Wirtschaft

Die alternativlose Vernichtung des deutschen Mittelstandes zur Rettung der Bankerboni

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Vielleicht geht es ja nur mir so: manchmal spaziere ich morgens durch die Welt der Nachrichten – und bleibe völlig fassungslos vor gewissen Formulierungen stehen. Mir fehlen die Worte. Heute war mal wieder so ein Tag – ich zitiere das Ereignis mal aus dem Spiegel:

Die neuen Kompetenzen des Euro-Rettungsschirms sind noch nicht von allen nationalen Parlamenten abgesegnet, doch schon gibt es Forderungen, das Aufgabengebiet des EFSF weiter auszudehnen. Die europäische Bankenaufsicht EBA spricht sich laut „Financial Times Deutschland“ dafür aus, dass der Rettungsschirm fortan direkt Geld an Banken geben darf, um sie vor dem Zusammenbruch zu retten. Das schreibt EBA-Chef Andrea Enria in einem Brandbrief an die europäischen Finanz- und Wirtschaftsminister, aus dem die Zeitung zitiert.

Man glaubt auf den ersten Blick nicht, das die Meldung wahr ist. Soviel unverfrorene Gier, soviel Verantwortungslosigkeit, soviel Rücksichtslosigkeit – das erinnert an Erscheinungen, die zu Beginn der Krise der westlichen Finanzwirtschaft zu beobachten waren – hier bei N 24 zitiert:

Wie die flämische Zeitung «De Morgen» am Samstag berichtete, lud die franko-belgische Dexia-Bank mehr als 200 Gäste zu einem festlichen Bankett in die teuerste Herberge von Monte Carlo, das «Hotel de Paris», ein. Am Tag darauf habe die Fortis-Bank, die ebenfalls in großen Schwierigkeiten ist, ihrerseits eine Reihe von Gästen im Drei-Sterne-Lokal des Hotels, dem Gourmet-Tempel «Louis XV», bewirten lassen.

Ich habe mich mal umgeschaut in diesem Hotel. Die preiswertesten Zimmer kosten 440 Euro pro Nacht – Frühstück kostet extra, versteht sich – der arbeitslose Steuerzahler muss mit dem Geld anderthalb Monate auskommen, das Kind eines Arbeitslosen muss davon 167 Tage lang sein Essen bezahlen. Verhältnisse wie kurz vor dem Sturz der Monarchie in Frankreich.

Ich war dann auch mal – virtuell – in dem besagten Restaurant. Abendmahl – Wein nicht inbegriffen – kostet 210 Euro. Man versteht auf einmal, warum Banken solchen Geldhunger haben, bei den Preisen wird einem schnell schwindelig. Es ist die völlige ethische Verwahrlosung, die einem angesichts dieses drastisch demonstrierten Mangels an Mitgefühl, an Verantwortungsbereitschaft für die westliche Wertegemeinschaft sowie an Ignoranz der möglichen negativen Auswirkungen der Lustbarkeiten Angst machen sollte: hier demonstrieren der neuen Herren der Welt ihre absolute Macht, ein neuer Lustbarkeitsadel demonstriert seine Unangreifbarkeit. Nur aus dieser Geisteshaltung ist es zu verstehen, das man nun den Rettungsschirm der europäischen Volkswirtschaften zur Absicherung eigener Hochrisikogeschäfte absichern will – so kann jede Dumpfbacke erfolgreich sein: entweder man macht Gewinne aus dem Geschäft selbst, oder man zieht die Gewinne eben aus dem Rettungsfond. Das ist Straßenräubermentalität: entweder Du gibst mir Dein Geld, oder ich erschiesse Dich und nehme es mir selber – Du hast die freie Wahl.

Ethisch gesehen befinden sich Banken im Vergleich zu Volkswirtschaften mitlerweile auf dem Niveau von Kannibalen:

Ein 21 Jahre alter Koch soll in Russland einen Mann getötet, dessen Fleisch zu Bouletten und Wurst verarbeitet und gegessen haben. Der mutmaßliche Kannibale sei in Murmansk im Norden Russlands festgenommen worden, teilte die örtliche Ermittlungsbehörde im Internet mit.

Das haben die Banken mit uns allen vor – nichts anderes geschieht im Prinzip in den Nobelhotels: damit dort geprasst werden kann, müssen in Europa Kinder in Armut groß werden … ein System, das via Deutschland jetzt den Rest des Kontinents beglücken soll.

Dieses System hat genug Sprengkraft, die gesamte europäische Wirtschaft in den Abgrund zu stürzen. Hören wir dazu Konrad Hummler im Handelsblatt:

Wir erleben die Demaskierung eines Geldsystems, das den Pfad der Tugend längst verlassen hat. Geld sollte Spiegelbild des realen Lebens sein, es soll den Austausch von Waren oder die Wertaufbewahrung erleichtern. Ich fürchte, wir sind in eine Situation hineingeraten, in der Geld nur noch eine verselbständigte Entität ist, losgelöst von den realen Gegebenheiten.

Herr Hummler ist Chef der ältesten Schweizer Privatbank – somit wahrscheinlich kein „linker Spinner“.

Damit haben sie ihr wichtigstes Gut verspielt: Glaubwürdigkeit. Unser Geld basiert allein darauf. Wenn nicht mehr geglaubt werden kann, dass für einen Geldschein oder für ein Kontoguthaben oder für den Gegenwert einer Staatsobligation morgen, übermorgen oder in einem Jahr ein Kilo Brot, eine Arztrechnung oder ein Haus bezahlt werden können, dann ist das Geld wertlos. 

Das hört sich nun nicht so an, als dürfte man als Bürger die Entwicklung einfach so tatenlos hinnehmen. Das hört sich so an, als würde uns eine gallopierende Inflation drohen, weil die Geldwirtschaft ein dubioses, die gesamten europäischen Volkswirtschaften in die Vernichtung treibendes Eigenleben führen, um mit ihrem Personal teure Luxusevents durchführen zu können.

Wer nun aber glaubt, die Politik würde ihren Job gut machen und uns vor dieser Vernichtung bewahren, der irrt. Hören wir nochmal Herrn Hummler:

Ausgerechnet von denjenigen, die das Geldsystem unterhöhlen, den Politikern und Notenbankern, erwartet man die Stärkung oder Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit. Das ist aberwitzig. Die Politik schiebt die Probleme auf, verschleiert sie und überwälzt sie auf ein Publikum, das sich kaum wehren kann.

Man merkt langsam, das Merkels Geburtstagsessen für Ackermann schreckliche Dimensionen annimmt – hier mal aus dem Fokus:

Ackermann hatte in einem Fernsehinterview von einem Angebot von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) berichtet, etwa 30 Freunde ins Bundeskanzleramt einzuladen. Am Mittwoch muss die Bundesregierung den Haushaltsausschuss über die Kosten des Abendessens informieren. Die Deutsche Bank verweigerte laut „Report Mainz“ eine Stellungnahme zu den Vorwürfen. Das Bundeskanzleramt habe nicht reagiert.

Das sind schon „ganz besondere“ Lebensstile, die dort gepflegt werden. Dürfen auch mal Krankenschwestern, Bauern, Altenpfleger, Industriemonteure oder Erzieherinnen ihren Geburtstag mit der Kanzlerin feiern?

Kaum vorstellbar. Allein die Fahrtkosten würden viele von ihnen finanziell überfordern – zumal man aktuell ja auch den neuesten Fehlgriff der Bundesregierung laut Spiegel mitfinanzieren darf:

Die Politik wollte E10 mit Macht durchdrücken, doch die Bürger traten in den Kaufstreik. Nun wird die vorgeschriebene Quote wohl verfehlt, die Ölkonzerne müssen Strafe zahlen – und holen sich das Geld bei den Autofahrern wieder. Die müssen mit Preisaufschlägen von zwei bis drei Cent pro Liter rechnen.

So einfach wird man reich: man muss nur Schlüsselpositionen in Versorgungsunternehmen besetzen – schon wird man reich … und vorbildlicher Leistungsträger.

Den Preis für das Versagen von Wirtschaft und Politik zahlen ja andere.

Nun wenden sich ja auch Stimmen aus den Wirtschaftsredaktionen gegen die Pläne, aus der EU einen Selbstbedienungsladen für Großversagerbanken zu machen und postulieren wie das Handelsblatt, das Bankenrettung keine EU-Aufgabe werden sollte, sondern eine nationale Aufgabe. Das wäre auch genau meine Meinung – und aus gegebenem Anlass möchte ich auch darauf hinweisen, das es für Pleitebanken schon ein Rettungsprogramm gibt:

Hartz IV. 

Man müsste auch den Lebensstandard nicht ganz so weit herunterschrauben, immerhin stellt der Staat jenen, die er nicht zum Geburtstagsessen ins Kanzleramt einlädt, 7,16 Euro für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen zur Verfügung. Spart der Pleitebanker diesen Betrag über siebeneinhalb Jahre an, so kann er sich eine Übernachtung (ohne Frühstück)  samt Abendessen (ohne Wein) im oben genannten Luxustempel leisten und sich nochmal einen Abend lang wir Gott persönlich fühlen.

Ich habe aber Grund zur Annahme, das dieser Vorschlag nicht angenommen werden wird, stattdessen wird es Lösungen geben, die kostenintensiv für den Bürger aber risikofrei für den Leistungsträger sind: Adel verpflichtet, das kennt man ja – der neue Finanzadel macht da keine Ausnahmen.

Was auf uns Bürger wartet, erläutert uns das Managermagazin in zwei Artikeln.

Steigt Deutschland aus dem Euro aus (oder zerbricht die ganze Union am Boni-Durst der Bankmanager), kriegen wir Zustände, die beängstigend sind:

Der Berliner Ökonom Michael Burda erklärte in der „Welt am Sonntag“ sogar, das würde „den deutschen Mittelstand mit einem Schlag auslöschen“.

Also brauchen wir die Fiskalunion, sonst droht dem Mittelstand die Auslöschung. Kriegen wir jedoch die Fiskalunion, sieht es nicht besser aus:

Kritiker dagegen befürchten, Deutschland könne bei einem solchen Vorhaben nur verlieren. Beispielsweise würde die bundesdeutsche Spitzenbonität am internationalen Finanzmarkt verwässert, das Rating gerate in Gefahr, die Zinslast im Bundesetat drohe zu steigen. „Wenn die Politiker an ihrem Plan A festhalten, steht am Ende dieses Wegs eine Transferunion, in der jedes Land für die Schulden aller Länder verantwortlich ist“, sagte etwa Ex-BDI-Chef Hans-Olaf Henkel dem manager magazin. „Wohin ein solches System führt, wissen wir aus dem deutschen Länderfinanzausgleich: zu organisierter Verantwortungslosigkeit.“ Die Wettbewerbsfähigkeit der ganzen Euro-Zone würde leiden, glaubt Henkel. „Der Wohlstand würde abnehmen, dafür wäre er dann innerhalb der Euro-Zone umverteilt.“

Das heißt … wir haben die Wahl zwischen einer schnellen Vernichtung des deutschen Mittelstands oder seinem langsamen Ausbluten.

Wird es nun verständlich, warum ich an dem Kannibalenartikel hängen geblieben bin?

Wird es verständlich, warum ich zur Sprachlosigkeit neige?

 

 

 

 



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