Technik

Endzeit-Poesie 4.0: Stirb, Herz, oder schwurble! (Über die Philosophie des Todes – und des Lebens)

Von hier aus gelangen Sie auf die Autorenseite von und koennen alle kommenen Artikel mit "Link speichern unter" abonieren.

„Das Staunen ist das Fundament der Philosophie, Fragen ihr Fortschritt, Ignoranz ihr Ende.“
(Michel de Montaigne)

Was Montaigne hier ausspricht, ist eines der bestgehüteten Geheimnisse unseres intellektualistischen Zeitalters. Denn mit nichts kann man die Menschen mehr an der Oberfläche und am Gängelband der Experten halten wie mit dem Credo der „evidenzbasierten“ Faktenfanatik. „Wer nichts weiß, muss alles glauben“, trällern die Faktenfanatiker von ihren Spottdrosseldächern, die ihr Immer-Mehr-über-immer-weniger-Wissen inzwischen so weit getrieben haben, dass sie nun Alles über Nichts wissen und komplett frei drehen. Dreht man ihnen den Bildschirm und den Strom ab, und dieser Zeitpunkt rückt näher, dann hat man die armseligsten und hilflosesten Menschen vor sich, die jemals das Erdenrund bevölkerten.

Sie mögen jetzt noch so glucksend über „antiwissenschaftliche Schwurbler“ lachen und sich am Zenit des Wissens dünken, das in den Geschichtsbüchern der Zukunft einmal als der größte und zerstörerischste Aberglaube vermerkt sein wird – es ist ein grausames Schicksal, dem sie entgegengehen. Wer diesem Sog der Hybris und szientistischen Sklerose, der heute zweifellos gewaltig ist und dem sich womöglich nur eine Minderheit entziehen wird können (siehe Dostojewskijs Traum von der szientistischen Pest) entkommen möchte, muss andere Wege einschlagen. Das bewusste Kultivieren des Staunens ist einer davon.

Staunen ist die Basis aller wirklichen Philosophie. Und ein außerordentlich gesundendes Element. Man versöhnt sich mit der Welt, wenn man staunt. Wer nicht staunen kann, entfremdet. Wer das Staunen ganz bewusst kultiviert – über die Natur, Literatur, Kunst etc. –, der beginnt innerlich zu wachsen und zu blühen. Für ihn öffnen sich Türen, die demjenigen, der sich der evidenzbasierten Faktenfanatik ergeben hat, fest verschlossen bleiben.

Und genau dieses Staunen wird heute fast einer ganzen Generation systematisch ausgetrieben – durch all dieses neunmalschlaue Science Edutainment von Mailab, Rezo, Lesch, Gwup, Walulis, Martin Moder, Mr. Wissen to Go & Co. Die Menschen merken gar nicht, dass ihnen damit mit das Wertvollste genommen wird, was sie an innerer menschlicher Kapazität besitzen bzw. entwickeln könnten. Stattdessen bekommen sie billiges Lachgas, das zwar kurz juckt, aber nur einen Kater und öde Leere zurücklässt.

„Wer sich nicht mehr wundern und in Ehrfurcht verlieren kann, ist seelisch bereits tot“, hat auch Einstein gemeint. Staunen führt in die Tiefe. Wer nicht mehr Staunen kann, hat sich an die absolute Oberfläche des Lebens befördern lassen und ist dort Spielball des Windes, kann mit x-beliebigem Mumpitz hinter die Fichte geführt werden, da er kein tieferes Wahrheitsempfinden mehr hat. Das ist auch einer der Gründe, warum akademisch hoch gebildete Köpfe für „Corona“ signifikant stärker anfällig waren als „einfach“ gebildete Menschen.

 


P.S.: Junk Science Busters

Natürlich ist es nicht so, dass die evidenzbasierten Faktenfanatiker überhaupt nicht mehr staunen können. Den Rest des Staunens, das sie noch aufbringen können, richten sie aber in die falsche Richtung, auf das Tote: die Technik. Obwohl Erich Fromm in seinem Buch „Anatomie der menschlichen Destruktivität“ den „nekrophilen Charakter des Geistes der Technik“ bereits entlarvt hat (siehe Kapitel „Nekrophilie und die Vergötterung der Technik“) und es auch für jeden Laien mittlerweile unübersehbar wäre, dass uns Technik an den Rand des Abgrunds gebracht hat, so hängen viele immer noch der wahnwitzigen Idee an, dass uns ein Noch-mehr an Technik bzw. die totale Technisierung (Transhumanismus à la Klaus Schwab) retten könnte. Die Junk Science Busters steigen immerzu tiefer in einen leeren Brunnen hinab, um Wasser zu suchen. Nicht wenige haben die Strickleiter, an der sie hinuntersteigen, bereits losgelassen und sich dem freien Fall übergeben. Das hebt zweifellos den Adrenalinspiegel und weckt ein letztes Mal bereits emigrierte Lebensgeister. Noch im Fallen posten Sheldon Coopers Freunde photogeshoppte Memes mit „Unite Behind The Science“ Banner, was wiederum Scharen an Followern veranlasst, ebenso in den Brunnen zu springen.

Damit Staunen im Sinne von Montaigne und Einstein gesundend wirkt, muss es auf lebendige Gedanken gerichtet werden, die über die nackten Tatsachen hinausgehen. Das ist anfangs mühsam, wie wenn man eine rostige Fahrradkette in Gang bringe möchte, denn niemand hat es uns beigebracht und diese Art von Denkmuskel ist mangels Training weitgehend atrophiert. Doch solange wir unsere Gedanken nur anhand der nackten, mikroskopierten Tatsachen bilden, sind es lediglich Gedankenleichen, die wir erzeugen – die auch mittlerweile unübersehbaren Verwesungsgeruch erzeugen. Jedes Produkt und jede noch so gut gemeinte politische, soziale oder medizinische Idee, die aus dieser Art Denken hervorgeht, bringt letztlich nur noch Tod und Verderben.

Den vorläufigen Gipfel dieser Gedankenleichenmanufaktur sehen wir in der aberwitzigen Corona-Impfung und in der Corona-Politik überhaupt. Und wenn viele kritisieren, dass diese neuen gentechnischen Impfungen viel zu schnell entwickelt wurden und daher gefährlich seien, so halte ich entgegen: Seid froh, dass die Impfungen so schnell entwickelt wurden. Das könnte unsere einzige Chance sein, dem kollektiven Genickbruch zu entgehen. Denn hätten die Wissenschaftler mehr Zeit gehabt, dann hätten sie noch mehr Gedankenleichen in das Produkt investiert, sodass die zerstörerische Potenz noch gewaltiger gewesen wäre.

 

P.P.S.: Und um mit einem letzten, angeblich „debunkedten“ Mythos aufzuräumen: Wie oft bin ich während der Corona-Krise im Netz dem Ausspruch begegnet, dass man „Wahrheit doch nicht fühlen“ könne (und sich daher an die „evidenzbasierten“ Zahlen und Fakten von Merkel, Spahn, Drosten und dem RKI verlassen müsste). Verbrennt mich ruhig dafür, aber: Natürlich kann man Wahrheit fühlen. Wenn wir uns diese Fähigkeit nehmen lassen, sind wir verloren. Ich weiß schon, warum denkerisch veranlagte Menschen – die heute leider selten genug sind – starke Vorbehalte gegen das „Fühlen“ haben. Sie haben diese Bedenken zu Recht, solange wir unter Fühlen dasjenige verstehen, was landläufig gemeint ist: bloße Emotion. Da pflichte ich den Kritikern bei: Wer der Emotion, also dem schnellfertigen, unreflektierten, bereits im vegetativen System abgespeicherten „Bauchgefühl“ folgt, der landet mit großer Sicherheit in einem Malheur. Und auch wenn das viele nicht gerne hören: Aber mit dem Motto „Höre auf Deinen Körper“ oder „Tu, was Dir gut tut!“, das ihnen heute viele Wellness-Coaches mit auf den Weg geben, befinden sie sich leider genau auf diesem Holzweg ins Verhängnis.

Wenn ich von Wahrheit Fühlen rede, meine ich vielmehr eine ganz andere Bewegungsrichtung: Dass man von einer klaren, unbefangenen Gedankenbildung ausgeht. Wo man Eindrücke sammelt, ohne ein vorschnelles Urteil zuzulassen. Diejenige Disziplin also, in der es z.B. Goethe zur Meisterschaft gebracht hat: Er hat die Phänomene der Welt unter größtmöglicher Suspendierung des eigenen Urteils betrachtet, ist gedanklich freilassend um sie gekreist, bis daraus – also aus dem aufrechterhaltenen klaren Gedanken, nicht aus der aufgespeicherten Emotion und dem aufgespeicherten Wissen, die ständig aus dem Bauch hochschlagen und das Ganze vernebeln möchten – ein Wahrheitsfühlen entsteht. Das ist mitunter Schwerarbeit, vor der die meisten Spitzensportler kapitulieren würden. Man kann dieses Wahrheitsfühlen nie erzwingen und es entzieht sich sofort, sobald man mit seinem bisherigen alten Wissen und seiner Emotion zugreifen und eine „Lösung“ haben möchte. Es muss sich stattdessen ganz von selbst aussprechen – aus dem objektiven, nicht-subjektiven Gedanken heraus. Meist geschieht das erst, nachdem man mehrere Nächte darüber geschlafen hat und die Fragestellung weiterhin unermüdlich, nüchtern und fragend („Stufe 2″ in Montaignes obigem Ausspruch) wiederholt. Wer diese Art Gedanken- und in der Folge Empfindungsaufbau auch nur in grundlegenden Zügen beherrscht, der eignet sich eine Fähigkeit an, die vielen „aufgeklärten“ Zeitgenossen als reine Häresie erscheinen wird: Er ist dann nicht mehr auf die Zahlen und Fakten aus den politisch-medial-wissenschaftlichen Konsens- und Dissens-Manufakturen angewiesen, um das Wesen einer Sache zu erkennen bzw. Lüge und Wahrheit voneinander zu unterscheiden.

Wer sich in diesem Denken und Fühlen schult, der konnte schon kurz nach Ausbruch der Corona-Krise wahrnehmen, dass die Corona-Politik, die „Neue Normalität“ und die Massenimpfung, die ja das erklärte Ziel dieser Politik ist, das wohl heuchlerischste, erstickendste und zerstörendste Gebilde ist, das sich jemals in diesem Maßstab über der Menschheit aufgetürmt hat.

Wenn wir dieses Denken und Fühlen, das von der Sheldon Cooper-Fraktion gewiss als „Schwurbeln“ verlacht wird, nicht ausbilden, dann wird es nicht lange dauern, bis uns der nächste Irrsinn aus der Kurve schleudert. Selbst wenn wir es schaffen sollten, das derzeitige Damokles-Schwert der Corona-Impfung noch einmal abzuwenden. Umgekehrt wäre es eine durchaus schöne Perspektive: Menschen, die ein solches Wahrheitsdenken und -fühlen entwickeln, sind von der politisch-medialen-konzernwirtschaftlichen Maschinerie und einer institutionell weitgehend korrupten Wissenschaft nicht mehr manipulierbar und könnten souverän in die Zukunft schauen. Denn sie wissen: Keine ihrer Bemühungen ist umsonst, selbst wenn die Tagesschau nicht darüber berichtet. Jeder einzelne kreative Akt ist ein Baustein für die Zukunft. Und vom Setzen dieser Bausteine lassen sie sich von nichts in der Welt abhalten. Selbst inmitten des Trümmerhaufens, der in Wirklichkeit schon über uns hereingebrochen ist. Nur evidenzbasierte Faktenfanatiker warten noch auf den Finanzcrash und den Blackout, bis sie die Zerstörung realisieren, die längst stattgefunden hat.

Foto:  Pixabay / CC0



Die letzten 100 Artikel