Schon mal über den Tod nachgedacht? So als moderner, aufgeklärter Mensch? Nein? Aber Sie wissen doch, das sie Sterben können oder? Das Sie mit absoluter Sicherheit sterben werden – wahrscheinlich qualvoll im kostenminimierten Altenheim. Der Tod ist die einzige sichere Gewissheit im Leben. Den Rest kann man in Frage stellen. Schaut man mal bei Wikipedia nach, so merkt man, wie wenig Gedanken sich das moderne christliche Abendland über den Tod macht, ja noch nicht mal seine Definition ist klar – angesichts der zukünftigen Praxis der Organspenden ein nicht unwichtiger Aspekt. Schnell ist man der Definitionshoheit eines naturwissenschaftlich ausgebildeten Mediziniers überantwortet, der dringend ein Herz braucht und hier vielleicht … etwas zu weit deutet.
Die Art des Sterbens beschäftigt uns schon mehr – wie alle Menschen vor uns. Ruhig und zufrieden im Kreis unserer Lieben zu verscheiden, wird allerdings viel weniger Menschen vergönnt sein als früher. Wir sterben allein im Krankenbett, weil die Kinder nicht mehr soviel Urlaub haben und viel zu weit weg wohnen, wenn es plötzlich soweit ist … falls da überhaupt Kinder vorhanden sind. Gepflegt werden wir möglichst kostengünstig, wahrscheinlich durch Menschen, deren Sprache wir kaum verstehen.
Der früher gefürchtete einsame Tod in der Fremde – das wird unserer sein. Aller Wahrscheinlichkeit nach. Mit steigender Wahrscheinlichkeit sind „Psychische und Verhaltensstörungen“ darunter, denn die stiegen innerhalb von 2 Jahren um knapp 50 % an. Iatrogene (also durch den Arzt verursachte) Todesfälle werden nicht erfasst, würden sie es, so hätten sie mit 85000 Fällen im Jahr eine gute Chance auf Platz 3 aller Todesursachen (nach Herz und Krebs). Auch hier spielt die Definition eine wichtige Rolle.
Soweit wir wissen können, gehören wir modernen, aufgeklärten Menschen zu den Kulturen, die den Tod am Weitesten aus ihrem Denken und Leben herausdefiniert haben. „Es gibt ein Leben vor dem Tod“ – so unser trotziger Spruch. Dieses verläuft zwar selten so, wie von uns gewünscht und bringt soviel Ungemach, das Hochkulturen jene von den Göttern geliebt wähnten, die jung starben, aber es war alles, was uns geblieben ist.
In festem Schulterschluss haben Marxismus und Kapital gezielt und bewusst den Tod aus dem Leben herausgefiltert. Die einen brauchten Menschen, die bereit waren zu morden, die anderen brauchten Menschen, die neben dem Morden noch maximal konsumieren konnten. Das war aus politischen und ökonomischen Gründen kein Platz für „Du sollst nicht töten„. Überall sah man „Opium fürs Volk“ lauern, das es auszumerzen und durch Alkohol zu ersetzen galt.
Das Atheismus die „Geissel der Machtmenschen“ ist, kommt da nur wenigen in den Sinn. Es ist auch ein heikles Thema, selbst für Kirchen. Wer nur predigt, was gut sein soll, aber anderes lebt, der muss solche Themen meiden.
Früher gingen Menschen anders mit dem Tod um – sie lebten auf den Tod hin. Das hatte Konsequenzen … für das alltägliche Verhalten gegenüber seiner Mitmenschen. Eines der ältesten Werke zu diesem Thema ist das Tibetanische Totenbuch, welches uns detalliert aufzeigt, wie wir uns nach dem Sterben zu verhalten haben, um nicht großes Ungemach zu erleiden. Ähnliches gibt es im Ägyptischen Totenbuch, dessen Quellen auf die alten Pharaonen zurückgeht … und nur jenen zugänglich war. Wie die Seele sich auf den Übergang vorbereiten sollte, wie sie leben sollte, um nicht in Ungnade zu fallen, sollte Wissen bleiben, das den Herrschenden vorbehalten war – man wollte sich doch das Jenseits nicht mit dem Prekariat teilen.
Ich könnte hier noch mehrere Kulturen zitieren – eigentlich fast alle außer unserer „modernen“ Arbeitsroboterkultur – die ziemlich übereinstimmend über das Jenseits berichten. Im Prinzip sehen es unsere Sterbeforscher ähnlich, hier Bernhard Jakoby in einem Interview:
Wenn wir sterben, gehen wir in eine feinstoffliche Form des Seins über. Die Entwicklung eines Menschen nach seinem Tod erfolgt in mehreren Stufen. Der Mensch ist ein geistiges Wesen und kehrt in seine ursprüngliche Heimat zurück. Wir gelangen zunächst auf eine Art Orientierungsebene, die anscheinend den irdischen Verhältnissen ähnelt. In Wirklichkeit geht es darum, erdwärts gerichtetes Denken abzubauen. Deswegen tritt das Erdenich früher oder später in die Phase der Erinnerung ein, wo es sich intensiv mit seinem Leben auseinandersetzen muss. Wir schauen uns sozusagen ungeschminkt ins Gesicht, wie es auch in den Nahtoderfahrungen millionenfach beschrieben worden ist. Wer seine unerledigten Dinge bearbeitet hat, geht in die höheren Lichtwelten ein, bis sich die Seele mit Gott wiedervereinigt.
Das hört sich niedlich an, oder? „Ewige Jagdgründe“ nannten das die Indianer. Wäre doch toll, wenn man so etwas in der Schule beigebracht bekäme – das Leben vor dem Tod wäre gleich ein ganz anderes. Es gäbe ja sogar naturwissenschaftliche Hinweise auf die Richtigkeit der Hypothese, die durch die Quantentheorie bestärkt wird – doch sollten wir uns nicht auf diese Ebene der Diskussion einlassen. „Naturwissenschaft“ und „Jenseits“ haben schon per Definition nichts miteinander zu tun, es wäre so, als würde man mit einer Taschenlampe „Dunkelheit“ erforschen wollen – ist einfach das falsche Werkzeug. Das Jenseits ist … ganz sicher nicht Bestandteil der „Natur“.
Sicher können wir die Ergebnisse der Nahtodesforschung in Frage stellen – das ist gar keine Frage. Philosophen wissen seit Jahrtausenden, das sie sogar die Existenz des Stuhles erfolgreich in Frage stellen können, auf dem sie sitzen und das sogar, während sie gelassen auf ihm sitzenbleiben, ohne sicher beweisen zu können, das es ihn überhaupt gibt. Alles lässt sich in Frage stellen … die Frage ist nur: warum sollte ich das tun?
Als kleiner Normalbürger (der in meinem Falle dem Tod schon gelegentlich begegnet ist) habe ich erstmal kein Interesse daran, mich für die materialistische Hoffnungslosigkeit zu entscheiden. Der „Materialismus“ als Gedanke mag ewig leben, für ihn mag das in Ordnung sein, die Dinge so zu sehen. Ich werde in dieser Form nicht ewig sein – soviel weiß ich schon. Brächte mir also keinen Nutzen, an die Nichtexistenz des Jenseits zu glauben, nur weil eine dogmatische Lehre es so will, die selbst immer mehr Probleme bekommt, überhaupt Materie im Universum zu finden – andererseits ihre Masse allerdings ziemlich genau zu berechnen weiß, wenn auch nur unter Rückgriff auf die Hilfskonstruktion der noch nie irgendwo gefundenen „Dunklen Materie“. Das solche Konstruktionen im Prinzip den Wahrheitsgehalt von Kindermärchen haben, wird bei der Präsentation der Theorien leider oft unterschlagen.
Man stelle sich aber einfach mal vor, was geschehen würde, wenn wir ab morgen den absolut sicheren Beweis liefern können (obwohl unsere Vernunft zu solchen Beweisen gar nicht fähig ist), das Menschen nach dem strapaziösen Leben in der „Materie“ einfach wieder nach Hause kommen? Hinweise, das dies nicht ganz von der Hand zu weisen ist, gibt es genug – inklusive Untersuchungen über eine Zunahme der Ethik und Moral im Leben, die mit solchen Erfahrungen einhergeht.
Nun hat das ganze Thema mit Theismus noch gar nichts zu tun, zumal weite Teile der christlichen Bewegung Nahtodeserfahrungen aufgrund ihrer eigenen Dogmen ablehen müssen: die Ganztodtheorie ist hauptsächlich christlich motiviert.
Warum also diese breite Front der Ablehnung und Verdrängung dieses Themas?
Hier wird es auf einmal sehr politisch.
Für die Ärzteschaft geht es ums „abrechnen“. Der Kampf gegen den Tod ist aussichtslos, aber teuer. An ihm lässt sich gut verdienen. Zudem gebietet die ärztliche Ethik, Leben unter allen Umständen zu erhalten: der Tod ist der Feind, den es zu besiegen gilt, koste es, was es wolle.
Für die Mächtigen dieser Erde ist das eine sehr bequeme und nützliche Sicht der Dinge. Wer würde sein Leben schon wirklich in Gefahr bringen wollen, wenn danach … einfach NICHTS kommt – ein NICHTS übrigens, das für Arthur Schopenhauer etwas sehr Positives hatte:
Es ist für das Verständnis der Philosophie Arthur Schopenhauers von größter Bedeutung, dass Schopenhauer das “Nichts”, mit dem alles Leid endet, nur im relativen Sinn verstanden wissen wollte!
Dieses Ziel ist nicht mit Begriffen dieser Welt zu beschreiben. Man kann nur sagen, was es nicht ist, also negativ ausdrücken. Andererseits ist es höchst positiv, nämlich Erlösung vom Leid.
Wer würde sich schon wirklich trauen, einen gewaltsamen Aufstand gegen die Ungerechtigkeit, die Demütigung und die Ausbeutung zu starten, wenn er befürchten müsste, dabei das Wertvollste zu verlieren das er hat: das Leben.
Und so stirbt mit dem religiösen Bewusstsein auch der Widerstandsgeist. Nicht Zorn, Wut oder Verzweiflung … aber der Impuls zur riskanten Tat. Der Mensch wird zum dirigierbaren Schaf, das erschossen wird, wenn es nicht bereit ist, andere zu erschießen. So funktionieren Mörderbanden halt, so ist die Motivationskultur moderner Massenarmeen, so kann man ganze Völker dazu bringen, sich gegenseitig umzubringen.
Und so stellt Atheismus sicher, das ängstliche Duckmäuser grösste Scheußlichkeiten begehen, um ihr eigenes Leben zu verlängern – Scheußlichkeiten gegen Mitmenschen, die im Jenseits Konsequenzen hätten.
Darum lassen Regierende morden, vermeiden aber, es selbst zu tun. Nach wie vor … scheint es ein religiöses Wissen für die Herrschenden und eins für die Normalbürger zu geben.
Nach wie vor gilt: „Folge meinen Befehlen oder ich stoße Dich in ein finsteres tiefes Loch“ … oder ich bringe Dich durch Regelsatzkürzung immer näher an dieses Loch heran. Wie im alten Ägypten – und wie dort betreiben die Herrschenden ganz eigene, eigenartige Kulte, die vermuten lassen, das Atheismus/Materialismus nichts mehr ist als eine Geißel für Normalbürger: mit der Angst vor dem schwarzen Mann hält man ihn am Laufen, während man sich selber den schwarzen Mann durch geeignete Rituale gewogen und nebenbei ganz praktisch Weltpolitik macht.
Aber auch dieses Thema ist Tabu – wie der Tod selbst.