Wissenschaft

Dringliche Warnung vor der Teilnahme an der Studie der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf

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Mittwoch, 21.8.2013. Eifel. Ich denke, ich bin ein kooperativer Mensch. Wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft, in der jeder seiner stupiden, sinnlosen Arbeit nachgehen muss, damit wir alle die Früchte dieser Gesellschaftsordnung genießen können. Das man von uns verlangt, viel mehr Arbeit zu leisten, als effektiv vor Ort vorhanden ist, ist eine andere Frage, die hier nicht hingehört. Ich schätze auch sehr die Arbeit der Wissenschaft. Das wundert vielleicht manche, spare ich doch nicht an Kritik an dieser gesellschaftlichen Partei. Die Kritik ist auch angebracht, weil die oft noch pubertierenden Meister des Reagenzglases angesichts ihrer Machtfülle oft über das Ziel hinausschießen – wie die Schweizer, hier der Schweizer Nationalfonds in einer Stellungnahme über Verfassungsänderungen zu Versuchen am Menschen:

Die Vorlage fokussiert zu stark auf den Patientenschutz, während die Forschung als etwas Bedrohliches dargestellt wird.

Nun – wir Deutschen sind da weiter: Paitentenschutz kann man gar nicht weit genug treiben. Die Herren Hitler und Mengele haben in Zusammenarbeit bewiesen, das Forschung durchaus etwas Bedrohliches werden kann. Wir haben den systemhörigen Wissenschaftstypus kennengelernt, der außer seinem „Wissensdrang“ keine Richtlinien akzeptiert. Außerdem haben viele noch nicht die Beteiligung der Wissenschaft an Zyklon-B und anderen Mitteln zur chemischen Kriegsführung, an Biowaffen und Atombomben vergessen.

Vier Jahre später haben sie ihre Meinung geändert und  begrüßen den Entwurf:

Die Forschungsfreiheit ist ein wertvolles Gut, denn ihr kommt eine grosse gesellschaftliche Bedeutung zu. Entsprechend wird sie im neuen Verfassungsartikel erwähnt und zusätzlich durch einen eigenen Artikel in der Bundesverfassung (Art. 20) geschützt

Stimmt: ohne Forschungsfreiheit keine Atombombe. Auch viele andere Schrecken der Neuzeit gäbe es ohne „Wissenschaft“ gar nicht – letztendlich gäbe es sogar keine Klimakatastrophe. Erst die Maschinen der Wissenschaft haben hier das Gleichgewicht gestört – aber das hört man nicht so gerne. Dr. Frankenstein lässt sich vom Gemeinderat generell nicht gerne in die Karten gucken und lehnt Verantwortung für die Taten seines Monstrums grundsätzlich ab.

Klar ist das jetzt eine krasse Gegenmeinung zum Mainstream. Aber das verstehe ich als meine Aufgabe als Blogger: eine Gegenmeinung zum Mainstream zu entwerfen.

In Zeiten von Regierungslügen werden Verschwörungstheorien erste Bürgerpflicht – so lautet mein erster, selbst entworfener Aphorismus zu dem Thema.

Ich habe nun den Schweizer Nationalfonds zitiert, weil er momentan gezielt an die Bloggerwelt in Deutschland herantritt. Freundliche studentische Hilfskräfte drängeln vielbeschäftigte Menschen zur Teilnahme an einer Studie über die deutsche Blogwelt, Zitat aus der Werbemail:

Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ist zurzeit auf der Suche nach Personen, die sich an einer Studie zur öffentlichen Meinung in Bezug auf die Bundestagswahl beteiligen möchten. Uns interessiert vor allem wie die Bürger selbst das Meinungsklima zu Themen und Kandidaten einschätzen. Diese Studie umfasst verschiedene kleinere Befragungen in einem neuntägigen Zeitraum Anfang/Mitte September.

Na ja – klingt harmlos, oder? Zusammenarbeit mit einer Universität – viele Blogger würden das wohl als Ritterschlag deuten … dabei ist es eher die Vorbereitung des Todesstoßes für die Blogwelt.

Das erschließt sich aber erst, wenn man näher hinschaut, was viele unsere Kollegen wohl nicht gemacht haben, die den Aufruf großflächig verteilen. Was wollen die eigentlich genau? Hier mal ein Zitat aus Teilprojekt 2:

Das Teilprojekt geht der Frage nach, welchen Einfluss die Nutzung von Blogs und Social Network Sites (z.B. Facebook) auf die Wahrnehmung öffentlicher Meinung und die diskursrelevanten Verhaltenskonsequenzen dieser Wahrnehmungen hat. Grundannahme ist, dass das Bild öffentlicher Meinung durch Mediennutzungsmuster bestimmt ist. 

Ich weiß, dass ich Wissenschaftlersprache. Sie dient der Elite zur sichtbaren Abgrenzung gegen die Untertanen. Es geht – mit einfachen Worten gesagt – um die Erforschung der politischen Macht der Bloggerszene – ganz im Dienste einer freien, politisch völlig uninteressierten Wissenschaft, die Steuergelder einfach so sinnlos zum Fenster herauswirft.

Jedenfalls sollen wir das glauben. Genau genommen steht hinter jeder dieser Studie eine gewisse  Absicht, ein fest bekundeter Wille. In einem Kommentar zu einem Vorergebnis von Projekt drei erfährt man das auch:

Befunde aus der ersten Welle einer Panelbefragung von Politikern, Journalisten und Bürgern zeigen, dass sich diese Theorien auch in „neuen“ Medienumgebungen bewähren. So schreiben die Befragten verschiedenen Online-Angeboten durchgängig stärkere politische Wirkungen auf andere als auf die eigene Person zu (Third-Person Perception). Auch Folgen von vermuteten Einflüssen von Online-Medien lassen sich nachweisen, etwa hinsichtlich der Zustimmung zu Zensurforderungen oder „corrective actions“ wie Kommunikationsaktivitäten.

Politiker,Journalisten und Bürger fordern Zensur. Oder „corrective actions“ – wenn die Deutungshoheit über die politische Wirklichkeit in Gefahr gerät, wenn ungefälschte Arbeitslosenzahlen veröffentlicht werden, unkorrigierte Zahlen über die Wirtschaftslage veröffentlicht werden oder auch nur einfach unbequeme Hintergründe der Finanzkrise an die Öffentlichkeit geraten.

Und um das aber durchzusetzen, braucht man Daten, Zahlen, Fakten.

Die liefern jetzt viele kritische, deutsche Blogleser – ganz im Detail.

Darf ich mal kurz einen Ausblick darauf geben, was aktuell in Europa möglich ist und bald auch bei uns geschehen könnte? Hier – siehe Spiegel:

Mit Bohrern und Schleifmaschinen mussten die NSA-Enthüller ihr Recherchematerial zerstören – unter Aufsicht des britischen Geheimdienstes: Die Schikanen gegen den „Guardian“ sollen von Premier Cameron angeordnet worden sein. 

Das ist die Welt, in der wir real leben. Wahrheit wird mit Gewalt unterdrückt – und es ist nur noch ein kleines Häuflein Freiheitskämpfer, die ihre Lebensqualität für eine Auseinandersetzung mit dem sich ausbreitenden Moloch opfern: für unsere Solidargemeinschaft, die von allen Seiten her angefressen wird, für unsere Freiheit, die beständig weiter eingeschränkt wird, für Gerechtigkeit, die oft nur noch auf dem Papier steht, für Sicherheit vor staatlicher oder unternehmerischer Willkür, für einen breit angelegten Wohlstand und für Frieden – sozialen und politischen Frieden.

Die Wirkung dieses Häufleins möchte man jetzt einfach mal – ganz neutral – noch genauer kennenlernen.

Ich kenne meine Wirkung schon. Dafür brauche ich keine Universität. Gelegentlich werde ich darauf aufmerksam gemacht, das Bezahlmedien meine Inhalte aufgreifen, gelegentlich finde ich auch schon mal Artikel, die sich Wochen später eng an meine Datensammlung anschließen. Wir haben auch Leser in wirtschaftlich und politisch entscheidenden Positionen – aber ich werde den Teufel tun, hier auch nur Andeutungen zu machen.

Ich weiß, mein Motto „even the worst case“ ist nicht jedermanns Ding. Lieber folgt man den Heile-Welt-Fantasien der Mainstreammedien, die so schön beruhigend sind und den bösen Feind nur machtlos weit jenseits unserer Landesgrenzen sehen, ferngehalten von fleißigen NSA-Mitarbeitern, die unsere Bürgerrecht hinterhältig und heimlich mit großem Aufwand und großer Gewalt nur zu unserem Besten brechen.

Deshalb ist es nur Zufall und nicht weiter verwunderlich, dass die Kooperationspartner dieser Studie ausschließlich in den USA sitzen – auch wenn die Einleitung viel allgemeiner formuliert:

Nachfolgend finden Sie die internationalen Kooperationspartner der Forschergruppe:

Thomas J. Johnson, Texas Tech University (Website)
Barbara K. Kaye, The University of Tennessee-Knoxville (Website)

Dietram A. Scheufele, University of Wisconsin-Madison (Website)

William P. Eveland, The Ohio State University (Website)
Michael Xenos, University of Wisconsin-Madison (Website)
Dhavan V. Shah, University of Wisconsin-Madison (Website)
Lance Bennett, University of Washington (Website)

Ja, ich weiß, die deutschen Wissenschaftler sehen sehr harmlos aus. Ich möchte den meisten von ihnen hier auch keine böse Absicht unterstellen. Sie machen halt ihre Arbeit – wie immer ganz unschuldig, naiv und völlig unpolitisch. Ich kenne den Typus, ich habe beruflich früher dutzende von ihnen für das Marketing eingekauft, die gibt es ab 500 Euro/Vortrag im Angebot.

Deshalb fragt sich auch niemand, warum es aktuell so viele US-amerikanische Kooperationspartner gibt – und keine europäischen. Fragen stellen, die über das eigene Wissensgebiet hinausgehen, wird nur noch Philosophen erlaubt – und die werden eher als Tagträumer belächelt, weil ihre Arbeit wirtschaftlich nicht verwertbar ist: Philosophie nützt überhaupt nichts, wie Arthur Schopenhauer einst meinte …. aber sie erspart einem vieles. An diesem „ersparen“ haben weite Kreise von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik kein Interesse. Die ersparen einem nämlich lieber nichts.

Blicken wir noch einmal auf die Fernziele der Forscher der DFG und des Schweizer Nationalfonds:

Grundlagen der politischen Kommunikation in der Online-Welt erforschen!

Im Mittelpunkt steht die Forschung. Zentrales Ziel ist die systematische Suche nach Antworten auf die leitende Frage der Forschergruppe: Wie verändert sich nachweislich die politische Kommunikation durch Online-Medien und welche politischen Folgen hat das?

Letztendlich hat die Forschergruppe die Aufgabe, im Rahmen einer solchen Theorie aufzuklären, in welchem Maße politische Veränderungen auf den Medienwandel zurückzuführen sind. Damit trägt sie dazu bei, die Position der deutschen Kommunikationswissenschaft in der internationalen Wissenschaftskommunikation zu stärken.

Klar – erstmal wollen sie die Stellung der deutschen Kommunikationswissenschaft stärken: Forschungsgelder winken.

Wer hat eigentlich Interesse an den anderen Antworten?

Interessieren Sie sich, lieber Leser,  als Wähler und Bürger dafür, wie viel gesellschaftliche Macht politische Blogs in Deutschland haben? Wieviel genau – gestützt auf eine breite Umfrage in der Leserschaft genau dieser Blogs?

Natürlich nicht. Das ist eine Frage, deren Antwort für Parteien und Wirtschaftsverbände interessant sind – jene Oligarchen, die unsere Verfassung, unsere Demokratie und unseren Wohlstand beständig weiter bedrängen.

Jetzt wird der eine oder andere der Meinung sein: Uh … der übertreibt mal wieder, der Eifelphilosoph. Ja, das mache ich gerne und oft. Immerhin muss ich gegen einen Moloch antreten, der täglich tausendfach Gülle verbreitet: da helfen keine kleinen Löffel. Ich möchte aber – der Vollständigkeit halber – nochmal aus Teilziel 2 zitieren:

Grundannahme ist, dass das Bild öffentlicher Meinung durch Mediennutzungsmuster bestimmt ist. Die heutige Mediennutzung ist teilweise stark durch Inhalte aus Quellen jenseits der Massenmedien geprägt. Es wird geprüft, (1) in welchem Maße dies zu einer anderen Wahrnehmung der öffentlichen Meinung und zu Urteilsunsicherheiten führt und (2) welche Folgen diese Einschätzungen auf die Artikulationsbereitschaft der Bürger in unterschiedlichen Öffentlichkeiten besitzen.

„Urteilsunsicherheiten“ durch Blogkonsum meint: wie sehr Herrschaftsmeinung erfolgreich hinterfragt wurde.

„Artikulationsbereitschaft“ zeigt den Grad der Aufwiegelungsmöglichkeit der Massen.

Die Wahrnehmung öffentlicher Meinung inklusive der „diskursrelevanten Verhaltenskonsequenzen“ (der realen, praktischen Wirkung nach Blogkonsum) – siehe oben- ist noch von besonderer Bedeutung hinsichtlich der Schweigespirale, der die Forschergruppe besondere Aufmerksamkeit widmet, siehe Wikipedia:

Die Theorie der Schweigespirale ist ein Teil der Theorie der öffentlichen Meinung, wie sie in den 1970er-Jahren von Elisabeth Noelle-Neumann formuliert wurde. Laut dieser Theorie hängt die Bereitschaft vieler Menschen, sich öffentlich zu ihrer Meinung zu bekennen, in bestimmten Fällen von der wahrgenommenen Mehrheitsmeinung ab.

Auf der Grundlage dieser Theorie erfolgte die Beeinflussung der deutschen Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten.

Und nun trauen sich immer mehr Menschen, ihre Meinung zu ändern, weil Blogs wie kleine Bollwerke in der Medienwelt dem täglichen Shitstorm der Oligarchie trotzen – sehr zum Ärger von Journalisten und Politikern, die lieber mehr Zensur sehen würde, weil ihre Steuerungsmacht schwindet.

„Die heutige Mediennutzung ist teilweise stark durch Inhalte aus Quellen jenseits der Massenmedien bestimmt“ – wozu dann noch die Studie?

Um kostengünstig angemessene Gegenmaßnahmen berechnen zu können – die notfalls mit Schleifer und Bohrer vom Geheimdienst vorgenommen werden, dessen Verstrickung in NSA-Verbrechen wir aktuell in Deutschland nicht abschätzen können.

Im Juli 2013 veröffentlichte die Forschungsgruppe die Ergebnisse einer anderen Studie:

Eine aktuelle Studie des Branchenverbands Bitkom gibt die Richtung vor: Gut ein Drittel der Befragten sagt, dass der Internet-Wahlkampf entscheidend für den Ausgang der Bundestagswahl ist, jeder Dritte informiert sich auf Social-Media-Plattformen über Politik. 

Man weiß also schon längst, dass hier um 33 Prozent der politisch interessierten Wähler gekämpft wird.

Darum ist die Teilnahme an dieser Studie – der ich selbst im ersten Moment sehr positiv gegenüberstand – absolut nicht unbedenklich, sondern genau genommen ein Verrat an all´ jene Blogger, die ihren sozialen Status, ihre gesellschaftliche Anerkennung, ihre berufliche Position und möglicherweise bald sogar ihr Eigentum und Leben riskieren, um weiter im Dienste der Aufklärung zu arbeiten.

Um es mal ganz deutlich zu sagen – auch für jene, die gerne Bildzeitung lesen:

Wer hier mitarbeitet liefert die alternativen Medien ihren natürlichen Feinden aus und trägt dazu bei, ein letztes Reservat demokratischer Meinungsbildung zu vernichten. 

Ausnahmsweise möchte ich hiermit geneigte Leser um großflächige Weiterverbreitung dieser Gedanken bitten – wenn  man uns denn auch in Zukunft noch lesen möchte.

Zusätzlich möchte ich mich bei unserem geschätzten Regenbogenbieger bedanken, dessen beherzter Einsatz mich auf die Tücken dieses Konstruktes hingewiesen hat und mich so davon abhielt, ebenfalls für die Universität zu werben, wie ich es aus reiner Wissenschaftsliebe und natürlicher Hilfsbereitschaft heraus fast getan hätte.

 



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