen. Kriege, Massaker, Pogrome, Hetzjagden, „ethnische Säuberungen“, der Holocaust … alle haben sie mit einer Lüge und hämischem Lachen begonnen.
(*) Anm.: Zum Einwand, dass wir doch auch schon zuvor allerlei Gräuel, Faschismus samt damit einhergehendes Mitläufertum etc. erleben konnten: Wenn ich sage, dass es so etwas wie derzeit noch nicht gegeben hat, dann denke ich an historisch größere Kategorien. Nach WK1, d.h. mit Beerdigung der Schiller & Goethe-Zeit und des deutschen Idealismus hat sich die intellektuelle Intelligenzia bereits in das fast aussichtslose Fahrwasser der Dekadenz begeben. Im menschlichen Geist gebildete Gedanken galten nur noch als neuronale Zuckungen eines Gehirns, dessen chemische Zutaten aus „evidenzbasierter“ Sicht die gleichen sind wie die eines Nagers oder eines Affen. Gedanken und in Konsequenz alle menschlichen Äußerungen waren damit – belanglos. Was dann in der NS-Zeit geschah, oder, in noch gewaltigerem, globalem Maßstab während des Coronuts-Impfernos, ist nur die Konsequenz dieser Dekadenz. Unserem Bildungsbürgertum wird diese Erkenntnis wenig schmeicheln, aber das Einsetzen des menschlichen Verfalls und auch der ökologischen Zerstörung zeitgleich mit dem Einsetzen des Intellektualismus im 14. oder 15. Jahrhundert lässt sich nicht übersehen.
Eigentlich müsste man noch weiter zurückgehen, aber dafür ist der Abend heute zu kurz. Man könnte die Vorlaufphase der später beschleunigten Dekadenz ruhig einige tausend Jahre zurückdatieren, obwohl sich der Mensch noch bis ins späte Mittelalter vielfach ein starkes inneres Ehrgefühl und Gewissen bewahrt hat. Lügen und Heucheln erlebte er als Reden mit gespaltener Zunge. Er spürte instinktiv, dass er sich durch Lügen und niederträchtige Handlungen menschlich entwertet und er in der nachtodlichen Welt, die ihm nur noch durch Tradition überliefert wurde, zu der er aber keinen unmittelbaren Zugang mehr hatte wie z.B. noch die griechische Kultur (nein, auch das erfährt der Big Bang-Follower nicht auf Wikipedia, aber dass es so war, weiß man, wenn man sich ein bisschen in Original-Schriftstücken aus dieser Zeit umtut) einen schweren Stand haben wird. Der antike Mensch fühlte noch die Unehre und existenzielle Schande, die er sich mit jeder Lüge eingravierte, unabhängig davon, ob er damit vor den jeweiligen Machtverhältnissen durchkam oder nicht. Als „Furien“ und „Erynnien“ bezeichnete er die für ihn ganz konkret erlebbaren Schattengebilde, die ihn in seiner Seele begleiteten und plagten, nachdem er sich zu einer schändlichen Handlung oder einer Lüge hinreißen ließ.
Heute sind der massenmediale Rausch und der Beschallungspegel so hoch, dass niemand mehr diese Furien bewusst erlebt. Sie sind aber trotzdem noch da, werden heute sogar in weitaus größeren Massen erzeugt als jemals zuvor. Laut psychologischer Statistik gelten in Industriestaaten wie hierzulande ca. zwei Drittel der Bevölkerung als psychisch krank, ohne Psychopharmaka können viele nicht mehr arbeiten und nicht mehr schlafen. Wenn die Furien sie nicht einschlafen lassen, da die Tagesbilanz des persönlichen Matches Lüge vs. Wahrheit wieder einmal verheerend war und der Abstieg in die Unterliga vor Augen steht, dann helfen nur noch Psychopax oder schwere Neuroleptika. Doch seien wir nicht so mieselsüchtig. Im Gegenzug darf dann immerhin der Aktienwert der Pillenproduzenten steil ansteigen. Das ganze Desaster hat also einen durchaus positiven Effekt auf das BIP. Und solange das BIP brummt, können viele Leute SUV fahren und sich einreden, dass es ihnen ja eigentlich noch ganz gut geht.
Zurück aber zur Dekadenz der Philosophen und Intellektuellen. Spätestens seitdem sogar der vielgeehrte Überflieger Noam Chomsky allen Ernstes ein Aushungern derjenigen Menschen gefordert hat, die sich einer experimentellen Impfung verweigert haben, deren Zulassungsstudien dermaßen haarsträubend waren, dass die Hersteller sie für 75 Jahre, also bis ans Lebensende aller derzeit denkfähigen Bürger gesperrt haben wollten, kommen ja viele, die sich am zeitgenössischen Intellektualismus ergötzt haben oder die sich sogar selbst als Intellektuelle bezeichnen würden, ins Grübeln. Wenn man mitbekommen hat, wie sogar ein Harald Welzer oder Ilija Trojanow (Autor von respektablen Werken wie „Angriff auf die Freiheit“) quasi über Nacht im Chor mit David Hasselhoff, Udo Lindenberg und den Antifa-Schlägertrupps ihre Mitmenschen in die Impfnadel getrieben haben, dann weiß man, dass wohl die letzten vermeintlichen Dämme der Intelligenz gebrochen sind.
Es gab zwar auch in der Neuzeit einzelne Leuchttürme wie Erich Fromm oder Viktor Frankl, die uns vor dem, was derzeit abgeht (der Nekrophilie, der Entindividualisierung und dem Reduktionismus des Menschen), gewarnt haben. Sie waren aber mehr wie Rufer in der Wüste. Das Ideal des Homo sapiens war bereits aus der Mode gekommen. Der Prototyp des Homo soeder hatte für das vom Förderband der Universitäten laufende Personal deutlich mehr Sexappeal.
Aber wie sollten sie auch anders? Was unterscheidet einen heutigen Intellektuellen noch von einem sonstigen konzernwirtschaftlichen Hand- bzw. Kopflanger?
Sie gehen in dies gleichen Schulen und Universitäten, lesen die gleichen Zeitungen, schauen das gleiche Programm, pflegen den gleichen SUV-Lebensstil, essen in den gleichen Hotels, werden meist sogar aus den gleichen Töpfen bezahlt.
Doch wie ich schon schrieb: Das annähernde Totalversagen der heutigen Intellektuellen hat auch einen positiven Effekt: Viele „normale“ Bürger sagen sich nun: „Moment mal, wenn ich mit meinem bescheidenen Hausverstand SELBST denke, dann liege ich ja schon mindestens 10 mal richtiger als mit dem, was diese verdrosteten Doktores und Meinungsführer verkünden – die bei jedem Statement, das sie formulieren, eine dreifache Rückgratverkrümmung veranstalten müssen, um in einem mittlerweile durch und durch heuchlerischen System der Political Correctness nicht versehentlich an der Wahrheit zu schrammen und damit ihre „Reputation“ zu verlieren.
Insofern: Es bleibt spannend. Das derzeit beobachtbare Abbrennen vermeintlich ehrwürdiger Institutionen und Idole ist auch eine große Chance.
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