Ein bald folgender Beitrag der Dresdener Sozialwacht hat mich auf ein unheimliches Thema gebracht: wir haben in Deutschland wieder anonyme Massengräber. In der Tat: man spricht nicht drüber, aber es gibt sie. Vorbei die Vorstellung, man könnte Oma und Opa dereinst nochmal am Grabe besuchen … waren Oma und Opa nicht reich oder gut betucht, dann … geschieht ihnen etwas, das die Welt im Detail schildert:
Die Namen der Toten stehen auf weißen Aufklebern geschrieben, sie heften auf den Urnen. Es sind vergessene Tote. Tote, die einsam starben, weil es niemanden mehr gab, der sich um sie kümmerte. Stirbt eine Person, von der keine Angehörigen bekannt sind, so versucht das Friedhofsamt, Verwandte ausfindig zu machen und Kontakt aufzunehmen. Falls dies nicht gelingt oder falls sich diejenigen weigern, die verpflichtet wären, die Kosten für eine Bestattung zu übernehmen, werden die Verstorbenen auf Anordnung des Sozialamtes bei einer Massenbeisetzung beerdigt.
Der Westen beschreibt, wo man die Toten dann finden kann:
Große Begräbnisse lassen sich mit dem Gefundenen in der Regel nicht finanzieren. Eine „ordnungsbehördliche Bestattung” endet im Feuer. Die Asche landet fast immer anonym auf einem Gräberfeld in Lüdenscheid.
Der Fachbereich rechnet in diesem Jahr mit Kosten von rund 25 000 Euro für sogenannte „ordnungsbehördliche Maßnahmen”.
Tendenz: steigend.
Diejenigen, denen das Geld kaum zum Leben reicht, haben meist auch nicht genug für eine Beerdigung: Findet sich unter den Angehörigen niemand, der die Kosten für eine Bestattung übernimmt, muss das Sozialamt einspringen. Oft droht damit die Zwangsbestattung. In der Regel ist dies eine Einäscherung mit anonymer Beisetzung.
So formulieren es die „Bestattungsinformationen„.
Das wir es hier mit dem Aufblühen einer neuen Entsorgungskultur zu tun haben, ist beim 3. hessischen Bestattertag schon zur Sprache gekommen, siehe „Bestattergewerbe“:
Tade Spranger vom Institut für Wissenschaft und Ethik der Rheinischen Friedrichs-Wilhelms-Universität Bonn brachte es auf den Punkt: „Eine Sozialbestattung ist kein Armenbegräbnis. Wir sind aber auf dem Weg dorthin, und die Rechtssprechung ist daran nicht ganz schuldlos“
Dezidiert wandte sich Spranger, der unter anderem einen Kommentar zum nordrhein-westfälischen Bestattungsrecht herausgegeben hat, gegen die um sich greifende „Entsorgungsmentalität“ wenn es darum gehe, „Menschen unter die Erde zu bringen“.
„Entsorgungsmentalität“ in dieser Qualität hatten wir schon mal. 1933 – 1945.
Kriegen wir auch wieder, der rundumvollversorgte Wohlstandsbürger ist zu allem bereit, um sein Einfamilienhaus im Grünen in Betrieb zu halten. Es war die unsägliche rot-grüne Regierung unter Kanzler Schröder, die das Sterbegeld gestrichen hatte und gleichzeitig die Armut per Gesetz einführte, um Millionen von Menschen endgültig vom Arbeitsmarkt abzukoppeln und künstlich ein sozial abgestraftes Prekariat zu schaffen, deren Kinder keine Konkurrenz mehr für die eigenen Sprößlinge bedeutet, es war diese Regierung, die Arbeitslose als „Parasiten“ verurteilte, die den unheiligen Satz sprach: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“.
Kein Wunder, das wir nun auch wieder anonyme Massengräber und Massenverbrennungen bekommen, Menschenverachtung und Nazi-Entsorgungskultur gehören einfach zusammen, aber sofern die Abwärme aus dem Verbrennungsvorgang ökologisch sinnvoll noch zum Heizen des Rathauses mitbenutzt wird, dann wird es wohl so schnell keinen stören.
Angesichts der großen Welle von Armenleichen, die wir in Zukunft zu erwarten haben, läßt sich mit ihnen vielleicht sogar ein ganzes Kraftwerk betreiben – ich hoffe, ich habe da jetzt niemanden auf eine clevere Geschäftsidee gebracht.
In den normalen Medien wird man immer weniger zu diesem Thema finden. Die zeigen sich immer mehr als Mietmedien, die das bringen, wofür man sie bezahlt, siehe Meedia.de:
Mit erfundenem Firmennamen und falscher Identität hat taz-Redakteur Sebastian Heiser verdeckt recherchiert, wie käuflich deutsche Tageszeitungen sind. Mit dem Ziel, Schleichwerbung in Blättern von zehn Verlaugshäusern unterzubringen. Das beunruhigende Ergebnis: Tageszeitungen und Magazine nehmen es nicht so genau mit der Trennung von Anzeigen und Text. Besonders schlecht schnitten die FR, Neues Deutschland und die Westdeutsche Allgemeine ab.
Und hier sind die persönlichen oder partei- und gesellschaftspolitischen Verpflichtungen der jeweiligen Chefredakteure noch gar nicht berücksichtigt. Welche Lobby haben hingegen die toten Armen, die in nach ihrer Verbrennung im Pappkarton in anonymen Massengräbern entsorgt werden? Die sollten sich vielleicht mal ein Vorbild nehmen an der Glücksspielindustrie, die uns deutlich zeigt, wie man in Deutschland 2011 Politik macht, wenn man es sich finanziell leisten kann, siehe WAZ:
Spitzenpolitiker von CDU und FDP aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben sich in der heißen Phase der Verhandlungen um den Glücksspielstaatsvertrag von einer Sport-Wirtschaftszeitschrift zu einer Konferenz auf Sylt einladen lassen.
Leider können die toten Armen keine Spitzenpolitiker zu einem erneuten Sterbegeldgespräch auf die Malediven einladen, noch gibt es jemanden, der sich ihrer Sache annehmen würde. Es gibt auch niemanden, der großformatige Anzeigenkampagnen starten würde, um die Bevölkerung über die anstehenden Massenverbrennungen aufzuklären.
Ganz automatisch bringen uns die ungeschriebenen und geschriebenen Gesetze der Korporatokratie, der Herrschaft der Konzerne und ihrer Werte, wieder zu dem guten alten nationalsozialistischem Lagersystem für „unwertes Leben“. Das hat man nun davon, wenn man die Macht im Staate den Sachzwängen ausliefert, die von einem nach oben offenem Renditewahn diktiert werden. So hebelt man alle menschlichen Werte zugunsten fortschreitender Kostensenkung aus – was letztlich immer noch zu Leichenbergen geführt hat.
Und die politischen Optionen die man hat? Die werden von der Welt gerade am Beispiel Stuttgart 21 durchexerziert:
Kein anderer als Winfried Kretschmann könnte auf die zum Teil besessenen Bahnhofsgegner einwirken. Kein anderer als Kretschmann könnte die Notwendigkeit des Baus, wenn denn das Volk derart gesprochen hat, glaubhafter vertreten.
Selten hat man so deutlich gelesen, das sogar Ministerpräsidenten in diesem Land nur noch eine Aufgabe haben: Häßlichkeiten servieren. Und wenn die Mehrheit im Land rot-grün ist, dann werden sie eben von rot-grünen Politikern serviert. Häßlich bleiben sie trotzdem.
Darum bleiben unsere AKW´s aktiv. Darum wird Stuttgart 21 gebaut. Darum werden wir irgendwann Arme in Massen verbrennen müssen … und ich kann nicht garantieren, das die dann wirklich alle schon tot sind. Aber sie müssen fort, weil ihr Restleistungsvermögen erschöpfend ausgebeutet wurde und sie mithin nur noch Kosten verursachen.
Und das ist das, was von unserer Demokratie geblieben ist: wir dürfen den Kellner wählen … bzw. den Henker.
Die Suppe, die wir auszulöffeln haben, bleibt die gleiche.