Samstag, 24.11.2012. Eifel. Nächsten Monat ist Weihnachten. Schon jetzt laufen die Vorbereitungen dazu, in Deutschland ist eine historische Entscheidung gefällt worden: wir streichen unsere Entwicklungshilfe noch weiter zusammen, siehe Süddeutsche. Damit fallen wir noch weiter hinter vielen europäischen Ländern zurück. Es wird wieder kälter in Deutschland, das spürt auch ein Kapuzinermönch im Fernsehen, siehe Welt:
Es war schon irritierend, wie wenig Einfühlungsvermögen Bruder Paulus aufzubringen vermochte, als er Walter Bolinger schnippisch fragte, warum er denn seiner Frau nicht gleich die Pulsadern aufgeschnitten habe.
Der Kapuzinermönch sprach immer wieder von der „Eiseskälte“, die durch seine braune Kutte über seinen Körper krieche und ihn erfrieren ließe, wenn er von Menschen hörte, die es nicht schafften, die Lebenskräfte ihrer trotz schwerer Krankheit gezeichneten Nahestehenden zu erwecken.
Die Intention des Artikels ist überraschend klar, ebenso die Front gegen den Mönch, dem fröstelt, wenn andere über den Mord an ihren Angehörigen reden. Ein großes Tabuthema, das aber zu der gekürzte Entwicklungshilfe passt: „zu Weihnachten schenken wir dem Opa den Freitod, dann gibt es auch mehr Geschenke für die Kinder“. Ich bin mir sicher: nur üppige Leistungen der Rentenversicherung bewahren unsere Alten vor so einem Schicksal.
Man hätte den Mönch auch als Held darstellen können, als einen Menschen, der schon durch seinen privaten Lebenswandel zeigt, das er sich so leicht nicht korrumpieren lässt. Hingegen macht man sich lieber über ihn lustig, wenn er eine ganz zentrale aber äußerst unangenehme Frage stellt: warum erschlagen wir eigentlich nicht gleich all jene, die uns im Weg herumstehen? Das ist doch das moralische Credo unserer Zeit, fressen und gefressen werden. Großkonzerne machen es vor – mit Hilfe der Banken, die dank der Billionengelder der Steuerzahler jede Fusion risikolos durchführen können, auch wenn die Volkswirtschaften nachher immer die Verlierer sind: ein Konzern frisst den Nächsten, bis zum Schluss nur noch eine Handvoll Megariesen übrig sind, die sich kaum noch rational führen lassen.
Man hätte darauf hinweisen können, das der Mönch das Prinzip sieht und nicht den Einzelfall. Man hätte auch darauf hinweisen können, das wir eine Lösung brauchen für jene leidenden Menschen, die früher den Raubtieren zum Opfer gefallen wären – die Natur selbst hat Sicherheitsschranken eingebaut, um das Leiden nicht unendlich auszudehnen. Ja, so habe ich das früher in der Schule gelernt: das ist der ökologische Sinn von Raubtieren und Aasfressern. Grausam und gemein, aber so ist die Natur. Wir sollten uns gelegentlich daran erinnern, das der Mensch an sich unser größter Verbündeter und bester Freund auf diesem Planeten ist … im Prinzip jedenfalls.
Stattdessen sehen wir uns selbst als schlimmsten Feind an und tun unser Bestes, ihn durch andere Geschöpfe zu ersetzen. Fast unerkannt ist dazu ein weiterer, ganz entscheidender Schritt getan worden: Kampfroboter fangen an, ihre Arbeit aufzunehmen (siehe Spiegel). Wir finden auch schnell die Auftraggeber dieser Entwicklung. Es gibt einen „teuflischen Pakt zwischen Staaten und Banken“ (siehe ebenfalls Spiegel):
Die Regierungen sind süchtig nach Kredit – und die Banken gewähren ihnen diesen Kredit, indem sie ihnen ihre Staatsanleihen abkaufen. Als unausgesprochene Gegenleistung erwarten sie dabei nicht weniger als eine Überlebensgarantie: Der Staat soll mit Steuergeldern helfen, wenn den Banken der Absturz droht.
Eine schmutzige Hand wäscht die andere. Die einen leben auf viel zu großem Fuße, die anderen konstruieren künstliches Geld dafür. Niemand außer der Wirtschaftswoche wundert sich darüber, das Griechenland immer noch Geld bekommt, obwohl die Kredite nicht fließen, weil alle diesen Pakt kennen. Nicht umsonst haben sich spanische Polizisten dafür entschuldigt, das sie Politiker und Banker nicht verhaftet haben, siehe neopress. Nun – das könnte man ja noch nachholen.
Wäre doch auch ein schönes Weihnachtsgeschenk: frisch verpackte Kernzellen krimineller Netzwerke.
Leider wird das in Deutschland nicht geschehen. Das „Schachmuster“ der Globalisierung ist bekannt (siehe QPress): Konzerne, Medien, Kirche, Militär, Regierungen und viele viele Bauern arbeiten mit Hochdruck an ihrer eigenen Vernichtung: fressen und gefressen werden halt. Besonders schlimm ist das für Bauern wie Dich und Mich.
Damit das Spiel auch gut läuft und nur noch weltfremde Mönche Fragen zum Prinzip stellen, werden auch die Medien in die Gladiatorenarena geschickt. Dabei sterben auch welche. Erst die Frankfurter Rundschau, jetzt die Financial Times Deutschland. Die Letztere werde ich sehr vermissen. Auch wenn ich seine politische Linie nicht schätze: das war schon von ansprechender und herausfordernder Qualität, was dort zu lesen stand. Sie werden nicht die letzten sein, das Handelsblatt berichtet gerade von einer neuen Megafusion: 100 Lokalzeitungen kommen unter ein Dach. Der Grund? Sinkende Werbeeinnahmen. Wer wirbt aber schon gerne in einem Blatt, in dem nichts drinsteht? Und wer liest schon gerne ein Blatt, das nur noch die Meinung der Auftraggeber wiedergibt?
Zum Schutz vor dieser Entwicklung haben wir das „öffentlich-rechtliche Fernsehen“ geschaffen, eine Einrichtung, die ein Spiegelbild unserer Gesellschaft ist, siehe Deutsche Wirtschaftsnachrichten.
Es gibt keine Transparenz über die Verwendung der Gelder. Vetternwirtschaft, Korruption und Arroganz seien Teil einer Unternehmenskultur, in der die Kontrolle versagt. Zwar gäbe es unter den jungen Journalisten hinter vorgehaltener Hand jede Menge an Unmut über die Zustände. Die Kritiker innerhalb des Systems befänden sich jedoch „auf verlorenem Posten“.
Katastrophale Zustände eigentlich – doch was macht die Politik? Sie tanzt. Es war wieder Bundespresseball – und alle haben sich amüsiert, siehe Welt:
Das Zeitungssterben war dann auch eines der Topthemen auf dem Ball. Organisator Alfred Gertler sagte zur Begrüßung, er hoffe, dass zahlreiche journalistische Arbeitsplätze in den Betrieben zu retten seien. Trotzdem erwarte er ein großes Fest. Gauck sagte, Zeitungen werde es immer geben, man wisse derzeit nur nicht, wie viele. „Die Menschen wissen ganz genau, welche Veränderungen in der Medienlandschaft anstehen.“
Wie soll man Stellen retten, die abgebaut werden? Aber zumindest der Gauck hat Recht: die Menschen draussen wissen Bescheid. Sie wissen auch genau, was sie von der Politik zu halten haben, die auf dem Ball nochmal deutlich demonstriert, wie effektiv der diabolische Pakt mit den Banken wirkt:
Ihre Feierlaune nicht verderben lassen wollten sich andere Politiker. Verteidigungsminister Thomas de Maiziére meinte: „Mich betreffen viele Krisen in der Welt.“ Er hoffe, damit heute nicht beschäftigt zu werden. Niebel meinte, er könne unbeschwert trotz Zeitungssterben auf dem Bundespresseball feiern. Tanzen werde er wohl nicht, er unterhalte sich lieber.
Vizekanzler Rösler sagte: „Die Zeitungslandschaft ändert sich, die Lesegewohnheiten ändern sich. Darauf müssen sich die Verlage einstellen.“ Brüderle fügte hinzu, er sei traurig, wenn es weniger Zeitungen gebe. Und Friedrich erklärte, Zeitungen müssten eben innovativ sein.
De Maiziére ist glücklich, ihn betreffen viele Krise dieser Welt – vor allem seine eigenen. Der Türkei Raketen aufgedrängt, die diese (Gott sei Dank), dann auch mit einiger Verspätung wirklich haben wollten (unter ihrem eigenen Kommando, versteht sich, wodurch die Bundeswehr eine Rolle als Hilfstruppe der Türkei bekommen hätte), kriminelle Kinderschänder in der Justiz ungehindert wirken lassen … aber tanzen ist schön, ja? Entwicklungshilfe gekürzt, Menschen verhungern lassen – aber lustig ist´s trotzdem? Gerade die FTD war innovativ und hatte die Zeitungslandschaft in Deutschland verändert … aber Konkurrenz verdirbt eben das Geschäft, auch wenn der Brüderle traurig ist. Dafür gibt´s dann lecker essen – und die Welt ist wieder in Ordnung:
Serviert wurden unter anderem Schwarzfederhuhn, Mango-Lassi mit gerauchten Garnelen, Austern, Thunfisch und gebratene Schweinebrust an Ferkelchen-Confit. Dazu wurden 600 Flaschen Champagner und 3.000 Liter Bier angeboten.
Man merkt: zu diesem Event wird nicht jedermann eingeladen. Bis zu 690 Euro kosten die Karten, davon müssen arbeitlose Journalisten zwei Monate überleben. Selten gibt es eine Veranstaltung, in der so deutlich demonstriert wird, wie das System BRD funktioniert: eine Hand wäscht die andere und den letzten beißen die Hunde. Der darf deshalb auch keine Karte kaufen – kaufen darf nur, wer eingeladen worden ist: so funktioniert die „unsichtbare Hand des Marktes“ auch auf dem Bundespresseball.
Ein teuflischer Pakt von Banken und Politik hat die Republik fest in der Hand, der Präsident bekennt sich öffentlich dazu, das das Volk den Schritt zur einheitlichen Berichterstattung der Systempresse schon längst akzeptiert hat und alle feiern, das ihre Ballpartner von letztem Jahr dieses Jahr beim Jobcenter aufschlagen.
Auch hier könnte einem die gleiche Kälte durch die Kutte kriechen wie beim Thema aktive Sterbehilfe, die Ikea gerade in Griechenland leistet (siehe Griechenlandblog): da werden erstmal die Gehälter um 11% gekürzt – dank Krise ist das möglich.
Wir Bürger wissen, wie das Geschäft läuft – und nicht nur beim Zeitungssterben. Ein Artikel über James Bond klärt uns darüber auf, siehe Welt:
Die Frage, welches Modell wann, wie lange und in welchem Kontext durchs Bild rollt, ist Gegenstand harter Verhandlungen. „Da geht es um viel Geld, oft um Millionenbeträge“, sagte Ken, ein Insider, der „Welt am Sonntag“. „Und Regel Nummer eins bei diesen Geschäften lautet allerdings: Nicht öffentlich über die Deals reden“, verrät Ken.
Wir denken, wir schauen einen Film – dabei erleben wir eine bis ins Detail geplante Aufführung der Konzernwelt. Das ist wie im richtigen Leben: auch hier denken wir, wir leben in einer Demokratie, dabei erleben wir eine bis ins Detail geplante Aufführung der Konzernwelt, deren Methoden immer wieder ans Licht kommen, siehe Spiegel:
Eine Tochter der mittlerweile abgewickelten Landesbank WestLB soll Beamte, Sparkassenchefs und Funktionäre von Stadtwerken zu teuren Reisen eingeladen haben. Wie das „Handelsblatt“ berichtet, gab die Bank für die sogenannten Kundenevents rund eine halbe Million Euro aus.
Solche Events reichen die Funktionäre dann an Steinbrück und Gauck in Form von Honoraren weiter? Der Filz in diesem Land ist inzwischen so dicht, das ihn selbst die Hand eines Gottes nicht mehr entflechten könnte, selbst dann, wenn wir „Webereiveranstaltungen“ wie den Bundespresseball verbieten würden.
Klar, das die Politik keine Träne über das Zeitungssterben vergießt: die Zeiten, wo uns solche Informationen erreichen, sind vorbei – ebenso die Zeiten, wo die Politik großflächig von „friedenssichernden Maßnahmen“ geredet hat. Heute redet man lieber über Krieg, das bringt mehr Profit. Über Krieg? Oh, nein, dank der Jungs und Mädels vom Bundespresseball ist dieses Wort aus der Berichterstattung vollkommen verschwunden. Das heißt heute anders – nur noch die bösen Blogger verwenden dieses Wort, wie zum Beispiel die Leute von Neopress, die kurz mal aufgelistet haben, welche TOP Wirtschaftsberater einen neuen Weltkrieg voraussagen … direkt für 2013:
Seit den 1980gern studiere ich die so genannten “Zyklen des Krieges”, die natürlichen Rythmen, welche Gesellschaften auf den Weg in Richtung Chaos, Hass, Bürgerkrieg und sogar internationalen Krieg schicken.
Ich bin bestimmt nicht der erste, der diese charakteristischen Muster der Geschichte untersucht. Es gab viele vor mir, zum Beispiel Raymond Wheeler, der die umfangreichste und angesehenste Chronik der Kriege veröffentlichte. Er berücksichtigt dabei Daten aus 2600 Jahren.
Wie auch immer, es gibt momentan nur sehr wenigen Menschen, die überhaupt bereit sind über diese Thematik zu diskutieren. Basierend auf dem, was ich in meinen Analysen feststelle, könnten die Auswirkungen im Jahr 2013 enorm sein.
Ebenfalls aus Neopress erfährt man, wie erfolgreich der Krieg gerade jetzt schon läuft, ohne das wir etwas darüber erfahren:
Zum Beispiel, wie viele Menschen wissen, dass die Hauptstadt von Sudan, Khartum, vor einer Woche bombardiert wurde? Der Angriff erfolgte durch Jagd-Bomber, die des Nachts eine Munitionsfabrik beschossen haben.
Niemand weiß, woher die Bomber kamen. Verdächtigt wird Israel – aber werden die das nicht immer? Wir wissen doch heute, vier Wochen vor Weihnachten, schon längst, das es einen großen Krieg um Israel, Syrien und den Iran geben wird, einen Krieg, der Russland und China mit hineinziehen kann. Und wir wissen, das das alle wissen – und alle wollen. Die Bauern schreien wieder nach Krieg: Israel ist böse, Syrien ist böse, der Iran ist böse. China, Russland und die USA sowieso.
Während die Bauern schreien, bewegen die Spieler ihre Figuren, denen sie im Bundespresseball ein sicheres Obdach bieten, von dem aus man den Eindruck haben kann, das alle Probleme der Welt außen vor bleiben, so wie sich das unser Verteidigungsminister auch wünscht. Wie auch für die Schleichpolitik gilt die goldene Regel der Schleichwerbung:
„Und Regel Nummer eins bei diesen Geschäften lautet allerdings: Nicht öffentlich über die Deals reden“
Es wäre sonst wirklich nicht mehr zu leugnen, was alle schon längst wissen: das das Zeitungssterben nur ein weiteres Indiz für den zunehmenden Demokratieverfall ist, jener aktiven Sterbehilfe von Banken und Politik für die demokratische Gesellschaft, die direkt in einen neuen Superkrieg führen wird, der schon heute bis ins Detail vorausgeplant wurde.
Und trotzdem ist die Politik in Feierlaune – denn wer zum Bundespresseball eingeladen wird, kann sich gute Hoffnungen darauf machen, einen Platz im Bankenrettungsboot zu bekommen – gesponsert von Gruner und Jahr, die gerade das intelligenteste Wirtschaftsmagazin in Deutschland eingestellt haben.
Das geht in diesem Land inzwischen, ohne das man Schreikrämpfe bekommt.