Politik

Wie Hedgefonds die Marktwirtschaft vernichten und uns durch Minister Pferdefleisch servieren.

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Sonntag, 24.2.2013. Eifel. Sogar am Sonntag geht die Welt den Bach herunter. Dabei hilft: Dirk Niebel, FDP. Er hat eine Lösung des Pferdefleischskandals, der vor kurzem noch so skandalig war, weil dort für Menschen schädliche Medikamentenreste enthalten sein sollen. Laut Spiegel will Niebel das Fleisch den Armen zukommen lassen – deren Degradierung zum Müllfresser der Nation haben ja schon die Tafeln gut hinbekommen. Die Kommentatoren zu dem Artikel hatten bessere Vorschläge: einfach im Kaufhaus offen deklariert verschenken – oder in der Bundestagskantine verbraten. Letzteres gefällt mir sehr gut, wird aber wahrscheinlich nicht durchgesetzt. Dort wohnen die Herrenmenschen, die kriegen nur feinste Kost. Der Müll ist fürs Volk. Sie können sich auch sehr sicher sein, das sich an diesem System nichts ändert, dafür sorgen internationale Verträge. Einer dieser Verträge war der zwischen der EZB und Griechenland. Überraschenderweise verdienen wir gerade an Griechenland supergut: deshalb dürfen die auch nicht aus der EU austreten. Griechenland ist der Goldesel des Finanzsystems, siehe Wallstreet-Journal:

Der umstrittene Kauf von Staatsanleihen zur Entlastung der Finanzmärkte hat der Europäischen Zentralbank im vergangenen Jahr geholfen, den Gewinn erheblich zu steigern. Wie aus dem Jahresabschluss für 2012 hervorgeht, erzielte die EZB Nettozinseinnahmen von 2,3 Milliarden Euro. 2011 waren es 2 Milliarden gewesen.

Davon entfielen 1,1 Milliarden auf Staatsanleihen, die im Rahmen des Securities Markets Programme (SMP) gekauft wurden. Die Zinseinnahmen aus entsprechenden griechischen Anleihen beliefen sich auf 555 Millionen Euro, das ist fast ein Viertel der gesamten Nettozinseinnahmen.

555 Millionen Euro Gewinn. „Fast ein Viertel der gesamten Nettozinseinnahmen“ – gezahlt von einem der ärmsten Länder Europas. Das ist der Geist von Hartz IV – jetzt für ganze Staaten verfügbar.

Jochen Felsenheimer erklärt bei Capital, wie auch Privatanleger bei dem Griechenlanddeal einen guten Schnitt machen können:

(Capital): Konnten Sie es gegenüber Ihren Anlegern denn rechtfertigen, in griechische Staatsanleihen zu investieren?

(Felsenheimer):Ja, denn wir haben in die nach internationalem Recht ausgegebenen Anleihen investiert und fühlten uns mit diesen Papieren juristisch auf der sicheren Seite. Anders als bei den nach griechischem Recht emittierten Bonds ist es bei diesen Anleihen nicht möglich, nachträglich die Position der Gläubiger zu schwächen. Wir haben Geld aus dem CDS erhalten und einen guten Schnitt gemacht. Leider mussten wir die Griechenanleihen dann verkaufen, weil wir keine Position ohne Absicherung halten dürfen. Eigentlich hätte die Papiere gerne behalten, denn Griechenland wird die internationalen Bonds bis zum bitteren Ende bedienen. Schließlich stehen nur noch 4 Mrd. Euro in diesen Anleihen aus. Und wenn diese Zinsen nicht pünktlich fließen, stufen die Ratingagenturen das gesamte Land als „Default“ ein. Sobald ein U-Boot der griechischen Marine dann hellenisches Hoheitsgebiet verlässt, klebt ein amerikanischer Hedge-Fonds einen Kuckuck drauf. Dieses Risiko gehen die Griechen nicht ein.

Deutliche Worte, oder? „Griechenland wird die internationalen Bonds bis zum bitteren Ende bedienen“. Bitteres Ende … für wen? Nun – für die Griechen. Der Griechenlandblog informiert regelmäßig darüber – leider nicht  in der Tagesschau. Anstieg der Prostitution in Athen um 1500 %, Jugendarbeitslosigkeit von 62%, ein Drittel der Kinder lebt unterhalb der Armutsgrenze (wie auch in Spanien, Portugal, Italien und Irland), zunehmend werden durch willkürlichen staatlichen Zugriff auf private Bankkonten Leute in den Bankrott getrieben, die rechtsextremen Milizen erstarken.

Zahlen sie nicht, pfänden Hedgefonds die Rüstungsgüter, an denen wir Deutsche so gut verdient haben. Was macht eigentlich so ein Hedgefond mit einem U-Boot? Privatarmeen aufbauen? Diese kleine Andekdote am Rande zeigt, wie schlimm es um die Souveränität großer europäischer Staaten gestellt ist: sie werden Pfändungsgut von Hedgefonds, die dank CDS gar nicht pleite gehen können. CDS sind Kreditausfallversicherungen, die dann einspringen, wenn die faulen Kredite nicht mehr bedient werden – man braucht also gar keinen US-Kuckuck auf griechischen U-Booten. Zahlen die Griechen nicht, zahlen ja die Versicherungen.

Die Summe dieser CDS ist interessant – und kaum zu begreifen: 2008 waren es noch 60 Billionen Dollar. Ja, europäische Billionen, alse echte 60 000 Milliarden. Soviel gefährliche Kredite gibt es in der Welt. Sie entsprachen damals fast komplett dem Weltbruttoinlandsprodukt (siehe Statista). Heute liegen sie bei 32,5 Billionen Dollar (siehe Wiwo).

Herr Felsenheimer erklärt uns das Geschäft nochmal im Detail (wieder Capital):

(Felsenheimer):Die Strategie ist eigentlich ganz einfach: Wir kaufen eine Anleihe eines angeschlagenen Unternehmens, die bezogen auf unseren Einstandspreis zum Beispiel sieben Prozent Zinsen pro Jahr abwirft. Wenn wir nun eine Kreditausfallversicherung finden, die uns nur zwei Prozent pro anno kostet, haben wir fünf Prozent verdient.

(Capital):Das ist zu simpel.

(Felsenheimer):Niemand behauptet, dass wir Atomphysik veranstalten.

Dafür braucht man noch nicht mal Abitur.

Und wer zahlt, wenn den Großbanken (den Verkäufern der CDS)  die Beträge für ausgefallene Kredite über den Kopf wachsen? Auf jeden Fall: SIE! Entweder unterstützen sie die Banken durch den Rettungsfond – oder durch die Finanzierung der Arbeitslosen, die diese Banken produzieren. Zehn Prozent der Stellen will z.B. die Commerzbank gerade wieder streichen, weiterer Stellenabbau soll folgen (siehe Wallstreet-Journal).

Da der Staat sein Vermögen aber für die Rettung der Banken von den Kreditausfallversicherungen braucht, muss der Bürger Pferdefleisch essen. Das ist wirklich keine Atomphysik, oder?

Wo in diesem Geschäft aber risikolose Riesengewinne zu verzeichnen sind, bleibt für die Realwirtschaft – die immerhin für den Wohlstand der ganzen Nation sorgen soll – nichts mehr übrig. Die Autoproduktion – eine der ganz großen und wichtigen Säulen unsere westlichen Wirtschaft – erreicht ein historisches Tief, siehe Manager Magazin:

Der Automarkt bricht in der Europäischen Union (EU) einen Rekord nach dem anderen – im negativen Sinn: Im Januar sind so wenig Autos verkauft worden wie noch nie in diesem Monat, wie der europäische Branchenverband Acea am Dienstag mitteilte. Die Zahl der neu zugelassenen Fahrzeuge fiel um 8,7 Prozent auf 885.159 Stück, das war der niedrigste Stand in einem Januar seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1990.

Wo wir alle für die einfachen aber todsicheren Experimente der Anlageberater zahlen müssen, bleibt einfach kein Geld mehr zum Autokauf übrig. Auch nicht für Reiche, denn die Religion der Gier verschont auch sie nicht, wie aktuell der Rummel um den Anlagebetrug von S&K zeigt. Der Berater von S&K, der verurteilte Betrüger Jürgen Schneider, erklärt im Manager Magazin, was von diesen Fondgeschäften in Deutschland zu halten ist:

 „Das Fondsgeschäft insgesamt ist überwiegend ein großer Sumpf in Deutschland, mit dem ich nichts zu tun haben will“, sagt er. „Anleger verlieren dort regelmäßig viel Geld, es ist gut, dass die Justiz einmal kräftig durchgreift.“ Der Markt, so Schneider, müsste allerdings auch stärker staatlich beaufsichtigt und kontrolliert werden, insbesondere die Banken, die ebenfalls dieses Geschäft betrieben.

Was macht aber die Bundesregierung, deren Mitglieder uns in der Person des Herrn Niebel das Schummel-Pferdefleisch andrehen wollen? Da muss man nur einen Artikel weitergehen – und man erhält die Antwort, siehe Manager-Magazin:

So wäre es nach den Plänen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) künftig beispielsweise weiterhin möglich, dass Emissionshäuser geschlossener Immobilienfonds ihre Objekte von Leuten aus den eigenen Reihen begutachten lassen, die keinerlei Qualifikation dafür nachweisen müssen.

Fachleute und Verbraucherschützer laufen Sturm gegen dieses Vorhaben. „Wenn das Gesetz umgesetzt wird, kann ein Fondsinitiator seinen Buchhalter übers Wochenende zum Gutachter machen“, sagt etwa Steffen Sebastian, Professor und Experte für Immobilienfinanzierung von der Uni Regensburg. „Damit wäre der Manipulation Tür und Tor geöffnet.“

Wir können also davon ausgehen, das in Zukunft wieder viele Gefälligkeitsgutachten ausgestellt werden – mit dem Segen der Bundesregierung. Wertlose Schrottimmobilien werden gutgläubigen Bürgern aufgeschwatzt, die leider keine Kreditausfallversicherung bekommen – aber dafür Pferdefleisch. Immerhin können wir aber dann Hinz und Kunz Superkredite aufschwatzen, um der Wohnungsnot zu entkommen, die ebenfalls von der Politik geschürt wurde: bei uns in der Eifel gibt es aktuell keine im Rahmen der Hartz-IV-Gesetzgebung tauglichen Wohnungen (von anderen Gebieten Deutschlands habe ich ähnliches gehört) – der Markt wurde von Polen leergefegt, die im Rahmen der EU-Verträge hier Arbeit suchen … und noch viel  mehr werden kommen, weil die Realwirtschaft in Europa am Boden liegt, siehe Christian Schütte in Capital:

Ein Ende der Rezession in der Euro-Peripherie ist bislang nicht abzusehen. Die Folgen spürt auch Deutschland: Durch die schwächeren Exporte, durch eine verschärfte Lohn- und Standortkonkurrenz in der Industrie – und letztlich eben auch durch die verstärkte Zuwanderung von Menschen, die zu dem Schluss gekommen sind, dass sie hier noch allemal etwas Besseres finden als in der alten Heimat.

Und wenn die ständig von Arbeitslosigkeit bedrohten Deutschen dann ihre Kredite nicht mehr bezahlen können und merken, das die so teuer gekauften Immobilien noch nicht mal die Hälfte von dem Wert sind, was versprochen war?

Ich sage nur: Kreditausfallversicherung. Vielleicht auf der Grund, weshalb die Banken die EZB-Kredite nur zögernd zurückzahlen (siehe Wall-Street-Journal).

Währenddessen erkennen wohl nur die so oft verspotteten Altlinken die Gefahr, die für die globale Wirtschaft von dieser Strategie der Weltfinanz ausgeht, siehe WSWS:

Diesen Monat gab es so viele Unternehmensfusionen und Übernahmen wie zuletzt vor dem Finanzzusammenbruch von 2008. Letzten Donnerstag kündigte Berkshire Hathaway, das dem Multimilliardär Warren Buffet gehört, an, den Lebensmittelkonzern Heinz für dreiundzwanzig Milliarden Dollar aufzukaufen. Am gleichen Tag gaben die Fluggesellschaften American Airlines und US Airways Pläne eine elf Milliarden Dollar Fusion bekannt.

Eine Woche davor hatten Michael S. Dell und eine Gruppe von Private Equity-Bankern Pläne bekanntgegeben, den Computerhersteller Dell Inc. für vierundzwanzig Milliarden Dollar zu kaufen. Liberty Global erklärte sich bereit, den britischen Kabelfernsehanbieter Virgin Media für sechzehn Milliarden Dollar zu kaufen.

Die Liste könnte noch weiter geführt werden. Diese Woche kündigte das britische Private Equity-Unternehmen CVC Capital Partners an, dass es die größte fremdfinanzierte Übernahme Europas seit dem Zusammenbruch von 2008 plant.

Bisher kam es dieses Jahr in den USA zu Fusionen und Firmenaufkäufen im Wert von 158,7 Milliarden Dollar, doppelt soviel wie im gleichen Zeitraum im letzten Jahr.

Ausgestattet mir simplen Strategien frisst die Finanzwirtschaft die Realwirtschaft – oder zwingt zu immer größeren „Mergern“. Die Folge: höhere Arbeitslosigkeit, Vernichtung der Marktwirtschaft zugunsten einer hedgefonddominierten und ständig schrumpfenden Konzernoligarchie. Der Markt stirbt. Der Staat auch.

Ist doch auch simpel, oder?

Und was bitte schön soll daran jetzt noch gut sein?

Da ist auch nichts gerettet, selbst wenn – in Deutschland auf Wunsch der Kanzlerin – nur noch selten deutliche Worte zu vernehmen sind. Die Offensive der parasitären Wirtschaftsschmarotzer geht immer weiter, ihrer in der Gesellschaft implementierten Logik kann niemand wiederstehen: verschlechtert sich das Rating, steigen die Zinsen, der Staat wird arm – die Frauen müssen Huren werden, ihre Kinder bekommen Pferdefleisch und die Männer … nun, die werden Obdachlos.

Aktuell berichtet der Spiegel darüber, das Großbritannien – einer der letzten Pfeiler Europas – von den Ratingagenturen auf griechischen Kurs geschickt wurde. Da man an Griechenland so gut verdienen konnte, möchte man natürlich mehr davon. Und die Konjunkturlokomotive USA? Laut Welt unaufhaltsam auf Katastrophenkurs, die „Todeslinie“ rückt immer näher. Können Hedgefonds eigentlich auch U-Boote mit atombestückten Interkontinentalraketen beschlagnahmen?

Wenn das alles so simpel ist – wieso tun unsere gewählten Volksvertreter dann eigentlich nicht ihren Job, den Nutzen des Volkes zu mehren? Es ist ja sehr niedlich, das sie sich Sorgen um den Verbleib des gepantschten Pferdefleisches machen und es gerne den Armen zum Fraß vorwerfen wollen – aber allein bei den Leserkommentaren habe ich viel intelligentere, kostengünstigere und weniger diskriminierende Vorschläge gehört.

Kann man diese Leser nicht zu Ministern machen?

Selbst der verurteilte Betrüger Schneider hat da  Vorschläge im Sinn, die Millionen Deutschen helfen könnten, Haus und Hof zu behalten … und den Arbeitsplatz.

Wieso können das unsere Minister nicht?

Die Anwort ist einfach: Hedgefonds versprechen auch Ministern Renditen bis zu 72 Prozent. Und Politiker können durch gesetzgebende Gewalt auch Müll gewinnbringend unters Volks bringen – da herrscht ein gleicher Geist.

Ist doch simpel, oder?

Simpel wie die risikolosen Gewinne der Hedgefonds, die bald dank staatlicher Gewalt auch mit getürkten Immobiliengutachten erzielt werden dürfen – durch diese Geschäftspraxis wurde die letzte Riesenkrise in den USA ausgelöst.

Die war so toll, das wir die jetzt auch wollen.

 

 

 

 

 

 



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