Ich muß ja mal Hurra sagen. „Hurra, wir sind gerettet!“, sozusagen. In einem atemberaubenden Politkrimi dürsteten wir nach den erlösenden Worten aus den USA: Staatsbankrott ist abgewendet! Kaum waren diese Worte da, brach der Dax ein und die Wirtschaft damit zusammen. Seltsam, oder? Wir waren doch gerettet, wir wollten jetzt sehen, das der Dax die Rakete und uns alle reich macht – stattdessen tut er so, als gäbe es keine Rettung, keine Hoffnung und keine Erlösung, obwohl doch unsere Automobilkonzerne über neue Rekordumsätze jubeln und den bösen Banken Massenentlassungen bevorstehen, so dass in Zukunft noch viel weniger Investmentbanker als zuvor eigentlich wissen, was sie da alles verkaufen.
Wer weiter denkt, hat natürlich weniger Fragen: ein Supersparprogramm der USA führt natürlich zu einem Supereinschnitt im Verbrauch: ein Desaster nach Ansicht führender Wirtschaftsexperten, folgerichtig verdunkeln sich die Konjunkturaussichten der USA – insgesamt eine Entwicklung, in der sich Don Putin vom russischen Zarenhof traut, den Amerikanern mal so richtig seine Meinung zu sagen: „Finanzparasiten“ sollen sie sein – und irgendwie fällt es einem schwer, ihm zu widersprechen, berücksichtigt man, das der augenblickliche Crash noch die „bessere“ Lösung darstellen soll.
Das eigentliche Problem rollte währenddessen weiter unaufhaltsam durch die Welt: die massiv wachsende Verschuldung der „Industriestaaten“, womit Staaten gemeint sind, die ihre Industrien kostengünstig mit hohen Subventionen ins Ausland verschickt haben um hierzulande die Mitarbeiter vom Arbeitsamt weiterfinanzieren zu lassen: eine Asozialität auf Staatskosten ohne Gleichen – aber gleichzeitig auch ein „alternativloser Sachzwang“. Solche Zwänge haben unsere Politiker gerne, da kann man immer sagen: „Wir haben es nicht gewollt, wir waren gezwungen!“ während man sich gleichzeitig unanständig die Taschen vollstopft.
Die Reichtumsuhr wird wohl auch in Deutschland ungeahnte Höhen erreichen, bevor jeder merkt, das die Industriestaaten zu Industriebrachen mit angeschlossenem Wettbüro geworden sind. Dieses Wettbüro plündert aktuell die Rücklagen von Italien und Spanien – alternativloser Sachzwang, wohlgemerkt – und die Deutsche Bank zeigt mal wieder ihre Loyalität zu ihren Gastländern, in dem sie die Plünderungen durch massiven Verkauf von Anleihen so richtig in Fahrt bringt.
Was folgt, ist klar: es wird gespart, bis auch bei uns alle nicht ausbeutungsfähigen Bürger (kurz: NAB´s, also jene, aus denen nichts mehr ´rauszuholen ist und jene, die keinen haben, aus dem sie gerade was herausholen können) bei klarer Gemüsebrühe im Armutsauffangzeltlager vor der Großstadt gelandet sind. Da wir so gut wie alles nachahmen, was hinterm „großen Teich“ geschieht, werden wahrscheinlich auch bei uns die Notstandsverwalter die Regierungsgewalt in den Gemeinden übernehmen … und wahrscheinlich danach in den Kreisen, Ländern und im Staatenbund.
Das mag eine Chance für den Frieden sein: die Bombadierung afghanischer Polizeistationen durch die Nato dürfte dann nicht mehr finanzierbar sein, vielleicht erreichen dann die zivilen Toten des Irak-Abenteuers auch nicht mehr immer neuer Höchststände, weil die US-Soldaten bettelnd am Straßenrand herumlungern.
Das, was wir Demokratie nennen, dürfte dann ebenfalls als „zu teuer“ auf dem Scheiterhaufen der Notstandsverwaltungen landen, gleich neben anderen luxuriösen Ausdünstungen des nimmersatten Bürgergeistes wie Menschenrechte, unabhängige Gerichte oder Staaten an sich.
Das hat vielleicht auch etwas Gutes, den in einer Welt, in der Staaten steigender Bedrohung durch Radioaktivität durch drastische Anhebung von zulässigen Grenzwerten begegnen wird der Staat selbst sowie zur Marketingabteilung der Stromkonzerne.
Alles alternativloser Sachzwang.
Von dem gleichen alternativlosen Sachzwang lies sich auch der Attentäter aus Norwegen leiden – das verstehen Politiker, weshalb sie ihn auch nicht für geisteskrank halten.
Wunderts, das da im Herbst neue Euroturbulenzen bevorstehen, die von unseren Politikern selbstverständlich wieder mit den handelsüblichen Rettungspaketen beruhigt werden müssen, Turbulenzen, die von den Banken so kalt uns skrupellos gefördert werden wie Massenmörder ihre Bomben platzen lassen. Auch hier werden wir mit massiven Grenzwerterhöhungen zu rechnen haben, bis die Kernschmelze nicht mehr zu verbergen ist. Dafür ist der Staat immerhin da: um den von Finanzkonzernen ausgestalteten Sachzwang alternativlos durchzusetzen.
Früher nannte man so etwas: Büttel. Man muß nur „Richter“ durch „Banker“ ersetzen und der Begriff funktioniert auch noch heute:
Sie üben einfache Tätigkeiten aus, wie das Zureichen von Gerichtsakten, das Aufhalten der Türen beim Eintreten der Richter in den Gerichtssaal, das Zurechtrücken der Stühle für Richter, Botengänge und ähnliches.
Wann wir endlich offiziell zur Büttelrepublik mit Büttelkanzlerin und Bütteltag werden, kann ich nicht sagen.
Ich kann nur vermuten, das es sich um einen alternativlosen Sachzwang im Rahmen des Finanznotstandes handeln wird.