Politik

Stuttgart 21, die Weltherrschaft der Konzerne und die Ohnmacht des Bürgers

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Stuttgart 21 wird ja nun weitergebaut. Das verwundert mich nicht weiter. Die Macht der Konzerne, die Vernetzung ihres Personals mit Medien und Politik ist inzwischen so dicht, das nur ein freiwilliger Verzicht der Mächtigen in diesem Land das Projekt aufhalten könnte. Wieder einmal werden die Bürger Zeugen ihrer eigenen Hilf- und Machtlosigkeit, dürfen ihre Ohnmacht im Detail erleben. Spätestens nach dem die „Bekenntnisse eines Oeconomic Hit Man“ erschienen sind sollte man wissen, mit welcher Systematik Wirtschaft Politik in den Griff bekommt und auch vor Mord nicht zurückschreckt. Eher als Legende einzustufen sind wohl die Bekenntnisse eines „Bankinsiders“, der Beobachtungen zur Bezahlung von Auftragsmorden gemacht hat – allerdings sollte man der Legende zugute halten, das sie zwar wenig Greifbares enthält – ausser dem Interview mit irgendeinem Unbekannten – das sie aber andererseits ohne weiteres wahr sein kann. Geheimdienste aller Welt unterhalten Konten bei Banken – und die Kommunikation durch handgeschriebene kleine Zettel, die erst dechriffiert werden müssen, ist für beide Seiten deutlich sicherer als die Auftragsbestätigung per E-Mail. Seit der Existenz von Wikileaks müssen schwarze Konten halt alternativer geführt werden.

Man könnte solche Berichte ins Reich der Legenden verweisen und sie dort belassen, wenn sie alleine für sich stünden. Stehen sie aber nicht. Es gibt nun mal Geheimdienste und ihre Methoden sind nicht zimperlich. Wenn ein deutscher Bundespräsident und ein deutscher Verteidigungsminister in dieser Zeit schon offen darüber schwadronieren können, das die Bundeswehr die Wirtschaftsinteressen des Landes sichern soll, dann ist das ein eindeutiges Indiz dafür, wie derangiert die politische Kultur in diesem Lande ist und lässt nur Übles vermuten über das, was sich mitlerweile in der Welt der Geheimdienste abspielt. In den USA ist die Verflechtung von Wirtschaft und Politik gang und gebe,  die Älteren von uns Deutschen sind mit dem sicheren Wissen großgeworden, das der CIA jederzeit mittels Militärputsch für optimales Renditeklima sorgt – in Argentinien, in Chile … oder auch in Griechenland, ein Land, das aktuell wieder für Schlagzeilen sorgt.

Das Muster der ökonomischen Okkupation ist immer gleich, die Oeconomic Hit Man arbeiten immer nach dem gleichen Prinzip: erst billige Kredite aufschwatzen, dann die Rechnung präsentieren: die „harte Hand“ muss wieder durchgreifen, wie Unionsfraktionschef Kaufer unlängst den Griechen gedroht hat.  Ob er damit die erneute Förderung einer Militärdiktatur in Griechenland meinte, möchte ich erstmal nicht glauben, die Forderung des FDP-Abgeordneten Chatzimarkakis, mit 200 EU-Beamten Griechenland auf Kurs zu bringen hört sich aber schon bedenklich nach Forderungen in diese Richtung an. Wie eine harte Hand aussehen kann, sieht man vielleicht gerade in Saudi-Arabien, deren Säbel gerade neue Hinrichtungsrekorde erzielen während ihre Öldollars den saudischen way of life in Ägypten und Lybien ausbreiten wollen.  Diktaturen im Aufwind?

Es scheint so. Unlängst forderte das Wall Street Journal im Zusammenhang mit dem illegalen Krieg in Lybien die Diktatur des Präsidenten: es schämt sich langsam keiner mehr, die Notwendigkeiten, die sich aus der Korporatokratie, der Herrschaft der Konzerne, ergeben, offen anzusprechen, zumal die ihre Macht offen ausspielen: wer zahlt befiehlt, wer empfängt, hat zu gehorchen. Nach England und den USA droht man jetzt auch Frankreich offen mit einem miesen „rating„. Nun – die Chinesen halten die USA sowieso schon für zahlungsunfähig, auf Bundes- und Gemeindeebene drohen Zahlungsausfälle in Höhe von hunderten von Milliarden Dollar.

Den Konzernen geht es mitlerweile prächtig, sie und ihre Kassen sind dank Dollarflut prall gefüllt, was zu vermehrten Aufkäufen und höherer Machtkonzentration führt – finanziert durch das billige Geld des Steuerzahlers … und die EZB setzt alles daran, das das so bleibt.

Die Macht der Konzernwirtschaft wächst in diesen Tagen ins nahezu Unermessliche, sie haben die demokratischen Systeme infiltriert und instrumentalisiert, so das Politik alternativlos geworden ist – und damit der Berufsstand des Politikers auch vom Militär gut und effizient ausgefüllt werden kann. Wo es nur noch darum geht, Befehle auszuführen, sind Soldaten nützlicher als schwerfällige Parteischergen, die alles immer erst in Arbeitsgruppen ausdiskutieren wollen.

Dabei haben wir noch Glück. Deutschland ist der neue Hauptstützpunkt der US-Wirtschaft in Europa,  hier geniert man sich noch etwas. Wir waren ja auch fleissig, unsere Politiker, die wie Cem Özdemir oder „KaTe“ zu Guttenberg „erfolgreiche“ US-Aufenthalte mit nützlichen Kontakten hinter sich gebracht haben, haben dafür gesorgt, das dieses Land den Kurs der Agenda 2010 beibehält. Das beschützt uns etwas vor der „harten Hand“, die ansonsten gerne auch aus Kindern Arbeitssklaven macht: schätzungsweise 200 Millionen erarbeiten den Grundstock für die Gewinnmarge der Großkonzerne.

Und da regen wir uns über einen Bahnhof auf.

Wir sollten mit diesem Protest vorsichtig sein. Ganz schnell könnte auch unser Rating wackeln, ganz schnell  könnte man uns andere Rechnungen präsentieren, ganz schnell könnten auch wir Opfer der „harten Hand“ werden, die wir für die Griechen jetzt herbeibeschwören wollen, um uns vor weiteren Kosten zu schützen.

Die Kosten jedoch … sind unser Lebenssinn. Wir sind zum Zahlsklaven geboren worden und werden den Job bis ans Ende unserer Tage zu machen haben. Wir werden solange bezahlen, bis nichts mehr da ist und sich die Konzerne gnädig von uns abwenden, uns ohne Wasser, Energie und Lebensmittel in den Ruinen unserer einst blühenden Städte verkommen lassen, während sie sich in Asien neue Wirte suchen, die sie aussaugen können.

Vielleicht dürfen wir dann noch dankbar für die Chinesen Hemden nähen und unsere Kinder für sie in den Minen Afrikas arbeiten.

Unvorstellbar? Die USA warnen doch schon ganz offiziell davor, das sie sich die europäischen Hampeleien nicht ewig anschauen werden … womit nebenbei die nächsten Schritte zur Verschlechterung unseres Ratings angemahnt werden, denn eine Erhöhung der Rüstungsausgaben würde angesichts leerer Kassen über noch mehr Staatsschulden laufen müssen.

Merkt man jetzt, wie perfide und dicht gewoben das Netz ist, in dem wir stecken, wie alternativlos unsere Zukunft geworden ist, seitdem wir zu Kriegen „ja“ gesagt haben? Die Kriege werden unsere Kosten erhöhen, die Kosten verschlechtern das Rating, was unsere Kosten erhöhen wird, was wiederum das Rating verschlechtert und zu höheren Kosten führt. Und wenn wir uns den Kriegen entziehen? Dann kriegt man uns eben über die gestiegenen Kosten für das Gesundheitswesen, für EU-stimulierte Modernisierungsaktionen unserer Badezimmeramaturen oder über den Zwang zum neuen Elektroauto, das selbst dann wiederum den Gebrauch von Atomkraftwerken unverzichtbar werden lässt.

Stuttgart 21 ist alternativlos, weil die Bedienung des Renditewahns alternativlos geworden ist. Wir zahlen oder wir zahlen. Wir dürfen aber noch wählen, ob uns ein roter, schwarzer oder grüner Oberkellner die Rechnung serviert.

Das sich Spitzen von Wirtschaft, Bankenwelt und Medien jetzt mit dem nagelneuen Kanzlerkandidaten Steinbrück im Rahmen der Bilderbergertreffen beschnuppern dürfen, ist vor dem Hintergrund der sich ausbreitenden Herrschaft der Konzerne alles andere als unbedenklich. Selbst wenn man der Argumentation der Bilderberger folgt und die Treffen nur der zwang- und sinnlosen Plauderei dienen und man einfach mal glaubt, das Menschen, die ihre Terminkalender ansonsten minutiös verwalten lassen einfach mal eine Woche ihrer kostbaren Arbeitszeit sinnlos verplaudern können, gäbe es gute Gründe, diese Treffen vom Verfassungsschutz durchleuchten zu lassen – allein, weil ihre Inhalte und Ergebnisse geheim und ihre Teilnehmer ziemlich mächtig sind.

Mehr und mehr driftet die Welt in eine Richtung, in der Konzerne ihre Interessen widerstandslos durchsetzen können – und da sollen wir es einfach so hinnehmen, das es seit sechzig Jahren ein Gremium gibt, das wirtschaflicher Macht die Möglichkeit gibt, mit Politik und Medien unter Ausschluss der Öffentlichkeit jedes Jahr eine Woche „einfach nur reden“ zu können?

Wir müssen es einfach hinnehmen – genau wie diesen Bahnhof und den zukünftigen Kanzler Steinbrück, der sich vielleicht jetzt gerade bei den Bilderbergern das Ok für seine Kanzlerschaft holt und sich für die Verzögerungen beim Bahnhofsbau entschuldigt.

 



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