Montag,7.5.2012. Eifel. Ein ganz normaler Montag, möchte man meinen … wäre gestern nicht Wahl gewesen, was die Zeitungen heute mit Wahlkommentaren durchsetzt. Wirklich wichtige Nachrichten gehen in dem Getöse mal wieder unter – zum Beispiel die beiden aus der Süddeutschen, die mir ins Auge gefallen sind: die Innenminister der EU praktizieren US-Standards im europäischen Flugverkehr. Das werden Daten gesammelt und gespeichert, Bürger kriminalisiert das es nur so kracht. Wer fliegt, so meint man, ist besonders verdächtig oder muss sowieso aus ökologischen Gründen als Terrorist verdächtigt werden – was ohne weiteres der Wahrheit entspricht: niemand beeinträchtigt Klima so sehr wie der Fluggast. Vielleicht machen die das ja absichtlich – für El Kaida? Schlimmer noch als die Datensammelwut der Innenminister (die hier wieder wunderbar demonstrieren, wie schön sich nationales Recht via Brüssel aushebeln lässt) scheint mir die Preissteigerungswut der Pharmakonzerne zu sein: welche Macht die inzwischen über die Politik haben, zeigt ein aktuelles Positionspapier der Union, das der Bundestag noch nicht mal für diskussionswürdig hält: deren Horrorpreise in Deutschland bleiben geheim. Wir dürfen sie weiter mit rekordartig ansteigenden Summen für „Soziales“ bezahlen (wofür dann wieder die armen Arbeitslosen auf den Scheiterhaufen kommen), aber wir dürfen das nicht erfahren. So lebt die Mafia auch ganz gut von der Gesellschaft, ein vertrautes Prinzip. Na, immerhin kommen auf einen Abgeordneten dreissig Pharmareferenten – da sollen die Politiker sich nur mal wagen, das Maul aufzumachen: bei den Zahlenverhältnissen kann man die ganz schön mundtot machen. Jetzt jedoch zum historischen Superwahlsonntag vom 6.Mai 2012, einem Sonntag, der das Potential hat, in die Geschichte einzugehen.
Das er wichtig ist, scheint der Presse in breiter Front bekannt zu sein. Überall fürchtet man das Ende der Sparpakete – so sagt man jedenfalls. Was man wirklich fürchtet, ist das Ende eines Systems hemmungsloser Selbstbedienung und gemeinsamer Gaunereien – wie Preistreiberei oder Hintergehung des politischen Willens des Bürgers. Nicht umsonst haben Chefredakteure heute soviel Geld zuviel, das sie sich eine Pferdezucht leisten können – jedenfalls manche. Viele liegen weit unter dem zurück, was die Pharmaindustrie als Einstiegsgehälter für Pharmareferenten zahlt – alles wohlgemerkt Geld, das einzig und allein von den Versicherten in Deutschland stammt. Jene Konzerne schalten auch großzügig Anzeigen in den großen Medien, von denen deren Chefredakteure dann ihre Luxusgehälter beziehen. Letztlich zahlt das aber wieder der Steuerzahler – Kosten für Werbung sind absetzbar. So bleibt das Geschäft der Kontrollausübung in wichtigen Printmedien fest in der Hand des großen Geldes … ohne das man auch nur einen Lobbyisten losschicken muss.
Automatisch wird so jede große (also: viel gelesene) Zeitung mit Geld überschüttet, das letztlich der Steuerzahler bezahlen muss: ein gutes Geschäft für die Konzerne, die so Mitläufer zum Nulltarif bekommen. Kein Wunder, das die Werbeeinnahmen der Medien sogar im „Nachkrisenjahr“ 2010 um 2,1 Prozent auf 18,75 Milliarden Euro steigen konnten, Pharmakonzerne geben sogar mehr Geld für Werbung als für Forschung aus, luxuriöse Reisen und Geschenke für Ärzte inbegriffen. Zahlt ja der Steuerzahler – und den Rest übernimmt gern der Versicherte. 18,75 Milliarden, die von der Steuer absetzbar sind – demgegenüber stehen 24 Milliarden, die für Unterkunft und Grundsicherung von sieben Millionen Arbeitslosen und ihren Kindern aufgewendet werden – nur, um mal einen Vergleich zu ziehen.
Deshalb steht in den Medien auch nur, was dem großen Geldhaufen gefällt – und aus dieser Sicht sind die Wahlkommentare zu beobachten: mit großer Rücksicht auf die Pharma- Bank- und Versicherungsbranche, an deren übervollem Tropf man hängt, wird die Wahl in Frankreich und Griechenland kommentiert. Wer gegen die Interessen der Konzernwelt wählt, wählt „das Chaos“ … also jenen bürgerlichen Urzustand, in dem nicht der CEO bestimmt, was der Bürger zu tun (und vor allem zu bezahlen) hat.
Besonders schlimm wird es heute im Handelsblatt, wo offen nach dem Ende der Demokratie gerufen und die Machtlosigkeit des Präsidenten gefeiert wird:
Es sind die Märkte, die den neuen Präsidenten ihren Willen aufzwingen werden. Und es wird eben nicht der Präsident sein, der die Märkte bändigt.
Was man im Jahre 2012 mangels politischer Bildung wohl allzuschnell übersieht: wo irgendjemand dem Präsidenten seinen Willen aufzwingt, ist die Demokratie zu Ende und die Diktatur setzt ein. Auch wenn die Chefredakteure in diesem Lande davon einen großen Nutzen für ihre Pferdezucht ziehen und deshalb die Diktatur der Märkte (die ihnen satte 18,74 Milliarden Euro Spielgeld in die Taschen gießt) begrüssen, ändert das nichts an der Tatsache, das Präsidenten (in Deutschland wären das Bundeskanzler) den obersten Willen des Volkes zum Ausdruck bringen. Ist er durch eine fremde Macht in Gefahr, muss die Armee ´ran. So ist das Geschäft halt.
Wer offen im Handelsblatt die Märkte zu Hilfe ruft, um die Wahlentscheidung des Bürgers zu bestrafen, der muss auch damit leben, das der Bürger die Armee ruft, um die Märkte zu bändigen – so wäre das jedenfalls in einem normalen Land.
Griechenland wird in der Hinsicht gerade normal – Frankreich auch. Länder sind prinzipiell keine Instrumente von Konzernen und ihren Lakaien, um mittels ständig steigender Staatsverschuldung die Luxusexistenzen und Lackschuhe einiger weniger zu bezahlen – jedenfalls normale Länder nicht. In Deutschland sieht das anders aus – das merkt man auch im Ausland. Zunehmend erinnert die Berliner Republik an Hitlers Berliner Republik – jedenfalls aus dem Blick des Auslands.
Im Inland jedoch macht man sich darüber kaum Gedanken, hier bemühen sich die Medien lieber um die Zerschlagung des Widerstandes, der sich in Deutschland in den rasanten Wahlerfolgen der Piratenpartei zeigt – zum Beispiel bei Günter Jauch, siehe Welt.
Ausgebuht wird da Johannes Ponader, der neue politische Geschäftsführer – und mit einem kleinen Hinweis des Moderators auch als „Hartzi“ an den Pranger gestellt, als jemand, der trotz Einser-Abitur in dieser ach so tollen Gesellschaft von Sozialleistungen leben muss, während Parteien, Konzerne und Medien auf Kosten des Steuerzahlers fürstlich leben können – aktuell macht ja sogar der megareiche Aldi-Konzern dadurch auf sich aufmerksam, das er es sich auf Staatskosten richtig gut gehen läßt. Da wollen wir doch gar nicht wissen, was Konzerne mit weniger Gewinn noch alles vom Steuerzahler bekommen …. es ist auf jeden Fall ein Vielfaches dessen, was wir für die Bewältigung der Folgen der Arbeitslosigkeit ausgeben.
Es ist eine bezeichnende Runde gewesen – Grüne, Linke, SPD, FDP und CDU vereint als Lackschuhfront auf der einen Seite … und ein einsamer Pirat auf der anderen Seite. Wie es aussieht, hat er souverän gewonnen, auch wenn das Publikum ihn nicht mochte. Aber – mal ehrlich – wer geht denn außer dem gemeinem Pöbel schon in eine solche Talkshow? Sicher keine Leute, die zu würdigen Wissen, das dort ein Mensch sitzt, der keine Lackschuhe trägt (die sich 90 % des Wahlvieh´s auch gar nicht mehr leisten können), der wie die meisten der Bürger in der unsicheren Existenz jenseits der Konzerntröge lebt und sich öffentlich Mühe gibt, das zu sein, was er versprochen hat: ein Abgesandter seiner Partei zu sein – und nicht jemand, der dem normalem Wahl- und Arbeitsvieh durch die Wahl seiner Schuhe zeigt, wie gut man auf Kosten anderer leben kann.
Da wundert es auch nicht, das die LINKE in Deutschland zunehmend an Boden verliert. Parteien, die für soziale Gerechtigkeit streiten, sich aber einen Porschefahrer als Vorstand leisten, sind halt letztendlich nicht glaubwürdig. Der mag das zwar für seinen persönlichen Lebensstil halten – was auch sein gutes Recht ist – aber sollte sich nicht darüber wundern, das die Wähler dann lieber Ponades Jesuslatschen wählen …. oder jene, die im Berliner Abgeordnetenhaus den Dienstwagen durch Fahrräder ersetzen wollten. Das wirkt halt glaubwürdiger als Lackschuhe – auch wenn es mit harten persönlichen Konsequenzen verbunden ist: man muss notfalls mal selber in die Pedalen treten, um vorwärts zu kommen.
Wundert es da noch, das ein Herr Jauch für die diskriminierenden Ausfälle gegenüber dem verarmten (aber sozial starken) politischen Geschäftsführer der Piratenpartei ein jährliches Gehalt von minimal 10 Millionen Euro bekommt?
Woher kommen wohl diese Millionen?
Aus den Taschen der normalen Bürger. Aus überhöhten Preisen, die nach dem Willen der Politiker besser geheim bleiben. Davon gibt es dann bei „Wer wird Millionär“ oder „Schlagt den Raab“ ein bischen was zurück – so im alten Rom Sklaven freie Menschen werden konnten, wenn sie ihresgleichen in der Arena niedermetzelten.
Gut, das die Preise, die wir für diese Show zahlen, insgesamt geheim bleiben.
Würden sie bekannt, würde auch Deutschland wohl bald „unregierbar“ werden.
Unregierbar?
So nennen die Medien den Zustand, wenn niemand mehr die Lackschuhe von Politikern, Managern, Unternehmensberatern, Bankern und ihren Medienhanseln bezahlen möchte … und das ist ein Zustand, den die lang gewachsene Allianz deutscher Besserverdiener in allen Ämtern und Positionen mehr fürchtet als die Lackschuhe der porschefahrenden Linken.