Na, da bin ich heute aber mal wieder auf einen Mythos hereingefallen, einen Mythos, der der Schwächen des Internets aufzeigt … und die Methoden der Ultrarechten, Raum und Einfluss zu gewinnen. Ich hatte ja schon einmal eine unheimliche Begegnung mit Menschen, die jahrtausendealte böse Rassen ausmerzen wollten, die den heroischen deutschen Kampf gegen dieses historische Übel von neuem Aufleben lassen wollten um die Deutschheit unter einem neuen Führer zu neuen Zielen führen wollten und auch schon mal eine kommissarische Reichsregierung etabliert hatten. Nun gut … sie hatten sich exzellent versteckt und verfügten schon über ein funktionierendes Netzwerk. Menschen mit umfassender politischer Bildung hatten sie durchschaut, ich habe die Netzwerke verlassen, die Bedrohungen schadlos überstanden und den Vorfall vergessen – bis heute. Heute lief mir das ultrarechte Gedankengut wieder über den Weg … diesmal aus einer anderen Richtung. Anlaß dazu: die im Internet kursierende Zusammenfassung eines Buches von C.F.Weizsäcker, die aktuell Anlaß zu großer Sorge gibt, weil sich die Prophezeiungen zu erfüllen drohen:
1. Die Arbeitslosenzahlen werden weltweit ungeahnte Dimensionen erreichen.
2. die Löhne werden auf ein noch nie da gewesenes Minimum sinken.
3. Alle Sozialsysteme werden mit dem Bankrott des Staates zusammenbrechen. Rentenzahlungen zuerst. Auslöser ist eine globale Wirtschaftskrise ungeheurer Dimension, die von Spekulanten ausgelöst wird ( !!!!!! Haben wir heute !!!!!! )
4. ca. 20 Jahre nach dem Untergang des Kommunismus, werden in Deutschland wieder Menschen verhungern.
5. Die Gefahr von Bürgerkriegen steigt weltweit dramatisch an.
6. Die herrschende Elite wird gezwungen, zu ihrem eigenen Schutz Privatarmeen zu unterhalten.
7. Um ihre Herrschaft zu sichern werden diese Eliten frühzeitig dentotalen Überwachungsstaat schaffen, eine weltweite Diktatur einführen.
8. Die ergebenen Handlanger dieses Geldadels sind korrupte Politiker.
9. Die Kapitalwelt fördert wie eh und je, einen noch nie dagewesen Nationalismus (Faschismus), als Garant gegen einen eventuell wieder erstarkenden Kommunismus.
10. Zum Zweck der Machterhaltung wird man die Weltbevölkerung auf ein Minimum reduzieren. Dies geschieht mittels künstlich erzeugter Krankheiten. Hierbei werden Bio-Waffen als Seuchen deklariert, aber auch mittels gezielten Hungersnöten und Kriegen. Als Grund dient die Erkenntnis, dass die meisten Menschen ihre eigene Ernährung nicht mehr finanzieren können, jetzt wären die Reichen zu Hilfsmaßnahmen gezwungen, andernfalls entsteht für sie ein riesiges, gefährliches Konfliktpotential.
11. Um Rohstoffbesitz und dem eigenen Machterhalt dienend, werden Großmächte Kriege mit Atomwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen führen.
12. Die Menschheit wird nach dem Niedergang des Kommunismus, das skrupelloseste und menschenverachtende System erleben, wie es die Menschheit noch niemals zuvor erlebt hat, ihr Armageddon.
Das System, welches für diese Verbrechen verantwortliche ist, heißt ‚unkontrollierter Kapitalismus‘.
Man macht es sich leicht mit solchen Prophezeiungen. Das Buch ist vergriffen, einzelne gebrauchte Exemplare kosten über 1000 Euro – da kann man schnell eine Lügengeschichte drumherum stricken.
Es wäre natürlich eine Sensation, wenn der ältere Bruder des Bundespräsidenten vor unserer Realität gewarnt haben sollte – dann wäre Zukunft ja doch nicht unvorhersehbar (aber möglicherweise weiterhin alternativlos). Und allein ein Blick in die heutigen Nachrichten zeigt wieder düstere Wolken am Horizont: die Kaufkraft von Rentnern in Deutschland sinkt beständig, Ratingagenturen ziehen dem Finanzminister die Hosen runter und lassen sein Hilfsprogramm nutzlos in der Gegend herumstehen, während andere Griechenland einfach nur für bankrott halten und die Geldflüsse für verfassungwidrig, gleichzeitig läuft die Kungelei zwischen Politik und Wirtschaft in aller Öffentlichkeit einfach weiter, siehe „Obermanns Damenwahl“ im Handelsblatt.
Der Alltag sieht nicht so aus, als hätte Weizsäcker unrecht – allerdings gibt es Menschen, die behaupten, dieser vielfältig im Internet zitierte Text wäre … einfach nur eine Lüge. Es soll so nicht drin stehen in dem Buch – eine willkürliche Interpretation von irgendwem. Eine Überprüfung der Aussagen wäre … extrem kostspielig, zeitaufwendig und … nahezu sinnlos, denn so bedeutend ist diese Geschichte nicht. Allerdings wollte ich wissen, wo sie herkommt – und wurde zuerst bei Duckhome fündig. Dort wird ein Artikel von Hans Fricke zitiert (einem Autor, dem ich auch in dem Bloggerverbund begegnete, der deutschnationale Töne und Träume von einer neuen Reichsregierung bei sich duldet und sich nichts dabei denkt, wenn Menschen andere Menschen als „Unkraut“ bezeichnen, das sie „mit der Wurzel“ ausreissen wollen, Unkraut, über das man in Deutschland aber unter der momentanen Besatzungsmacht nicht offen reden darf), der sich wiederum auf einen Dr. Dorian und einen Artikel im „Magazin 2000“ beruft.
Dr. C.P.Dorian wiederum findet man außerhalb des Magazins nicht, aber Artikel von ihm werden gerne von Kreisen zitiert, die man im Dunstkreis rechtsextremer Dauerbeweger findet, die eine Bürgerbewegung nach der anderen starten. Das Magazin selbst bedient weitläufig die Phantasien rechter Esoteriker – nicht ohne Grund. Die Verlegerin Ingrid Schlotterbeck war auch Aussenministerin der Kommissarischen Reichsregierung, die selbst in verschiedener Form existiert und nicht ungefährlich sind: so werden auch schon mal Richter, die gegen „Reichsbürger“ Haftbefehle erteilen, mit der „Reichsacht“ belegt und für „vogelfrei“ erklärt.
Man merkt … hier verlässt man den Boden normaler bürgerlicher Vorstellungen und lebt ein Denken, das mitten drin im braunen Sumpf steckt. Nebenbei weist auch die TAZ auf die Nähe der Reichsregierungen zur NPD hin.
Mit Hans Fricke, dem bei Duckhome zitierten Autor, hat man nun jemanden im Boot, den man nicht rechtsextrem nennen kann: laut Amazon einen ehemaligen Grenzschützer der DDR:
Hans Fricke, Jahrgang 1931, Eintritt in die Deutsche Volkspolizei am 16. Oktober 1949, Dienst in Halle, Schwerin und Rostock. Nach Studium an der Höheren Polizeischule Berlin (1955-57) Versetzung zur Deutschen Grenzpolizei. Von 1961 bis 1964 Besuch der Militärakademie »Friedrich Engels« in Dresden. Anschließend, bis 1971, Dienst an der Grenze zur BRD (11. Grenzbrigade in Meiningen), danach tätig an der Offiziersschule der Grenztruppen »Rosa Luxemburg«. 1975 als Oberst aus dem aktiven Dienst ausgeschieden. Bis 1989 Beauftragter des Ministers für Kohle und Energie.
Allerdings ändert das nichts an der Tatsache, das er weiterhin mit der deutschen Volksgewerkschaft verknüpft ist, die sich wiederum im Deutschland in den Grenzen von 1937 zu Hause fühlt … und deren Intiatoren eine Weltsicht predigen, die in diesen Reichsgrenzen zu Hause ist: der Ewige Jude ist wieder da!
Man könnte sich nun zurücklehnen und sagen: gut, das ist eine Demokratie, hier darf jeder ein Zuhause finden – eine Einstellung, die ohne Weiteres richtig ist. Was die Angelegenheit nun bitter werden lässt ist, das jede soziale Bewegung, die mit der braunen Pest in Kontakt kommt, letztendlich verseucht wird – und so nutzen altnationale Deutschtümler die soziale Krise als Trittbrettfahrer um ihre Träume vom Vierten Reich Wirklichkeit werden zu lassen. Durch ihre verlogene und hinterhältige Art ziehen sie viele Menschen in den braunen Sumpf, die ihnen offen nie dorthin folgen würden – vielleicht einer der Gründe, warum man „Anlageberater“ in diesen Kreisen findet: im „über´n-Tisch-ziehen“ sind die sehr geübt.
Für den normalbürgerlichen Widerstand ist die braune Pest ein Gift ohne Gleichen – wollte man gerade noch gegen Globalisierung und Sozialabbau streiten, befindet man sich unverhofft in einem Boot mit Menschen, die in dunkle Vergangenheiten zurückrudern wollen – um selber Diktator anstelle des Diktators zu werden.
Das Ergebnis ist einfach: wer gegen Sozialstaatsabbau ist, gegen Staatsplünderung durch Banken und Superreiche, gegen die Banalisierung der Drangsal in unserem Alltag … der ist letztendlich einfach nur ein arbeitsscheuer Nazi (oder ein arbeitsloser Grenzschützer).
Bedenkt man nun, das jeder siebte NPD-Funktionär für den Verfassungsschutz arbeitet, dann wird die Geschichte noch konfuser … aber gewinnt eine gewissen Logik, denn die so verwendeten Ressourcen dienen vortrefflich dazu, das Widerstand gegen die neoliberale Gesinnung nicht zusammenfinden kann.
Ob das nur Zufall ist?
Insofern verwundert es nicht, das sich gewisse Kreise für die Kritik an der blutigen Zerschlagung der Aufstände im chinesisch besetzten Tibet bei der chinesischen Regierung entschuldigen, eine Solidaritätserklärung mit der Kultur der Exekutionsbusse ist für „aufrechte Demokraten“ unerlässlich, da kann man sich gar nicht mehr bremsen und merkt gar nicht, in welchem Fahrwasser man dort fährt: im Fahrwasser einer Angela Merkel, die in die USA eilt, um sich dort für die Kriegsverweigerung der Bundesregierung zu entschuldigen.
Man fragt sich: ist das nur Dummheit … oder finanziert da der Verfassungsschutz die Destabilisierung von Bürgerbewegungen im Keim, damit die Geschäfte der Kriegsgewinnler nicht gestört werden? Immerhin … China wird für uns immer wichtiger. Vielleicht ganz gut, sich schon frühzeitig mit der neuen Garantiemacht des Neoliberalismus zu verbrüdern … eventuell wird man dann ja doch noch Gauleiter West.
Die angebliche Weizsäckerprophezeiung wird nun weiter durch das Internet sickern – und weiterhin wird sie jedes Jahr wahrer werden, ganz unabhängig davon, ob er das wirklich so gesehen hat oder nicht. Man braucht keinen Bruder eines Altbundespräsidenten, um das zu sehen. Man braucht nur dem aktuellen Bundespräsidenten zuzuhören, der aktuell in der Zeit ein Interview gegeben hat:
Ich habe dort etwas gesagt, was ich heute noch stärker empfinde: dass Parlamente stärker an Entscheidungen teilhaben müssen. Dass heute zu viel in kleinen »Entscheider«-Runden vorgegeben wird, was dann von den Parlamenten abgesegnet werden soll. Darin sehe ich eine Aushöhlung des Parlamentarismus. Damit schwindet die Grundlage für Vertrauen, fehlt die Transparenz und Teilhabe für Bürger und Parlamentarier. Ich erlebe, dass Politikerverdrossenheit heute eine Ausweitung erfährt: nicht mehr nur von Bürgern gegenüber Politikern. Inzwischen sind Politikerinnen und Politiker häufig verdrossen, verdrossen über ihre eigene Tätigkeit und ihre Rolle, die ihnen noch zukommt, verdrossen über ihren schwindenden Einfluss.
Und weiter:
Etwas Grundsätzliches ist aus den Fugen geraten. Es gibt das Gefühl, dass es nicht fair zugeht. Dass es zu viele gibt, die profitieren, ohne beizutragen: Einzelne in Europa, die über Jahre falsche statistische Zahlen geliefert haben, andere, die das nicht bemerkt haben, und wieder andere, die Sanktionen verhindert haben; Einzelne in Griechenland, die sich der fairen Besteuerung entziehen; Trittbrettfahrer in der Finanzwelt, die an Staaten mit hohen Staatsschulden immer noch bestens verdienen und darauf setzen, dass sie von der Politik aufgefangen werden. Fairness ist ein urmenschliches Bedürfnis. Sie ist die Voraussetzung für Kooperationsbereitschaft zwischen Menschen und Ländern.
Wir sehen: substantielle Gesellschaftskritik geht auch ganz ohne kommissarische Reichsregierung, Verweise auf das internationale Judentum oder gefälschte Zitate.
Wie nennt man eigentlich eine Gesellschaftsform in der Tranzparenz und Teilhabe für Bürger und Parlamentarier fehlt, der Einfluss von Politikern schwindet, Lug und Betrug die Oberhand gewonnen haben und Fairniss ein Fremdwort ist? Man könnte fast meinen, der Bundespräsident ruft durch die Blume zu einer Revolution auf. Das sind Zeiten, in denen ganz schnell der Funke überspringen kann – und wieder denke ich daran, was ich als Verfassungsschützer tun würde, um gerade das in Deutschland zu verhindern.
Mir käme da ein Gedanke.
Mir kommt aber auch noch ein anderer Gedanke, ich möchte da den Nutzer Markus Giersch aus „Netz-gegen-Nazis“ zitieren:
Blogger und Seitenbetreiber, die mit Faschisten nichts zu tun haben wollen, sollten, finde ich, dringend AmSeL und Deutsche Volksgewerkschaft von ihren Blogrolls und Empfehlungslisten nehmen und alle Kontakte zu diesen Leuten abbrechen.
Diese Leute sind brandgefährlich da sie so unscheinbar sind. Ich wäre denen auch fast auf den Leim gegangen…
Ich auch. Und deshalb schaue ich kritisch auf Leute, die sich weiterhin dort vernetzen.
Und letztlich finde ich auch Gemeinsamkeiten zwischen ehemaligen Grenzschützern, chinesischen Kommunisten und verborgenen Altnazis: demokratische Wurzeln haben die alle nicht, aber eine gewisse Duldsamkeit gegenüber tödlichen Schüssen auf … Andere.