Politik

Unangemeldeter Polizeibesuch beim Nachrichtenspiegel – update: Deutschland im Wahn

Von hier aus gelangen Sie auf die Autorenseite von und koennen alle kommenen Artikel mit "Link speichern unter" abonieren.

Mittwoch, 26.4.2023. Eifel. Vor genau sechs Monaten verabschiedeten wir uns und stellten den Nachrichtenspiegel – der nun im vierzehnten Jahr besteht – ein. Der Hintergrund ist bekannt: eines Morgens standen nette und überaus freundliche Polizeibeamte vor der Tür, laut Ausweisen aus Krefeld. Sie wollten mit uns über den Nachrichtenspiegel sprechen – wirkte etwas wie jene, die an der Tür klingeln, um über Gott zu reden. Sie legten eine bedrohlich wirkende Akte auf den Tisch und plauderten munter daher, wollten dies und das wissen – vor allem aber, mit welchen politischen Gruppierungen wir sonst noch so zu tun haben. Hätten sie mal mich gefragt, hätte ich ihnen gleich eine Antwort geben können, jenseits aller Vermutungen, Verdächtigungen und Unterstellungen: mit keiner! Wie es sich für Journalisten gehört – auch für jene, die sich dem Feld „politischer Kommentar“ widmen – machen wir uns mit nichts und niemandem gemein, stehen kritisch jeder Form von Macht gegenüber: der Staatsmacht, der Wirtschaftsmacht, der Wissenschaftsmacht und den gesellschaftlichen Mächten. Als „vierte Macht“ ist es Aufgabe des Jounalismus, die anderen Mächte zu beobachten und genau hinzuschauen, ob da nicht was schräg wachsen könnte. Natürlich ist man da sensibler … wie die Feuerwehr, die schon kritisch schaut, wenn man Zigarettenkippen in den Papierkorb wirft: da muss nicht sofort was passieren, da kann aber was passieren – und wenn da was passiert, ist Holland in Not, dann sind schnell Sachwerte in Gefahr, Menschenleben – vielleicht sogar ganze Stadtteile. Das möchte man nicht, darum schaut man etwas vorsorglicher und fürsorglicher, daran ist nichts verwerfliches, erst recht nicht in Deutschland, das schon erleben durfte, was passiert, wenn Macht entgleist, unkontrollierbar ist und wenn die Mächtigen eine tödliche Allianz bilden, um sich „unerwünschter Elemente“ zu entledigen.

Man hätte auch selber darauf kommen können: immerhin steht was in unserem Titel: „Nachdenkmagazin“. Wir möchten zum Nachdenken anregen. Wissenschaftlich. Auch mit etwas Humor, unterhaltsamerer Sprache: ein Hobby von zwei Rentnern, die sich – sozusagen ehrenamtlich – an der Meinungsbildung der demokratischen Bundesrepublik beteiligen. Wer denkt, wir wären Agenten irgendeiner gesellschaftlichen Gruppe, der irrt gewaltig – und scheint auch intellektuell schnell überfordert zu sein.

Was nun erwähnt werden darf, ist die enorme Flut von Hilfsangeboten, die wir erhalten haben – auch finanzieller Art. Auf die großen Angebote haben wir erstmal nicht zurückgegriffen, keine großen Solidaritätsaktionen befördert – uns reichte, das ein Anwalt Akteneinsicht beantragen konnte … nur: es gab keine Akte, wie ich schon erwartet hatte. In dem Ordner, der auf dem Tisch lag, waren wohl nur die Bildzeitungen der letzten Wochen, um Eindruck zu machen, um einzuschüchtern … oder um sich selbst sicherer zu fühlen. Womöglich war den Beamten das sogar gar nicht lieb, dass sie dort auflaufen mussten, um … womöglich Reichsbürger zu entdecken.

Als hätten wir uns nicht schon genug zu Reichsbürgern geäußert, ich warte schon seit Jahren auf die Antwort auf meine Frage, welches Reich denn da entstehen soll: Kaiserreich, Drittes Reich, Himmelreich? Es sind einige Menschen darunter, denen ich keine üblen Absichten unterstellen möchte: schon in den siebziger Jahren kursierte ein Buch unter den kritischen Bürgern, in dem ein Oglala-Sioux uns davor warnte, dass nur Stämme unsere Wirtschaftsordnung überleben werden (siehe Vine Deloria, von Beruf Rechts- und Politkwissenschaftler bei Buch24): womöglich versucht da jemand aus Angst und Sorge vor der gesellschaftlichen Entwicklung Stämme zu Formen – Freundeskreise – die sich in Notzeiten unterstützen können … sozusagen Bürgergewerkschaften. Das da auch Könige herumlaufen – nun ja: wir hatten in Aachen mal einen Arbeitslosenkönig gewählt … ein entsprechender Zeitungsartikel ist leider im Netz nicht mehr aufzufinden, aber ich habe ihn persönlicher mehrfach getroffen- auf ein paar Bier in Aachen. Ein feiner Mensch – viel zu früh gestorben. Und auch sonst ist Deutschland voll von Prinzen, Prinzessinnen und anderen Narren, wenn die närrische Zeit wieder irre Zustände hervorruft: obwohl es mir persönlich lieb wäre, werden die auch nicht von der Polizei aufgesucht.

Nun könnte man ja sagen: dann ist ja doch alles in Ordnung. Keine Akte, keine Anschuldigungen, keine Beweise … kein Problem.

Aber nicht für uns.

Wir haben eine sehr heterogene Leserszene, ich kenne immer mehr persönlich. Viele Akademiker, viele Unternehmer, Handwerker, Arbeitslose, Rentner, Politiker, Bundeswehrangehörige, Rechtsanwälte, Hausfrauen – sogar ein hochrangiger Politoffizier aus Brüssel ist darunter. Hier lesen Wähler der CDU, der CSU, der SPD, der Linken, der AfD, Kommunisten, auch mal ein echter Nazi (ja, dieser „Honigmann“ und seine Szene – die haben wir aber verscheucht, hoffe ich), Anarchisten … aber zumeist Menschen, die eine Freude daran haben, selber zu denken, sich selbst aus der Flut der Informationen ein Bild der Welt zu machen, um Entscheidungen für die persönliche Zukunft fällen zu können, wie es für den Souverän dieses Landes selbstverständlich sein sollte.

Und die Förderung des eigenen Denkens scheint in einer Demokratie dringend geboten – immerhin sind WIR, die Gemeinschaft der Bürger, der Souverän dieses Landes, aller Gewalt geht ursprünglich von uns aus – auch wenn man das immer weniger merkt.

Darf ich daran erinnern, das unsere Denkkompetenz vielerort schon öffentlich in Frage gestellt wurde? Stefanie Bonner: Generation Doof. Frank Schirrmacher: Ego. Thomas Wieczorek: Die verblödete Republik. Und nicht zu vergessen: Neil Postman – Wir amüsieren uns zu Tode. Alles Bücher – bitte selber recherchieren – die ein gewaltiges Problem der demokratischen Zivilgesellschaft benennen: die Menschen werden dümmer. Das wird sogar von der Wissenschaft bemerkt: der IQ sinkt seit Jahren (siehe Focus). Die Intelligenzforschung ist sich noch unschlüssig, wo das herkommt – ich würde aber mal die oben genannten Bücher zu Rate ziehen – auf Wunsch kann ich noch ein Dutzend mehr liefern.

Niemand unserer Leser – auch nicht die Anhänger der Regierungskoalition – hat verstanden, warum wir die Polizei im Haus hatten. Niemand hat uns beschwichtig und gesagt: ihr reagiert über, das ist doch nicht so schlimm. Niemand. Kein politisches Lager machte sich auf, diese Polizeiaktion zu verteidigen … aber es war zu spüren, dass sich Verunsicherung und Angst breit machte. In dem Zusammenhang: vielen Dank für die vielen Angebote für Fluchtwohnungen … aber mal ehrlich: wenn Menschen wir wir flüchten müssen, dann kann bald jeder das Land verlassen. Wir sind ganz normale Menschen, die sich dem alten Erziehungsziel „Selbstverwirklichung in sozialer Verantwortung“ verpflichtet fühlen – und der Nachrichtenspiegel ist unser Beitrag dazu. Wir nehmen – noch – kein Geld (diskutieren aber darüber, ob wir nicht irgendwas einrichten. wo sich Geld sammelt, auf das wir  zurückgreifen könnten, wenn die Mächte und Gewalten der Welt wieder durchdrehen), arbeiten also im viel geschätzten „Ehrenamt“.

Was diese Aktion bedeutet – für uns – das die Exekutive (wie auch immer organisiert) – ohne Kontrolle durch die Lande marschiert und Bürger verunsichert. Wer politische Bildung genossen hat, weiß, in welche Richtung wir uns da bewegen: woanders nennt man das Polizeistaat. Wo die wissenschaftliche Methode „These-Antithese-Synthese“ empfiehlt, gelten in solchen Gemeinschaftsformen andere Gesetze: These – und bei Antithese Polizeibesuch.

Wir formulieren aber gerne Antithesen – auch, wenn sie nicht immer unsere eigenen Überzeugungen darstellen. Hatte ja vor allem ich oft, dass Leser gemerkt haben, dass ich auch gegensätzlicher Positionen darstelle – umfangreich. Gehört zur wissenschaftlichen Methodik – und wenn ich der Meinung bin, dass mir da zu wenig Antithese in der Öffentlichkeit ist, formuliere ich sie eben selber. Und da ist reichlich zu tun, denn: so langsam merkt die meisten, das dieses Land im Wahn versinkt: Wahn, der die natürliche Folge grassierender Dummheit ist und in der Geschichte schon oft für grässliche Massaker sorgte – darf ich an die jahrhundertelangen Hexenverbrennungen erinnern – oder die ebensolangen Judenverfolgungen, die hier, in diesem Land, ein grausames Finale erlebten?

Und sie sind wieder da, die Hexenjäger, mit grausamen Forderungen. Nur mal ein Beispiel, wie unsere Spaßjünger denken: locker, flockig, attraktiv aber mit einem Hang zur Massenvernichtung. Ulknudel Sarah Bosetti äußerte sich auf Twitter wie folgt (siehe Twitter):

„Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes.“

Würde man nicht glauben, wäre es nicht weit diskutiert worden und immer noch im Netz zu finden. Eine ähnliche Sprache gab es schon mal (siehe web.de):

„Der Jude ist der eiternde Blinddarm im Körper der Menschheit“ – so der SS-Arzt Klein. Gruselig, die Ähnlichkeiten, oder? Das passiert, wenn sich Generation Doof an Politik versucht.

Gibt aber noch mehr dazu (gleiche Quelle):

„Jede Form des Mitgefühls, jede Form von Erbarmen war damit ein Beweis der Schwäche“, erklärt Rees. „Die Grundwerte der SS – bedingungslose Loyalität, Härte, Schutz des Reiches vor inneren Feinden – wurden fast zur Ersatzreligion, es war eine besondere und leicht verdauliche Weltsicht“

Kommt einem bekannt vor, oder? Diese Härte. Gegen Querdenker, Ungeimpfte, „Friedensschwurbler“ und alle Arten von Menschen, die keine bedingungslose Loyalität gegenüber der Obrigkeit zur Schau stellen – die Härte der SS ist wieder gesellschaftsfähig geworden. Oder? Und die per Gesetz finanziell gut versorgten Schreiberlinge gefallen sich daran, sich mit dieser Härte öffentlich zu positionieren – wie dieser wilde Irokese vom Spiegel (ist das nicht diese verpönte „kulturelle Aneignung“?). Man möchte wieder hart durchgreifen, wünscht sich Autokratie – aber nicht nur dort. Die von vielen Querdenkern geschätzte Kinderärztin Dorothea Thul, die in einem bei Andrea Schwemmer zu findenden You-Tube-Video offen eine Militärregierung fordert: der Wahn ist nicht nur bei den politisch Mächtigen zu finden (sowas verlinke ich nicht, bitte selber suchen, ist nicht schwer).

Deutschland ist wieder im Wahn. Corona-Wahn, Impfwahn, Kriegswahn. Die wissenschaftliche Debatte ist per Machtentscheid außer Kraft gesetzt worden, die Vierte Macht – die Medien – wurden gekauft – nicht nur von den Millionären, auch das Bundeskriminalamt ist mit 50000 Euro dabei – aber auch sonst wird gut geschmiert (siehe Tagesschau):

„Seit 2018 hat die Regierung mindestens 1,5 Millionen Euro für Moderationen, Texte, Lektorate, Fortbildungen, Vorträge und Veranstaltungen von Journalistinnen und Journalisten ausgegeben, so ging es aus einer Kleinen Anfrage hervor. Laut Bundesregierung flossen demnach etwa 900.000 Euro an Journalistinnen und Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des Auslandssenders Deutsche Welle, weitere rund 600.000 Euro an Mitarbeitende privater Medien.“

Dazu kommt der ökonomische Druck der Journalisten (von 2015: siehe ejo-online). Auch Wissenschaftler sehen die Entwicklung kritisch (von 2016: siehe Deutschlandfunkkultur) – und sogar Claudia Roth von den Grünen zieht da mit … und gibt als Regierung den Journalisten 2,3 Millionen, damit sie unabhängig werden (von 2022 – siehe Cicero). Generation Doof versucht Politik, ich sagte es schon.

Wir werden – sofern es die Zeit zuläßt – auf jeden Fall wieder weiterschreiben. Aus Gewissensgründen. Weil es notwendig ist. Weil Menschen es von uns wünschen, uns vermissen und unsere Art der Arbeit schätzen. Und wen das stört: man denke einfach, das hier ist Satire.

Ernst nehmen kann man den Wahn doch wohl wirklich nicht, oder?

PS: ich diskutiere ja gerne mit Lesern. Das ist für uns hier aus datenschutzrechlichen Gründen nicht leistbar: zuviel Arbeit. Habe deshalb eine Filiale auf Facebook aufgemacht, um das Gespräch und die persönliche Begegnung möglich zu machen – dort bin ich aber im Autorenstreik. Der Grund? Bin bestraft worden, weil ich geschrieben hatte, das die Pandemie vorbei sei. Einen Tag später stand das in der Tagesschau. Deutschland im Wahn. Sagte ich schon, oder?

PS 2: Sarah Bosetti hat sich zu ihrer Aussage geäußert (siehe wr): „Blinddarm ist kein Nazi-Wort. Zu Nazi-Rhetorik wird es erst da, wo man Menschen als zu entfernende und vernichtende Krankheit degradiert. Und – Überraschung! – das habe ich niemals getan.“ Überraschung: das hat sie doch getan. Einfach mal nachdenken: was macht man mit so einem Blinddarm? Man operiert ihn restlos ´raus, weil er keinen Nutzen im Körper hat. Und wenn man darüber reflektiert, dass ein Drittel der Bevölkerung wie ein Blinddarm ist – was möchte man dann wohl mit denen anstellen? Na?

Und ja: die Spaltung der Gesellschaft ist immer was schlimmes.

Immer.

Ist der erste Schritt zur Vernichtung der Schwächeren.



Die letzten 100 Artikel