Wirtschaft

Massenarmut und Hungersnot in Europa durch Finanzprodukte

Von hier aus gelangen Sie auf die Autorenseite von und koennen alle kommenen Artikel mit "Link speichern unter" abonieren.

Wir werden uns wohl auf Blut einstellen müssen. Blut, Gedärme, Körperteile, die auf der Straße herumliegen – all diese Dinge halt, die zu einem richtig ordentlichen Krieg gehören. Ebenso werden wir uns an die Bilder verhungerter Kinder auf den Straßen gewöhnen müssen – 2020 werden die Straßen in Duisburg den Aufnahmen aus Ostafrika ähneln. Dort sorgt eine Dürre für die Armut – hier sind es Verbrecher. Wie bitte? Das soll zu schwarz gemalt sein? Dann lest doch bitte mal den aktuellen Spiegelartikel aus Griechenland. Manfred Ertel berichtet unter der Rubrik „Wirtschaftskrise“ über die Zustände in Athen:

Die Zahl der Arbeitslosen stieg 2010 um 230.000 auf 14,8 Prozent, und Arbeitslosigkeit ist fast gleichbedeutend mit sozialem Bankrott. Wer seinen Job verliert, bekommt nur ein Jahr lang Arbeitslosenunterstützung – und das sind nicht einmal 500 Euro monatlich. Danach fällt man praktisch ins Nichts. Von derzeit über 800.000 Arbeitslosen haben nach amtlichen Angaben nur rund 280.000 Anspruch auf staatliche Hilfen. Das bedeutet einen dramatischen Anstieg der Obdachlosigkeit, in der Hauptstadt um bis zu 25 Prozent.

Rentner, Arbeitslose, Mütter mit Kindern … es gibt auch ein paar Bilder dazu, Mutter mit Kind bettelt bei Mercedesfahrer um ein paar Cent. Kennt man ja, solche Bilder – aus dem Indien der siebziger Jahre.

Ja, es gibt noch Wirtschaftskrise. Hört man kaum noch was drüber, oder? Wir werden zugeschüttet mit Informationen über die faulen Griechen (in etwa so faul wie unsere Arbeitslosen) und unsere „supererfolgreiche“ Wirtschaft (die mehr als das vierfache des Hartz-Budgets für Subventionen an Firmen ausgibt, die dann keine Steuern zahlen), aber darüber das aktuell immer noch Wirtschaftskrise ist, spricht keiner.

Bis zu vierzig Milliarden Euro schuldet die kleine griechische Oberschicht nach einer von Ertel genannten Studie der OECD dem Volk. Die sind da wie die deutschen Reichen, die dem Staat mehr Geld stehlen, als Hartz IV  kostet. Und weil das so ist, wird es irgendwann eng im Magen der Alten, Kranken, Behinderten und der Kinder. Solche Krebsgeschwüre hält auf Dauer keine gesunde Volkswirtschaft aus – wobei ich hier nicht die Menschen als Krebsgeschwüre verstanden wissen möchte, sondern … ihre Konten.

Eine andere Meinung hat wohl Ulf Poschardt, der aktuell den Untergang des westlichen Abendlandes in der Welt  herbeipredigt:

Und auf der anderen Seite eine liberale Dekonstruktion der spendablen, aber bettelarmen europäischen Staaten, denn eine Solidarität, welche die Schwächen der Schwachen stabilisiert, ist Gift. Sie zerstört nachhaltig, anstatt zu helfen.

„Die Schwächen der Schwachen stabilisieren“ … heist auf Deutsch: Armen auch noch Essen geben. Wenn die nämlich einfach verhungern … dann ist das Problem doch gelöst. Die sind dann tot und betteln nicht mehr anständige Leistungsträger im öffentlichen Verkehrsraum um ein paar Cent für die Versorgung ihrer Blagen an, oder?

Ich möchte mir auch nichts dabei denken, das das gleiche Medium sich noch Sorgen darum macht, wie man denn sein Geld aus der Eurokrise retten könnte. Dort erlaubt man sich jenseits des politischen Kalküls schon weiter zu schauen und hat das Ende des Euro fest im Blick. Schaut man noch etwas weiter, hat man deutsche Mütter, die am Straßenrand stehen und Investmentbanker um ein paar Cent für Brotreste anflehen.

Ich war dann mal bei Goldman Sachs, einer Bank, die Griechenland über einen langen Zeitraum geholfen hat, die Misere der Staatsfinanzen zu verschleiern. Diese Beihilfe zum Betrug hatte natürlich keine Folgen. Bevor man die Internetseite von Goldman Sachs betreten darf, muss man erstmal versichern, das man Deutscher oder Österreicher ist, US-Bürger dürfen diese Produkte nicht kaufen. Vielleicht hat man Angst vor schießwütigen Texanern.

39000 Produktinformationsblätter kann ich dann studieren – damit hat die Bank viel mehr Produkte als Mitarbeiter. Bei 27900 Mitarbeitern hat jeder Mitarbeiter 1,4 GANZ EIGENE FINANZPRODUKTE!  Wetten, das da keiner mehr wirklich durchblickt, was die da verkaufen? Aktuell habe ich da aber ein Angebot, das mich stutzig machte: man wettet auf Armut. Die Goldman Sachs Inflationsanleihe ist der momentane Renner unter den 39ooo Produkten – je größer die Inflation, desto größer der Gewinn … und natürlich die Armut der Bürger. Inflation von Geld ist immer auch Inflation von Suppenküchen.

Der kurze Blick auf die Finanzsituation hilft uns, etwas Wichtiges zu verstehen: warum in Griechenland immer mehr Menschen hungern und obdachlos werden. Das ist – wie schon erwähnt – kein Naturgesetz, sondern politisch gewollt – wir kennen nur die „Entscheider“ nicht, uns werden lediglich die ausführenden Organe zur Wahl angeboten.

Die Welt ist nicht arm, sie ist reich. 12 Milliarden Menschen kann sie ernähren. Niemand müsste Hunger leiden … wenn man mit eiserner Entschlossenheit die Verteilung des Essens regeln möchte. Manche möchten das gerne, weil ihnen der Anblick verhungerter Kinder ein Gräuel ist. Andere aber … finden die Bilder geil. Das tröstet sie über ihre eigene charakterliche Erbärmlichkeit hinweg und gibt ihnen ein Gefühl von „Gott sein“.

Fünfzig Prozent aller Lebensmittel werden momentan einfach fortgeworfen. Wir sind sehr reich, das wir uns so etwas leisten können. Lebensmittel sind die allerwichtigsten Güter, die wir haben – und sie wachsen einfach so. Völlig umsonst. Jahrtausendelang konnte die Menschheit einfach so durch die Gegend laufen und sich von dem ernähren, was am Wegesrand wuchs. Mussten sie auch, ALDI und WALMART waren noch nicht erfunden.

Dann … kamen die Zäune.

Selbst die waren noch zu tolerieren, denn anstelle der Freiheit kam das Geld. Findige Farmer konnten durch Rodung der Wälder gezielten Anbau betreiben, hatten aber ein gewisses Interesse daran, das die Felder nicht sofort geplündert wurden. Da alle daran einen Gewinn hatten, konnte man mit dieser Privatisierung (auf Deutsch: Beraubung) gut leben. Alle bekamen Geld, damit die Überflusswaren getauscht werden konnten und man einen jährlich wachsenden Wohlstand hatte.

Die Zeiten sind lange vorbei, denn dann …. kam Goldman Sachs und fing an, das Tauschmittel aus dem Markt zu saugen.

Auf einmal war die Armut zurück, man lebte (wie aktuell immer mehr Griechen) hungernd auf der Straße … und erwachte wie aus einem Traum. Die Wälder waren fort, nur noch Nutzholz überall, Beeren und Wurzeln wuchsen nur noch hinter Zäunen und wurden eher weggeschmissen als das man sie zu niedrigen Preisen den Armen gab, 20 Millionen Tonnen allein pro Jahr in Deutschland.

39000 Produkte brauchen ganz viel Geld, um aktiv am Markt Gewinne erzielen zu können – und das ist nur eine Bank. Es gibt ja noch mehr Banken – und wenn die alle mehr Produkte haben als Mitarbeiter, dann ist es kein Wunder, das zum Austausch von Waren kein Geld mehr da ist.

Letztlich stehen wir vor einem Zeitalter der europäischen Massenarmut  – 11 Millionen Deutsche sind laut Armutsbericht der Bundesregierung von 2005 schon dort angekommen, der Rest wird folgen, nur eine kleine reiche Oberschicht wird die Suppenküchen meiden. Währenddessen schauen sie aufgeregt zu, wie unternehmenslustige Investmentbanker mit ihren Produkten und ihrem Geld jonglieren – in der Hoffnung, das am Ende des Spiels alle Reichen mehr als doppelt soviel zuviel haben wie zuvor.

Draussen, vor den Toren dieser verlotterten, dekadenten und degenerierten  Gesellschaft stehen währenddessen die Menschen und hungern, während in den Geschäften das Essen verdirbt, das keiner mehr kaufen kann. Es gibt nicht einen einzigen Grund, anzunehmen, das uns das griechische Schicksal erspart bleibt: im Gegenteil – wir sind voll auf Kurs.

Warum das in einem Krieg enden wird?

Nun … Menschen haben ein natürliches, angeborenes Gefühl für Gerechtigkeit. Und sie müssen essen. Soviel Ungerechtigkeit, wie „Finanzprodukte“ in die Welt gebracht haben, erzeugt einen riesigen Zorn, einen unbändigen Hass auf die, die die Situation angerichtet haben. So etwas entlädt sich gerne mal, wenn die Armut alternativlos geworden ist, vor allem, wenn die Armut künstlich produziert wurde, weil immer mehr Finanzprodukte bedient und immer mehr Banker und Anlageberater auf höchstem Niveau (und völlig nutzlos) durchgefüttert werden mussten, während die Menschen, die die Arbeit gemacht haben, auf der Straße verhungern.

 



Die letzten 100 Artikel