Politik

Norwegen, die Attentate und die westliche Heuchelei: Breivik ist kein Einzeltäter!

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Für uns zivilisierte Westeuropäer ist die Schreckenstat von Norwegen nahezu unverständlich – jedenfalls vermute ich das, wenn ich die mediale Entsetztheit wahrnehme, die sich täglich weiter ausbreitet.  Nicht, das Entsetztheit an und für sich etwas Schlechtes wäre … aber sie tritt halt in Deutschland und der westlichen Zivilisation nur in ganz bestimmten Momenten auf.  Die Hungerkatastrophe in Afrika (eine von vielen) hat jetzt nicht dazu geführt, das wir in Schweigeminuten unsere Betroffenheit vorführen. Was ist mit den Irakern? Eine Million sind einem Angriffskrieg der USA und ihrer Verbündeten zum Opfer gefallen … wo sind die Kerzen, wo die Betroffenheit? Was ist mit Afghanistan? Da sterben noch jeden Tag Menschen – zum Teil auch durch unsere Soldaten? Gab es nach Kunduz Kerzen? Libyen – ein weiteres aktuelles Beispiel … Kerzen? Wo sind die Psychologen, die sich Gedanken über die Psyche der Killer machen … und über die Psyche der Entscheider?

„Menschen töten keine Menschen“ – erläutert mir heute ein Psychologe in der Welt.  Es läge angeblich nicht in ihrer „Natur“.

Man wird mir nun entgegenhalten: „Moment, das eine ist ja eine Naturkatastrophe, das andere sind Kriege – das ist ja etwas ganz anderes.“

Ja, das erzählt man uns seit vielen Jahrhunderten, aber es gab mal eine Zeit, da durfte man offen aussprechen, was wahr ist: „Soldaten sind Mörder.“ Es liegt nämlich nicht in der Natur des Menschen, Menschen zu töten … und deshalb ändert die juristische Definition „Krieg“ nichts an der Tatsache, das es der menschlichen Natur widerspricht, so zu handeln. Wir hatten ja in Europa inzwischen auch eine lange Zeit des Friedens erlebt – ganz anders als in früheren Jahren. Was war der Unterschied zu früher? Wir haben gelernt, das „Frieden“ nicht vom Himmel fällt, das es Menschen gibt – ja, sogar ganze Parteien und gesellschaftliche Gruppen – die Krieg direkt anstreben.

Warum? Warum sollten Menschen, denen das Töten nicht im Blute liegt, so etwas anstreben?

Nun, zum einen gibt es eine Kaste, die nicht ausgestorben ist, aber die Kunst des Menschentötens über Jahrhunderte als Sport gepflegt hat: den Adel. Aus seinen Kreisen kommen die ersten, wenn „zu den Waffen gerufen wird“.

Dann gibt es jene, die durch Krieg gut verdienen: die Wirtschaft. Da gibt es einige interessante Positionen in den Versorgungsketten (je weiter hinten, umso spannender), die risikofreie Vermögen versprechen.

Und es gibt natürlich jene, die „unnormal“ sind, jene Minderheit, die gerne mal Menschenleben auslöscht. Aus ihnen kann man gute Soldaten machen – und hat man von ihnen zu wenig, so kann man es den anderen andressieren.

Weil wir das wissen und aus der Zeit von 1933 – 1945 viel gelernt haben (wenigstens dazu war sie gut), haben wir darauf geachtet, das die Rahmenbedingungen in Europa – das „Klima“ sozusagen – das Heranwachsen von Mördern nicht fördert. Wir nannten das „soziale Marktwirtschaft“. Seitdem wir anfangen, darauf zu verzichten, bekommen wir ein Problem mit Amokläufern.

Kommen wir nun nach Norwegen, zu jenem Attentat, das uns so sehr entsetzt, weil ein Einzeltäter fast die Regierung eleminiert und ein Jugendcamp ausgelöscht hat.

Tun wir mal so, als wäre es ein Einzeltäter – eine Sicht, die mir überhaupt nicht behagt, weil … der Mensch, der nicht dazu neigt, Menschen zu töten, ein gewisses Klima braucht, in dem seine Mordneigungen wachsen können. Dieses Klima wird aber seit einigen Jahren bewußt und gezielt gezüchtet – auch in Deutschland. Seitdem haben wir auch ein Problem mit Amokläufen … aber das verdrängen wir gern.

Wer das Klima sät?

Nun – in Deutschland all jene, die die Werte der alten Bundesrepublik nicht in sich tragen. Man kann sie leicht erkennen – meist sind es Juristen, die erstmal prüfen lassen, ob man nicht irgendwie durch raffinierte Tricks um diese Werte herumkommen kann – geht es nicht, wird das Grundgesetz gerne auch mal umgeschrieben. Es sind aber auch jene, die einfach mal so Bomben auf Serbien werfen, Arbeitslose verhungern lassen (natürlich nur, wenn die nicht gehorchen!), in Afghanistan einmarschieren oder jedwede andere Form von Ungerechtigkeit betreiben und so dem Volk vorleben: „Ungerecht sein ist ok, solange nur genug Gewinn übrig bleibt!“. Da pflegt man Freundschaften zu Vermögensabschneidern, nimmt Jobs von Konzernen an oder verpflichtet sich ihnen gegenüber durch „Ehrenwort“ zum Stillschweigen, macht ein bischen Stimmung gegen Ausländer

Wenn dies vorgelebt wird … so darf man sich über die Folgen nicht wundern. Man kann nicht einen Sarrazin zu jeder Talkshow einladen und medial auch sonst künstlich aufblasen, den Hass auf den bösen Türken an jeder Straßenecke fördern, gleichzeitig aber groß über „zu wenig Einwanderung“ klagen und dann glauben, das das gut geht.  Dort, wo von oben Hass gepredigt und von Massenmedien in breiter Front vorgetragen wird, wird es irgendwann eine Entladung der Ängste geben – auch in Form von Gewalt.

Ist er ein Einzeltäter?

Nein. Einmal abgesehen von den Zeugenberichten … hat er zuvor für seine Gesinnung eine breite Unterstützung in den Medien gefunden: die gesamte Islamhasserei ist mit Schuld an solchen Taten, ebenso jene, die die Ausübung tödlicher Gewalt gegen Menschen verniedlichen, jene, die Kriege für ein normales politisches Instrument halten und das in der Öffentlichkeit so verkaufen und jene, die menschliches Leben als … unterschiedlich wertvoll darstellen.

Dort, wo der Arbeitslose, der Kranke, der Behinderte, der Alte, der Arme, der Ausländer oder der Dumme als weniger Wert betrachtet wird als der heilige Leistungsträger, muss man sich nicht wundern, wenn Obdachlose im Park mal mit Benzin überschüttet und verbrannt werden: es gibt da einen direkten Zusammenhang zwischen menschlicher Bestialität und der Förderung von Werten in der Kultur, in der sie leben.

Was unterscheidet seinen persönlichen „Krieg“ eigentlich von einem „richtigen Krieg“ … unseren „richtigen“ Kriegen, die wir immer häufiger zu führen pflegen?

Im richtigen Krieg tötet man geplant und überlegt.

Das hat er getan.

Im richtigen Krieg bereitet man sich gründlich vor.

Das hat er getan.

Im richtigen Krieg tötet man keine Unschuldigen.

Das hat er auch nicht getan … in seinem Weltbild waren die alle schuldig.

Im richtigen Krieg trägt man eine Uniform

Das hat er getan.

Im richtigen Krieg schickt man vorher eine Kriegserklärung.

Das hat er getan.

Im richtigen Krieg gehen die Befehlshaber kein persönliches Risiko ein.

Das allerdings … ging er ein. Warum die Polizei ihn nicht erschossen hat, ist mir jetzt noch ein Rätsel. Warum sein „Manifest“ eine solche Verbreitung findet, ebenfalls. Es war doch sein Wunsch, das seine Form von „Mein Kampf“ durch seine Tat Beachtung findet … und wessen Wunsch war es, den Täter und Polizistenmörder lebend zu fassen? War da vielleicht … der Wunsch eines Förderers im Spiel? Möchte man nicht die Option auf einen zukünftigen Helden verspielen?

Auf keinen Fall war Anders B. Breivik ein Einzeltäter. Er war ausführendes Organ der Stammtischprediger,  Hassblogger und Leitartikelschreiber, deren beständiges Predigen gegen Arbeitslose, Zigeuner, Juden, Türken und Moslems ja nur ein Ziel hat: das es denen „mal jemand richtig zeigt!“

Das hat er dann einfach mal getan … und sich auch ganz bewusst als ein solches ausführendes Organ verstanden.

Die Frage ist, ob gewissen Paralellen in Worten und Phantasiebildern den Verdacht erhärten können, das hier ein Wahnsinniger gezielt instrumentalisiert worden ist … und wozu eine solche Tat denn überhaupt dienlich sein sollte.

Nun, die Frage nach „cui bono“ – wem würde es nützen – kann man nicht stellen, wenn man es mit wahnhaften Menschen zu tun hat, die Erlöser züchten wollen. Darum weise ich immer gerne mal darauf hin, das das Denken dieser Menschen nicht immer den Vorstellungen der Aufklärung folgt (und in Wirtschaft und Naturwissenschaft direkt in einer erzkatholische Götzenanbeterei samt Priesterschaft mündete) und sich auch nicht immer mit westlichen Wertvorstellungen deckt.

Manche wollen einfach nur Opfer bringen, weil ihr religiöses System das so verlangt.

Andere finden es cool, wenn sie jemanden dazu motivieren können, dafür zu sorgen, das einfach mal so ein paar dreckige Linke und Nigger ins Gras beißen.

Wieder andere finden es ziemlich geil, Napalm auf Kinder zu werfen … oder Luftminen zu erfinden, die nach Kinderspielzeug aussehen.

Ich bin mir sicher, das es schon jetzt Stammtische gibt, die den norwegischen Massenmörder feiern. Insgeheim, verstohlen, verborgen … aber voller Zufriedenheit, weil „der“ es „denen“ mal „richtig gezeigt hat“ – so wie ein Hitler es „denen“ „auch mal richtig gezeigt hat“.

Das ist krank, wahnhaft, verrückt … aber dadurch nicht irreal und es gibt konkrete Kreise, die das auch fördern – in unterschiedlichem Ausmass, manche nur mit Geld, manche nur mit Worten, andere … mit mehr.  Wir verdrängen das gerne, wie wir auch die Tatsache der eigenen Sterblichkeit verdrängen – wohl der Hauptgrund dafür, das der erschossene Europäer im Nachbarland für soviel mehr Entsetzen sorgt als der erschossene Afghane. Es erinnert uns daran, das auch wir sterben werden – und das uns dieses Attentat in unserem Verdrängen stört, macht uns noch wütender.

Wir verdrängen die beständig fortschreitende Verrohung unserer Kultur.

Wir verdrängen den beständigen Verfall westlicher Werte.

Wir verdrängen die Folgen des gezielten Schaffens neuer „Untermenschen“.

Und jetzt hat jemand dafür gesorgt, das wir im Gesicht des Attentäters … eigentlich unser eigenes Gesicht erkennen. Fein rasiert, gut angezogen, höflich und nett … kaufen wir doch auch jeden Mist, an dem Kinderblut klebt – wenn nur der Preis stimmt, oder?

Nein, Anders B. Breivik ist kein Einzeltäter. Er ist das voraussagbare Ergebnis einer degnerierenden Kultur.

Und es soll mir keiner klar machen, das damit nicht zu rechnen gewesen wäre.  Die Tagesschau zumindest hätte es wissen können:

Wie andere rechtspopulistische Parteien im Norden hetzen auch die Protagonisten der norwegischen Fortschrittspartei gegen die traditionell liberalen Gesellschaften Skandinaviens, sehen sich in einer Art „Endkampf“ um den vermeintlichen Untergang der abendländischen Kultur. Wer mit solchen Parolen antritt, schafft ein politisches Klima, das im Extremfall auch Menschen wie den mutmaßlichen Attentäter zu ihren Taten antreiben kann.

Sag ich doch. Und im Extremfall kann man auch nach einzelnen wahnhaften Individuen Ausschau halten, die bereit zur Tat sind … und nur noch einen kleinen Schubs brauchen.  Man hält doch nicht umsonst umfangreich Ausschau nach „High Potentials“.

Hat bei Hitler doch auch geklappt.

Und ebenso wie damals … haben heute alle von allem nichts gewusst – mal abgesehen von der Tagesschau.

 

 

 

 



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