Sonntag, 18.8.2013. Eifel. Nach alter kirchlicher Tradition dürfen wir an diesem Tage ruhen. Sicher nicht mehr lange – im Feldzug gieriger Räuber gegen die Sozialromantik werden kirchliche Feiertage in den nächsten Jahren eine zunehmende Abwertung durch Abwertung der Religion selbst erfahren, so dass auch die mühsam erarbeiteten und erkämpften Ruhetage der Menschen dem modernen Moloch zum Opfer fallen werden. Üblich an diesen Tagen ist auch ein gepflegtes Essen, man feiert zurecht den Erfolg der letzten Woche. Früher war auch der Kirchgang üblich – heute fällt er uns sehr schwer: am Sonntag werden wir faul und träge, weil es der Tag ist, an dem wir den Montag am meisten fürchten. So schrecklich sinnentleert, verfremdet und unmenschlich ist unsere Arbeit geworden, dass viele am Sonntag schon das große Kotzen kriegen und äußerst neiderfüllt auf Arbeitslose schauen, deren staatlich durchgeführte Qual in dem Moment des Neides nicht ins Bewusstsein dringt. Ihre Tafel ist heute nicht gefüllt, ihr Sonntag ist ein Alltag. Sie könnten die ganze Woche das große Kotzen kriegen – nicht nur am Montag. Viele von ihnen haben heute gar nichts auf dem Teller, manche haben noch nicht mal mehr einen Ort, wo sie den Teller hinstellen können.
Der Grund für diese schnöden Alltagsprobleme ist ganz einfach: der Staat will sie vernichten.
Kein gutes Thema für einen Sonntag, nicht wahr?
Aber wahr.
Schauen wir einfach mal näher hin. Dazu muss ich nochmal auf die Seite eines Arbeitslosenaktivisten – jener Gruppe von Menschen, von denen ich zunehmend den Verdacht habe, dass sie auf Kosten der Arbeitslosen eine imagefördernde Egopflege betreiben, die sie selbst möglichst näher an die Fleischtöpfe bringen soll – eine Einstellung, die ich bei deutschen Parteien in der Regel auch durchgehend und nahezu ausnahmslos feststelle.
Ich nehme hier Rückgriff auf die Causa Boes, um die ich mich – zugegebenerweise – lange Zeit nicht gekümmert habe. Gründe dafür habe ich genug genannt- und könnte noch mehr dafür anführen. Was jedoch zu schätzen ist – und zu schätzen bleibt – ist die Bereitschaft zum persönlichen Leid jenseits allgemeiner Propaganda. Das widerfährt ihm jetzt: die totale Sanktion ist durch. Da der Prozess für alle öffentlich belegt ist, kann jeder Normalbürger einen Blick auf jene Mutation werfen, die den demokratisch-sozialen Rechtsstaat verschlungen hat. Man kann einen Blick auf jene Sprache werfen, die heutzutage den Tod in die Welt trägt (siehe Bürgerinitiative Grundeinkommen):
Da Sie wiederholt Ihren Pflichten nicht nachgekommen sind (vorangegangene Pflichtverletzung am 15. Februar 2013) wird für die Zeit vom 1. August bis zum 31. Oktober (Minderungszeitraum) ein vollständiger Wegfall Ihres Arbeitslosengeldes II festgestellt.
Im Einzelnen sind von der Absenkung betroffen:
– der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes (§20 des zweiten Sozialgesetzbuches SGB II)
– die Bedarfe für Unterkunft und Heizung.
Bemerkenswert: das Arbeitslosengeld wird nicht gestrichen, sein Wegfall wird passiv festgestellt. Eine unbekannte Macht hat es wegfallen lassen. Kein Mensch trägt dafür Verantwortung. Schön auch das Wort „Absenkung“ – es erinnert an einen großen See, dessen Wasserspiegel man etwas senkt. Die Wahrheit ist: der See wird ausgetrocknet, der Mensch der Vernichtung preisgegeben – durch staatliche Macht.
Wir wollen jetzt nicht die Causa Boes im Besonderen diskutieren, hier gibt es viel für und wieder, das hier nicht hingehört. Zwar will auch nicht jeder Arbeitslose mit seiner Sanktion in den Bundestag, noch hat jeder einen anonymen Unterstützerkreis, der ihn im schlimmsten Notfall auffangen kann – aber die nackte Tatsache, wegen Befehlsverweigerung aus der Volksgemeinschaft ausgeschlossen zu werden, trifft alle gleich – und hat natürlich noch viel weitere Folgen.
„Töte einen, diszipliniere hundert“ – das hat man von Mao gelernt. Hitler hat das auch gewusst – und gleich Millionen ermorden lassen. Was war da für eine Disziplin im Land!
Was dort geschieht, ist einzigartig in Deutschland. Man darf da nicht einfach drüber hinweggehen – erst recht nicht, da diese Sanktionen – wie die Presse meldet – beständig neue Rekorde erzielt. Eine neue Qualität greift sich Raum – eine Qualität, die für unser Urgroßeltern noch Alltag war.
Da muss man ganz genau hinschauen. Das ist ein Akt unvorstellbaren Grauens, der dort vollzogen wird – und viele fleißige Hände machen mit.
Man entzieht dem Bürger das Essen.
Man entzieht dem Bürger die Wärme.
Man entzieht dem Bürger seinen Wohnraum – sein Zuhause, sein Heim.
Das ist nun seit 1933 deutsche Geschichte. Ja – bitte: jetzt mal nicht wieder herummaulen. Seit Gerhard Schröder wird der bundesrepublikanische Alltag immer mehr zum Großraum-KZ … wenn man auf die Prinzipien schaut. Nur darauf.
Ob ich nun einen Juden zum „Umsiedeln in den Osten“ abhole und ihn im Lager verhungern lasse oder ob ich einen Arbeitslosen zwecks „Druckausübung“ mittellos auf die Straße werfe: der Unterschied ist nur graduell, nicht prinzipiell . Wir formulieren genauso schön wie die Nazis – aber wir vergasen noch nicht. Wir haben gelernt: KZ´s und Vergasungen sind nämlich … INEFFEKTIV und TEUER. Besser ist, man wirft den Menschen mit Staatsmacht hinaus aus seiner Heimat (so wie es aktuell Frank Schönwetter geschieht) und lässt die Natur den Rest erledigen.
Sollen sich die Sozialromantiker doch bei der Natur beschweren – oder bei Gott, dass er den Menschen so mangelhaft gebaut hat.
Das Ganze geht aber auch noch ein Stück weiter. „Arbeitslosigkeit“ kann heutzutage jeden treffen. „Jude“ ist heutzutage ein Adjektiv, das JEDEN treffen kann: es sei denn, man ergötzt sich an den großzügigen Segnungen, die der Staat seinen Beamten zukommen lässt, jenen Staatsdienern, die schon im Dritten Reich „nur ihre Arbeit gemacht haben“.
Starben die Juden früher im KZ (man denke nur an die Transportkosten – jedem Neoliberalen schaudert dabei), stirbt man heute überall.
Wenig bewusst ist dem modernen Menschen, das man ohne Wärme nur einen Tag überleben kann (habe ich bei einem „Wie-überlebe-ich-allein-im-Wald“-Seminar gelernt). Einem Menschen die Wärme absichtlich zu entziehen, gleicht einem Todesurteil – auf jeden Fall kann man dem Auslöser des Prozesses zurecht Vernichtungswillen unterstellen.
Ich will hier auch nicht darüber diskutieren, dass es ja noch die Kann-Leistung der Lebensmittelgutscheine gibt. Dieses Feigenblatt kann nicht die Absicht der Vernichtung (bzw. der versuchten Tötung) verschleiern – zudem ist es eine Kann-Leistung und kein Rechtsanspruch. Außerdem bringen Lebensmittel keine Wärme.
Ich möchte die Absicht der Vernichtung noch ein wenig deutlicher beleuchten – dass hat sie aufgrund ihrer Ernsthaftigkeit verdient.
Der sanktionierte Mensch wird im Zeitraum seiner Sanktionierung ja nicht von seinen Pflichten entbunden. Weiterhin muss er sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung kümmern. Das er keine Adresse mehr hat, hungrig, durstig, vielleicht schon im komatösen Wahn dirilierend sich übel stinkend und völlig verdreckt in den Konkurrenzkampf mit anderen Bewerbern beweisen soll, gehört mit zu der Last, die man ihm aufbürdet. Versagt er, wird vom allmächtigen Arbeitgeber abgelehnt (was immer als eigenes Verschulden gedeutet werden kann) werden die Sanktionen verlängert.
Da steckt ein elementarer Vernichtungswillen hinter, der gezielt ins Gesetz gegossen wurde.
Wir brauchen da keine Konzentrationslager mehr: die Straße eliminiert solche vogelfreien Gestalten selber – zur Not fallen sie gutbürgerlichen Säuberungskommandos zum Opfer, die schon immer einen Hass auf Arme geschoben haben. Das ist leider keine Zukunftsmusik, finden wir doch ein entsprechendes Hasspotential in weiten Kreisen der niederen Bevölkerungsschichten – angespornt von Medien, Wirtschaft und Politik.
Viele werden jetzt denken: das kann doch gar nicht sein! Wir leben in einer Demokratie, in der Menschenrechte absolute Gültigkeit haben!
Stimmt: das war die Bonner Republik. Jetzt haben wir die Berliner Republik, die einen Kurs eingeschlagen hat, den wir in Deutschland schon kennen. Hier herrscht ein ganz neues Klima.
Schauen wir doch mal, wie die neue deutsche Dauerkanzlerin (Erbin des Dauerkanzlers Helmut Kohl) sich hier positioniert, siehe Spiegel:
Oben auf der Bühne versucht die Kanzlerin, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Sie kennt das mit den Störern, diesen hier sagt sie deutlich, was sie von dem Radau hält. Wer glaube, nur weil er laut schreie, könne staatliche Unterstützung bekommen, dem könne man nicht helfen. Nett ist das nicht, die Demonstranten so abzustempeln. Die genervten Merkel-Fans aber jubeln dankbar.
Die „Störer“ waren Jusos, die gegen das Verhalten der Regierung beim NSA-Abhörskandal demonstrierten. Da standen keine Arbeitslosen – aber die Kanzerlin ist sich halt ganz bewusst, dass sie eine neue Rute hat, um das Volk zu disziplinieren: wer stört, wird „abgesenkt“, da muss man – fast selbst ganz überrascht! – einen Wegfall des Lebensberechtigungsscheins feststellen.
Das war eine brutale Morddrohung. Leider an die falsche Adresse – obwohl dank der vollständigen Überwachung die Arbeitgeber der Störer demnächst wohl gezielt informiert werden können, damit man sie den Jobcentern zur Sonderbehandlung überstellt.
Schlimmes Thema, nicht wahr? Und das an einem Sonntag. Ich verstehe die Abneigung, sich an einem solchen Tag mit diesem Thema zu beschäftigen – doch die Lage ist sehr ernst. Wir haben nicht mehr viel Zeit, den Moloch aufzuhalten, siehe Süddeutsche:
Überraschung im NSU-Prozess: Wenn Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt mit Weggefährten über den Einsatz von Gewalt diskutierten, war ein V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes dabei. Das Bundeskriminalamt geht davon aus, dass Tino Brandt zu denen gehörte, die Gewalt befürworteten.
Wir erleben Erscheinungen im deutschen Alltag, die aus einem Horrorfilm, einer üblen Dystopie unserer Zukunft zu stammen scheinen. Dabei waren wir gewarnt worden – siehe die Buchkritik zu „Deutschland-Clan“ bei Inkultura:
Fassungslos! So bleibt der Leser des Buches Der Deutschland Clan von Jürgen Roth nach der Lektüre zurück. Deutschland als Tummelplatz für kriminelle Aktivitäten jeglicher Art. Politik und Wirtschaft im engen Zusammenspiel mit der Organisierten Kriminalität. Geldwäsche auf hohem Niveau mit Kenntnis von Bankern und hochrangigen Politikern.
Ist das wirklich noch der Staat, der von seinen Bürgern alle vier Jahre neu gewählt wird? Ist unsere Demokratie so demokratisch, wie es von Politikern und Meinungsmachern immer wieder betont wird, oder wirken im Hintergrund bereits seit langem ganz andere Kräfte?
Der Autor legt eine Fülle an Beweisen vor, die den Leser daran zweifeln lassen, in einer freien und demokratischen Gesellschaft zu leben. Gesetze scheinen ausschließlich für, bzw. gegen die Bürger gemacht zu sein. Das Kapital und die Politik scheinen davon ausgenommen zu sein.
Das ist jetzt sechs Jahre her: unglaubliche Enthüllungen über die Strippenzieher der deutschen Innenpolitik. Folgen? Keine.
Nichts scheint den deutschen Michel aufrütteln zu können. Die kritischen, bewussten Bürger bleiben eine kleine, klagenden Minderheit, während die Masse verängstigt, verblödet und durch staatliche Tötungsakte eingeschüchtert in ihren Wohnungen bleibt.
Verübeln kann man es ihnen nicht: Hartz IV ist genau deshalb eingeführt worden – die so harmlos genannte „Reform des Arbeitsmarktes“ sollte der Zivilgesellschaft den Rücken brechen. Das zumindest war ein voller Erfolg.
Währenddessen schreitet die Verwirtschaftung des Menschen weiter voran – neue Verwertungsoptionen für entsorgte Arbeitslose eröffnen sich bei unsern Herren jenseits des Atlantiks, siehe Wissenschaft3000
Die Regierung Obama hat dem Unternehmen PepsiCo die Genehmigung erteilt, weiter die Dienste eines Herstellers für Geschmacksstoffe in Anspruch zu nehmen, der Zellgewebe von abgetriebenen Föten verwendet. Wie die WebseiteLifeSiteNews.com berichtet, hat Obamas Börsenaufsichtsbehörde Security and Exchange Commission (SEC) entschieden, die Zusammenarbeit zwischenPepsiCo und der Firma Senomyx aus San Diego in Kalifornien, die unter Verwendung von menschlichem embryonalen Nierengewebe Geschmacksverstärker für Pepsi herstellt, sei eine »ganz normale Geschäftstätigkeit«.
Vergasen ist teurer als verrotten lassen – aber verwerten ist noch besser als das.
Die ersten Weichen sind gestellt.