Freitag, 9.12.2011. Eifel. Kindergärtnerinnen sind – so glaube ich – gute Seuchenkundler. Müssen sie ja auch sein: was immer gerade durch das Land wandert, schlägt bei ihnen deutlich sichtbar auf. Darum ist die aktuelle Variante vielleicht bemerkenswert: „sie sei ganz neu“, so wurde mir versichert. Betreffe zuerst die Kinder, die sie nach zwei-drei Tagen wieder los sind, um sich danach bei den Erwachsenen richtig fest zu setzen. Die haben sie dann wochenlang. Fängt an im Magen-Darm-Bereich, arbeitet sich dann langsam bis zum Hirn hoch, befällt auf dem Weg dahin noch die Muskeln und tobt sich dann richtig aus. Wie ich aus eigener Erfahrung sagen darf: heftig. Wäre doch eine gute „Designergrippe“, fiel mir dann ein, als ich neben den anderen Leichen dann auf der Vorführung des Kindergartens weilte: eine Grippe, die die Alten hinwegrafft, aber die Kinder für das „Neue Zeitalter“ intakt lässt. Aber: das darf man ja nicht denken.
Denken, so merke ich zusehends, wird zu einer unerwünschten Tätigkeit. Gehorsam, Fleiß, Disziplin sind Atribute, die man inzwischen wieder durch Europa trägt, „DEUTSCHE WERTE“ von „häßlichen Deutschen„, an denen die Welt genesen soll. Selber Nachdenken? Wieso? Dafür gibt es doch den Regierungssprecher und die Pressesprecher der Konzerne, die mir sagen, was ich gerade zu glauben habe. So habe ich Anfang des Jahres fleissig gehorsam und diszipliniert an den Aufschwung geglaubt und glaube nun an das Überleben des Euros – oder eben sein Ende, je nachdem, was gerade aktuell ist.
Aber was macht man, wenn man folgende Sätze aus dem Mund von „Experten“ vernimmt, siehe Spiegel:
„Ich habe Schiss“, sagt er. „Wir leben in einer Zeit, in der ich Risiken sehe, wie ich sie noch nie gesehen habe.“
So der Investmentprofi Frank Fischer, mit 47 Jahren schon ein älteres Exemplar der Branche. Wenn DIE schon Schiss haben … was sollten wir dann erst machen, die wir keine Ahnung haben?
Nun – in Wirklichkeit haben wir auch Schiss … wir können nur damit kein Geld verdienen. Dazu muss man mit feiner Kutte zu den Menschen fahren, die ihr Leben lang gespart haben und ihnen Lehmann-Zertifikate zur Sicherung ihrer Altersvorsorge andrehen. Wer so drauf ist … kommt noch eine Weile gut durch. Ebenso die, die den Bankstern Bier servieren und ihnen die Haare schneiden.
Eins der Risiken, die ganz aktuell wieder einmal aus der Versenkung auftauchen, ist der Krieg. Die Medien rücken ihn aber nicht so sehr in den Vordergrund, weil sie vor lauter Katastrophen nicht mehr wissen, wo sie zuerst anfangen sollen – ausserdem müssen sie ja auch Rücksicht auf Anzeigenkunden, Parteieninteressen und Regierungskompatibilität nehmen, sonst sieht es schlecht aus mit der Einladung zum Bundespresseball.
Nach der offenen Drohung Russlands gegen die USA legt Putin noch eins drauf, siehe Manager-Magazin:
Verbaler Angriff aus Russland: Regierungschef Putin hat die USA für die Demonstrationen gegen die Parlamentswahlen vom vergangenen Sonntag mitverantwortlich gemacht.
Würde ich denken dürfen, bekäme ich auch Schiss. Gut, das das jetzt nicht so erwünscht ist. Sehe ich dann Drohnen über dem Iran, kommt mir Putins Behauptung gar nicht mal so weit hergeholt her.
Oder nehmen wir das Atom – nach Fukushima dürfte wir ja eine Ahnung davon haben, das das vielleicht nicht ganz so sicher ist. Zwar wissen wir über Fukushima eigentlich immer noch nichts Genaues (die Rücksichtnahme der Medien, ich sagte es ja), aber wir sind auf jeden Fall aus der Atomenergie erstmal ausgestiegen, weil diese Atomkraftwerke irgendwie unsicher sind.
War auch teuer, dieser Ausstieg, siehe Managermagazin:
Es ist ein Zugeständnis mit Steuergeld: Zum Ausgleich für die Milliardenlasten infolge des Atomausstiegs hat die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg dem Energieunternehmen EnBW eine Kapitalspritze zugesagt. Insgesamt sollen EnBW 800 Millionen Euro zukommen.
Mit Atomenergie sollte man ja dereinst dank hoher Subventionen des Staates gut verdienen können. Als Entschuldigung für die ausbleibenden Geldgeschenke des Verbrauchers bekommen die Herren das Geld jetzt einfach so geschenkt. Aber nicht nur das: sie bekommen auch ihre Atomkraftwerke – nur jetzt eben von der EU, siehe Welt:
Die EU befürwortet einem Zeitungsbericht zufolge trotz des deutschen Atomausstiegs den Neubau zahlreicher Atomkraftwerke. Im bislang vertraulichen Entwurf „Energy Roadmap 2050“ bezeichne EU-Energiekommissar Günther Oettinger die Atomkraft als „wichtigen Faktor“, heißt es in einem Vorabbericht der „Süddeutschen Zeitung“.
Unterhändlern zufolge sehen die Details mehrerer Szenarien den Neubau von 40 Kernkraftwerken allein bis 2030 vor, wie es in dem Bericht weiter heißt.
Merkt man, warum Disziplin, Gehorsam und Fleiß als Werte des häßlichen Deutschen wieder so wichtig werden? Würde man eher selber nachdenken anstatt auf Konsumzombiemodus schalten, bekäme man Schiss – und der könnte die Designerjeans beschmutzen.
Mit so einem System kann jeder reich werden … der die nötigen Beziehungen hat. Der Staat hilft mir, ein Geschäft aufzubauen – und wenn das nicht läuft, gibt er mir die Gewinne einfach so. So erklärt sich eine Entwicklung, die Frau Wagenknecht in der FAZ beschreibt:
Laut einer Studie gibt es in Deutschland derzeit etwa 830000 Geldmillionäre, deren Vermögen rasant zunimmt. Insgesamt verfügt diese schmale Schicht über ein Finanzvermögen von 2,2 Billionen Euro – mehr als Bund, Länder und Gemeinden zusammen an Schulden haben. Ähnliches gilt für die europäische Ebene. Der World Wealth Report misst Finanzwerte von über 10 Billionen Dollar in den Händen der europäischen Multimillionäre. Die Staatsverschuldung aller EU-Staaten liegt nur knapp darüber. Vor 13 Jahren war der europäische Geldadel übrigens erst halb so reich. Die Staatsverschuldung brauchte 15 Jahre, um sich zu verdoppeln.
Da sind sie, unsere Staatsschulden. Da liegt also unser Geld. Auf den Konten der Superreichen. Und die wollen noch viel mehr. Einfach so, weil es geil ist. Wäre da nicht mal Zeit für einen Vermögensschnitt anstelle eines Schuldenschnittes?
So langsam dämmert einem, warum das Nachdenken so verpönt ist: wir haben gar keine Krise. Wir haben nur eine Infektion. Räuber haben sich so langsam von unten hochgearbeitet und befielen den ganzen Kopf. Wie eine Grippe. Eine Grippe mit bösen Folgen – hören wir nochmal Frau Wagenknecht:
Wem all das zu radikal erscheint, der sollte die Alternative bedenken. Sie besteht nicht darin, dass alles bleibt wie bisher, sondern dass Demokratie und Sozialstaatlichkeit in Europa endgültig zu Grabe getragen werden und der Wohlstand vieler Europäer auf brutale Weise zerstört wird.
Ja, so kann es kommen. Armut für alle, garniert mit einem kräftigen Schuss Radioaktivität, überzogen mit einem kurzen aber heftigen Krieg zwischen den USA und Russland auf deutschem Boden.
Das geschieht Gesellschaften, die sich nicht genug gegen unmoralische und unethische Elemente abgesichert haben, gegen jene Form krimineller Energie, die gerne hart an der Grenze zur Legalität arbeitet und danach trachtet, diese Grenze mit einer Horde von Anwälten ständig durchlässiger zu machen. Jene Form krimineller Energie, die nicht davor zurückschreckt, gewählte Politiker durch verschiedenste Manipulationstechniken „auf Kurs“ zu bringen, um noch mehr Geld aus den Taschen der Gemeinschaft aufs Privatkonto in der Schweiz fliessen zu lassen.
Und was geschieht, wenn man das System der privatwirtschaftlichen Selbstbereicherung aufhalten will? Wirtschaftsweiser Peter Bofinger sagt es uns – hier im Handelsblatt:
„Ich denke, wenn die EZB nicht handelt, und es keine Euro-Bonds geben wird, werden wir in ein wirkliches Desaster rennen. Wir würden einen Zusammenbruch der Finanzmärkte sehen und eine sehr, sehr starke Rezession in ganz Europa, eine lange Zeit der Arbeitslosigkeit, Banken die Bankrott gehen und Menschen, die ihr Geld verlieren.“
Geben wir den Räubern nicht weiter unser Geld … dann machen die uns richtig arm. Geben wir ihnen unser Geld – dann auch.
Kein Wunder, das diesem System keine Zukunft zugetraut wird und sich – nach den Konzernen – jetzt auch schon die Schweiz für das Ende des Euro wappnet. Es hat die Prognose eines kranken Menschen, der von einer Virusgrippe dahingerafft wird. Die Viren plündern ihn so lange aus, bis er stirbt – erst dann gehen sie selbst auch zugrunde.
Europa hat kein wirtschaftliches Problem – es hat ein kulturelles Problem. Räuberethik hat sich breit gemacht – in allen gesellschaftlichen Schichten. Lobbyisten tragen die Erkrankung in die Parlamente und Versammlungen, die Infizierten fangen an, von Menschen als „Parasiten“ zu faseln und wollen ihnen nur noch dann was zu essen geben, wenn die ordentlich arbeiten, während das Geld mit Schaufelradbaggern in die Räuberhöhlen getragen wird.
Während der kriminelle Geist seine Energie früher eher auf der Straße entfaltete, lebt er nun in Parlamenten, Vorständen und Aufsichtsräten.
Dort, wo es sich entfaltet, muss man mit allem rechnen – unter anderem mit dem sicheren, völligen Zerfall aller gesellschaftlicher Strukturen – und natürlich mit Krieg. Ist der kriminelle Geist mit einem Land fertig, muss schnell ein Krieg her, um die Spuren zu verwischen. Ein großer Krieg, den die Infizierten selbst aber gerne von Stränden im fernen Westen aus beobachten und an dessen Vorbereitung man schon jetzt gut verdient, siehe Hintergrund:
Der deutsche Export von Kriegswaffen hat einen Rekordwert erreicht: Die Rüstungsindustrie nahm im vergangenen Jahr mit dem Verkauf von Panzern, Kriegsschiffen oder Maschinengewehren 2,1 Milliarden Euro ein. Das sind rund 60 Prozent mehr als 2009. Seit 1997 wurden noch nie so viele Kriegswaffen aus Deutschland ins Ausland geliefert.
Man hätte früher Kindergärtnerinnen fragen sollen: die hatten als erste bemerkt, das die aktuelle Grippe etwas ganz Neues ist – „so, als ob alle Grippen der letzten Jahre sich zu einer großen Grippe vereinigt haben“.
Und so kommt mir das aktuell wieder hässliche Land der Deutschen auch vor: als ob sich alle Kriminellen in Wirtschaft, Politik und Medien zu einer konzertierten und konzentrierten Gemeinschaftsaktion versammelt haben, die dem alten Europa endgültig den Rest geben soll – und das auch noch ganz öffentlich, siehe Spiegel:
Van Rompuy gab auch einen zentralen Beschluss zur Privatgläubigerbeteiligung bei Staatspleiten bekannt. Demnach sollen private Gläubiger, etwa Banken, in Zukunft nicht mehr an einem Schuldenschnitt für angeschlagene Euro-Länder beteiligt werden. Das ist eine Abkehr von der bisherigen Strategie.
Das wird die Umverteilung in Zukunft wohl noch einmal potenzieren.
Und was macht der hässliche Deutsche persönlich?
Strammstehen, geradeaus gucken und jeden mit dem Ellenbogen in die Rippen hauen, der aus der Reihe treten und sich mal umschauen will.
Wir Deutschen, wir marschieren geschlossen in den Untergang, diszipliniert in Reih´ und Glied – egal, wie blöde oder hässlich wir dabei aussehen.