Komisch, daß wir hier so wenig darüber hören:
Brasilien beklagt eine der grössten Umwelt-Katastrophen
Bereits im Dezember letzten Jahres haben wir über die Öllecks berichtet, die an Bohrplatformen der Chevron vor der brasilianischen Küste aufgetreten sind. Nun hat die zuständige brasilianische Staatsanwaltschaft die Chevron auch für das zweite Ölleck auf Zahlungen von 11 Milliarden Dollar verklagt, um die umfangreichen Arbeiten mit zu finanzieren, wenigstens einen Teil des ausgetretenen Öls einzufangen. Nach Angaben brasilianischer Beobachter sind umfangreiche Gebiete im Meer von Öl verschmutzt. Es handele sich um eine der schlimmsten Ölkatastrophen in Brasilien.
Nun versucht die Chevron, die natürlich die Oberhoheit über Redaktionsstuben hat, gegen solche Strafen zu polemisieren. Ein typisches Beispiel ist der entsprechende Artikel in „spiegel-online“, hier . Dort wird das Argument der Chevron gebracht, im Gegensatz zum BP-Katastrophe im Golf von Mexiko sei kein Öl an die Küste gelangt.
Das ist unverschämt. Tatsächlich herrscht vor der brasilianischen Küste vor Rio eine starke Strömung nach Süden, die ein Anlanden der Ölteppiche erst viel weiter südlich und viel später geschehen lässt, aber die ökologischen Schäden werden dadurch nicht geringer.
Bereits im Artikel im Dezember hatten wir berichtet, warum diese grossen Ölunfälle bevorzugt bei Bohrungen der fünf grossen (Exxon, Chevron, BP, Shell, Total) Ölkonzerne vorkommen und seltener bei den kleineren Ölgesellschaften:
„Seit neue ergiebige Ölquellen fast nicht mehr gefunden werden, ausser in Meerestiefen über Tausend Meter, sind die Fragen der schwimmenden Bohr- und Förderplatformen in den Vordergrund gerückt. Will man mit grosser Sicherheit Unglücke mit Austritt von Öl ins Meer ausschliessen, so ist der Sicherheitsaufwand immens. Das beeinträchtigt die extrem hohen Supergewinne dieser Konzerne.
Sie haben sich darum darauf verständigt, die Vorkehrungen gegen solche Unfälle „etwas lockerer“ zu handhaben. Die US-Regierung kam ihnen dabei entgegen und erlaubte die Verringerung der Sicherheits-Vorkehrungen.
So ist es kein Zufall, dass sich der erste Mega-Unfall bei den schwimmenden Plattformen in US-Gewässern ereignete: Der grosse Unfall der BP im Golf von Mexiko.
In den Gewässern vor der brasilianischen Küste wurden mehrere grosse Felder mit zum Teil hochwertigem Erdöl gefunden. Es fällt allerdings auf: Die fünf Grossen, mit Ausnahme der Chevron, haben sich nicht an den Versteigerungen der Bohrrechte beteiligt.
Auch das Recht, das die Chevron erworben hat, ist nicht bedeutend.
Ganz offensichtlich handelt es sich hier um einen Versuchsballon. Man will testen, ob man nicht auch vor der brasilianischen Küste mit den verringerten Sicherheitsvorkehrungen auskommt. Die brasilianischen Behörden lassen jeden, der da bohren will, unterschreiben, die höchstmöglichen Sicherheits-Standards nach internationalem Recht einzuhalten, doch wer kann das schon nachprüfen auf einer Plattform, auf die niemand ausser den Chevron–Leuten kommt.
Und so kam es, wie es kommen musste. Wie im Golf von Mexiko schon erprobt, führen die verringerten Sicherheitsstandarts mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu Unfällen und Öl tritt aus.“
Diese Fakten unterschlägt der ‚Spiegel-online’-Artikel völlig. Er behauptet dagegen:
„Tatsächlich hat die Höhe der Forderungen auch die Aufmerksamkeit von regierungsnahen Politikern erregt. So kritisierte der wichtigste Umweltschützer des Landes, Jorge Viana, die Schadenersatzforderungen seien “unverantwortlich”. Würden diese Maßstäbe an alle Unternehmen, die im Land arbeiten, angelegt, müsste die brasilianische Öl-Industrie dichtmachen.
Die Branche erwirtschaftet einen Umsatz von mehr als zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Landes, der weltweit sechstgrößten Volkswirtschaft.“
Jorge Viana einen Umweltschützer zu nennen, ist vorsichtig gesagt unangebracht. Er war bereits Governeur des brasilianischn Bundestaates Acre im Amazonasgebiet, wo besonders viel Amazonas-Regenwald zerstört wird. Zuletzt wurde er zum Senator von Acre gewählt, wobei offenbar massiv Stimmen gekauft wurden, eine sehr übliche Sache in Brasilien. Eine Richterin, zuständig für Wahl-Überwachung, entschied zugunsten von Viana in dem Fall der Stimmenkäufe und musste später zurücktreten. Kurz: Jorge Viana ist einer jener korrupten und gekauften brasilianischen Politiker, wie sie hier an der Tagesordnung sind.
Was ihn mit der Chevron verbindet, ist nicht bekannt, aber etwas Gutes ist es sicher nicht.
Er gebraucht wortwörtlich die gleichen Argumente, wie sie bereits die BP im Fall der „Deepwater Horizon“ und die Chevron selbst nach dem ersten Öl-Austritt benutzt hat: Wenn man so hohe Anforderungen stelle, dann müsste die Industrie dichtmachen. D.h. es wird überhaupt nicht bestritten, dass man die geforderten internationalen Normen nicht eingehalten hat, man sagt lediglich, das könne man eben nicht, sonst wären die Profite gefährdet.
Und so ist es eben in Deutschland: Die wichtigsten Presseorgane (wie in diesem Fall ‘Spiegel-online’) sind bevorzugt auf der Seite der Täter, nicht der Opfer
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Natürlich mit Dank!