Sonntag, 28.7.2013. Eifel. Eigentlich eine Zeit für Erbauliches, doch auch eine Zeit, um endlich einmal DANKE zu sagen. Dank dem Dauerkanzler Kohl, der durch eine unüberlegte und nicht zu finanzierende deutsche Wiedervereinigung die D-Mark vernichtet hat – wie man hört, war der Preis für die Wiedervereinigung der Beitritt zur Eurozone. Da hatten wir dann gleich zwei Kostenfaktoren zu tragen, auf die wir gar nicht vorbereitet waren. Dank auch dem Gerhard Schröder, der den Finanzheuschrecken Zugang zum deutschen Markt erlaubte und nebenbei mit einem gezielten Schlag den deutschen Sozialstaat zerstörte, um eine heiß und innig ersehnte Unterschicht zu schaffen. Dank gebührt auch der Angela Merkel, jener Kanzlerin, die einst eiligst in die USA flog und dort ohne Not den Bückling machte, als Schröder keine deutschen Soldaten zum großen Angriffskrieg auf den Irak bereitstellen wollte – kein Wunder, dass die bei der Reaktion auf die NSA-Affäre dramatisch versagt: ihre psychische Prägung lässt zweifelsohne keine kritischen Gedanken über den „Großen Bruder“ zu, jenen Heilsbringer, dessen Aktionen sie ihren Posten zu verdanken hat. Immerhin – ohne die Zustimmung der USA zur deutschen Einheit wäre sie noch Physikerin, die nur ihr Labor in Trümmern legen kann … und nicht das ganze Land. Ach ja – das Land. Bei all den Dankesreden haben wir es schon fast vergessen. Schauen wir es uns doch mal genau an.
Aktuell meldet das Handelsblatt, dass schon 25 % der Deutschen im Niedriglohnsektor arbeiten – mehr als in Zypern oder Bulgarien. 25 % der Deutschen arbeiten nur noch in Teilzeit … unberücksichtigt der möglichen Schnittmenge bei „Teilzeitarbeit im Niedriglohnsektor“ ergibt sich auf den ersten Blick eine Zahl von erschreckenden 50%, die nicht mehr genug Arbeit zum Leben haben – von den vielen Arbeitslosen einmal abgesehen, von denen jeder Zehnte schon zusätzlich Hartz IV beantragen muss, weil das Arbeitslosengeld mangels Lohnhöhe nicht mehr ausreicht (siehe Morgenpost). Der alte Gesellschaftsvertrag GELD für ARBEIT zum LEBEN ist ausgelöscht, dafür haben wir einen neuen Boom bei Verwaltungskosten: 400 000 Klagen gegen Hartz IV (viele erfolgreich, siehe Welt) legen die Gerichte lahm (z.B. Stern).
Wo Unrecht zur Norm wird, kann das schon mal geschehen. Dafür sind Gerichte ja da. Weniger helfen können Gerichte jene Menschen, die durch explosionsartig steigende Mieten unter den Hartz IV-Satz geraten, siehe Süddeutsche:
Schlechter gestellt als mit Hartz IV: Viele einkommensschwache Familien haben nach Abzug der Miete weniger Geld als Haushalte, die eine staatliche Grundsicherung beziehen. In manchen Städten bleiben Familien mit zwei Kindern nur 666 Euro im Monat.
Danke, Kohl, Schröder und Merkel für diese erstaunliche Lebensqualität für hart arbeitende Menschen!
Hat das Volk kein Geld mehr, merkt man es am Konsum. Natürlich darf man darüber nicht reden – aber das ist in Deutschland leicht, denn um über solche Themen lösungsorientiert reden zu können, brauchen wir gezielte Ursachenforschung der Medien. Das ist auch den Kanzlern bekannt, weshalb ihnen die Zerschlagung der Medienmacht sehr zugegen kommt. Hören wir dazu den Medienforscher Klaus-Dieter Altmeppen im Spiegel anläßlich der aktuellen Entwicklung im deutschen Medienbereich, dem Verkauf etlicher Printformate des Springerverlages:
Erst einmal eine weitere Konsolidierung der deutschen Medienlandschaft. Sie wird immer mehr zu einer normalen rationalisierungsgetriebenen Branche. Die Frage nach Qualitätsjournalismus oder publizistischer Verantwortung wird nicht mehr gestellt – und von der Frage abgelöst, was ich an meine Anteilseigner auszahlen kann. Geld verdrängt Gewissen, wenn Sie so wollen.
Geld verdrängt Gewissen – Renditeorientierung verdrängt Wahrheitsfindung. Egal ob´s stimmt: Hauptsache, es wird gekauft.
Künftig organisieren jedenfalls immer weniger große Konzerne den gesellschaftlichen Kommunikationsprozess. Wir werden also einen Meinungsverlust erleben, die Vielfalt wird leiden. Die Funke-Gruppe, so sehr sie auch ihre Meriten im Ruhrgebiet hat, spezialisiert sich seit Jahren darauf, profitable Regionalprodukte und Zeitschriften herauszubringen. Ob eine Redaktion vor Ort sitzt oder in weiter Ferne, spielt in ihrem Konzept keine große Rolle mehr. Und mit diesen internen Konzentrationsprozessen geht eine Nachrichten- und Meinungsuniformierung einher.
Der Jornalist soll schreiben, was Gewinn bringt. Nach erfolgreicher Rationalisierung lebt er als freier Mitarbeiter am Rande des Existenzminimums und bekommt nur noch jene Artikel bezahlt, die bei den Geldgebern gefallen finden. Ein Beispiel?
Schauen wir uns die aktuelle Pleite der Baumarktkette Praktiker an. Wir wissen ja alle darüber Bescheid. oder? Lauschen wir doch einmal der Zeit dazu:
Praktiker war durch eine fehlgeschlagene Rabattstrategie in eine schwere Krise geraten
Die ertragsstärkere Tochter Max Bahr sowie das Auslandsgeschäft sind von der Insolvenz aber nicht betroffen
Die Botschaft ist klar: immer alles billig verkaufen ist falsch. Für so eine Botschaft zahlen die Anteilseigner gern, der Deutsche weiß, dass er wieder die Flasche ist.
Leider – ist das gelogen. Warum? Das erklärt uns das Manager-Magazin aus dem Jahre 2009:
„Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Rezession, die auch in der Baumarktbranche angekommen ist, stellen wir uns auf eine vorübergehende deutliche Abschwächung unseres Geschäfts im In- und Ausland ein“
Ach ja – die Krise. Aber die Kanzlerin wünschte ja von der immer kleiner werdenden Zahl von Chefredakteuren Zurückhaltung bei der Berichterstattung: deshalb darf die Krise als Ursache nicht erwähnt werden – zudem würde auch die Wirtschaftspolitik von KSM (Kohl/Schröder/Merkel) in ein schlechtes Licht geraten, wenn man ständig über diese „Krise“ reden würde. Dabei war dieses Krise der Anlass der Kaufzurückhaltung der Häuslebauer, nicht das „Rabattgeschäft“, von dem schon lange bekannt ist, dass es sich nur um eine Irreführung der Verbraucher handelte (siehe Focus aus dem Jahre 2008), weshalb der Bundesgerichtshof einschritt.
Aber welcher Leser weiß dass heute schon noch? Wer wundert sich darüber, dass die Meldung über die ertragsstarke Max Bahr-Tochter ebenfalls eine Lüge war – siehe Spiegel. War eben doch die Krise – und nicht das (erschwindelte) Rabattgeschäft.
Reicht das schon?
Nein, weitere Katastrophen bahnen sich an. Als Folge der Krise kommt es zu einer deutlichen Verschlechterung der Produktqualität: angelernte Leiharbeiter sind halt genauso billig wie ihre Leistung, was zu Erscheinungen führt, die alle zur Besinnung rufen sollten: die Zahl der Rückrufe von nagelneuen Autos erreicht ständig neue Rekorde (siehe Zeit). Der Ruf nach ständiger Verbilligung der Produktion („Verschlankung“) im Interesse der Anleger bleibt aber ungebrochen. Das kostet Leben, Umsatz und Arbeitsplätze – aber dank KSM erfahren wir davon nicht mehr so viel.
Natürlich haben wir ein gigantische Krise – über die nicht mehr gesprochen wird, obwohl der nächste Schlag schon bald droht, siehe Spiegel:
Bis in die Details hat William White bereits 2003 die globale Finanzkrise vorhergesagt. Niemand wollte damals auf ihn hören. Der Ökonom erklärt im Interview, warum die Welt bereits auf den nächsten Crash zusteuert
Natürlich hat es Folgen, wenn hart arbeitende Familien mit 666 Euro im Monat auskommen müssen, weil Finanzjongleure durch neue Immobilienblasen die Mieten hochtreiben – diesen Familien nutzen auch keine Rabatte mehr: die können sich auch 80% Preise nicht mehr leisten.
Natürlich lassen es sich die hohen Herren und Damen in der Politik nicht nehmen, den Kahlschlag des Landes auch in der Bildung fortzusetzen. Während die Diäten der Abgeordneten (der Mitläufer der groß angelegten Proletarisierungskampagne der letzten drei Regierungen) beständig neue Rekorde erzielen (im gleichen Zeitraum nimmt die Qualität ihrer Arbeit deutlich ab, weshalb das Verfassungsgericht immer häufiger einschreiten muss), nutzt man zur Besoldung der Lehrer gezielt das Hartz IV-System, siehe Spiegel:
Noch nie gab es so viele Vertretungslehrer wie heute. Als Saisonkräfte arbeiten sie ein knappes Jahr, im Sommer beziehen viele Hartz IV. Die Bundesländer halten die Junglehrer hin – und sparen Geld auf Kosten der Sozialkassen.
Nun – Lehrer leben immer auf Staatskosten … und mir scheint es, dass immer weniger sich dessen bewusst sind, dass man dafür auch mal Leistung bringen darf. Aus Lehrern aber „Hartzer“ zu machen, jene gesellschaftlich in breiter Front von den Medien geächtete Klasse von politisch mit gesetzlicher Gewalt ins Proletariat abgedrängten Mittelschichtsmenschen hat natürlich Folgen, die man direkt am Verhalten der Schüler ablesen kann. Was hier heranwächst, wird man in Zukunft wohl nur noch mit Polizeigewalt bremsen können, siehe Spiegel:
Gerade Unternehmer, so Hanke, hielten die nachwachsende Azubi-Generation mittlerweile für verroht, verkorkst und /oder verblödet.
So ein Zitat aus einem Artikel über den Kampf einer „Benimmtrainerin“ für Schüler, die ihren Kampf nach drei Jahren aufgegeben hat.
„Auch auf dem Gymnasium fehlt den Schülern jedes Verständnis dafür, dass sie Teil einer Gemeinschaft sind.“ Als Lebensziel hätten die meisten angegeben, reich werden zu wollen. Um jeden Preis.
Das haben sie wohl von ihren Eltern gelernt. Ihre Methoden sind schon bemerktenswert – Sklavenhaltung inklusive:
Im gutsituierten Berliner Bezirk Zehlendorf war es gang und gäbe, dass die schwächeren Schüler massiv drangsaliert wurden. „Die wurden zum Teil zu Sklaven gemacht, indem man sie losgeschickt hat, damit sie mit ihrem eigenen Geld Brötchen für die Stärkeren kaufen.“ Was immer die Drangsalierer von den Drangsalierten wollten: Sie nahmen es sich einfach. „Meins gibt’s, deins nicht“, sagt Hanke. Irgendwo auf der schulischen Laufbahn, glaubt sie, muss die Fähigkeit zum Mitgefühl verlorengegangen sein.
Natürlich sind wieder die Eltern schuld. Die reagieren auch entsprechend, wie wir vor Ort deutlich sehen: unser Kindergarten hat für dieses Jahr noch sechs Kinder und wird mit anderen Kindergärten, die ähnlich geschrumpft sind, zusammengelegt. Die Eltern haben eine Lehre aus der verschämt verschwiegenen Megakrise des Kapitalismus gezogen: Kinder sind einfach zu teuer. Von 666 Euro kann man die nicht vernünftig großziehen.
Sucht man nach Gründen für diese Verrohung der Bevölkerung, so landet man wieder direkt bei der Politik – hier aus einem Artikel über die beständige Zunahme der Monster-SUV´s im Straßenverkehr (aus Blätter für deutsche und internationale Politik):
Dazu kämen noch die wachsende ökonomische Ungleichheit durch die neoliberale Politik und der Rückzug des Staates aus seiner sozialen Verantwortung. Dies alles steigere in großen Teilen der westlichen Gesellschaften Unsicherheit, Angst und Konkurrenzdruck, worauf die Menschen häufig mit vermehrtem Misstrauen und Abgrenzung gegenüber ihrer Umwelt reagierten. Gegen solcherlei Ängste biete ein großes, nach außen Stärke demonstrierendes, ja fast bedrohliches Fahrzeug wie ein Sport Utility Vehicles ein gesteigertes Sicherheitsempfinden.
Die Familien, die es sich leisten können, bereiten sich auf einen Krieg gegen das Proletariat vor – mit Fahrzeugen, die besondere Qualitäten aufweisen: ein gestiegenes Todesrisiko für Fußgänger und Fahrradfahrer von 82 %, für Kinder sogar von 400 %.
Man will Blut sehen – und sieht es auch: die unfallbedingten Verletzungen an den eigenen Kleinkindern (sofern überhaupt noch vorhanden) steigen bei SUV-Gebrauch um 65 %.
Das ist nicht unsere Zukunft, das ist unsere Gegenwart: reiche Bürger demonstrieren offen Tötungswillen durch den Gebrauch von spritfressenden Monster-PKW´s – aber wir reden nicht darüber.
Das gesamte, mühsam aufgebaute Zivilisationsgefüge der westlichen Welt zerbricht – und die deutsche Politik arbeitet gezielt daran, dass der Prozess auch in diesem Land unvermindert weitergeht, während man durch gezielte Einflussnahme auf eine immer schwächer und abhängiger werdende Presse ein Potemkinsches Dorf nach dem anderen auf die Wähler los läßt, ja das ganze Land in solch ein Dorf verwandelt (siehe Wikipedia)
Als Potemkinsches Dorf wird etwas bezeichnet, das fein herausgeputzt wird, um den tatsächlichen, verheerenden Zustand zu verbergen. Oberflächlich wirkt es ausgearbeitet und beeindruckend, es fehlt ihm aber an Substanz.
Und das ist das Deutschland, das unter der Oberfläche lauert und für Grusel sorgen wird, wenn es ans Tageslicht kommt: eine künstlich produzierte Unterschicht wird von verrohten Psychopathen einer verblödeten Oberschicht durch die Straßen gejagt: „Meins gibt´s, deins nicht“ – der Wahlspruch auch der politischen Leistungselite dieses Landes.
Begonnen hat diese Entwicklung mit der „geistig-moralischen Erneuerung“ eines Helmut Kohl, in dessen Folge Mitgefühl zur „Sozialromantik“ wurde, die dem „Zeitgeist“ nicht mehr entspricht, während Beraterverträge in Höhe von 600 000 DM im Jahr mit Pleiteunternehmern, gezielte Vernichtung von Akten des Kanzleramtes zu Korruptionsvorwürfen im Falle des Verkaufs der Leuna-Raffiniere oder auch bewusste persönliche Verstöße des Bundeskanzlers gegen von ihm selbst unterzeichnete Parteiengesetze (siehe Wikipedia zu Helmut Kohl) zeigten, dass in Deutschland ein neuer Wind herrscht.
In der Tat war das Land erneuert worden: ein Proletariat wurde gesetzlich eingerichtet, die Verrohung der Sitten wird von oben herab vorgelebt und der Verblödung durch manipulative Berichterstattung Vorschub geleistet.
Und dafür gebührt unseren Führern unser Dank, oder?