Wirtschaft

Ordensburg Vogelsang … eine Investorenfalle?

Von hier aus gelangen Sie auf die Autorenseite von und koennen alle kommenen Artikel mit "Link speichern unter" abonieren.

Es interessiert ja normalerweise mehr die große Politik. Sowas haben wir in der Eifel kaum. Hier liegen noch ein paar amerikanische Atombomben herum, einige Bomber starten von hier aus zu Mordaufträgen in alle Welt, manche stürzen auch einfach ab und erschrecken die Kühe, aber sonst geschieht hier nichts von Bedeutung. Dann jedoch … kam ein bedeutsames Bauwerk in die Hände eifriger Geschäftemacher: die alte NS-Burg Vogelsang wurde den Deutschen von den Belgiern überlassen, die sie bislang infolge der Nachkriegsvereinbarungen als Truppenübungsplatz verwaltet hatten. Schnell war die Idee eines Nationalparks geboren, denn dort, wo Panzer rollen und Granaten einschlagen hat die Natur seltsamerweise mehr Ruhe als in jenen Gebieten, die von Walkern und Mountainbikern heimgesucht werden.

Soweit … war alles gut. Doch dann entdeckten clevere Menschen … die IMMOBILIE. Anstatt den Ort so zu lassen, wie er geschichtlich gewachsen war, plant man nun den ganz großen Wurf … wohl auch auf Kosten des Steuerzahlers. Viele werden daran verdienen. Als Presseerklärung (als PDF-Datei unter „Neue Dynamik für Vogelsang“ – Ergebnis eines Spitzengespräches) hört sich das dann so an:

Manfred Poth, Aufsichtsratsvorsitzender der SEV freut sich „Wir wer-den in der Standortentwicklungsgesellschaft 

die Möglichkeiten einer Marktoffensive zur Hotelansiedlung vorbereiten. Ich freue mich sehr über die Bereitschaft des Landes 

sowie der BImA zur Unterstützung dieses Weges.“ In weiteren Gesprächen mit den Projektentwicklern Ernst & Neuberger Consult sollen 

die nächsten Schritte konkretisiert werden.

Eine „Marktoffensive“ zur Hotelansiedlung. Wie schon erwähnt … Hotels haben wir hier genug. Sie laufen so schlecht, das sogar etablierte Traditionshäuser schließen. Einfach mal den ortsansässigen  Makler fragen oder durch die umliegenden Dörfer wandern: Leerstand gibt es genug, manche überleben – so will es das Gerücht – nur mit Hilfe der Gemeinden. Das stört natürlich nicht die Leute, die an der Vermarktung der Immobilie Geld verdienen wollen. Das ein Nationalpark alles andere als ein Luxushotel braucht, während rundherum die Hotelwirtschaft schon über einen Mangel an Übernachtungsgästen klagt, interessiert erstmal keinen jener Leute, die sich an den Projekten eine goldene Nase verdienen wollen.

Schaut man sich nun die „Projektentwickler“ an, so wird es erst recht unheimlich. Die planen ein Handwerkszentrum, die planen die Neugestaltung der Innenstadt in Kall, die planen ein Krimihotel, die planen die Umgestaltung einer ehemaligen Glashütte … doch findet man so recht nichts, wo die Planung mal aus der Planungsphase herausgekommen ist.  Wovon die leben, wenn aus dem Verkauf des NS-Geländes nichts wird, bleibt fraglich – wieso es keine deutliche herausgestellten Referenzen gibt, ebenfalls. Vielleicht … ein Zeichen von Bescheidenheit?

Zwei Millionen Besucher im Jahr hat allein die Altstadt von Monschau … aber die übernachten nicht. Wer übernachtet, das sind die Wanderer, die Naturfreunde … doch die brauchen kein Luxushotel auf historischem Grund, für das die alte belgische Kaserne abgerissen werden soll. Sicher fahren manche der Monschautouristen auch mal zur Ordensburg – liegt ja auf dem Weg zu Autobahn – doch warum man dort übernachten sollte, bleibt fraglich, zumal mit dem Hotel Seemöve oder dem Hotel Eifelgold Rooding auch für höhere Ansprüche Objekte in fußläufiger Entfernung zur Ordensburg vorhanden sind.

Welchen Sinn es nun machen soll, zusätzlichen Verkehr in den Nationalpark zu lotsen, der an dem historischen Ort selbst und dem Nationalpark als solchen kein Interesse hat, erschließt sich dem Laien erstmal nicht.

Nun gibt es natürlich nicht nur die Presseerklärungen der Investorenjäger, sondern auch die Presseerklärungen der Gegner, die noch wenige sind, weil … nun, die Ordensburg Vogelsang weit ab von allen Möglichkeiten der Mobilisierung von Widerstand ist. Umso bewundernswerte das Engagement Einzelner, die es wagen, sich mit einem ganzen System von Investitionsgewinnlern entgegen zu stellen. Da die ortsansässige Presse sehr zurückhaltend (also: gar nicht) berichtet, möchte ich mir die Freiheit nehmen, die Presseerklärung hier zu veröffentlichen:

Sven Kraatz

Wolfsstraße 23

53937 Schleiden
www.Natur-Geschichte.de

-Betrug oder bewußte Täuschung auf der ehem. Ordensburg Vogelsang???

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit einigen Tagen wird in den hiesigen Printmedien die Meldung kolportiert, dass auf der ehem. Ordensburg Vogelsang der 1millionste Besucher empfangen wurde.

Das würde bedeuten das seit Öffnung des Geländes im Durchschnitt jeden Tag 500 Besucher die Anlage betreten.

Diese Zahlen entsprechen keineswegs der Realität sondern sind frei erfunden bzw. geschönt wurden.

Ich habe selbst auf dem Gelände gearbeitet und kann daher bestätigen, dass in den Wintermonaten an Wochentagen keine 20 Besucher den Weg nach Vogelsang gefunden haben.

Die Durchschnittszahl von 500 Besuchern wird meiner Meinung nach höchstens bei gutem Wetter im Sommer am Wochenende erreicht.

Um die schlechten Besucherzahlen im Winter auszugleichen müßte Vogelsang laut meinen Berechnungen im Durchschnitt jeden Tag ca. 800 – 900 Besucher zählen.

Ich glaube das dieses logistisch und organisatorisch z. Z.nicht möglich ist.
Die sanitären Einrichtungen für Besucher und auch die Gastronomie würden diesen Ansturm logistisch nicht gewachsen sein.

Warum werden aber gerade jetzt die Besucherzahlen geschönt und mit viel Tam Tam der angeblich millionste Besucher gezählt.

Meiner Meinung nach steckt Kalkül hinter dieser Aktion. Der Protest gegen den geplanten Hotelneubau formiert sich immer stärker, so dass mögliche Investoren mit übertriebenen Besucherzahlen nach Vogelsang gelockt werden sollen.
Das dieser Hotelneubau für die Region eine Katastrophe und für das Gelände als Lernort ebenfalls nicht geeignet erscheint interessiert die Verantwortlichen überhaupt nicht.

Im Gegenteil man versucht durch Hausverbote Meinungen von „Anders Denkenden“ zu unterdrücken und diesem demokratischen Lernort diktatorische Züge zu geben.

Dieses steht konträr zur eigenen Präambel und Leitbild. In diesem heißt es unter anderem:

„Offenheit: Vogelsang versteht sich als ein gastfreundlicher Ort, ein Ort der Toleranz und Offenheit für Menschen aus der Region und aus allen Kulturen der Welt.“

„Verantwortung:Vogelsang ist ein Ort bewusst getragener, sozialer Verantwortung.Das hier praktizierte Handeln ist geschichtsverantwortlich,nationalparkverträglich und denkmalgerecht.“

Diese genannten Dinge sind zur Zeit das Papier nicht Wert, wo sie nieder geschrieben sind.

Zur Zeit läuft eine Anzeige gegen mich, wegen des bewußt mehrfachen Verstoßes gegen das ausgesprochene Hausverbot.
Mal schauen was die Staatsanwalt Aachen in der heutigen Zeit damit macht.

Ich persönlich bin der Meinung, dass man sich heute von solchen Dingen seine freie Meinungsäußerung nicht verbieten lassen soll.
Vor 70 Jahren sind Menschen ermordet und gefoltert wurden, damit wir heute diese Rechte auch wahrnehmen und uns nicht von profilierungssüchtigen Menschen einschüchtern lassen.

Dieses Schreiben versende ich an alle bekannten Medien, in der Hoffnung das dieser Standort dadurch geschützt und nicht Spekulanten überlassen wird.

Sven Kraatz
kritischer und freier Referent auf Vogelsang
Wander und Naturführer im NP Eifel sowie im Hohen Venn
www.Natur-Geschichte.de 

Und schon stecken wir mitten drin in der großen Politik. Hausverbot wegen Kritik am Hotelneubau? Ich bin selbst gelegentlich Gast der Ordensburg … und geniesse die Ruhe und Stillen, auch im Sommer. 500 Gäste am Tag? Vielleicht wenn die NSDAP-Freundesorganisationen mal wieder eine Führung zu Führers Zuchtburg organisiert haben und dort von nie dagewesener Größe und Herrlichkeit träumen, aber sonst … würde er Ort nur durch ein Hotel nicht attraktiver. Es schadet auch nicht, das man neben den Naturfreunden keine Gäste dort hat – es ist immerhin ein Nationalpark.

An dem Aussenparkplatz der Ordensburg fahre ich regelmässig vorbei. Da passen vielleicht fünfzig Autos drauf … und meistens ist er völlig leer. Insofern … teile ich die Meinung des Herrn Kraatz: wer dort 500 Besucher am Tag zählt, steht an der Hauptstraße und notiert die Durchreisenden mit.

Ich empfehle, einfach mal den Test zu machen und – mit Block und Stift bewaffnet am Eingangswerk zu stehen und für jeden Besucher einen Strich zu machen. Im Winter reicht dann eine Visitenkarte.

 



Die letzten 100 Artikel