Wirtschaft

Angela Merkel: „Deutschland geht es gut!“ … und andere Märchen.

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eifelphilosoph_200Mittwoch, 17..2014. Eifel. Hach, was geht es uns Deutschen gut. Ja – dass muss einfach mal gesagt werden: uns geht es blendend. Jedenfalls … wenn wir Deutsche uns mit Deutschland gleichsetzen. Das jedenfalls sagt die Bundeskanzlerin andauernd – und sie hat ja auch Recht. Mal ehrlich: wann haben Sie den letzten Bombenteppich in Vorgarten gehabt? Wann sind Ihre Kinder das letzte Mal von Militärfahrzeugen in den Dreck gestampft worden? Wann hat plündernden Soldateska das letzte Mal Ihre Frau vergewaltigt? Wann wurden ihre letzten Verwandten von staatlichen Geheimdienst abgeholt, wann er letzte gefoltert, wann der letzte hingerichtet? Wie sieht es aus mit Hungersnöten? Wann verhungerte das letzte Ihrer Kinder? Auch die Kindersterblichkeit hat in Deutschland ein historisch niedriges Niveau erreicht (von Selbstmorden von Kindern einmal abgesehen).  Wollen Sie wirklich sagen, uns geht es nicht gut?

Nun ja, die Kassen des Finanzministers laufen über vor sprudelnden Steuereinnahmen, so viele Deutsche wie noch nie schuften dafür, dass es Deutschland gut geht. Und weil er soviel einnimmt, plant er gleich auch noch eine Mautgebühr: Geld verdienen ist halt schön, vor allem, wenn es von anderen kommt. Gut – wir haben noch 2147 Milliarden Euro Schulden – und wie es aussieht, behalten wir die auch. Warum auch nicht? Uns geht es doch gut!

Wussten Sie eigentlich schon, dass niemand genau weiß, wem wir dieses Geld Schulden? Ja, wir haben nicht nur Schulden, wir haben auch Schulden bei JEMANDEM. Banken und Privatleute sind da eher geringer vertreten, der größte Teil der Schulden (aktuell  51 %) haben wir bei ausländischen Investoren, zum Beispiel dem Kapitalanleger „Black Rock“ (siehe: Schuldenuhr). Warum sollten wir uns darüber auch Gedanken machen – uns geht es gut?

Die deutsche Pharmaindustrie ist einer der erfolgreichsten Branchen in Deutschland – keine Wunder: kein Land zahlt soviel für Medikamente wie die Deutschen – und wir machen das gerne, weil es uns gut geht. Als Dank entläßt Boehringer Ingelheim jetzt 1000 Mitarbeiter, um die Kosten um 15 % zu senken (siehe Zeit). Astra/Zeneca baut ebenfalls 300 Stellen ab  und erlaubt sich dabei etwas ganz Besonders: der Betriebsrat wird informiert und mit einem Maulkorberlass versehen (siehe Spiegel). Gut, dass es uns so gut geht, wir würden uns sonst Gedanken über unsere Zukunft machen müssen – denn wenn schon die exzellent mit Mitteln der Beitragszahlern versorgten Unternehmen Stellen abbauen … was machen dann erst die anderen?

Es ist ja auch gut gesorgt für die Entlassenen: dafür haben wir ja einen „Sozialstaat“. Schon der Kaiser hat bemerkt, dass die Lage im Land unerträglich wird, wenn sich die Gemeinschaft nicht um die entwurzelten Arbeitnehmer kümmert, die man von den elterlichen Höfen fortgeholt hat (die anschließend mangels Erben verödeten … eine Entwicklung, die bis heute anhält). Gut, manche Munkeln, dass SPD und Grüne mit der Hartz-IV Sozialreform die erst 1969 abgeschafften „Arbeitshäuser“ wieder einführt haben (siehe Heise). Dafür spricht ja auch nun die in Hamburg angelaufene Aktion, hunderte von Arbeitslosen zu Zwangsarbeit zu verdonnern: uns sind selbst die Ein-Euro-Jobs zu teuer geworden – und die höchste Rendite fährt man halt nur ein, wenn man gar nichts mehr für Arbeit zahlen muss (siehe Junge Welt). Immerhin ist die Entwicklung logisch und nachvollziehbar: mit der gleichen Logik werden jetzt 2015 die Regelsätze für Kinder minimiert (siehe Junge Welt): Deutschland geht es gut!

Was kostet uns eigentlich Hartz IV – so real? Auf Facebook kursieren gerade Gerüchte, nachdem die 4,4 Millionen ALG-2-Empfänger (siehe Statista) gerade mal Kosten in Höhe von 11 Milliarden Euro verursachen – und davon fließen 19% als Mehrwertsteuer sofort wieder zurück in den Staatshaushalt, die realen Kosten liegen also bei gerade mal knapp 9 Milliarden. Gut – auch die Bundesagentur für Arbeit beteiligt sich an der Finanzierung … doch das sind Gelder, die zuvor von den so oft gescholtenen Langzeitarbeitslosen eingezahlt wurden – zum Beispiel von den Mitarbeitern von AstraZeneca und Boehringer Ingelheim …. und die haben mit Sicherheit recht ordentlich eingezahlt.

Doch was soll´s: Deutschland geht es gut – und das soll auch so bleiben. Deshalb landen immer mehr Jugendliche durch gezielte Totalsanktionen der Behörden auf der Straße (siehe Monitor), damit die Mitarbeiter der Arbeitsagenturen auch merken, dass das Leben kein Ponyhof ist, bekommen viele von ihnen nur befristete Leihverträge (siehe Frontal 21, Sendung vom 9.9.2014). Kein Wunder, dass das ganze System von kritischen Wissenschaftlern als komplett untauglich abgeurteilt wird (siehe gegen Hartz).

Doch verlassen wir dieses trübe Thema: wir wissen, dass Arbeitslose grundsätzlich selbst Schuld sind an dieser Misere, sie sind dumm, faul und gefräßig …. jedenfalls, sobald sie das Werktor hinter sich gelassen haben. Deutschland geht es gut – und ohne Hartzer würde es uns noch viel besser gehen, daran sollten jetzt auch die Mitarbeiter AstraZeneca und Boehringer Ingelheim denken, denn: Deutschland geht es gut.

Das sieht man auch an unseren Studenten, unsere Zukunft: jenen Menschen, die die entlassenen Mitarbeiter von AstraZeneca und Boehringer Ingelheim ersetzen sollen, um Deutschland wieder zur Apotheke der Welt werden zu lassen (siehe Spiegel)

Überall wird auf die Generation Y eingeprügelt, die gerade von den Unis auf den Arbeitsmarkt kommt: zu angepasst, zu brav, zu pragmatisch, kein Interesse an Diskussionen und Auseinandersetzungen.

Nicht gerade Revolutionäre, die wir da ausbilden, sondern eher Duckmäuser … die auch die Wirtschaft nicht gebrauchen kann.

Auch viele Personalmanager sind von den jungen Bewerbern und Mitarbeitern enttäuscht, zumindest von den Bachelor-Absolventen. Es mangele ihnen an Eigeninitiative, an Analysefähigkeit, schlicht am gesunden Menschenverstand, sagen sie. Unterm Strich: Die Bachelors sind nicht fit für den Arbeitsmarkt.

Wer nicht fit ist für den Arbeitsmarkt, landet bei Hartz IV. Deutschland geht es gut: es ist für alle gesorgt. Wir produzieren in Massen angepasste Studenten, die keiner mehr braucht: wer braucht schon Leute, die nur die Meinung des Chefs wiederkäuen … da könnte er auch Selbstgespräche führen, die wären effizienter … so jedenfalls die Meinung meines eigenen ehemaligen Chefs.

Damit auch wirklich nichts schiefgeht, haben wir in Deutschland die 38-Stunden-Woche für Kleinkinder eingerichtet: mehr als die Hälfte der unter dreijährigen Kinder leiden unter diesem Streß (siehe Spiegel), ich warte auf die Studien, die das mit der steigenden Rate von Verhaltensauffälligkeiten begründen … oder als eine der Ursachen für die zunehmende Verrohung der Gesellschaft auch in weiter Zukunft projizieren (siehe TAZ): diese Kinder werden soviel Liebe geben können, wie sie in der Massenverwahrung empfangen haben – da kommt einiges auf uns zu.

Aber Hauptsache: Deutschland geht es gut.

Das es Deutschland gut geht, sieht man ja vor allem am DAX. Hier zeigen die Prognosen de Experten, dass man sich verlassen kann: von 11000 bis 8500 ist alles drin (siehe Handelsblatt) – vorausgesetzt, es passiert nichts Schlimmes. Und damit nichts Schlimmes passiert, plant die EZB auch den Aufkauf von Risikopapieren (siehe Handelsblatt): 500 Milliarden (kürzlich noch 800 Milliarden) sind da locker drin … so gut geht es uns. Natürlich geht es um die Bekämpfung der Deflation, der Staat braucht zur Entschuldung eine massive Inflation, um seine Schulden (und ihre Ersparnisse) abzubauen.

Man wäre übrigens gut beraten, seine Geldanlagen von Affen managen zu lassen – die erzielen bessere Ergebnisse als der durchschnittliche Deutsche mit seinen Anlageberatern (siehe Welt):

New Yorker Investmentbanker lassen jedes Jahr Affen zufällig Investments auswählen. Die so scherzhaft komponierten Portfolios werfen mehr Geld ab als der durchschnittliche Anlagemix der Bundesbürger.

Deutschland geht es gut – was brauchen wir auch erfahren, welche Provisionen eigentlich die Vermittler für Lebensversicherungen erhalten? Hier haben wir wieder einmal gemerkt, wie mächtig der Lobbyismus sein kann (siehe Handelsblatt). Im Gegenzug sammeln Versicherer und Banken wie die NSA alle Daten, die man über Sie erhalten kann – auch mit Hilfe spezialisierter Dienstleister (siehe Wiwo).

Nun – Börse ist ja auch kompliziert, nahezu so kompliziert wie die neuen Technologien – unsere Hoffnungsträger für die Zukunft, Geräte, die dafür sorgen, dass jeder die Botschaft der Kanzlerin auf HD sehen kann. Nur Unken aus Österreich verbreiten die Nachricht US-amerikanischer Wirtschaftshistoriker, die das zerstörerische Potential dieser Entwicklung im Auge haben (siehe Standard):

Friedrich August Hayeks Werk Der Weg zur Knechtschaft erfährt durch die IT-Branche eine neue Bedeutung. Heute sind es nicht Regierungen oder Diktatoren, vor denen wir uns fürchten müssen. Die neuen Technologien schaffen enormen Wohlstand für wenige, erhöhen damit die Ungleichheit und schließen eine wachsende Bevölkerungsschicht von der Mittelklasse aus. Diese negativen Effekte der Innovation sind weit größer als in früheren Zeiten. Anstelle der schöpferischen Zerstörung ist die verheerende Innovation getreten.

Ja – lesen Sie sich das  mal durch: diese Technologien fördern Arbeitsplätze in China – und Minigehälter im Westen. Na ja – warum nachdenken: uns geht es gut. So gut, dass das Berliner Außenministerium jetzt für ein aggressiveres Auftreten Deutschlands in der Welt wirbt (siehe Junge Welt), eingeschlossen einiger neue Basen in Polen, die Russland noch weiter bedrohen sollen, als es der „Raketenschutzschild“ bislang getan hat (siehe Junge Welt). Ja, wir beweisen hier eine enorme Kompetenz in außenpolitischen Fragen … und ich will hier nicht den Satz hören „wenn es dem Esel zu gut geht, dann geht er auf´s Eis“.

Gut – solche aggressiven Entwicklungen haben die Börsianer bei ihren Schätzungen noch nicht berücksichtigt … aber die haben ja auch ein paar Affen, die das Geschäft gut erledigen. Es gibt auch gute Gründe, gegen Putin vorzugehen und dabei sogar – wie aktuell der Spiegel – eine Rüge des deutschen Presserates zu riskieren (siehe Heise): immerhin zahlen die Bewohner der Ukraine nur 7 Cent für die Kilowattstunde Strom (siehe rbth): wäre langfristig blöd, wenn deutsche Privatkunden in Zukunft Wege finden, sich mit diesem Strom zu versorgen und ihre Stromkosten so um 70 Prozent zu senken. Immerhin: uns geht es gut, warum sollen wir uns um Stromkosten Gedanken machen?

Natürlich sind wir auch schon in der Welt aktiv. Die Bundeswehr bildet für die ISIS – oder die IS – aus … so würde ich das all nennen (Spiegel). Nach dem Friedensschluss zwischen den moderaten Rebellen in Syrien und den IS-Kämpfern (siehe theHill) haben die deutschen Kämpfer jetzt auch bald Zugriff auf ihr gewohntes Arsenal – jedenfalls dann, wenn die Waffenstillstandsparteien Geschäfte miteinander machen. Deutschland geht es gut – was geht uns eigentlich der Dreck im Ausland an.

Ja, ich weiß, lieber Leser: sie sind jetzt etwas verunsichert. So etwas ist schlecht: das Gehirn reagiert auf Dissonanzen mit Unwohlsein … und damit geht es einem gar nicht gut. Auf der einen Seite der Tagesbefehl „Deutschland geht es gut“ – auf der anderen Seite die Realität … das ist schwer zu verkraften.

Es sei denn, man fügt eine kleine Information hinzu, die unseren Rahmen etwas verändert – ein Blick in das Gehirn der Bundeskanzlerin, den mir meine telepathischen Fähigkeiten aktuell erlauben. Ja, ich habe Frau Merkels Gedanken belauscht, während sie diese Satz aufgesagt hat – und festgestellt, dass er jedesmal gedanklich um einen kleinen weiteren Satz ergänzt wird, den die Medien mangels Telepathie nicht mitbekommen können – ich füge ihn hier mal in Klammern ein:

„Deutschland geht es gut“! (… und Deutschland, das bin ich, nur ich!).

Berücksichtigen Sie das … und Sie werden merken, dass es auch Ihnen besser geht.

Ein PS: hatte heute keine Zeit zum Probelesen. Wer Rechtschreibfehler findet, wird um aktive Mitarbeit gebeten!

 

 

 

 

 

 



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