Man erwartet eigentlich große Meldungen, wenn eine Demokratie stirbt. Dicke Schlagzeilen in jedem Massenmedium, Sondersendungen rund um die Uhr, große Unruhe im Volk – so war man es gewöhnt. Doch diesmal … kam es ganz anders. Die Entmündigung des Bürgers – von vielen schon seit Jahren am eigenen Leib erfahren, weil man zuwenig Geld hat, sich Menschenrechte auch wirklich leisten zu können – wurde heute ganz offiziell vom Handelsblatt verkündet, eine Nachricht, die wahrscheinlich untergegeganen wäre. Ein Grund, hier noch mal auf sie aufmerksam zu machen:
Das Bekanntwerden eines Geheimtreffens europäischer Finanzminister zur griechischen Schuldenkrise alarmiert die Bundesregierung. Schäuble wittert Verrat im eigenen Ministerium und lässt den Schuldigen suchen.
Hört sich harmlos an, nicht wahr? Aber denken wir doch mal nach – sofern wir das noch können. Gelernt hat man so etwas ja nicht gerade in der Spassgesellschaft. Hier geht grölen vor denken, nur wer grölt lebt gut. Was ist dort eigentlich passiert?
Nun, es trafen sich verschiedene Minister, um zu diskutieren, wie gefährlich ein bis dato nur als Gerücht vorhandener Austritt Griechenlands aus der EU für die Wirtschaft der Eurozone werden könnte – sprich: wie teuer das für uns werden könnte.
Warum sollte das geheim sein? Es ist immerhin unser Geld, um das es da geht. Wir arbeiten nicht nur länger als andere dafür, wir bezahlen auch mehr, siehe Manager Magazin:
Schwere Bürde: Deutschland fordert von seinen Bürgern immer noch deutlich mehr Abgaben als andere Industrieländer. Nach Berechnungen der Wirtschaftsorganisation OECD werden vor allem Geringverdiener und Alleinerziehende hierzulande stärker zur Kasse gebeten als in anderen OECD-Ländern.
Unsere Hartz IV – Empfänger finanzieren den Wohlstand der EU – schon gewußt? Schön, das man das nebenbei auch mal erfährt. Dort sitzen unsere „starken Schultern“, die bei nahezu unmenschlichem Konsumverzicht unglaubliches für unsere Reichen leisten. Es sind nämlich die Reichen, die durch die Staatshilfen für Griechenland am Meisten verdienen – das dürfte für manche vor den Monitoren auch neu sein, siehe Handelsblatt:
In der schwarz-gelben Koalition regt sich massiver Widerstand gegen neue Kreditgarantien für das hoch verschuldete Griechenland. „Neue Hilfen sind im Parlament nicht mehrheitsfähig, sie wären auch falsch, da sie die Probleme Griechenlands nicht lösen, sondern die privaten Gläubiger sukzessive durch staatliche Gläubiger ersetzen, zu Lasten auch des deutschen Steuerzahlers“, sagte der Finanzexperte der FDP-Fraktion im Bundestag, Frank Schäffler, Handelsblatt Online.
So wird man superreich – nur mal so als Tipp für Arbeitslose. Man leiht dem Dieter (stadtbekannter Säufer und Spieler) zehn Milliarden Euro für … sagen wir mal … 2% Zinsen. Man könnte das Geld zu den Bedingungen übrigens genau so gut seinen Kindern für ein Gartenfeuer überlassen, das Geschäft würde eben so gut funktionieren. Dieter macht jetzt mit dem Geld was er will … wahrscheinlich kauft er viel in unseren Geschäften. Autos vor allen Dingen, aber auch Geschmeide, teure Stoffe, Uhren: der Aufschwung ist da. Griechenland ist unser bester Kunde, kein Land verkauft dort soviel wie wir, gefolgt von Italien und China, siehe Index-Mundi. Doch zurück zu Dieter: wenn wir Glück haben, gewinnt Dieter ganz viel beim Hütchenspiel. Dann bekommen wir unser Geld zurück und leihen ihm noch mehr. Ist aber egal, denn irgendwann wird Dieter bei seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ein Problem bekommen. Bis dahin kassieren wir erstmal doppelt ab: durch Zinsen und Warenverkauf.
Wenn jetzt der Dieter aber kein Geld mehr hat bzw. die Zinsen nicht mehr zurückzahlen kann, die wir zwischendurch mal einfach so aus „Sachzwängen“ auf 25% hochgeschraubt haben, dann gehen wir mit betroffenem und entrüstetem Gesicht zum Staat und lassen uns unsere Forderungen vom deutschen Steuerzahler – genauer gesagt: vom deutschen Hartz IV-Empfänger – bezahlen.
Cooler Plan, oder?
Die Zinsen behalten wir, den Gewinn aus dem Verkauf unseres Überflussramsches ebenfalls.
So funktioniert die EU.
Deshalb müssen sich die Finanzminister auch im Geheimen treffen – es wäre hässlich, wenn alle das erfahren würden, was im Manager Magazin schon offen ausgesprochen wird:
Weil der Bund extrem hohe Risiken eingegangen ist. Wenn es im Falle Griechenlands oder weiterer Länder zu Forderungsausfällen kommt, würde die deutsche Verschuldung immens hochschnellen. Der Haushalt des Bundes wird inzwischen überlagert durch die vielen Bailout-Programme. Vor drei oder vier Jahren war das noch anders, da konnte der Bund frei über Einnahmen und Ausgaben disponieren. Durch die horrenden Garantien und Bürgschaften, die er inzwischen übernommen hat, stellt sich die Lage mittlerweile ganz anders da.
Das ganze System „Dieter“ droht zu kippen. Die Ausplünderungsmechanik überlastet selbst die deutschen Kassen. Das ist überraschend vielen schon bekannt, siehe Deutsche Welle:
Die meisten Amtsträger in der Finanzwelt vermeiden nach Möglichkeit offene Diskussionen über die Risiken im Euro-Raum. „Längst Feststehendes wird nur noch hinter vorgehaltener Hand geäußert. Es wird alles getan, um das Vertrauen um jeden Preis aufrecht zu erhalten“, berichtet Günter Ederer. Währenddessen schichten viele Sparer ihr Vermögen in vermeintlich wertbeständige Dinge wie Gold, Silber, Häuser, Grundstücke, Wälder und Rohstoffe um.
„Es gilt so ein bisschen: Rette sich, wer kann, aber es redet keiner offen darüber“ erzählt Günter Ederer, der Teile seines Vermögens in Neuseeland investiert hat.
Und weil keiner offen darüber reden möchte, ist es so schlimm, wenn die Geheimtreffen an die Öffentlichkeit geraten. Wir wollen den Müttern noch weiter in die knappen Taschen greifen umso viel wie möglich an die Seite zu räumen, wobei uns auch die billigen Löhne in Deutschland halfen. Infoportal Jahnke zeigt, wie sehr die Lohnpolitik in Deutschland half, auf Pump unsere Ramschwaren zu verkaufen, die sonst keiner hätte haben wollen:
Mit Griechenland, Portugal und Spanien, die zu viel auf Kredit in Deutschland einkauften, baute Deutschland in den Jahren 2000 bis 2010 einen Handelsbilanzüberschuß von zusammen 267 Mrd Euro auf, davon allein 37 Mrd Euro im Vorkrisenjahr 2007 und insgesamt weit mehr als die 189 Mrd Euro bisheriger deutscher Beitrag zum Euro-Rettungsfonds (Abb. 16287). Dabei half die in Deutschland ausgebremste Lohnentwicklung, die Deutschland bei festen Wechselkursen immer wettbewerbsfähiger machte.
Ahnt man so langsam, wie raffiniert das System war? Es gab gar kein Geld, das hätte ausgegeben werden können, nur Versprechungen auf Kosten des deutschen Steuerzahlers im Namen der deutschen Wirtschaft, die daran prächtig verdiente. Der deutsche Aufschwung gründet auf Lügen und Betrug – deshalb müssen sich unsere Minister vor Verrat schützen, denn der deutsche Bürger sollte nicht erfahren, das man mit seinem Geld Betrügern traumhaften Reichtum beschehrt hat auf Kosten von Alten, Kranken und Behinderten, die jetzt bald verhungern werden, siehe Spiegel:
Gleichzeitig wurden neue Sparrunden und Privatisierungen angekündigt, damit das Land Löhne und Gehälter der Beamten sowie die Renten der Bürger zahlen kann. Doch derzeit weiß niemand, woher das Geld kommen soll: Die griechische Wirtschaftsleistung ging im vergangenen Jahr um 4,5 Prozent zurück und wird 2011 wohl um weitere drei Prozent schrumpfen. Die Arbeitslosigkeit erreichte im Januar die Rekordmarke von 15,1 Prozent.
„Sparprogramme für Griechenland“ heisst auf Deutsch: lasst die Alten verhungern. Wir sind genauso barbarisch wie die Altnazis, aber wir drücken uns vornehmer aus und machen uns die Hände nicht mehr selbst schmutzig. Darauf bilden wir uns sehr viel ein. Wenn man diese Dimension der „Sparprogramme“ versteht, dann versteht man auch, wie brenzlig die Situation wirklich ist: es droht Bürgerkrieg, siehe Standard:
Aber selbst das habe Griechenland nur teilweise erreicht, denn das Pleiteland leidet vor allem unter mangelnder Wettbewerbsfähigkeit – „seine Waren und Dienstleistungen sind einfach zu teuer. Dies kann es bei Verbleib im Euroraum nur durch massive Lohnkürzung und Preissenkung beheben.“ Das würde aber die griechische Gesellschaft nicht aushalten, die sich „teilweise in vorbürgerkriegsähnlichen Zuständen“ befinde, so der Ökonom.
Hätten die auch „Jobcenter“, würde es lustig werden, weil dann Arbeitslose und Sachbearbeiter zusammen bei der TAFEL landen würden. Das gerade dies auch in Deutschland droht, ist den meisten Sachbearbeitern wohl noch nicht klar … oder nur jenen 10000, die gerade ihren Job verlieren.
Wir hungern und frieren noch nicht in Deutschland, obwohl die Welt aktuell erste Inflationsmeldungen verkündet: Preissteigerungen von teilweise 40% erreichen den deutschen Lebensmittelmarkt, während laut TAZ weltweit Lebensmittel in unglaublichem Ausmass vernichtet werden:
Ein Drittel aller Lebensmittel weltweit wird weggeworfen. Die Reichen verschwenden, bei den Armen verdirbt es. Dabei fliegt besonders viel Obst und Gemüse in den Müll.
Was für die Griechen gilt, wird auch für uns gelten … etwas später. Neues Deutschland listet nochmal auf, was da konkret droht:
Eines wissen die Menschen in Griechenland genau: Auf sie kommen noch härtere Einschnitte bei Löhnen und Renten, eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, neue Steuererhöhungen und der weitere Abbau von staatlichen Leistungen in Gesundheit, Bildung und Infrastruktur zu.
Das wird mit Sicherheit auch bei uns anstehen, denn immerhin wollen die „privaten Anleger“ nicht die Schulden von Spanien, Italien und Portugal bezahlen, das lässt man bei uns lieber von Rentnern, kleinen Angestellten, alleinerziehenden Müttern oder Arbeitslosen erledigen. Die haben´s ja. So verhungert unsere Demokratie langsam aber sicher vor unseren Augen. Die Angreifer sonnen sich tagtäglich offen in ihren Erfolgen, mitlerweile können ganz offen Aktionen durchgeführt werden, die noch in den achtziger Jahren undenkbar waren. Damals wurde die Volkszählung noch durch einen breiten Widerstand verhindert, heute … wird sie fast widerstandslos hingenommen.
Damals hatten wir noch eine lebendige Demokratie.
Heute haben wir was anderes.
Aber was … das bleibt geheim, so geheim wie das Treffen der Finanzminister gewesen wäre, hätte es diesen elendigen Verräter nicht gegeben.