Dienstag, 15.3.2022. Eifel. Was für ein Jahr: plötzlich und unerwartet – fast wie eine Impfstoffnebenwirkung – erwischt uns ein militärischer Konflikt. Jedenfalls: für manche plötzlich und unerwartet. 2014 habe ich eine Artikelserie über den Ukrainekonflikt beschrieben, in der ich auch Militärexperten zitieren konnte, die klar sagten: ohne die Ukraine ist Moskau und damit Russland nicht zu verteidigen. Mir fehlt es an Zeit, Lust und Ehrgeiz, diese ollen Kamellen wieder auszugraben – aber sie wären leicht zu finden. Seitdem ist mir klar, dass die Nato von der Ukraine die Finger lassen sollte, denn sonst … bleibt Russland nichts anderes übrig als zuzuschlagen, bevor man ihnen das Wasser ganz abgräbt. Das ist keine Rechtfertigung eines Angriffskrieges, wie einem heutzutage gerne unterstellt wird, sondern nur eine Denksportaufgabe im Rahmen geostrategischer Überlegungen, die von den Mächtigen der Welt in vielen Think-Tanks Tag für Tag angestellt werden, um die Politik zu beraten. Dabei ist es übrigens völlig egal, ob der Herrscher Russlands Putin, Potin, Patin oder sonstwie heißt: jeder mit dem Auftrag den Fortbestand Russlands zu garantieren und für die Sicherheit der russischen Bevölkerung zu sorgen, müsste zwangsläufig logisch so handeln – sogar Ghandi … obwohl dessen Methoden sicherlich anders wären. Ob die Methoden allerdings gegen ausgewiesene faschistische Mörderbanden funktionieren würden, ist unter Konfliktforschern bis heute sehr umstritten.
Acht Jahre später haben wir diesen Krieg – mit einer enormen Propagandaschlacht, die tagtäglich in den Medien zu beobachten ist – bis hin zu der Fordernung eines tschechischen Botschafters, der fordert, das ganze russische Volk ins Visier zu nehmen – nicht nur ihren Präsidenten (Quelle: WDR, Mittagsecho letzte Woche). Wir bräuchten aber keinen tschechischen Botschafter, der uns sagt, was wir zu tun haben: wir Deutschen können Rassismus ganz allein durchsetzen: da brauchen wir keine Hilfe – die Übergriffe gegen Russen in Deutschland nehmen langsam überhand (siehe Taz).
Was jeder Präsident Russlands als Erbe mitbekommt, sind die Kreuzzüge des Westens gegen Russland. Klar – es gab auch Mongolen, aber die „zivilisierte Welt“ der Demokratien war da auch nicht ohne – beginnend mit dem Russlandfeldzug der französischen Armee und ihrer Verbündeten unter Napoleon 1812, gefolgt von dem Krimkrieg (eigentlich ein viel größerer Krieg, der durch den Zusammenbruch des osmanischen Reiches initiiert wurde – einem Reich, dass dann von Frankreich und Großbritannien gegen Russland unterstützt wurde – was den ersten industriellen Krieg in Europa bedeutete), dem Überfall Deutschlands (Kriegserklärung an Russland 1.8.2014) im ersten Weltkrieg (5,5 Millionen tote russische Soldaten), dem Einfall britischer, französischer, amerikanischer, griechischer und tschechischer Truppen ab 1918 in Russland im Kampf gegen die Rote Armee (die alles gewann), dem Überfall der Nationalsozialisten 1941 und der Kalte Krieg ab 1945 … der Überfall der Japaner 1904 (große Niederlage der Russen in Asien) und die weiteren Kämpfe dort im Rahmen des russisch-japanischen Grenzkonfliktes von 1937 (gewonnen von der Roten Armee) dürfen ebenfalls Berücksichtigung finden. Das sind die Fakten, die jedes russische Kind aus dem Geschichtsunterricht kennen dürfte – jeder russische Politiker, jeder General, jeder Stratege ebenfalls: die großen Mächte des Westens haben in über 200 Jahren bewiesen, dass sie Russland nicht wohlgesonnen sind.
Nun hätte es eine Chance für Frieden gegeben … aber die großen Demokratien des Westens haben kein Interesse daran. Ihre Bürger – ja. Ihre Verfassungen – auch. Aber der militärisch-industrielle Komplex führt schon lange ein Eigenleben – vor allem in den USA – denen die Demokraten nicht Herr werden – worüber sogar die Bundeszentrale für politische Bildung informieren durfte (siehe bpb):
„Nach dem Ende des Kalten Krieges haben die USA die Chance einer Friedensdividende verspielt, wie die dramatische Aufstockung ihres Verteidigungshaushaltes belegt. Die Gefahren, die von dem neuen miltärisch-industriellen Komplex ausgehen, sind beachtenswert.“
Sogar US-Präsidenten hatten vor diesem Komplex gewarnt:
„In seiner Abschiedsrede warnte Präsident Dwight D. Eisenhower 1961 vor einem „militärisch-industriellen Komplex“, der mit dem Kalten Krieg herangewachsen sei. Eine Interessenverbindung aus Berufsoffizieren und Rüstungsindustrie estrecke ihren Einfluss auf alle Städte, Parlamente und Bundesbehörden im Land“
Es ist dieser Komplex, dem man in Verschwörungstheorien (der Begriff ist eine Erfindung der CIA) auch den Mord an Kennedy oder die Mitwirkung an nine-eleven zutraut – aber selbst davon abgesehen stellt er eine Macht die, die beständig an militärischen Auseinandersetzungen interessiert ist – aus rein wirtschaftlichen Gründen: man kann da super verdienen.
Man braucht schon diese historischen Hintergründe, um zu verstehen, warum Russland so sensibel auf Einmischungen reagiert – und nervös wird, wenn der Komplex wieder aktiv wird wie in der Ukraine. Womöglich hat man noch die Konflikt um Georgien in Erinnerung, wo 130 US-Militärberater mit unklarer Funktion anwesend waren, das Präsident Saakaschwilli die abtrünnigen Provinzen angriff – mit Unterstützung diverser „Militärdienstleister“ (siehe Tagesschau). Saakaschwilli floh vor der Staatsanwaltschaft (er hatte das Verprügeln eines Oppositionellen angeordnet) in die USA – und tauchte kurz danach in der Ukraine auf, wo der Governeur von Odessa wurde. Inzwischen wurde er jedoch in Georgien verhaftet, wo man ihn zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt hatte (siehe Wikipedia). Es war der Oligarch und Präsident Poroschenko, der Saakaschwili in die Ukraine holte – angeblich zur Korroptionsbekämpfung (siehe Deutschlandfunk), einen Kampf, den der Oligarch immer versprochen, aber nie geführt hatte (siehe Zeit). Besonders spannend: seine Parole zur letzten Wahl: Armee, Sprache, Glaube (siehe ukraine-verstehen), ein Programm mit antirussischer, womöglich ins Rassistische gehenden, unter anderem beleidigenden Ausrichtung gegen Russland. Gut – die Wahl hat er damit nicht gewonnen, aber auch sein Nachfolger führte den Kreuzzug gegen das Russische fort, in dem die ukrainische Sprache per Gesetz verpflichtend wurde (siehe Deutschlandfunk).
Für uns normal – immerhin hatte unser Musterpräsident Gauck mit Poroschenko gute Beziehungen – so gut, dass er mit ihm am „Marsch der Würde“ in Kiew teilnahm (siehe Stuttgarter Zeitung) und ihm deutsche Unterstützung zugesichert hatte (siehe Süddeutsche Zeitung) – wohl ohne an jene zu denken, die im 2. Weltkrieg durch Armee, Glaube und Sprache 20 Millionen Opfer zu beklagen hatten – allerdings durch deutsche Armeen, deutsche Sprache und deutschen Glauben.
Wie wird man das in Moskau aufgefasst haben, als wieder einmal amerikanische Militärberater in der Ukraine auftauchten (siehe wsws von 2015) – oder als bekannt wurde, dass die USA gezielt nach Genmustern von Russen gesucht hatten – im Zusammenhang mit einer brisanten Strategieempfehlung US-amerikanischer Thinktanks (siehe Heise):
Eine fortgeschrittene Form der biologischen Kriegsführung, mit der auf spezifische Genotypen ‚gezielt‘ wird, kann die biologische Kriegsführung aus dem Reich des Terrors zu einem politisch nützlichen Werkzeug transformieren.“
Ein biologisches Genozidprogramm für Russen? Den Heise-Artikel von 2018 sollte man ganz lesen – es gibt auch Patente für Drohnen, die biologische Waffen via Mosquitos verteilen können – und Informationen über biologische Labore in Georgien, die zum Gruseln geeignet sind:
„Die US-Botschaft in Tblisi transportiert gefrorenes menschliches Blut und Pathogene als Diplomatenfracht für ein geheimes US-Militärprogramm. Interne Dokumente, denen zufolge US-Diplomaten unter diplomatischem Schutz Transporte und Experimente mit Krankheitserregern durchführen, wurden mir durch georgische Insider zugespielt. Diesen Dokumenten zufolge wurden Wissenschaftler des Pentagon in die Republik Georgien gebracht und ihnen diplomatische Immunität verschafft, um tödliche Krankheiten und stechende Insekten im Lugar Center – dem Biolabor des Pentagon in Georgiens Hauptstadt Tbilisi – zu erforschen.“
Dilyana Gaytandzhieva“
Und auf einmal bekommt die Debatte über US-Labore in der Ukraine eine ganz andere Dimension. Übrigens befand sich auch in Kasachstan ein Beulenpestlabor (siehe Vice), das sich womöglich während der dortigen Unruhen für kurze Zeit in den Händen von Demonstranten befand (siehe Kronenzeitung). Die Zahl solcher Labore der USA ist übrigens ständig gewachsen – auf inzwischen 1500 – trotz der großen Gefahr, die von ihnen ausgeht (siehe Ärztezeitung). Aber dank Victoria Nuland (bekannt durch ihre Aussage: Fuck the EU – siehe Welt) wissen wir ja jetzt, dass es da wirklich Labore in der Ukraine gab (siehe Welt) – natürlich nur als Schutz vor biologischen Waffen anderer unbekannter böser Mächte. Klar – wie immer. Der Einsatz solcher Waffen ist allerdinge schon lange streng verboten.
Was macht man eigentlich in solchen Verteidigungslaboren? Nun – das wissen wir doch durch die Forschungen in Rotterdam (siehe: Lungenärzte im Netz):
Die Viren waren von Ron Fouchier (Erasmus Universität in Rotterdam/Niederlande) und Yoshihiro Kawaoka (US-Universität von Wisconsin-Madison) hergestellt worden. Beide Teams entdeckten, dass es nur weniger Genveränderungen (Mutationen) bedurfte, um den tödlichen Erreger unter Säugetieren – einschließlich Menschen – hochansteckend zu machen.
Es handelte sich dabei um…
„….den Vogelgrippe-Erregers H5N1, die sich über die Atemluft zwischen Säugetieren übertragen und Infizierte meist innerhalb kurzer Zeit töten“ kann.
Dagegen ist Corona ein Witz.
Reicht das, um zu verstehen, dass Russland maximal nervös wird – werden muss? Unabhängig von jeder Art von Präsidenten und politischem System?
Es wäre gut, wenn wir das verstehen würden, denn: der Krieg eskaliert weiter – aber anders, als sich die Nato wohl gewünscht hätte. Russland – und nicht Putin – hat mehr Sympathisanten, als man wohl angenommen hatte – und der miltitärisch-industrielle Komplex bekommt nun eine Quittung für Dutzende Kriege, Überfälle und Interventionen der letzten 70 Jahre.
Indien – eine Atommacht mit 1,3 Milliarden Menschen – hält zu Russland (siehe Wiwo).
China – eine Atommacht mit 1,4 Milliarden Menschen – weigert sich die westliche Sicht zu teilen (siehe Tagesschau).
Viele arabische Länder zeigen unverhohlen ihre Sympathie mit Russland (siehe Weser-Kurier). Die neue Allianz zwischen Saudi-Arabien und China bedroht gar die gesamte Energieversorgung des „freien Westens“ – besonders brisant, seitdem man russisches Öl nicht mehr haben will (siehe Süddeutsche Zeitung). Da droht den Autofahrern in Deutschland, Europa und den USA ein Spritpreis von Null Euro pro Liter – weil es gar kein Öl mehr gibt. Der Kauf von stabilem Schuhwerk scheint angeraten.
Fogen dieses Wahns? Schon jetzt erkennbar: Hungersnöte drohen – die Nahrungsmittelversorgung weiter Teile Afrikas ist in Gefahr – auch aufgrund westlicher Sanktionen (siehe Tagesschau).
Reicht da erstmal, um die Dimensionen dieses kleinen Konfliktes um die Ukraine zu verstehen – eines Krieges, in dem weite Teile unserer eigenen Bevölkerung sich instrumentalisieren lassen (siehe Heise), in dem auch Deutschland mit Freiwilligen Ukraine-Kämpfern vor Ort ist (siehe Tagesschau) und in dem auch in Deutschland in erstaunlich kurzer Zeit außerordentliche Häßlichkeiten auftreten – wie die Zwangsprostitution ukrainische Geflüchteter und die gnadenlose Ausbeutung ihrer Arbeitskraft (siehe Junge Welt).
Es erinnert etwas an den spanischen Bürgerkrieg, den Vorläufer des Zweiten Weltkrieges. Diesen Dritten Weltkrieg – der gerade jetzt direkt vor unseren Augen beginnt – werden die Natoländer aber wohl nicht so leicht gewinnen wie die Alliierten den Krieg gegen Nazi-Deutschland. Sie sind geostrategisch eher mit dem Deutschen Reich gleichzusetzen: legen sich mit einer überlegenen Umwelt an … haben aber kein Öl für Schiffe, Panzer und Flugzeuge.
Schon jetzt kann man sagen: das ist das Ende für Europa – und womöglich sogar für die mächtige USA.
„Fuck the EU“ – wird 2022 Realität.
Aber wem sage ich das: die Preisentwicklung für Öl, Benzin, Gas, Lebensmittel zeigt uns, wohin unsere Reise geht.
Oder?