Mittwoch, 18.1.2012. Eifel. Ich bin ja so froh, das die Krise vorbei ist. Wirklich – nicht mehr lange, und die Ausläufer der Krise hätten die Eifel erreicht. Ich war schon 2009 froh, das die Krise vorbei war – immerhin bin ich mit meinen Kindern auch Teil des Geldkreislaufes … wenn wir da herausfallen ist das wie die Verbannung aus dem Paradies. 2010 war ich erst recht froh, das der Aufschwung jetzt ganz dicke kam und von Krise keine Spur mehr zu sehen war, aber 2011, als die Krise dann endgültig überwunden war, war ich richtig glücklich. Umso mehr wird man verstehen, das ich mein Glück jetzt gar nicht mehr fassen kann, da die Krise 2012 jetzt vollständig vorbei ist – siehe Welt:
Die Konjunkturerwartungen von Anlegern und Analysten haben sich im Januar drastisch verbessert. Das ZEW-Barometer kletterte um 32,2 auf minus 21,6 Punkte, teilte das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mit. Einen so starken Anstieg hat es seit Beginn der Umfrage 1991 noch nie gegeben.
Was bin ich froh, das ich mich jetzt ruhig zurücklehen kann: die größte Bedrohung der europäischen Wirtschaft seit Anbeginn der Zeiten ist endgültig Geschichte, ich kann mich endlich den vielen anderen Themen zuwenden, die unser kleines Bürgerjournalismusexperiment noch zu bieten hat. Es stimmt diesmal wirklich: alle Daten deuten darauf hin, das ein Goldenes Zeitalter für die Menschen anbricht: Osram streicht zehn Prozent seiner Arbeitsplätze, die Landesbank Hessen-Thüringen streicht 450 Stellen, Schlecker macht zusätzlich 600 Filialen dicht und die Weltbank warnt vor drastischen Entwicklungen, hier im Handelsblatt:
Experten der Weltbank rechnen damit, dass die Wirtschaft der Eurozone in diesem Jahr schrumpft. „Eine weitere Eskalation der Krise wird keine Ausnahmen kennen“, warnt Andrew Burns, Makroökonom und Hauptautor des aktuellen Weltbank-Berichts zur Konjunktur 2012. Die Wirtschaft der Euro-Länder soll nach seiner Vorhersage um 0,3 Prozent sinken. In ihrem vorigem Wachstumsausblick im Juni hatten die Ökonomen der globalen Institution noch mit einem Plus von 1,8 Prozent für die Eurozone gerechnet.
Dazu passt die Meldung, das der EZB vor der Zerstörung der Volkswirtschaften Europas warnt, China, die große Hoffnung der Wallstreet, zeigt selbst Wachstumsschwächen. Der Handelsriese Metro hat ebenfalls Probleme: der Kaufrausch der Deutschen zu Weihnachten – in der Presse vielfältig verkündet, führte bei dem Konzern zu Umsatzeinbußen, die erhofften Impulse waren dann doch ausgeblieben, was aktuell dazu führt, das der Verkauf der Kaufhofkette aufgrund der schwierigen Situation an den Finanzmärkten aufgegeben wurde.
Doch es kommen noch mehr Jubelmeldungen:
4000 Milliarden Euro werden für den Eurorettungschirm gebraucht, damit der funktionieren kann, 10000 Milliarden fordert die Credit Suisse zur Bankenrettung – was schwierig wird, da der lang diskutierte und hochgelobte HEBEL nun aufgrund der negativen US-Ratings vor dem Aus steht.
Die Banken schätzen die aktuelle Lage so positiv ein, das sie erstmal 500 Milliarden bei der EZB in Sicherheit gebracht haben – ein winziger Bruchteil angesichts der noch anstehenden Forderungen.
Nun kommen wir – das merke ich auch – so langsam ins Schleudern. Wie kann das eigentlich sein, das Angela Merkel seit vier Jahren Deutschland rettet, die schlechten Nachrichten aber nicht abreissen?
Elmar Brok klärt uns da auf – siehe Welt – wir befinden uns mitten in einem Krieg:
Die Abstufung ist ein gezielter Angriff der US-Ratingagentur gegen Europa. Es gibt doch keinen einzigen plausiblen Grund für die Entscheidung, etwa jetzt Italien abzuwerten. Das Land hat einen neuen Regierungschef, mit dem es wichtige Reformen umsetzt. Das gilt im Übrigen auch für Spanien. Über Frankreich müssen wir gar nicht erst reden.
Die Abstufung durch S&P ist folglich interessengelenkt. Die haben uns den Währungskrieg erklärt. Die Ratingagenturen sind mehr Krisenverstärker als Frühwarner.
Und weiter:
Starke Kräfte in den USA, insbesondere aus der Finanzwirtschaft. Es geht ihnen offenbar einzig und allein darum, auf diese Weise angelsächsische Interessen gegen Europa durchzusetzen.
Sie wollen die Euro-Zone zerschießen, um Geld daran zu verdienen. Dieses Interesse ist im Übrigen leicht zu verifizieren. Schauen wir uns doch nur einmal die Finanzierung der Ratingagenturen an. Die bekommen ihr Geld von der Finanzwirtschaft. Von den Staaten bekommen sie nichts. Sie sind also von der Finanzwirtschaft abhängig.
Folglich bewerten sie die Bonität der Staaten nach den Interessenlagen der Finanzindustrie.
Na, der traut sich ja was. Das ist ja geradezu ungeheuerlich. Das riecht ja schon nach Verschwörungstheorie … wenn es nicht einfach ganz normale Marktwirtschaft wäre, ein ganz normaler Prozess im knallharten Kampf um Marktanteile. Wer sein Geld nicht wie Arbeitslose, Beamte, Rentner und Ärzte vom Staat bekommt, kennt das aus eigener Erfahrung: da landet man schnell beim Stundenlohn von 3,67 Euro.
Herr Brok – laut Welt ein „exzellenter Kenner der USA“ weiß auch, warum die Situation so ist:
Es gibt in den USA keine kontinentaleuropäische Sicht in der Wirtschaftsberichterstattung. Europäische Medien spielen dort keine Rolle. Alle Informationen stammen von CNN, Reuters und dem Imperium des erklärten Anti-Europäers Rupert Murdoch.
Ungeheuerlich, oder?
Natürlich ist das Unfug. Das Handelsblatt – aktuell im Besitz eines früheren Dow-Jones-Direktors, der ging, als Murdoch kam – widerlegt den Unsinn, ganz schnell springen auch führende deutsche Politiker zur Verteidigung der Ratingagenturen bei wie Sigmar Gabriel im Spiegel:
„Ich glaube nicht an die Verschwörungstheorie, dass die bösen USA Europa ruinieren wollen“, sagte Gabriel SPIEGEL ONLINE. „Die Tatsache, dass Rating-Agenturen auch viel Schaden anrichten, muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Bewertung der europäischen Situation durch Standard & Poor’s falsch ist.
Die Tatsache, das Nazitodesschadrone in Deutschland unbehelligt morden, heißt ja auch nicht, das ihre Bewertung der politischen Situation unbedingt falsch ist – oder?
Auch Jürgen Trittin – der Held der deutschen Dose – springt den armen Ratingagenturen in einem anglo-amerikanischen Blatt bei:
Reflexhaft gefällt sich eine Allianz aus Neoliberalen und Staatssozialisten im Bashing der – amerikanischen(!)- Ratingagentur. Ratingagenturen werden zum Sündenbock für die anhaltende Krise gestempelt. Da macht sich bei Linken, Liberalen und CDU eine Prise Antiamerikanismus gut. Wer hätte gedacht, dass sich Gysi und Westerwelle hier mal einig sind?
Wer hätte gedacht, das die grüne Friedensbewegung mal Bomben auf Serbien schmeißt, ein deutsches Asienkorps ins Leben ruft oder dass die Umweltschützer mal die Autobahnen massiv ausbauen -und wer erinnert sich noch an die Nähe der Agenda-2010-Täter zur Finanzwirtschaft?
Denn bis anhin hat die Öffentlichkeit nur einen Teil dessen wahrgenommen, was Rot-Grün in den Jahren von 1998 bis 2005 angerichtet hat. Sie war ganz auf die sogenannte «Agenda 2010» und ihre Folgen fokussiert: weniger Geld für Arbeitslose, zunehmende Leiharbeit, Hartz IV, prekäre Arbeitsverhältnisse, Lohndumping, Teilprivatisierung der Rente, den wachsenden Niedriglohnsektor. Diese Sicht ist nicht falsch, aber sie erfasst nur einen Teil dessen, was die damalige Regierung initiiert hat. Der andere Teil blieb bisher aussen vor, ist vielen einfach nicht bewusst oder wird gar von interessierter Seite unterschlagen: die Entfesselung des Finanzmarkts Deutschland.
Das kann man gar nicht oft genug lesen:
Dabei haben die Rot-Grünen mit ihrer Politik der Deregulierung dem Finanzkapital einen roten Teppich ausgerollt. «Die gewaltigen Potenziale des deutschen Finanzmarkts müssen als Motor für Wachstum und Beschäftigung der Volkswirtschaft vollständig ausgeschöpft werden», hiess es in einer Dokumentation des Bundesfinanzministeriums. Das klang nach einer Totalmobilmachung des Kapitals, und das war es auch. Es gab einen Finanzmarktförderplan mit dreissig Gesetzesvorhaben, die alle umgesetzt wurden – etwa die Förderung von Verbriefungen, die Zulassung von Derivaten, Hedgefonds und Leerverkäufen, die steuerrechtliche Begünstigung von Zweckgesellschaften ausserhalb der Bankbilanzen. Alle sahen nur Chancen, nie die Risiken. Noch im Koalitionsvertrag der Grossen Koalition 2005 vereinbarten SPD und Union (federführend: Finanzminister Steinbrück), die Regeln für die Finanzmärkte weiter zu lockern und die Bankenaufsicht abzubauen. Die weltweit niedrigste Regulierungsdichte galt damals als Benchmark.
Viele Deutsche haben so ihr Geld an die Superklasse der USA verloren – die Täter bekamen Top-Jobs in der Industrie. Kann es wirklich sein, das US-Interessengruppen in Deutschland Politik bestimmen können?
Das kann nicht nur so sein, das ist auch so: ganz offen und unverdeckt im Verein Atlantikbrücke:
Arend Oetker beschrieb diese Lobbytätigkeit im Jahr 2002 folgendermaßen:Die USA wird von 200 Familien regiert und zu denen wollen wir gute Kontakte haben.Die FAZ: Die Atlantik-Brücke e. V. ist einer der in Deutschland seltenen Versuche, von privater Seite in den politischen Raum hineinzuwirken, sympathiebildend, kontaktvermittelnd, katalysatorisch.
200 Familien der USA – die Superklasse – hat so eine Stimme in Deutschland und wirkt in den politischen Raum hinein.
Ich nenne das eine Verschwörung – und die hatte möglicherweise schon mal dramatische Folgen für Deutschland. Wie gut aber nur, das diese Superklasse so viele Freunde in Deutschland hat. Wie gut, das wir ihr nicht unterstellen wollen, das sie nun an die Ersparnisse der Europäer heranwollen – vor allem an deren Pensionskassen.
Wir wissen, das dort nur Freunde wohnen, die nichts anderes als das Wohl ihrer Mitmenschen im Auge haben: niemals würden die europäische Firmen aus hart umkämpften Märkten drängen, niemals die eigenen Interessen über die der anderen stellen, die würden auch niemals ein neues Pearl Harbour anzetteln, um ihre Macht in der Welt exponentiell wachsen zu lassen – erst recht würden die keinen Krieg anzetteln.
Kapital- und Machtkonzentrationen hatten ja noch nie in der Geschichte schlimme Folgen gehabt, weshalb wir uns auch keine Sorgen machen müssen:
Die Ende des 19.ten Jahrhunderts tatsächlich beobachtbare Monopolisierung und Kartellierung hatte ihre Ursache nicht in einer unvermeidbaren Zwangsläufigkeit, sondern auch in einer Politik, die die Vermachtung der Märkte als Beitrag zu Konjunkturdämpfung und Produktivitätssteigerung förderte
Die „Vermachtung der Märkte“ ist natürlich ein Prozess, der uns völlig fremd ist – wie auch die Tatsache, das Politik solche Prozesse steuern kann. Ebenso wissen wir, das Märkte nicht von Global Players gesteuert werden – noch nehmen wir wahr, das Firmen gerade deshalb zu Konzernen werden, um Märkte beherrschen zu können. Wir glauben auch nicht, das intelligente Wesen hinter diesem Prozess stecken. So ist der Deutsche halt: alt, allein, kinderlos, reich und ziemlich blöde.
Aber vielleicht wird er ja jetzt wach, wo er erfahren darf, das Hitler kein zufällig an die Macht gekommener Idiot war, sondern sich die Macht in Deutschland ganz gezielt und systematisch angeeignet hatte – und das sogar vorher schriftlich ankündigte:
In „Mein Kampf“ erklärt er seine Legalitätstaktik, außerdem, wie durch soziale Maßnahmen das Nationalbewusstsein zu stärken ist (eigentlich hätte die Bewegung „sozialnationalistisch“ heißen müssen), wie der Föderalismus zu beenden ist und die weitere Gleichschaltung zu erfolgen hat.
Und so paßt es schön ins Bild, das die SPD durch die Agenda 2010 ein Prekariat geschaffen hat, das man in Zukunft durch soziale Maßnahmen für sich gewinnen kann – soziale Maßnahmen, die sich jemand auf die Fahne schreiben kann, der nicht gerade demokratische Ziele verfolgen muss – ganz im Gegenteil: Demokratie heißt auch – Hartz IV.
Verblüffend, wie das ins Bild passt, oder?
Gut, das die Krise jetzt wieder vorbei ist. Wäre das nicht so: ich würde mir in der Tat große Sorgen machen, das der Einfluss der Superklasse der USA – jener 200 Familien, die das Land regieren – in Deutschland inzwischen so groß ist, das sie bestimmen können, was ich zum Frühstück essen soll.
Und das würde mir garantiert nicht schmecken … weil ich den leisen Verdacht habe, das wir Mitmenschen für die „Superklasse“ nur Mietmenschen sind. Und wie man solche Menschen entsorgt, wenn sie nicht mehr rentabel sind, hat dieser Hitler ja schon mal vorgemacht.
Wie gut, das der ein zufällig durch Lotto an die Macht gekommener Einzeltäter war.