Leben

Man kann ja eh‘ nix ändern

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Wenn ich mir das ganze Unrecht anschaue, das es auf dieser Welt gibt, kommt immer wieder das Gefühl hoch, dass ich ob dieser schieren Masse an Sch..e eh nix ändern kann. Ich kann nicht jedem Bettler oder Obdachlosen auf der Straße Geld geben – irgendwann ist mein Geldbeutel leer. Und dann? Die Konsequenz: keiner kriegt was, weil es ja eh nix bringt.

Ist das der richtige Weg?

Ich denke nein. Denn wenn ich EINEM Menschen ein paar Euros gebe, ändert sich für diesen Menschen momentan etwas. Etwas – nicht viel. Aber besser als nichts.

Drastisch bewusst wurde mir die Wirkung von derartigen kleinen Einzelaktionen in Südamerika, wo ich in Anbetracht der Not freilaufender Hunde und Katzen als ausgewiesene Tierfreundin leicht verzweifelte. Man – ich – kann wirklich nicht jedem Straßentier helfen. In manchen Städten kommt auf 3-4 Menschen 1 streunender Hund. Die schiere Masse des Elends … ist einfach nur arg.

Aber was mir auf dieser Rucksackreise durch Argentinien und Chile widerfahren ist, zeigt mir deutlich, dass Kleinigkeiten wirklich etwas bewirken.

Das Erlebnis spielte sich in drei Episoden ab und ist ein wenig haarsträubend.

Episode 1

In Puerto Natales im Süden Chiles lernte ich Anfang Februar Francesca aus Italien kennen. Wir waren bei der gleichen Couchsurfing-Family zu Gast, sie allerdings nur wenige Stunden. Eine der vielen Begegnungen beim Rucksackreisen eben – angenehm, freundlich … aber bald wieder in Vergessenheit geraten.

Episode 2

Rund 2700 km weiter im Norden, in San Rafael in Argentinien, MUSSTE ich einer „Minimutz“ das Leben retten. Beim Abendspaziergang mit 4 Kids (22-26) aus Österreich, sprang mich diese Babykatze aus dem Gras an. Und ließ sich absolut nicht abschütteln. Auch nicht wieder zurücktragen. Was tun? Die anderen waren der Meinung, das wäre halt die Natur … aber einfach sterben lassen? Wir waren auf dem Weg zu einem deutschen (ja, ja) Lokal (ich wollte mal wieder gutes Brot essen). Meine heimliche Hoffnung war, dass die deutsche Besitzerin ein Herz für Tiere hat. Daher trug ich das kleine Scheisserle die letzten 4km (nachdem sie uns sicher 1-2km nachgelaufen war).

Hatte sie auch, dieses Herz. Als erstes gab es gewässerte Milch und dann wurde überlegt, wo man die Babykatze unterbringen könne. Sie selbst konnte bei fünf Hunden (ebenfalls „Geschenke“ der Straße), die Katze selbst nicht aufnehmen. Es fand sich eine Lösung – eine Schweizerin mit großer Finca (Ranch). Und ich konnte beruhigt Abendessen. Die vier Kids haben mich wohl leise für verrückt erklärt. Klar, ich weiß, man kann nicht alle Streuner hier retten …

Episode 3

Ca. 2400 km weiter und über zwei Monate später – erneut in Chile – traf ich in Iquique Francesca aus Italien wieder. Mein Alter und mein Aussehen machen mich unter den Rucksackreisenden in Südamerika wohl ziemlich unvergesslich 🙂 – sie erkannte mich sofort. Nun zwischen Puerto Natales und Iquique lagen rund 2,5 Monate und mehrere 1000 Km, ein spannender Zufall eigentlich.

Was dann aber kam, kann kein Zufall sein. Sage ich mal. Wir stellten fest, dass wir beide Zeit in San Rafael in Argentinien verbracht hatten. Und als ich ihr erzählte, dass ich in dort eine kleine Minimutz habe retten müssen …

… fragte sie mich: „War die Katze grau?“

Upps! Bitte? Schluck!

Nach einigen etwas verwirrten Momenten konnte ich mich dann richtig freuen. Denn sie hatte einen Monat bei genau jener Schweizerin verbracht, die wir uns als die Lösung für die Minimutz erhofft hatten, nachdem die Deutsche sie selbst hat nicht aufnehmen können. Die Schweizerin war – wie ich jetzt erfuhr – zwar nicht wirklich begeistert, NOCH ein Tier durchfüttern zu müssen, aber … sie brachte es auch nicht über das Herz, das kleine Scheisserle abzuweisen.

Francesca arbeitete zu dieser Zeit als Aushilfe auf der Farm – und wurde damit beauftragt, das Minimutz zu bemuttern. Wie sie mir voll Freude erzählte, hatte die Kleine in kürzester die Herzen aller Bewohner erobert. Sie ist intelligent, verschmust, frech, liebevoll, dominant – eben eine tolle Katze. Und lebt jetzt ein tolles Leben.

Das muss wohl der Sinn meiner Rucksacktour durch Südamerika gewesen sein. Oder ein Teil davon. Ich weiss es nicht.

Warum veröffentliche ich diese Geschichte in einem politischen Nachdenkmagazin? Weil ich glaube, nein weil ich davon überzeugt bin, dass jede noch so kleine Handlung einen Unterschied macht. Irgendwer oder -was bemerkt es, wenn irgendjemand etwas tut.

Man kann ja eh‘ nix ändern? Falsch! Für die kleine Katze hat sich alles geändert.

Denk DU – lieber Leser – doch einfach darüber nach, was DU in DEINEM Umfeld alles ändern könntest.

Ein Artikel vom alten-weib. Wiederum ein Dankeschön.



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