Politik

PKW-Maut, Gated Communities, die modernen Raubritter und das neue Mittelalter

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Es ist nicht wirklich schwierig, in die Zukunft zu schauen. Dazu braucht man keine Kristallkugel, kein I-Ging, keine Tarotkarten, auch die Beobachtung des Vogelfluges oder die Lektüre des Kaffeesatzes müssen wir nicht zu Hilfe ziehen. Es reicht manchmal einfach, die gedanklichen Prinzipien der momentanen Machtelite in die Zukunft zu verlängern und schon wird aus zwei Punkten eine Gerade. Wichtigstes Prinzip des sozialen Abschaums des 21. Jahrhunderts ist: Sein Geld für sich arbeiten lassen, also der Traum vom leistungslosen Einkommen. Während Hartz IV-Abhängige sich für eine Minimalleistung durch Tonnen von Papieren arbeiten müssen, die selbst Akademiker oder auch die eigenen Behörde überfordern, träumt unsere Lumpenelite davon, das sich ihr zusammengerafftes Geld innerhalb einer Jahresfrist verzehnfacht.

Der Weg dahin ist egal.

Wer nun etwas mehr Hirnleistung aufwendet, als der durchschnittliche Studienrat zur Alltagsbewältigung gerne investiert, wird schnell merken: das geht ja gar nicht. Geld kann sich nicht hemmungslos vermehren – sonst wäre es ja immer weniger wert. Also muß für jeden umsonst erwirtschafteten Euro irgendwo ein Euro fehlen … und das tut es ja auch.

Die Zeitungen sind voll von Meldungen über dieses Phänomen, siehe newsclick.de

Eine starke Zunahme von schlecht bezahlter und unsicherer Arbeit hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Niedersachsen beklagt. Binnen zehn Jahren sei die Zahl der Leiharbeitsstellen um 133 Prozent auf 71.900 und die der Teilzeitstellen um 35 Prozent auf 511.313 gestiegen, teilte der DGB am Mittwoch in Hannover mit.

Die Zahl der Aufstocker, die zu ihrem Lohn Sozialleistungen benötigten, habe im vergangenen Jahr um fünf Prozent zugenommen. Den Steuerzahler koste das jährlich rund 1,1 Milliarden Euro.

Arbeit,  der Ursprung allen Wertes, selbst bei Räubern und Lumpen wird immer wertloser. Und weil sie immer wertloser wird, weil die Wertschöpfung unseres Wirtschaftskreislaufes in erster Linie in den Phantasien der Anlageberater stattfindet, werden auch Arbeitsplätze immer seltener, siehe ptext:

Wie die aktuelle Studie „Arbeitsmarkt 2011 – Perspektive der Arbeitnehmer“ im Auftrag des Personaldienstleistungsunternehmens orizon GmbH ergab, sehen aber auch über die Hälfte der Befragten (54,1 Prozent) in persönlichen Eigenschaften den Grund für die individuell als schlecht empfundenen Perspektiven. Zu diesen „persönlichen Eigenschaften“, die die Jobaussichten einschränken, zählt wiederum knapp die Hälfte (42,9 Prozent) ein zu hohes Alter. Weitere Aspekte sind mangelnde Flexibilität, eingeschränkte Mobilität, aber auch Faktoren wie „allein erziehend“ oder „körperliche Einschränkungen“. Lediglich 16,6 Prozent betrachten möglicherweise mangelnde berufliche Qualifikation als Hindernis, eine neue Anstellung zu finden.

Alte, Kranke, Alleinerziehende bleiben auf der Strecke, ihre Kinder natürlich auch. Da kräht kein Hahn nach, denn das ist der Preis den wir gerne für den Traum vom leistungslosen Einkommen zahlen. Damit sind wir auf Räuberniveau angekommen. In jenen Kreisen träumt man auch gerne vom leistungslosen Einkommen.

Auch die Tagesschau berichtet gerne mal über die Erfolge der „Branche“:

Ein bislang geheimer Datensatz bringt AWD-Gründer und Politikerfreund Carsten Maschmeyer weiter in Bedrängnis. Die interne Liste dokumentiert, dass Zehntausende Kunden des Finanzdienstleisters viel Geld mit sogenannten geschlossenen Fonds verloren haben. Viele von ihnen haben zusätzlich hohe Schulden in Kauf genommen, da der AWD ihnen die Beteiligungen auf Kredit vermittelte.

Man sieht: bei der Jagd nach völlig arbeitsfreiem Einkommen gibt es nicht nur Gewinner. Es gibt auch die Heerscharen von verlierern, die dann eine Leistung beziehen, die nach einem anderen Verbrecher benannt ist: Hartz IV. Berührungsängste zwischen Politik und Gaunern gibt es nicht mehr, solange das Geld fließt.

Das ist aber nicht nur in hohen Kreisen so, auch der Mittelstand verroht immer weiter und befördert Entwicklungen, die den demokratischen Grundgedanken in seinem Kern vernichten, siehe jungewelt:

Was der Neoliberalismus der 1990er noch eher leugnete, wird jetzt offen gefordert, daß es nämlich Freiheit nur für diejenigen geben soll, die Geld haben und die sich der herrschenden Lebensweise, der »Leitkultur«, anpassen. Statt der Selbstgewißheit, nach dem Ende der osteuropäischen nichtkapitalistischen Staaten den geschichtlichen Fortschritt auf seiner Seite zu haben, zeigt sich jetzt eine deutliche Rückwendung zu vordemokratischen Zeiten.

Die Mittelschicht glaubt, in einem Boot zu sitzen mit den Reichen. Da irrt sie jedoch. Ihr Boot hat – wie die Entwicklung am Arbeitsmarkt zeigt – ein Leck. Menschen werden überflüssig in diesem System, Mittelständler ebenfalls. Man merkt es auf breiter Front, kann es jeden Tag nachlesen … will es aber nicht wahr haben. So schön der Traum vom Einfamilienhaus mit Kabelfernsehen auf 1000 Kanälen in bester Ton- und Farbqualität, in dem man sich einrichten kann während man die Welt nur noch via Bildschirm wahrnimmt und sich bis zum großen Knall vom Behördenfunk einlullen lässt.

Währenddessen räumt die Lumpenelite weiter ab und versucht ihre Form von Gates Communities immer weiter auszubreiten und das gemeine Volk draußen zu halten, diesmal halt auch fort von den Autobahnen, siehe Welt:

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann will Pkw-Fahrer auf den Autobahnen zur Kasse bitten. Kritiker hoffen nun auf Finanzminister Schäuble.

Der neue grüne Wind wird sicher auch eine alte Forderung des Umweltbundesamtes wiederbeleben, ebenfalls in der Welt:

Müssen Autofahrer bald für die Nutzung des Straßennetzes bezahlen? Das Umweltbundesamt plädiert für eine streckenbezogene Pkw-Maut. Drei bis vier Euro pro 100 Kilometer sollten erhoben werden, um allein die Wegekosten zu decken. Außerdem erhofft sich die Behörde von der Gebühr eine Entlastung der Umwelt.

Der nächste grüne Kanzler wird das mit Sicherheit beschließen, damit die verarmten Massen nicht mehr die Überholspur blockieren. Schöne wäre, wenn man dann von seinem Luxusapartment direkt auf die Autobahn kommt und mit dem realen Leben auch in Wirklichkeit keinerlei Kontakt mehr hat. Über erste Ansätze dazu hatte der Spiegel schon mal berichtet:

Das Geschäft mit der Sicherheit boomt in vielen deutschen Städten. Nicht überall entstehen gleich große Gated Communities im strengeren Sinne – aber doch kleine, noble Wohnanlagen mit recht hohen Zäunen. Im Berliner Szenebezirk Prenzlauer Berg werden die recht exklusiven „Prenzlauer Gärten“ gerade erweitert. Die exklusiven Stadthäuser im englischen Stil sind mittlerweile komplett verkauft. Auch die Apartments im angrenzenden „Parkpalais“ sind schon fast alle vergeben – obwohl das Haus noch gar nicht fertig ist.

Auch im alternativen Stadtteil Kreuzberg können sich die Besserverdienenden mittlerweile hinter dicke Mauern zurückziehen. Im „Carloft“ in der Reichenberger Straße nehmen die Bewohner ihr Auto per Aufzug direkt mit in ihre Wohnung. In einer Gegend, in der dieses Jahr schon mehrfach Oberklasselimousinen in Flammen aufgegangen sind, ein mögliches Kaufargument.

55oo Euro kostet so ein Quadratmeter. 120 Euro darf ein Hartz IV-Abhängiger für Essen ausgeben – im Monat. Da kann jetzt jeder mal selbst rechnen, wieviel Jahre man für einen Quadratmeter essen kann … einen Qudratmeter, der geschaffen wurde, um sich vor dem zuvor künstlich geschaffenem Elend vor der eigenen Haustür abzugrenzen.

Wie man solche Summen beiseite schaffen kann, ohne Leuten auf Kredit Träume vom Millionenvermögen zu verkaufen? Ganz einfach: durch gute Beziehungen zur Politik. Dort fließt das Geld reichlich, das man mühevoll durch die PKW-Maut einsammeln möchte, siehe N-TV:

Der Bundesrechnungshof hat dem staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin den massiven Einsatz externer Berater vorgeworfen. Diese hätten dem Sonderfonds für Finanzmarktstabilisierung sowie von ihm gestützten Banken seit Ende 2008 insgesamt über 70 Mio. Euro in Rechnung gestellt, berichtete der „Stern“ und berief sich auf eine interne Soffin-Liste von Ende Februar.

Wer jetzt meint, er müsse Aufkleber mit der Aufschrift: „Raubritterburg“, „Lumpenghetto“ oder „Abschaumfestung“ vor jeder dieser Nobelwohnanlagen anbringen, der hat meine Intention richtig verstanden, die darin besteht, Reichtum nicht als Selbstzweck zu begreifen sondern ihn wieder der moralisch-ethischen Legitimation zu unterwerfen, die besagt: „Reichtum durch Betrug, Raub, Sklavenarbeit oder Ausbeutung jeglicher Art ist sofort zu beschlagnahmen“.

Wir wären wieder ein sehr reiches, sicheres, wohlhabendes Land in dem sich niemand vor dem anderen verstecken müßte, wenn wir uns trauen würden, den modernen Raubrittern ihre Beute wieder abzunehmen.

Ansonsten – so las ich erst kürzlich – droht uns reichen Bundesdeutschen der Staatsbankrott 2015. Wenn wir überhaupt so lange durchhalten und uns nicht der nächste Börsencrash (der eigentlich infolge der Japankrise unausweichlich ist) einfach so wegspült.

Man muss fast hoffen, das so etwas passiert, denn sonst finden wir uns bald unausweichlich in einem von Räubern beherrschten Mittelalter wieder,  in einem Land, das von unpassierbaren Autobahnen in kleine, beherrschbare Häppchen zerteilt wird.

Wenn sich nichts ändert … werden wir genau dort landen.

Während der grüne Wohlstandsbürger auf Staatskosten seinen Solarpool genießt, werden die Armen, Alten und Kranken hinter den Lärmschutzwänden versteckt.

Wollen wir das wirklich?

Ich denke … ja.

 

 



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