Der Rest

Politik und Wirtschaft – Eine schon lange organisierte und gewollte Nähe

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Nach der Affären und Vorwürfen an Politiker, in der Vergangenheit und Aktuell, um  Hauskredit, Urlaubsaufenthalte bei befreundeten Unternehmern, Bonusmeilen sowie seinen Umgang mit den Medien wächst bei vielen Bürgern das Misstrauen in die Nähe von Politikern und Unternehmern. Politiker in Kommunen, in Landesregierungen und letztlich im Bund sollen die Wirtschaft fördern, dazu sind Kontakte Voraussetzung und da beginnt eben eine Gratwanderung, welche eben offenbar nicht jeder Politiker gewachsen ist. Hauskredit, Urlaubsaufenthalte bei befreundeten Unternehmern, Bonusmeilen und was weiß der Teufel noch alles, ist das letzte, worüber man sich wirklich Sorgen machen müsste, wenn es um die Nähe von Politik und Wirtschaft geht. Was manchmal als Skandal durch die Medien geistert, gehört zum Tagesgeschäft, vor allem in Kommunen und Landesebenen.

Klüngel und Cliquen haben es auf der „unteren politischen Führungsebene“ etwas leichter, man kennt sich und das aufeinander treffen ist eigentlich nicht möglich. Die Nähe von Politiker und Wirtschaft wurde aber auch Legalisiert, zum Beispiel entstand in Deutschland eine Beratungsfirma, an der sich der Staat beteiligt und zugleich Großbanken, Baukonzerne und Berater: die „ÖPP Deutschland AG“ (ÖPP steht für Öffentlich-Private Partnerschaft).

Die Ursprungsidee dieser „Partnerschaft zwischen Politik und Wirtschaft“ stammt von der Unternehmensberatung McKinsey, welche auch bei den Hartz IV Gesetzen geholfen hat. Der Staat hat somit die Lobbyisten von Industrie und Finanzwirtschaft in ihre Entscheidungen mit aufgenommen (was man nie zugeben würde) und pflegen seid dem eine „enge Zusammenarbeit“.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die „ÖPP Deutschland AG“  gegründet. Die „Firma“ berücksichtigte zum größten Teil die Vorstellungen exakt derjenigen, die von Banken und Beratern gewünscht worden war. Der deutsche Steuerzahler finanziert das Konstrukt. Der Staat hält mit 57 Prozent die Mehrheit an dieser Firma, die Wirtschaftslobby, ist mit 43 Prozent beteiligt.

Das der Staat die Mehrheitsanteile besitzt ist wohl der Tatsache geschuldet, dass nach Außen hin der Schein gewahrt werden soll, dass die Beratung staatlichen Charakter hat und getroffene Entscheidungen eine „Objektivität“ zu Grunde liegt. Dass auch die Konzerne, bei der Entscheidungsfindung Einfluss genommen haben könnten, wird „bestritten“. Ein „Geschäftspartner“ mit einen Anteil von 43 Prozent an der „Firma“ soll keinen Einfluss auf Entscheidungen haben, was für ein Witz.

Aber welchen Zweck, welche Aufgabe erfüllt diese „Firma“ eigentlich ?

Das BMF (Bundesministerium der Finanzen) beschreibt es so: „…ist eine langfristig angelegte Zusammenarbeit zwischen Öffentlicher Hand und privater Wirtschaft. Diese Zusammenarbeit kann beispielsweise die Bereitstellung von öffentlicher Infrastruktur zum Gegenstand haben. Die Besonderheit bei ÖPP ist, dass diese Bereitstellung von Infrastruktur in einem ganzheitlichen Ansatz über den gesamten Lebenszyklus der jeweiligen Infrastruktur betrachtet und beschafft wird. Dieser Lebenszyklus kann zum Beispiel bei einer Immobilie aus den Phasen Planung, Bau, Betrieb, Finanzierung und Verwertung bestehen. Bei einer konventionellen Beschaffung würden diese Phasen jeweils separat betrachtet und beauftragt werden. Die Beschaffung im Rahmen einer ÖPP deckt hingegen den gesamten Lebenszyklus ab. Die Partner übernehmen dabei jeweils die Risiken, die sie am besten beherrschen können“.

Um es vereinfacht auszudrücken, steht (berät) diese „Firma“  in Fragen der Teilprivatisierung, wie zum Beispiel  von der Hamburger Elbphilharmonie über die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe bis hin zum größten Projekt dieser Art, den Betrieb des Lkw-Maut-Systems Toll Collect durch die Telekom.

Da kann es schon mal vorkommen, dass die Kosten bei einigen Teilprivatisierungen aus dem Ruder gelaufen sind. So mancher Leser hat, dessen bin ich mir sicher, so seine (negativen) Erfahrungen einer Teilprivatisierung in seinen persönlichen Lebensumfeld machen können und dürfte nun sich nicht mehr wundern, weshalb er den einen oder anderen Euro mehr zahlen muss. Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, wenn man mal nachfragt, wer bei einer geplanten Teilprivatisierung vor Ort, als Berater tätig ist.

Aber das ist nur ein Teil, wie die organisierte und gewollte Nähe von Politikern und Wirtschaft funktioniert.

Bestes Beispiel ist die „Krise“, um den Euro und Wirtschaft. Hier ist die Abhängigkeit der Politik gegenüber der Wirtschaft und Finanzmärkten auf perverse Weise sichtbar geworden.
Hans-Jürgen Krysmanski (ehrte bis 2001 Soziologie an der Uni Münster. Seine Schwerpunkte sind die Klassen-, Friedens- und Konfliktforschung) in der taz, auf die Frage: „Unsere Politiker verkaufen uns, dass sie in Brüssel versuchen den Euro zu retten. Ist das falsch“?

Antwort von Hans-Jürgen Krysmanski: „ Der EU-Kommissionspräsident Barroso hängt ebenso an reichen Freunden wie der deutsche Bundespräsident. Der EU-Beamtenapparat hat sich verselbstständigt. Er ist zu einer Art Überstaat geworden. Alle sagen, man müsse die Bezüge der Abgeordneten an die Gehälter der Wirtschaft anpassen, damit sie wieder auf Augenhöhe mit den Managern und Bankern verhandeln können. Doch man sollte ihre Bezüge auf das Niveau der Volksmassen absenken, damit es wieder mehr um die Sache geht und weniger um den persönlichen Aufstieg“.

Und auf die Frage, welche Rolle Korruption spielt sagt  Krysmanski: „Eine geringe. Die Geldelite braucht keine Korruption, sondern Netzwerke und Hilfskräfte: Banker, Politiker, Berater. Allein die 500 reichsten Deutschen dürften von einem Kranz von rund 50.000 Personen umgeben sein. Sie sind miteinander vernetzt, treffen sich in Bayreuth, rund um bestimmte Banken und in Stiftungen oder in Davos. Dort werden Strategien entwickelt, Gesetze auf den Weg gebracht. Es existiert ein informelles Herrschafts- und Kontrollsystem neben und über dem parlamentarischen System“.

Also liebe Leser,  Hauskredit, Urlaubsaufenthalte bei befreundeten Unternehmern, Bonusmeilen und was weiß der Teufel noch alles, ist das letzte, worüber man sich wirklich Sorgen machen müsste, solche Skandale dienen der Ablenkung des eigentlichen Problems, denkt mal drüber nach.

PS:  Als „undifferenziert und hochideologisch“ haben die Sozialdemokraten einen Antrag der Linksfraktion (17/5776) gegen weitere Privatisierungen öffentlicher Aufgaben und zur Aufhebung des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes zurückgewiesen. Man warf der Linksfraktion in der ersten Beratung des Antrags , im Bundestag vor, ÖPP-Projekte mit der sogenannten Rekommunalisierung von Aufgaben der Daseinsvorsorge wie der Energieversorgung unzulässig zu vermischen. Das verwundert nicht, dass die SPD gegen diesen Antrag ist, ist doch die SPD ein Befürworter dieser „Firma“ und war maßgeblich an der Gründung beteiligt.



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