Alltagsterror

Hätte ich doch nicht so lange Geschwiegen

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„Hallo lieber Werner !

Erst kürzlich habe ich einen guten Bekannten getroffen und mich mit ihm unterhalten.
Nach dem Jubel auf die sogenannte Freiheit nach dem Mauerfall, wurde er wie viele tausende Menschen auch, von der Realität eingeholt.
Bemerkenswerte Aussagen und Erkenntnisse die ich von ihm zu hören bekam, waren doch seine Auffassungen schon einmal anders.

Grüße aus den sonnigen Dresden
Frank“

—–

Als die Sozialdemokraten und die Grünen Hartz 4 einführten und den Menschen ihre Würde genommen hat,
HABE ICH GESCHWIEGEN, ICH HATTE JA NOCH ARBEIT

Als die Politik und Gewerkschaften es zugelassen haben für Sklavenlöhne zu arbeiten
HABE ICH GESCHWIEGEN WEIL ICH ANGST HATTE DIE LETZTE HOFFNUNG ZU VERLIEREN

Als ich meine Arbeit verlor, verlor ich die letzte Hoffnung, meine Familie, meine Existenz und dachte:
HÄTTE ICH DOCH SO LANGE NICHT GESCHWIEGEN

So fasst mein Bekannter sein Leben zusammen, als ich ihn nach endlos langer Zeit zufällig getroffen habe. Nein, nicht im schicken Zwirn und selbstbewusst, fast ängstlich, als solle man ihn nicht erkennen, trug mein Bekannter Prospekte aus. Er, ein Mann, welcher einst Maschinenbau studierte und nach der Wende fest im Berufsleben stand und von den blühenden Landschaften träumte, trägt nun Prospekte aus. Keine Krankheit oder mangelhaftes Wissen sei Schuld an seiner heutigen Situation, er wurde von heute auf morgen einfach nicht mehr gebraucht, entsorgt. Wie sein Betrieb auch. Seine Arbeit macht jetzt ein „Ausländer“ sagt er und man kann seine Wut in seinem Gesicht ablesen. Nicht auf den „Ausländer“, denn er hätte es umgekehrt ja bestimmt nicht anders gemacht. Er fühlt sich von seinen ehemaligen Chef missbraucht, ausgenutzt und abgezockt. Am Anfang hätte er noch gedacht dass er wieder Arbeit bekommen würde, doch auch diese Hoffnung zerschlug sich.
Manchmal, sagt er, habe er auf die Hartz 4 Empfänger geschimpft, ja auch beschimpft, weil er blauäugig gewesen sei, ihm kann das nicht passieren. Und so manchen Freund habe er Unrecht getan, welche viel früher als er, bereits länger ihre Arbeit verloren hatten.
Manchmal, so sagt er, schäme er sich heute dafür, denn Freunde hat er keine mehr. Na ja, irgendwie muss es ja weiter gehen, sagt mein Bekannter und verabschiedet sich mit den Worten, schön das wir uns mal wieder gesehen haben.
Ich schreibe ihn noch schnell meine Telefonnummer auf und gebe ihm mit auf den Weg mit, ruf mal an, dann reden wir über alte Zeiten, die waren für uns beide wohl besser.
Wenn ich nun so nachdenke über das Gespräch, habe ich den Eindruck, dass mein Bekannter letztlich „froh“ gewesen ist, dass wir uns getroffen haben, vielleicht auch deshalb, dass ich ihn nur zugehört habe.

Frank Ullrich
Dresdner Sozialwacht



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