Politik

2016: Deutschlands Ruck nach Rechts. Über AfD, Hartz IV und Heinrich Himmler.

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Montag, 5.9.2016. Eifel. Kennen Sie Himmler? Heinrich. Heinrich Himmler, ja genau. Reizender Mann. So sensibel.  Gymnasiast, Burschenschaftler (Apollo München, die existiert heute – nach Fusion mit zwei anderen Burschenschaften – als Burschenschaft Franco Bavaria). Erinnere mich noch heute an eine Geschichte aus dem Geschichtsfernsehen über ihn. Er besuchte Massenexekutionen in Polen oder Russland (oder sonstwo, die gab es damals überall) und – wirklich – etwas Hirn von einem Erschossenen fiel auf Heinrichs frisch gewichste Stiefel. Was hat der gekotzt. Säuberungsaktionen organisieren, Massenmord verwirklichen: kein Problem für Heinrich – aber Hirn auf dem Stiefel: da hört der Spaß auf. Wie kam ich jetzt auf Himmler? Ach ja, richtig, in Deutschland wurde wieder einmal gewählt. Diesmal in Mecklenburg-Vorpommern. Das Bild ist klar: es gibt nur Verlierer – und einen Gewinner – die AfD. Leider gibt es Blog.de nicht mehr, dort hatte ich 2009 geschrieben, dass dies die logische Folge eines Sozialstaatsabbaus ist – und ebenso hatte Otto Graf Lambsdorff (FDP – nicht etwa „Kommunistischer Bund Westdeutschland) argumentiert. Ja – es gab damals häßliche Beschimpfungen … ich würde doch wohl nicht alle Arbeitslosen für „rechts“ halten. Nein, das tat ich auch nicht, aber mir war klar, dass sie – nach ihrer Enteignung und der Aberkennung zentraler Bürgerrechte – nach Gerechtigkeit in einem Land rufen, das versprach, Demokratie zu sein; und mir war klar, dass es Gestalten geben wird, die ihren Zorn, ihre Frustration, ihre Enttäuschung missbrauchen werden.

Akutell ist es der Armutsforscher Christoph Butterwege, der klare Zusammenhänge zwischen den Erfolgen der AfD und der „Agenda 2010“ erkennt – jenem Gesetzeswerk, das aktuell eher als „Hartz IV“ bekannt ist (siehe Deutschlandfunk).

Was man selbst heute noch kaum glauben kann: nur ein Bruchteil der Arbeitslosen hat ihren Arbeitsplatz selbst abgebaut, das machten die Konzerne (und der Staat selbst – mit einem Stellenabbau in Millionenhöhe) ganz ohne Rückfrage, weil sie lieber in China (dem alten, kommunistischen Klassenfeind) produzieren ließen als in Krefeld. Bestraft für diesen Stellenabbau wurden dann die, die ihre Stelle verloren hatten, was zu der absurden Situation führte, dass Erwin Schulz (fiktiver Charakter ohne Ähnlichkeit mit lebenden Menschen), 48, Einkaufsleiter für Stoffe eines mittelständischen Bekleidungsunternehmens nach dem Auflösen seiner Firma auf der Straße stand – mit Millionen anderen – und hauptverantwortlich für die Folgen der Globalisierung gemacht wurde. Der Sozialstaat, die Gemeinschaft der Versicherten, für die er dreißig Jahre lang bezahlt hatte, lies ihn im Regen stehen – aufgrund staatlicher Anweisung. Angeführt wurde dieser Griff nach den Versicherungsleistungen von Sozialdemokraten und Grünen, ein klassischer Verrat an ihren Wählergruppen (wie auch die Bombenangriffe auf Jugoslawien).

Vielleicht haben sich einige Wähler sogar erst kurz umentschlossen: es gab ja wieder neue Gesetze, die während der sportlichen Ablenkungsevents durchgewunken wurden. Es gibt nun einen neuen Straftatbestand (ja – modern heißt das „Sanktionen“), der nennt sich „sozialwidriges Verhalten“ (siehe Spiegel)- und ist so schwammig definiert, dass er schlichtweg alles beschreiben kann, was dem Fallmanager gerade nicht passt. Die Folge einer Bestrafungsaktion? Das Opfer muss seine Versicherungsleistung für drei Jahre zurückzahlen. Gestattet sind Ratenzahlungen, die seinen Lebensunterhalt 30 Prozent unter das Existenzminimum senken. Ein spannender Feldversuch: welche Krankheit wird wohl aufgrund welcher Mangelernährung zuerst durchbrechen, da der Delinquent erstmal drei Jahre durchhalten muss, wird man auch Daten darüber erhalten, ab wann er zur Selbstentleibung neigt. Gilt auch – wie der Spiegel explizit beschreibt – für alleinerziehende Mütter mit Kindern.

Man denke sich mal folgenden Fall: Jobvermittler vermittelt Frau ins Rotlichtmillieu (z.B. in Aachen schon geschehen, jener Stadt, in der Graf Lambsdorff geboren wurde), die sagt „Nein, igitt!“ – und wird für drei Jahre dem Feldversuch „Unterversorgung“ zugeordnet … samt ihrer Kinder. Gleiches kann Erwin Schulz geschehen, der infolge des Jugendwahns in deutschen Unternehmen keine Anstellung bekommt und mit seinem Bandscheibenvorfall zum Straßenbau geschickt wurde … wie jener Einarmige, den man in Dortmund zum Müllsammeln geschickt hatte und der den Müllsack halt mit den Zähnen halten sollte. Sagt er „Nein!“ – darf er hungern. Ja – auch Lebensmittelgutscheine müssen dann zurückbezahlt werden … von Menschen, die man schon bis aufs Hemd ausgeplündert hat. Die Politik mag Spaß und Freude an solchen Aktionen haben – der Bürger jedoch sieht Unmenschlichkeit, Asozialität und Ungerechtigkeit wie eine giftige Fäulnis durch den Staatskörper wachsen und will auf jeden Fall, dass das wegkommt – egal durch wen. Immerhin steht „Demokratie“ und „Sozialstaat“ auf der Produktbeschreibung.

Mehr und mehr bricht sich ein Denken Bahn, das „Vermarktbarkeit“ als höchste Qualität eines Menschen beschreibt. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – das wurde uns von den Vätern des Grundgesetzes mit auf den Weg gegeben, nicht als inhaltsleeres Geschwätz und lebensferne Philosophie sondern als Resultat einer historischen Epoche, die die Würde des Menschen maximal in den Schmutz getreten hat. Gerne verweise ich auf Götz Aly´s „Hitlers Volksstaat“ (Fischer Verlag, Taschenbuchausgabe, 2.Auflage Frankfurt 2011), um noch mal die Methoden zu erinnern: erst wurden die Juden enteignet und entlassen, ihre Geschäfte wurden geschlossen, ihre Vermögen von einem Fond verwaltet, der den deutschen Staat finanzierte. Dann, nach dem man ihnen alles genommen hatte außer das nackte Leben, wurden sie auf einmal lästig, weil sie sich ja nicht länger selbst finanzieren konnten – ohne Job ist das in einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung mit gewissen Problemen verbunden. Schnell kam das Wort von „Parasiten“ auf (nein, damals nicht von der SPD, deren „Superminister“ hat das nur wieder neu auf den Tisch gebracht – siehe z.B. Stern), weil sie als „unnütze Esser“ ja „allen nur auf der Tasche lagen“ – so dass man sie letztlich still und heimlich komplett entsorgte, ohne dass jemand sich groß darüber beschwerte – wieso auch, es gab Häuser, Grundstücke, Geschäfte, Möbel, Kleidung und Geschmeide zum Schnäppchenpreis.

Ja, ich weiß: man soll nicht die heutige Zeit mit der NS-Zeit vergleichen – so jedenfalls argumentieren führende Juden. Und ich gestehe ja: ich bin ein Judenfreund, schätze ihre Musik, ihre Kultur, ihre geistige Größe und den gewaltigen Impuls, den ihre Religion vor 3000 Jahren in die Weltgeschichte getragen hatte, als die griechische Philosophie noch verzweifelt gegen eine im Alltag enorm belastende und beängstigende Vielgötterei ankämpfte … eine Angst, die auch im Katholizismus noch fortlebte und erst langsam überwunden wird. Nur … auch als Judenfreund muss ich sagen: wir dürfen nur aus Angst vor einer Verharmlosung des Holocaust nicht den neuen wieder möglich machen – und unsere neue Wirtschaftsordnung hat nun mal die „Ballastexistenzen“ wieder eingeführt … und das macht Angst, dass sie halt logischerweise ebenso entsorgt werden könnten wie frühere „Ballastexistenzen.“

Genau – so kam ich auf Himmler.

Deutschland hatte ja viele Pläne mit den eroberten Gebieten im Ausland. Alles stand unter dem Gebot der absoluten Effizienz und Nützlichkeit des Menschenmaterials. Es gab „Richtlinien für die Eindeutschung polnischer Familien des SS-Führers im Rasse- und Siedlungswesen beim Höheren SS- und Polizeiführer/Südost“, die erklärten, was für die Eindeutschung verlangt wurden (siehe Götz Aly, Vordenker der Vernichtung, Fischer Taschenbuchverlag, 5. Auflage 2004, Seite 139):

„Die Famillie muss durch Haltung, Fleiß, Sauberkeit und Gesundheit, auch bei ärmlichen Verhältnissen, aus der übrigen polnischen und volksdeutschen Bevölkerung hervorstechen“.

Ja – die Hervorhebung des „und“ steht im Original. Schon damals ein Akt der Globalisierung: deutsche Arme mussten mit polnischen Armen um die Wette putzen, um den Führerpreis für Sauberkeit (und die deutsche Reichsbürgerschaft) zu bekommen.

„Entscheidend bewerte der RKF Aufstiegswillen und Anpassungsbereitschaft, nicht etwa Merkmale der nationalen Herkunft. Dazu sagen die Richtlinien ausdrücklich: „Fehlende Deutsche Sprachkenntnisse oder politische Vergangenheit sind keine Hinderungsgründe““

RKF? „Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums“. Name? Heinrich Himmler. Aufstiegswille und Anpassungsbereitschaft? 2016 Grundforderung jedes Personalverantwortlichen.

Das Ziel: der Versuch, „eine in ihrem sozialen, infrastrukturellen und wirtschaftlichen Gefüge möglichst effiziente Gesellschaft mit Gewalt und auf Kosten anderer Menschen zu verwirklichen.“ (siehe Aly, Vordenker, Seite 126-127).

Eine Aufgabe, der heute führende Unternehmensberatungen nachkommen. Erstaunlich – jedenfalls für mich – wie wenig Rassismus, Hass, Wahn oder reine Idiotie in der Planung der Umorganisation der europäischen Gesellschaften zu finden sind – dafür aber klassische, moderne Maßstäbe für die gewinnoptimierende Organisation von Arbeit und Staat. Kein Wunder, dass die RKF-Zentrale in Berlin von einem erfolgreichen Unternehmer geleitet wurde. Lauschen wir dem Herrn Aly noch etwas weiter:

„Im Mittelpunkt der Arbeit des RKF stand also Bevölkerungspolitik – positive und negative, ihre Opfer wurden diskriminiert und „ausgemerzt“, ihre Nutznießer priviligiert und gefördert.“ (Aly, Vordenker, Seite 127)

Also – nicht fanatischer Rassenwahn … sondern nüchterne betriebswirtschaftliche Kalkulation.

Der Reichskommissar hatte eine gewaltige Macht inne, RKF hatte direkte Befehlsgewalt über Polizei, SS und allen Hauptämtern (Aly, Vordenker, Seite 129). Er betrieb eine Politik der „Eindeutschung“ im besetzten Polen, bei der „wertvolles Menschenmaterial“ „abgeschöpft“werden sollte.

„Der RKF orientierte sich dabei weit eher am ökonomischen Nutzen als an einem fundamentalistischen Verständnis der Nazi-Ideologie“ (Aly, Vordenker, Seite 135) – wobei man meines Erachtens nach nicht vergessen sollte, dass die Reduzierung des Menschen auf seine reine Nützlichkeit (auch als Goldzahn- und Haarlieferant) jenes Moment war, dem wir den ersten Absatz unseres Grundgesetzes über die unantastbare Würde zu verdanken haben.

Wer konnte kein Deutscher werden?

„Geisteskranke, soziale Schwache, noch aktive Kommunisten, in Mischehe lebende oder sonstwie Unangepasste“ (Aly, Vordenker, Seite 139), wobei man „sonstwie Unangepasste“ auch wie folgt übersetzen kann: „Menschen mit sozialwidrigem Verhalten“.

Also – ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir läuft es kalt den Rücken herunter, wenn ich diese Passagen lese. Warum? Nun – ich bin 56 Jahre alt, chronisch krank und nicht mehr sonderlich effizent einsetzbar.

Extra für mich gibt es da einen Passus aus den Jahren 1942/43 – für Menschen über 45.

„Das deutsche Volk belastet sich mit derartigen Personen, nicht nur in bevölkerungspolitischer Beziehung (Hypothek des Todes nach Burgdörfer), sondern auch rein sozial. Die betreffenden Perosnen sind in den wenigsten Fällen voll arbeitseinatzfähig, und, da sie fast keine Nachkommen mehr erwarten lassen, nur eine überflüssige Belastung des Volkskörpers“. (Aly, Vordenker, Seite 140).

Ja – Menschen über 45 sind „Kosten auf zwei Beinen“. Das haben viele Arbeitslose schon am eigenen Leib erfahren.

Himmlers Kriterien und Karteien für die Eindeutschung (auch: „Bekenntnis zum deutschen Volkstum) werden übrigens heute noch bei Imigranten angewandt, dazu gibt es ein Arbeitsbuch für Behörden, Gerichte und Verbände geschrieben von einem Vizepräsident des Bundesverwaltungsamtes (siehe Aly, Vordenker, Seite 146). Er erhiel 2004 das Bundesverdienstkreuz. Damit kann man leben – so etwas fällt den staatsfinanzierten, modernen „Kämpfern gegen Rechts“ nicht auf, die „kümmern“ sich lieber um Friedensfreunde, Kapitalismuskritiker, Impfskeptiker und Gegner der Genmanipulation, sogar die Verwendung des Begriffes „Ukraine-Krise“ soll einen schon als „Nazi“ entlarven (siehe Amadeu-Antonio-Stiftung). Da ist sie wieder: die Hetzjagd auf „sonstwie Unangepasste“.

Und ich soll mir Sorgen um die AfD machen?

Wissen Sie, was mir wirklich Sorgen macht? Das in unserem Land eine Behörde existiert, die Menschen selektiert, Menschen, wie jene schwerbehinderte, dreiundfünfzigjährige, einarmige Frau, die nach Operation der verbliebenen Hand nicht mehr genügend Bewerbungen zwecks Arbeisaufnahme schreiben konnte. Das Jobcenter sanktionierte sie zu 100 Prozent. Das Sozialgericht Karlsruhe rettete ihr dann das Leben (siehe juris). Noch wirken die Mechanismen, die die Siegermächte in Deutschland installiert haben, um einen neuen Horror zu vermeiden – doch der Wille des Gesetzgebers verheißt da nichts Gutes für die Zukunft, „sozialwidriges Verhalten“ ist so schwammig und beliebig auslegbar wie „sonstwie Unangepasste“.

Die Effektivität der Jobcenter bezüglich der Integration in den Arbeitsmarkt wurde übrigens aktuell im Rahmen einer Doktorarbeit untersucht. Das Ergebnis? Niederschmetternd. Jobcenter behandeln ihre Kunden (also: den Einkaufsleiter Erwin Schulz) wie kleine Kinder (siehe Zeit)

„So wie die Hilfe derzeit angelegt ist, richten die Jobcenter großen Schaden an. Sie machen mehr kaputt, als dass sie helfen. Das ist ein ganz zentrales Ergebnis meiner Arbeit.“

„Ihre komplette bisherige Berufsbiografie wird vom Amt entwertet. Das sind ja alles Erwachsene, mit einer eigenen Lebens- und Berufserfahrung. Man könnte diese Erfahrung als Basis nutzen, aus der sich etwas Neues entwickeln kann. Aber in der standardisierten Fallbearbeitung der Jobcenter findet sie gar nicht mehr statt. Die Erfahrungen der Leute werden als Defizit angesehen, als etwas, das es zu beheben gilt.“

Mag man den Fall der einarmigen Frau noch als Ausrutscher ansehen, so erkennt der Experte hier System. Keine Boshaftigkeit – aber serielle Unfähigkeit. Möchten Sie mal etwas über diese „Defizite“ hören? Eine Akademikerin hat sie aufgelistet (siehe Blätter):

„Dann kündigt er an, ohne mir in die Augen schauen zu können, dass ich entweder eine der angebotenen Hilfstätigkeiten annehmen oder an einer „Maßnahme“ (sein Vorschlag lautet auf Umschulung zur kaufmännischen Fachkraft, sprich: Sekretärin) teilnehmen müsse (womit ich prompt aus der Statistik fiele), damit wir die „Eingliederungsvereinbarung“ unterschreiben könnten. Ich frage, in was ich eingegliedert werden soll. Wie er meinem Lebenslauf entnehmen könne, sei ich bereits vollständig in das akademische Leben eingegliedert, werbe immer wieder erfolgreich Forschungsgelder ein, habe lange an verschiedenen Hochschulen unterrichtet, publiziere regelmäßig, halte international Vorträge, arbeite an einem Buch, organisiere aktuell eine internationale Konferenz. Nur eben immer wieder ohne einen Cent Gehalt. Nicht weil ich beschäftigungslos sei, sondern weil ich selbstständig, das heißt nicht als Mitarbeiterin eines professoral geführten Teams, Projekte einwerbe, der Kampf um Drittmittel in der Abwesenheit von Stellen und der anständigen Bezahlung für Lehre immer absurder werde, und damit die Abstände zwischen bewilligten Projekten immer länger, säße ich hier. Was er mir vorschlage, sei faktisch eine Zwangsausgliederung aus dem wissenschaftlichen Leben.“

Geschichten einer Fachkraft im Landes des Fachkräftemangels. Fachkraft mit Doktortitel: mit Steuergeldern hochqualifiziert, um im Anschluss mit Steuergeldern zur Erdbeerpflückerin dequalifiziert zu werden – wie sie selbst schildert. Arbeitet regelmäßig – nur zahlt der Staat pro Halbjahr nur noch 280 – 700 Euro für den Lehrauftrag. Die Verantwortung für diese fachkräftefeindliche Politik schiebt man der zukünftigen Sekretärin zu.

Auch in den Gerichten ändert sich einiges. Kennen Sie Jan Robert von Renesse? Er ist Richter. Wollte Holocaustüberlebenden Renten zuerkennen – und reiste persönlich zu den alten Menschen, um ihre Geschichen anzuhören. Das Bundessozialgericht gab ihm Recht – immerhin gab es jede Woche Tote, die keine Rente mehr bekommen konnten – und mit der deutschen Bürokratie nicht zurecht kamen. Seine engagierte Arbeit brachte ihm einen negativen Vermerk in die Personalakte und aktuell eine Anklage wegen „Rufschädigung der Sozialgerichtsbarkeit“ (der ganze Fall: siehe Zeit). Das macht Sorge, wenn man in die Zukunft schaut: ein Drittel der Jurastudenten einer Uni waren nach einer Befragung für die Todesstrafe. Grund für diese – weit außerhalb unserer Verfassung liegender – Verrohung? Die Medien (siehe Spiegel):

„Ein Grund ist sicher, dass in den Medien sehr viel und mit oft drastischen Bildern über schwere Verbrechen berichtet wird und auch in TV-Serien oder Filmen Kriminalität eine inzwischen übergroße Rolle spielt. So etwas löst in vielen Zuschauern Mitleid mit den Opfern aus – und daran anknüpfend oft Wut und Vergeltungswünsche gegen die Täter.“

So argumentiert jedenfalls ein Kriminologe.

Zurück zur AfD. Zurück zum „Ruck nach Rechts“. Augenblicklich werden die Erfolge dieser Partei auf das Thema „Flüchtlinge“ reduziert – obwohl Merkel schon drastisch zurückgerudert ist und diese Menschen bald übel im Regen stehen werden (dazu später mehr … möchte dazu noch ein paar Wochen die Entwicklung beobachten). Was völlig ausgeblendet wird: dass es immer mehr Menschen gibt, denen egal ist, wer die Verhältnisse mit welchen Mitteln ändert – Hauptsache ist: sie werden geändert. So erklärt sich auch der Erfolg eines Donald Trump in den USA. Für viele Menschen ist die Lage so übel, dass sie alles in Kauf nehmen würden, um „das System“ zu verändern – und die Jobcentermitarbeiter müssen per Gesetz täglich daran arbeiten, dass es immer mehr werden – sonst landen sie umgehend auf der anderen Seite des Schreibtisches.

Darf ich nochmal daran erinnern, wie groß die Reichweite dieser Behörde inzwischen ist? 2012 waren es 42 Millionen Datensätze (halt nicht nur Arbeitslose, sondern auch alle, die in ihrem Umfeld standen – zur Zahl siehe Welt). Das macht keinem Sorge?

Hätte man noch etwas Empathie – man würde Erwin Schulz verstehen, erkennen, wie er sein Land erlebt, jenes Land, in dem Leute, die auf Steuerkosten leben, mit 56 in Rente gehen und bestimmen, dass jene, die nicht auf Kosten des Steuerzahlers leben, bis 70 Steuern erwirtschaften müssen (siehe Epochtimes).  „Es muss erst alles anders werden, bis es besser werden kann“ – und treu diesem Spruche (zugeschrieben Georg Christoph Lichtenberg) wurde in Mecklenburg Vorpommern gewählt. Und wäre auch ohne „Flüchtlinge“ gewählt werden, denn: was die AfD hauptsächlich verspricht ist: sie fegen die alten Säcke weg. Und wenn wir nicht bald zu klassischen westlichen Werten wie Vernunft, Nächstenliebe und Verantwortung zurückkehren, werden wir bald 50 Prozent für diese Partei erleben – dazu braucht die sich weiterhin nur opportunistisch verhalten und den Zeitgeist richtig erkennen.

Und den über die Wirtschaft einsickernden Altfaschismus („Kosten auf zwei Beinen“) können die dann perfekt ausleben. Und wenn es die AfD nicht macht … dann eben eine andere Gruppierung. Wir säen mit unserer „Sozialpolitik“ täglich genug Hass, dass die Saat irgendwann aufgehen wird.

 

 

 

 



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