23.12.2011. Es ist immer noch Osterzeit – eine gute Gelegenheit, den Blick mal von dem Alltagsterror von Politik und Wirtschaft zu nehmen, sich mal nicht darum zu kümmern, das ein Land mit Massenarbeitslosigkeit bald mit Millionen von neuen, frischen, jungen Arbeitskräften aus dem Osten überschwemmt wird, die die Alten, Kranken, Behinderten und Alleinerziehenden endgültig in die Warteschlangen der Jobcenter drängen, zu ignorieren, das die SPD sich mit Thilo Sarrazin einen Trumpf im Ärmel behält, um künftig auch mit der NPD ins Gespräch kommen zu können oder das die Nato lustig weiterhin die Renditeinteressen der Anleger in Libyen mit Waffengewalt durchsetzt. Zeit, sich darum zu kümmern, was die Menschen um einen herum eigentlich feiern. Um das zu verstehen, muss man allerdings zuerst mal schauen, was das denn eigentlich für ein Millieu ist, in dem die sich bewegen.
Offiziell heißt die Religionsgemeinschaft um uns herum Christentum. Es beruht auf einer dramatischen Legende, der Legende von einem intelligenten, liebevollen, fürsorglichen, bewußten Universum, altsprachlich „Gott“ genannt. Jener Gott lieferte die Ideenmatrix für die Schöpfung und schuf letztendlich sogar Wesen mit hoher Intelligenzballung und der Fähigkeit, den Heiligen Geist, der in der Schöpfung steckt, direkt wahrzunehmen, Wesen, die man auf der Erde „Mensch“ nennt. Warum er zwischendurch mit Dinosauriern experimentierte, weiß ich nicht, erklärt mir auch keiner.
Nun lief was schief. Neben den Menschen hatte er auch mal Engel erschaffen, sozusagen Verwaltungsangestellte der Schöpfung. Und einer der Sachbearbeiter – Leiter des Jobcenters Erde, Luzifer, Beelzebub, Satan genannt – hatte überhaupt keine Sympathie für diese „Menschen“, die er als schrecklich fehlerhaft empfand. Die rennen nackt durchs Paradies, denken an nichts und klauen dann noch verbotene Äpfel – jedenfalls, wenn man sie dazu motiviert. „Saudummes Pack“, dachte er sich und war zukünftig fleissig bemüht, es seinem Gott auch zu beweisen. Andere Engel kamen auf die Erde und zeugten Kinder mit den schönen Menschenfrauen, was Gott dazu bewegte, die Sindflut einzuschalten, da sich die Bosheit auf Erden immer weiter ausbreitete, siehe Bibel, Genesis 6:
Als aber die Menschen sich zu mehren begannen auf Erden und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Gottessöhne*, wie schön die Töchter der Menschen waren, und nahmen sich zu Frauen, welche sie wollten. Da sprach der HERR: Mein Geist soll nicht immerdar im Menschen walten, denn auch der Mensch ist Fleisch. Ich will ihm als Lebenszeit geben hundertundzwanzig Jahre. Zu der Zeit und auch später noch, als die Gottessöhne zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren, wurden daraus die Riesen auf Erden. Das sind die Helden der Vorzeit, die hochberühmten. Als aber der HERR sah, daß der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar, da reute es ihn, daß er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen,
Nach der Sindflut waren die Ungeheuer der Engel fort, die Menschenfrauen konnten wieder ruhig schlafen, aber kaum kehrte man ihnen den Rücken zu erschlug der Kain den Abel. Kain war der Vegetarier, Abel der Tierzüchter – nur um keine falschen Legenden aufkommen zu lassen. Gott schaute sich dieses Treiben eine Zeit lang an, aber als die Kinderopfer auf Feuerrutschen wieder zunahmen, wurde es ihm zuviel. Aber: was tun. Sintflut ging nicht mehr, hatte er versprochen und als Zeichen dafür den Regenbogen an den Himmel gesetzt (weshalb wir uns heute noch freuen können, wenn wir einen sehen). Da kam ihm eine Idee – einfach mal ein Sklavenvolk auswählen, dabei mal richtig mit göttlichem Zorn auf den Tisch hauen, denen dann einige vernünftige Gebote an die Hand geben, damit die beispielhaft vorleben, wie man friedlich und glücklich miteinander auskommen kann.
Ging auch schief – trotz dem intensiven Einsatz von Propheten.
Also griff er zum letzten Mittel … und kam selbst in menschlichem Gefährt herab. Seine Botschaft war so einfach, das sie selbst Kinder verstehen konnten, siehe kindernetz:
Das wichtigste Gebot des Neuen Testaments ist: Liebe deinen Nächsten so, wie du dich selbst liebst. Jede/r soll sich selbst mögen und fröhlich sein. Und genau das sollen ChristInnen auch allen Menschen zugestehen und helfen, dass es anderen so gut geht wie ihnen selbst. Deshalb kämpfen viele Christen gegen Ungerechtigkeit, Hunger und Krieg.
Wie gut diese Botschaft angekommen ist, kann jeder selbst beobachten. Einfach mal morgens ab 6.00 Uhr an einer der Hauptstraßen Platz nehmen und in die Blechbüchsen schauen, die dort vorbeirollen – die Gesichter sagen alles über den Erfolg des Evangeliums, der „frohen Botschaft“ aus. Frohe Botschaft? Ja. Gott selbst hat den Menschen nicht nur erzählt, wie er sich so das Zusammenleben gedacht hat, er hat auch versprochen, wiederzukommen und dann zu bleiben. So richtig mit einer eigenen – natürlich goldenen – Riesenstadt im Herzen der Menschenreiche. Ungerechtigkeit, Hunger und Krieg wären dann für immer fort … wie auch der lästige angsteinflössende Tod.
Wäre doch toll, oder?
Kam leider nicht so gut an, denn kaum war Jesus fort, kam Paulus, schrieb viele Briefe und baute so aus dem Gegenteil des Christentums die katholische Kirche. Jetzt verstehen wir auch die Gesichter in den Blechbüchsen, die übrigens auch nicht besser aussehen, wenn sie abends von der Arbeit wieder nach Hause kommen.
Das wäre so – ganz kurz in moderner Sprache – die Hintergrundgeschichte des Christentums, das um uns herum angeblich die führende Religion sein soll. Es ist nur eine Geschichte – aber Geschichten sind ausserordentlich wichtige Waffen, wie auch das Pentagon weiß, siehe Zeit:
Das Pentagon untersucht die Struktur von Erzählungen und Mythen der al-Qaida. Das Militär will „Counter-Narratives“ bauen, Gegenerzählungen als Waffe gegen den Terror.
Taliban und al-Qaida, so hat es die Darpa analysiert, beziehen ihre Gründungsgeschichte und Kampflegitimation auf uralte, religiös grundierte Krieger- und Freiheitsmythen der Region. Ihre Story vom „kosmischen Kampf“ verfängt und wird weitererzählt, weil sie geschickt an afghanische Erzählmotive anknüpft. Die Amerikaner, mit westlichem Denken und weltlicher Sprache gleich doppelt kulturfremd, sind gegen diese Story machtlos. Sie sind der Antagonist, den es zu besiegen gilt – wie zuvor die Sowjets, und davor die Briten.
Mit STORyNET will die Darpa nun Mittel finden, das erzählerische Bollwerk der Taliban und den „Gründungsmythos al-Qaidas“ inhaltlich anzugreifen. Die strategischen Ziele hat der Leiter des Programms, Lt. William Casebeer, bereits 2005 in einem umfangreichen Papier dargelegt: Mit Counter-Narratives, mit Gegen-Erzählungen, will die Darpa kulturell und erzählerisch passende Inhalte entwickeln, um dem terroristischen Gegner Legitimation und Rekrutierungsmöglichkeiten zu entziehen.
So nimmt also das Pentagon Einfluss auf die Geschichten, die wir erzählen … und plötzlich, spontan und unerwartet sind wir mitten in der Hölle angelangt, sogar am tiefsten Punkt, siehe Wikipedia:
Den endgültigen Standort fand man 1,2 Kilometer flussabwärts am Potomac River. Hier befanden sich zuvor der alte Hoover-Airport, eine ehemalige Ziegelei, ein Rennplatz sowie eine ärmlichere Siedlung, genannt Hell’s Bottom.
Ein satanische Fünfeck, gebaut am Arsch der Hölle von dem späteren Leiter des US-Atombombenprogramms – klar, wer dahintersteckt. Man hatte die Rechnung ohne den Teufel gemacht – aber davor hatten die Apostel schon gewarnt. Unabhängig von den Theologen der späteren Amtskirche und noch vor Paulus dunklen Glaubensgeschwüren hatte Johannes davor gewarnt, das es zur Endzeit nochmal richtig krachen würde: die Apokalypse des Johannes beschreibt im Detail, woran man erkennen kann, das es Zeit ist, die Bibel wieder vom Dachboden zu holen um nochmal nachzulesen, wo man eigentlich gerade steht:
Wenn man den globalen, ungehemmten Kapitalismus, der alle Nationen beherrscht, als neu aufsteigenden Drachen sieht, den die Menschen anbeten, weil das Kapital ihr Gott ist, so ist es schwer, sich aus dem Bannkreis dieses Drachen zu lösen, weil man hineinverflochten wird in das Wirtschaftsgeschehen. Der Kapitalismus hat Wunderwerke geschaffen, vor denen die Menschen staunend stehen, er hat die Welt verändert, viele Staaten und Menschen reich gemacht, aber auch andere arm gemacht und abhängig werden lassen, und wenn seine Macht nicht beschnitten würde, so würde er als Moloch und Raubtierkapitalismus die ganze Erde verschlingen. Der Wunsch, sich über andere zu erheben, die unersättliche Gier und die Maßlosigkeit schlagen sich auch in unserer Zeit nieder im strukturellen Gefüge der Weltwirtschaft.
Man braucht gar nicht so tief in den alten Schriften graben, ein Blick in die aktuelle Zeit reicht schon, um zu sehen, das wir vorbildliche Christen oder Atheisten schon längst einen neuen Gott haben:
Der Zölibat erntet Hohn und Spott, aber die Idee, sich einer großen Sache so ausschließlich zu verschreiben, dass daneben kein Raum für Privates mehr bleibt, hat in anderen Sphären Anhänger gefunden. Politiker, die kein Familienleben mehr kennen, Wirtschaftsbosse, die rund um die Uhr im Einsatz sind, leben eine moderne Variante der Enthaltsamkeit. Der Gott des Geldes und des Erfolgs verlangt von seinen Dienern zuweilen mehr als der Gott der Christen.
Wir sündigen noch, können aber Verzeihung nur von uns selber erbitten. Wir haben die Sünde noch, aber keinen Gott mehr. Ob das ein Gewinn ist?
Den neuen Gott kennen wir alle – und leiden unter ihm. Denen er Geld schenkt, stiehlt er Leben in Form von Zeit, den Armen stiehlt er es in Form von Not auf vielen Ebenen. Auf einmal merken wir – eventuell sind wir schon mitten drin in der Apokalypse. Das wäre ja … beunruhigend. Vögel fallen tot vom Himmel, Fische sterben in Massen, die Erde bebt ohne Unterlass, Rekordtornados verwüsten die USA, Rekordosterwetter folgt Rekordwinterwetter – als Christ wäre ich jetzt schon etwas nervös. Gut, das es von dieser Art nur noch sehr wenige gibt – jedenfalls an 364 Tagen im Jahr, am 24. Dezember sieht das etwas anders aus.
Jenseits dieses Tages jedoch haben sich die uns umgebenden Christen entschieden:
„Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ (Wikipedia)
Möglicherweise haben sie ihre Wahl sogar in deutschen Personalausweis amtlich bestätigen lassen, siehe DerEulenspiegel:
Die CDU/ CSU ist die Partei des Vatikans, und somit wurde dieses Satanszeichen mit Billigung des Vatikans auf unseren Personalausweis geschickt getarnt angebracht.
Damit sind wie an einem harmlosen Karsamstag kurz vor der Ostereiersuche auf eine erschreckende Möglichkeit gestoßen: was ist, wenn unsere kleine, harmlose Geschichte des Christentums versehentlich und unabsichtlich ganz schrecklich wahr ist, wir es nur normalerweise nicht sehen können, weil die Darpa und ihre Schwester- Paralell- und Vorläuferorganisationen uns seit Jahrzehnten mit ihren Wahrheiten eindecken?
Es wäre allerdings schon schön, wenn man denn einfach mal ein paar philosophische Überlegungen zum Christentum anstellen könnte, ohne gleich an jeder Ecke auf Verschwörungsanzeichen zu stoßen.
Bleiben wir lieber bei den einfachen Dingen, jene Christen, die gegen Ungerechtigkeit, Hunger und Krieg kämpfen. So jedenfalls bringt man es ja unseren Kindern in der Schule bei. Das wäre ihr Job. Sie kämpfen gegen die Ungerechtigkeit, das Menschen dreissig Jahre Beiträge in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, um dann infolge der Marktöffnung von Billigarbeitskräften aus dem Ausland in Hartz IV abgedrängt und dem Hunger ausgeliefert zu werden, während draußen unter den jungen Leuten der verzweifelte Krieg um die letzten verbliebenen Arbeitsplätze begonnen hat, von deren Lohn man aber ebenfalls nur knapp überleben kann.
Wenn ich mich so umschaue … scheint es wirklich nur noch sehr wenige Christen geben. Drei bis vier pro Bundesland, schätze ich mal.
Wenn die ihre Apokalypse noch erleben sollen, dann muss man sich beeilen, nachher sind keine mehr übrig, die noch was davon haben, weil die Gegenseite einfach alle bestochen hat. Aber vielleicht dauert ja das auch nicht mehr ganz so lange. Wirtschaftlich basteln wir gerade an unserer eigenen Apokalypse, technisch zeigt uns die Atomindustrie schnelle Formen eines baldigen Endes auf, politisch steuern wir auf neue Kriege apokalyptischen Ausmasses zu, kulturell werden wir im Namen der Quote bald Kinder vor laufender Kamera schlachten müssen, um noch Erfolg zu haben, gesellschaftlich bewegen wir uns konsequent auf die Massenvernichtung unwerten Lebens (den „Parasiten“ des Wolfgang Clement) zu und die Umwelt ist bald so verseucht und zugrundegerichtet, das unsere modernen Propheten nur noch die Raumfahrt als tragfähige Utopie anbieten können.
Für die Handvoll Christen läuft – so scheints – alles nach Plan. Die können sich innerlich beruhigt zurücklehnen und äußerlich vielleicht noch etwas intensiver gegen die Verfallserscheinungen der Moderne angehen. Für sie kommt nach der Apokalypse das Paradies zurück, sie haben gerade den letzten Arbeitstag vor der Rente.
Für die anderen jedoch … sieht es düster aus. Sie dürfen die Herrschaft eines Götzen namens Mammon leibhaftig im Detail erleben mit Folgen, die selbst für Atheisten teuflisch wirken.
Irgendwie – so scheint es mir – wäre der Welt mehr gedient, wenn Christen weniger ihre Religion feiern und sie stattdessen mehr leben würden. Aber … die Religion um unser herum heißt halt nur offiziell Christentum. Wahrscheinlich auch Pentagonpropaganda.
Und was die da draußen jetzt wirklich feiern in diesen Tagen?
Ihren Reichtum, Mammon genannt.
Was sonst?