Kolumne

Das Wort zum Alltag Nr.7: Duisburg lebensgefährlich verseucht

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Nachrichten sind toll – wenn man Zeit hat. Kaum etwas ist geistig zu anregend, wie die Versuche der Schreibknechte, die Realität schön zu schreiben. Da schickte mir doch ein sehr geschätzter Kollege einen Link aus der Welt, in dem es um Gemüseanbau ging. Gemüseanbau in Duisburg ist jetzt strafbar – bis zu 50 000 Euro kann das kosten. Das wird viele Kinder und Jugendliche freuen, verringert es doch die Chance, dass sie weiter mit Kohl und Spinat drangsaliert werden. Der normale Leser wird da aus Zeitmangel nur die Überschrift lesen und dann weiter zum Bus eilen: ist ja nichts schlimmes passiert.

Leider ist doch schlimmes passiert – aber das erfährt man nur, wenn man sich für Strafzahlungen an private Gemüsebauern interessiert.

Duisburg ist komplett verseucht. In 50 Prozent der besiedelten Fläche und 70 Prozent der Gesamtfläche ist die Schadstoffkonzentration so hoch, dass Kleinkinder extrem gefährdet sind.

Kann es also sein, dass die hohe Rate an Hartz IV-Empfängern in Duisburg einfach darin begründet ist, dass sie von den Abfällen der „Wirtschaft“ völlig verseucht worden sind? Wenn über die Hälfte der Stadtfläche verseucht ist … muss dann die Überschrift nicht sicherheitshalber heißen: Duisburg total verseucht?

Die Industrie dort hat Riesengewinne eingefahren. Wieviel Euro davon werden eigentlich aufgewendet, um die Menschen in Duisburg vor dem Gift-Terror der Altlasten der Wirtschaft zu schützen? Schätze mal: kein einziger. Was in mir den Gedanken aufkommen läßt, dass das vielleicht das einzige Geheimnis des Reichtums ist: man lässt andere für sich zahlen – und zwar im ganz großen Stil. Gewinne verlieren, Verluste ans Volk auslagern: so kann man nur megareich werden.

Schon versteht man, warum die Knechte sich auf das Gemüse und den Kleinbauern stürzen: mit der Überschrift „Leistungsträger verseuchen Duisburg“ wäre man nicht weit gekommen.

Oder auch: Rendite killt Kinder.

Den Inhalt des Artikels müsste man für die Überschrift gar nicht mal ändern – aber er würde nicht nur von Freunden der Kleingärtner wahrgenommen werden.



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