Politik

Wer Deutschland regiert … und zu welchem Preis.

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Eifel, 10.10.2011. Ein stürmischer Herbstag. In der Welt ist nichts Besonderes los. Gut, das Weltfinanzsystem droht zusammenzubrechen, wenn die Deutschen nicht ihre letzten Ersparnisse spenden und in Ägypten werden als Folge der bejubelten Revolution Christen in Massen abgeschlachtet – auch vom Militär – während die USA unter der Last von 14 000 000 Arbeitslose und 14 000 000 000 000 Dollar Schulden leiden – eine Million Dollar Schulden pro Arbeitslosen, wenn man es so sieht. Aber das alles interessiert uns nicht, weil ja Altkanzler, Brioni-Modell und Lobbyist Gerhard Schröder in der FTD schon längst die Lösung der Probleme benannt hat – einen Teilschuldenerlass für Griechenland:

„Dieser Teilschuldenerlass muss so gestaltet sein, dass weder der Bankensektor nachhaltig geschädigt wird, noch dass es zu einer Kettenreaktion in anderen europäischen Staaten kommt.“

Heist auf Deutsch: weder Banken noch andere Staaten müssen auf Geld verzichten müssen. Das übernimmt der deutsche Steuerzahler gern allein, da sind wir ganz generös.

In Wikipedia finden wir einen denkwürdigen Satz von Gerhard Schröder, den er auf einer AWD-Tagung gesagt haben soll:

Bundeskanzler Schröder trat im Jahr 2004 vor AWD-Führungskräften auf und soll laut einer internen AWD-Mitarbeiterzeitung erklärt haben: „Sie als AWD-Mitarbeiter erfüllen eine staatsersetzende Funktion. Sichern Sie die Rente Ihrer Mandanten, denn der Staat kann es nicht.“ 

Nun – die AWD-Mitarbeiter haben natürlich nicht die Rente der Mandanten gesichert, sondern das Einkommen ihres Chefs.

Unter Schröders Bundesregierung war es AWD schließlich möglich, in Deutschland hochriskante Finanzprodukte zu vertreiben, deren Verkauf in vielen anderen europäischen Ländern nicht möglich gewesen wäre. Nach der gewonnenen Bundestagswahl soll es nach Angaben einer federführenden Mitarbeiterin der Staatskanzlei auch ein „Dankeschön-Abendessen“ mit Maschmeyer gegeben haben.

Weniger zum „Danke-Schön-Essen“ neigen jene Menschen, die unter der letzten kostenträchtigen Agenda das Kanzlers gelitten haben – der Agenda 2010, die das Ende des deutschen Sozialstaates einleitete.

Blicken wir doch mal zurück – in das Jahr 2002. Der Westen erinnert sich noch daran:

Die Reform begann nach dem „Vermittlungsskandal” der Bundesanstalt für Arbeit (BA) im Jahr 2002. Die BA hatte ihre Statistiken geschönt. In der Folge wurde eine Kommission unter Leitung von VW-Vorstand Peter Hartz ins Leben gerufen. Sie sollte Vorschläge für eine effizientere Vermittlung von Arbeitslosen machen. Dazu gehörten die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum „Arbeitslosengeld II” und eine verbesserte Betreuung der Jobsuchenden.

2010 werden die Zahlen immer noch geschönt, die Vermittlungserfolge sind eine reine Katastrophe.

Die nackten Zahlen schmeicheln den Schöpfern der Hartz-Reformen nicht: Nur 1 bis 1,5 Prozent der Bezieher von Arbeitslosengeld II werden in ungeförderte Beschäftigungen vermittelt (also nicht in 1-Euro-Jobs oder andere Stellen mit Arbeitgeberzuschüssen). Nur einer von vier Arbeitslosen findet im Laufe eines Jahres irgendeine Stelle.

Angesichts dieser Reformpleite ist es doch mal Zeit, genauer auf die Köpfe zu achten, die diese Reform ins Rollen gebracht haben. 14 Menschen waren es, die die Vorschläge zu dem Gesetz ausgearbeitet haben – 15 mit dem mitlerweile vorbestraften Peter Hartz.

Mit Daimler Chrysler, Deutscher Bank, Volkswagen und BASF waren vier große deutsche Konzerne durch Lobbyisten vertreten (ja, Eggert Voscherau wird eindeutig als BASF-Lobbyist genannt). Mit  Klaus Luft (unterstützte Goldman Sachs bei der Privatisierung der Telekom) und den Consultants von McKinsey und Roland Berger haben wir drei weitere Lobbyisten der Konzernherrschaft.  Heinz Peter Gasse wird zwar zu dem Zeitpunkt noch als IG-Metall-Mann gezählt, wurde aber 2004 Direktor im Krupp-Mannesmann-Konzern und machte dort positive Erfahrungen mit Kurzarbeit – wie viele andere Konzerne auch.  Damit sind wir bislang bei 8 Menschen, die von dem Konzernwesen profitieren. 9, wenn man Professor Jann aus Potsdam hinzunimmt, der als Referent an der Hertie School of Governance tätig ist, einer privaten Hochschule, wo man für 5000 Euro pro Semester im früheren Staatsratsgebäude der DDR gutes Regieren im 21. Jahrhundert lernen kann.  Das Konzerne in den Räumen ehemaliger Diktaturen reiche Studenten für zukünftige Regierungsarbeiten ausbilden, scheint bislang niemanden zu stören.

Bleiben noch sechs übrig.

Harald Schartau – damals noch Arbeitsminister NRW – ist inzwischen Konzerndirektor.

Wolfgang Tiefensee – bekannt durch die Bonusaffäre bei der Privatisierung der Deutschen Bahn-AG  oder durch großzügige Auftragsvergabe an Unternehmensberatungen – kein überzeugendes Gegengewicht zu der Konzernfraktion.

Bleiben … vier.

Einer davon ist Hanns-Eberhard Schleyer, zehn Jahre lang Generalsekretär des Zentralverbandes des deutschen Handwerks, eines Verbandes, der selbst massive finanzielle Probleme hatte.  Nebenbei – ein Mensch mit bemerkenswerter internationaler Karriere – die so gar nicht zu dem Profil eines Handwerkskammerpräsidenten passt. Einen Hammer hatte der wahrscheinlich noch nie in der Hand:

Herr Schleyer war zunächst in der Kanzlei Mudge, Rose, Guthrie & Alexander (New York) und als Partner von Haver & Mailänder (Stuttgart) tätig, bevor er als Bevollmächtigter beim Bund und später als Chef der Staatskanzlei in die Dienste des Landes Rheinland-Pfalz wechselte.

Hanns-Eberhard Schleyer war an der Entwicklung der Medienlandschaft in Deutschland maßgeblich beteiligt . So war er u. a. Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten und hat wesentlich am Aufbau des Privatrundfunks (SAT 1, RTL plus) mitgewirkt. 

Doch mehr als ein Funktionär, der nur von Beiträgen anderer lebt wie Gewerkschafterin Isolde Kunkel-Weber , die für 4500 Euro begeisterte Teilnehmerin am „Matrix-Seminar“ 2010 der „Common Purpose“ Organisation war – einer Seminarplattform, die (mit viel sozialem Touch) die Vernetzung von Politik und Konzernwesen weltweit betreibt.

Die Kanzlei, in der Schleyer arbeitete, brachte übrigens den einzigen kriminellen Justizminister der USA hervor.

Modern Government eben.

Bleibt noch: Günther  Schmid – den wir unter anderem gemeinsam mit einer Dozentin der Hertie School of Modern Government finden, wo sie gemeinsam Wege zur gemeinsamen europäischen Finanzpolitik aufzeigen.  Die Kollegin – Dr. Inge Kaul – macht auch durch Überlegungen zu einer neuen Weltregierung von sich reden – womit wir von der ganz kleinen Hartz-Reform auf einmal in der großen Weltpolitik gelandet sind – und mittendrin sind in der Ausplünderung europäischer Nationalstaaten zugunsten des internationalen Konzernwesens.

Partner der Hertie School of Modern Governance?

McKinsey, Deutsche Bank, Roland Berger, Georgsmarienhütte (ja, da wo der Schartau untergekommen ist) – mit Jobst Fiedler haben wir sogar den Hartz-Kommissions-Mann von Roland Berger als Dozenten und „Associate Dean“.

Schon unheimlich?

Wird noch besser – hören wir die Schule selbst:

Absolventinnen und Absolventen des Master of Public Policy und Executive Master of Public Management -Programme und ehemalige Teilnehmer in Executive Education Seminare bilden zusammen das Alumni-Netzwerk der Hertie School of Governance. Das Netzwerk wächst schnell und ist schnell zu einem der wichtigsten Teile der Hertie School of Governance Gemeinschaft. 

Natürlich vernetzen sich auch die Alumnis der Hertie School of Governance mit den Common Purpose – Fans, deren Geschäftsführer Frank Trümper mit dem ehemaligen Marketingleiter der Hertie School of Modern Governance Alecander Ross im „Rückblick 2006“ der „Internationalen Fachtagung für Public Relations“ auftaucht, die seit 2004 Medien und Konzerne mit Nichtregierungsorganisationen (Tierschutzbund, Amnesty Interantional, Transparency International, foodwatch) vernetzt.

Mit dabei: Deutsche Bank, AWD, E-Bay, ZDF, Siemens, Phillips, Deutsche Bahn, Bertelsmann und viele andere große Namen.

Organisiert wird das vom Bundesverband Deutscher Pressesprecher.

Der Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP) ist die berufsständische Vereinigung für Pressesprecher und Kommunikationsbeauftragte aus Unternehmen, Verbänden, Organisationen und Politik. Er vernetzt die Sprecherinnen und Sprecher und bietet ihnen Plattformen, um Meinungen, Erfahrungen und Wissen auszutauschen.

Und weiter:

Ein großer Vorteil des neuen Verbandes liegt darin, dass ausschließlich hauptberufliche Pressesprecher Mitglied werden können. Das bedeutet optimale Voraussetzungen, um „unter sich“ Netzwerke zu bilden und Grenzen zwischen Branchen der Wirtschaft, Verbänden und Politik zu überwinden.

Da werden in der Tat Grenzen überwunden – da kann schon mal der Pressesprecher der Hartz-Koalition problemlos zum AWD wechseln – da diesem nun „staatsersetzende Funktionen“ zukommen, eigentlich ein logischer Weg. Da wir auf der Tagung auch nahezu alle großen Tageszeitungen sowie die politischen und wirtschaftlichen Magazine vertreten haben, gibt es dort unglaubliche Möglichkeiten der Meinungsmache … und Verfilzung. Damit ist sichergestellt, das die Verfilzungen selber gar nicht mehr so sehr an die Öffentlichkeit kommen.

Kehren wir nochmal zurück zu Jobst Fiedler – hier in einem Artikel der Zeit aus dem Jahre 2004:

In der Staatskanzlei trifft sich Sigmar Gabriel mit Jobst Fiedler, einem Parteigenossen, von 1990 bis 1996 Oberstadtdirektor von Hannover. Mittlerweile leitet Fiedler bei Roland Berger jene Abteilung, die sich um die Beratung der öffentlichen Verwaltung kümmert. Public Sector Consulting heißt der neue Branchenzweig im Beraterjargon. Fiedler holt sich den Zuschlag. Ohne das Projekt auszuschreiben, ohne also eventuelle Vergleichsangebote einzuholen, schließt die Landesregierung einen Beratervertrag über 516 000 Euro mit Berger, „Prüfung der Konsolidierungspotentiale für den Landeshaushalt“ heißt der Auftrag.

Für 2500 Euro Tageshonorar leisten die Berater bemerkenswerte Arbeit:

Der damalige Präsident des Landesrechnungshofs, Wolfgang Meyerding, schätzt, zwei Drittel des kostspieligen und als vertraulich eingestuften Haushaltsgutachtens, das der ZEIT vorliegt, bestünden aus nichts anderem als aus der bekannten Expertise der Verwaltung.

Der heutige Bundespräsident Christian Wulff bringt die Sache auf den Punkt:

Zwischen Politik und Beratern, zürnte Wulff, seien „Kartelle“ und „Seilschaften“ entstanden und „Freundschaften, die sich gegenseitig einen Dienst erweisen“.

500 Millionen Euro hat die Beraterbranche innerhalb eines Jahres von der Hartz-Koalition erhalten – Geld, das man an anderer Stelle eingespart  hat. Zum Beispiel bei den Arbeitslosen ohne Netzwerke in Politik, Wirtschaft und Medien – und ohne die Möglichkeit, sich die Schulen zu leisten, die diese Netzwerke in Zukunft ganz gezielt aus dem Nachwuchs der reichen Bevölkerung rekrutieren wollen.

Christian Wulff – der große Kritiker des Beraterfilzes – ist leider selber eng verfilzt … was aber dank der „staatsersetzenden“ Funktion der Konzerne nicht weiter wundern sollte.

Einer bleibt noch übrig von der „Hartz-Komission“. Wilhelm Schickler, einst Präsident des Landesarbeitsamtes Hessen, dann Leiter der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg. Er durfte die Suppe auslöffeln, die andere eingebrockt haben.

Von ihm abgesehen zeigt die Zusammensetzung der Hartz-Kommission, wer Deutschland regiert – und zu welchem Preis.

Der Preis … das sind jene Milliarden, die das System gerade aus Europa herauspresst, um sie auf Privatkonten zu transferieren. Wozu? Um zum Beispiel die kostspieligen Duftkerzen der Firma Artedana kaufen zu können, die die Firma des Hartz-Komissionsmitglied Klaus Luft anbietet: 53 Euro für eine Kerze muss man sich halt leisten können.

Damit sich das nicht ändert, bilden die Mitglieder Fiedler und Jann schon mal den Nachwuchs aus, der dann das Geschäft weiter betreibt. Das Fiedlers Auftraggeber Sigmar Gabriel (wie die Maschmeyerfreunde Wulff und Schröder) aus Niedersachsen stammt, möchte ich nicht unerwähnt lassen. Sicherlich ist er nicht deshalb SPD-Chef geworden, weil dort alles so schön nahe beieinander liegt, oder?

Wird jetzt klar, warum von Seiten der vereinigten Pressesprecher und bezahlten Medienleute die Theorienbildung über Verschwörungen mit einem Tabu belegt worden ist – und wie die Auswahl der Hartz-Komission bewerkstelligt wurde?

Wenn nicht – ich habe noch einen … Namen. Thomas Middelhoff. Er war auf dem oben zitierten Pressesprecherevent – obwohl er gar kein Pressesprecher ist. Ja, genau der Middelhoff, der jetzt vom Karstadt-Insolvenzverwalter auf Schadensersatz verklagt worden ist. Was der mit der Hartz-Komission zu tun hat?

Nichts.

Aber mit den Hintermännern viel, siehe Wikipedia:

Im Februar 2009 gründete Thomas Middelhoff mit Roland Berger und Florian Lahnstein (dem Sohn von Manfred Lahnstein) in London die Investmentgesellschaft BLM (Berger Lahnstein Middelhoff & Partners LLP), deren Chairman Middelhoff seitdem ist. Für den Aufsichtsrat konnten prominente Mitglieder wie Wolfgang Clement, Manfred Lahnstein und Mark Wössner gewonnen werden. 

Der kann aber noch mehr – außer Karstadt pleite gehen und die Menschen arbeitslos werden zu lassen:

Seit September 2003 ist Middelhoff Mitglied im Board of Directors der New York Times Company, welche neben der New York Times, die International Herald Tribune, den Boston Globe und zahlreiche weitere Zeitungen herausgibt und Inhaber von TV- und Radiostationen ist.

Er ist Mitglied des Kuratoriums der Atlantik-Brücke.

Und so …. kommen wir doch nochmal auf den Einfluss der US-Politik (samt ihren Schulden und Arbeitslosen) auf die deutschen Arbeitslosengesetze zu sprechen…oder auch besser nicht.

Aber wir haben einen kleinen Einblick darauf erhalten, wie Deutschland regiert wird – und was uns in Zukunft erwartet.

Den konkreten Preis entnimmt man bitte der Staatsverschuldungsuhr beim Bund der Steuerzahler oder dem Verzeichnis deutscher Privatinsolvenzen.

 

 


 

 

 

 

 



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