Über Sinn und Unsinn sozialer Bewegungen kann man viel diskutieren. Aus den letzten („Grüne“ und „Linke“) haben wir vor allem eins gelernt: niemals dürfen diese Bewegungen politische Partei werden, denn dann wenden sie sich sofort gegen ihre Wähler und gehorchen dem System (wobei man bei den „Linken“ erst nochmal abwarten muß, bis die Gewerkschaftsseilschaften die Machtübernahme in der Partei abgeschlossen haben, erste Annäherungen an das System – siehe „Grundeinkommen“ – hat es aber schon gegeben).
Das System ist einfach: Wer Geld hat, hat Macht. Kauft Experten, Presse, Politiker, Meinungen und Sympathien.
Der Bundestag winkt dann das als Gesetz gestaltetes Ergebnis mit viel Kommentar durch. Das führt zu Erscheinungen, die einen „von Guttenberg“ sympathisch erscheinen lassen, wie der konservative Publizist Arnulf Baring in der Welt aufführt:
Obwohl oft anderes behauptet wird, haben wir in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik großes Glück mit unserem politischen Personal gehabt. Das lag an den Geläuterten, die schon in Weimar aktiv waren wie Adenauer, Heuss oder Schumacher. Dazu kamen Vertreter der Kriegsgeneration, zum Beispiel Helmut Schmidt, Erich Mende und Walter Scheel.
Weil diese Führungsschicht in den drei ernst zu nehmenden Parteien so überzeugend war, viel besser als in Weimar, haben die Parteien geglaubt, dass talentiertes Führungspersonal von selbst nachwächst. Tut es aber nicht! Bei den Parteien muss man heute Erstarrung, Leisetreterei und Meinungsarmut beklagen. Deshalb werden Ausnahmeerscheinungen wie Guttenberg so gefeiert.
Und weiter:
Unsere Parteiendemokratie erstarrt, weil es in allen Lagern an eindrucksvollem Führungspersonal fehlt. Die Deutschen wünschen sich aber eine Führungsfigur, die ihnen sagt, was wir jetzt unwiderruflich tun müssen und tun können.
Man hat die Nase voll von dem System – so könnte man das auch nennen. Ich selbst bedauere den Verlust der großen Gestalten der Politik ebenfalls, ihnen konnte man zumindest in der Hinsicht vertrauen, das sie nebenbei nochmal ans Volk denken und Lehren aus dem DRITTEN REICH gezogen haben. Hat ja auch geklappt, die ersten Schritte zum VIERTEN REICH mit der AGENDA 2010 hat die Generation mit der „Gnade der späten Geburt“ in die Wege geleitet. In den sechziger, siebziger und achtziger Jahren wäre das undenkbar gewesen, die Weisheit der Überlebenden hätte diesen Weg verhindert. Jetzt fehlen die Erfahrungen, blasse Juristen und Lehrer bevölkern die Parlamente (manche sogar mit falschem Doktortitel) und regieren das Volk mit ihren Phantasievorstellungen in den finanziellen Ruin.
Kein Wunder, das das Volk … sehr humorvoll auf den Verlust eines menschlichen Politikers reagiert, ebenfalls aus der Welt:
„Monarchie – jetzt oder nie!“; „Wir sind Dein Volk“; „Guttenberg muss Kaiser werden!“; „KT – Schwert und Schild der BRD“; „Wer hat Gutti verraten – Christdemokraten“; „Guttenberg – Von Gott gesandt für unser Land“; „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns den Gutti klaut!“; „Militärputsch jetzt!“, „Für die Freiheit, für das Leben muss es Plagiate geben“.
Wie man hört, hatte er sogar „die Haare schön“.
Vor sieben Jahren hatte ich das Vergnügen an einer sozialen Bewegung teilzuhaben. Fast wäre ich sogar mit meinem Kumpel Jörg (Architekt) in den Vorstand gegangen … aber linksradikale Kräfte hatten uns „Juppis“ so zugesetzt, das wir den Laden dann lieber dicht gemacht haben. Umsonst arbeiten und dafür noch angemault werden, nur weil man sich auch in Anzug und Krawatte bewegen kann, ist halt nicht so motivierend. Reste davon gibt es noch hier:
Wir wollen ein Netz von kleinen Lebensgemeinschaften in Aachen aufbauen und suchen dafür Häuser mit 5-7 Wohnungen, die wir mieten können. Unser Ziel ist es, in die Konzepte des Städtebaus hineinzukommen. Zukünftige Häuser sollen nach unserem Konzept geplant werden, wo Jung und Alt, Singles und Familien, Arm und Reich, Deutsche und Ausländer zusammen wohnen können.
Dieses Modell soll ansteckend wirken und als bereichernde Lebensform Kreise ziehen.
So wollen wir eine deutschlandweite Bewegung gründen, da wir glauben, dass immer mehr Menschen eine solche Lebensform suchen!
Mittelfristig wollen wir mit der „All in One“- Idee expandieren, sowohl in Größe als auch in räumlicher Ausbreitung.
In 5 – 10 Jahren soll in Aachen ein großes Modellprojekt „All in One – Lebensform der Zukunft“ entstehen. Ein Haus das zukünftig Maßstäbe für den Städtebau setzen wird. Es soll ca. 20 Wohneinheiten beinhalten, eine gemeinsame Lebensform für die oben genannten Menschen, sowie ein Café und Treffpunkt, Künstlerateliers und ein soziales Kompetenzzentrum bieten.
Es gab zum Schluß einhundertzwanzig Menschen aus dem Aachener Raum, die daran teilnehmen wollten – und einen Investor, der dafür sein Mietshaus stiften wollte. Da es aber im Verein – wie auch in jeder Firma – Menschen gibt, die sich lieber selbst ins Rampenlicht stellen anstatt etwas bewegen wollen, ebenso wie Menschen, die nach dem Prinzip Schlaraffenland leben und darauf warten, das ihnen gebratene Tauben in den Mund fliegen sowie einige junge Herren mit sehr rüpelhaftem Benehmen den jungen alleinerziehenden Damen gegenüber scheiterte das Projekt, das auch gut betuchte Bürger angezogen hatte.
Es wäre ansonsten ein voller Erfolg geworden.
Was man übersieht ist, das man im Bereich der sozialen Bewegungen nicht allein dasteht – und das reiche Menschen nicht nur Agenten des Teufels sind, wie man zum Beispiel anhand der Bewegungsstiftung sehen kann:
Die Idee der Bewegungsstiftung entwickelten Menschen, die selbst viele Jahre in sozialen Bewegungen aktiv waren. Immer wieder mussten sie erleben, wie stark der Erfolg politischer Aktionen von der Höhe der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel abhängt. Als Mitglieder der »Generation der Erben« wollten sie deshalb Teile ihres Vermögens einsetzen, um soziale Bewegungen zu fördern und gesellschaftlichen Wandel aktiv zu gestalten. Am 2. März 2002 wurde die Bewegungsstiftung von neun StifterInnen in Berlin gegründet. Über die Jahre sind mittlerweile über 90 weitere StifterInnen hinzugekommen.
„Immer wieder mußten sie erleben, wie stark der Erfolg politischer Aktionen von der Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel abhängt“.
Den Satz greife ich nochmal extra heraus, weil … er eigentlich alle Erfolgsbedingungen enthält.
Geld.
Geld ist Macht.
Will man also in Deutschland im 21. Jahrhundert irgendetwas bewegen, verändern, erneuern, erhalten so braucht man: GELD. Das ist peinlich, unangenehm, unbequem und äußerst häßlich, aber außerhalb der Tradition religiöser Orden mit entsprechender Disziplin, entsprechende Motivation und entsprechendem Gemeinschaftsgeist wird es schwierig sein, soziale Bewegungen ohne größere Finanzmittel in Bewegung zu setzen und zum Erfolg zu führen, Mittel, die bei der Friedens- und AntiAkw-Szene einfach privat flossen.
Nun hat man mir die Frage gestellt, ob ich die karnevalistische Operation 100 ernst meine.
Was für eine Frage … so wird in Deutschland Politik gemacht. Schon vergessen, warum Hotels einen so niedrigen Mehrwertsteuersatz bekommen haben und warum Banken so locker durch die Krise gehen? Die haben ganz einfach Leute vor Ort in Berlin, die dort mitmischen und das ganze Instrumentarium der Meinungsbildung auffahren: Studien, Vorträge, persönliches Gespräch beim Abendessen und … Dinge, über die man öffentlich nicht reden darf.
Natürlich meine ich es ernst, das es funktionieren würde, wie jede andere generalstabsmäßig geplante Meinungsbildungskampagne auch. So setzen Pharmaindustrien ihre Theorien durch, so vermarkten sie ihre Medikamente: sie verkaufen Ideen. Und wenn eine soziale Bewegung ein konkretes meßbares Ziel verfolgt, dann ist sie gut beraten, sich den Strategien anzupassen, die dem Umfeld entsprechen. Das Umfeld ist … ein auslaufendes Demokratiemodell im Übergang zu einer Diktatur gesichts- und charakterloser Funktionseliten. Will man Erfolg, muß man das sehen und sich entsprechend verhalten. Wenn ich einen Tiger im Dschungel jagen will, kann ich Angel, Eispickel und Schmetterlingsnetz ebenso zu Hause lassen wie die Badehose und den Walkman. Ich muß mich halt anpassen – oder sollte die Jagd gleich sein lassen.
Das praktische Prinzip ist ebenfalls einfach. Man braucht einen Geschäftsleiter, eine Leiter Marketing, eine wissenschaftlichen Leiter (mit drei bis vier Mitarbeitern), zwölf Regionaldirektoren, von denen jeder neun „Botschafter des sozialen Friedens“ zusammenhält, die wiederum jeden Tag nur eins machen: die Idee unters Volk bringen: Interviews mit Lokalzeitungen, Leserbriefe, Blogbeiträge, Briefe an die Abgeordneten, Auftritte auf Parteiversammlungen, bei lokalen Geschäften und Handwerkern … und was einem noch so einfällt. Überall gibt es nur EIN Thema: Operation 100 – und die Vorteile, die die Gesellschaft und jeder Einzelne davon hat, solange, bis das Thema vom Land aus nach Berlin getragen wird, wo das Kernteam schon bereit steht um den Ball ins Parlament zu tragen … weil man eingetragener Lobbyist mit Maßanzug ist und schon längst dreissig Abgeordnete verschiedenster Parteien für sich gewonnen hat.
So eine Bewegung ist erfolgversprechender als eine Partei, weil eine Partei intern viel Reibungsverlust hat und zusätzlich eine ganze Palette von Werten mit sich herumschleppen muß, die zwar wichtig aber für das konkrete Ziel uneffektiv sind. So … minimiert man Wählerstimmen.
Man merkt: das Ganze ist eine Firma. Das kann manche stören, aber: im Urwald sind Stöckelschuhe nun mal fehl am Platze. Wenn ich im momentan Umfeld etwas erreichen will, dann brauche ich … einen entsprechenden Auftritt. Da muß eine Entscheidung fallen: was will ich – Erfolg haben und Millionen Menschen aus der Armut retten … oder einfach eine coole Figur abgeben und bis zwölf im Bett liegen. Das muß jeder für sich selbst entscheiden.
Für die Gesellschaft ist die Firma besser. Am Ende des Prozesses löst sie sich auf, während eine Partei weiter finanziert werden muss und auch danach trachten wird, zu überleben. „Operation 100“ löst sich dann auf bzw. geht – mitsamt den Erfahrungen, den Verbindung, den Kontakten, dem dann äußerst professionellen Personal über in OPERATION 1000 – dem ultimativen Befreiungsschlag der Mehrheit des deutschen Volkes, auf die dann die Operation 10000 folgt, die … Utopia errichtet für jene, die es in Deutschland trotz Grundeinkommen nicht mehr aushalten.
Nun meinte mein Freund (ich hoffe, ich darf ihn so bezeichnen) Regenbogenbieger natürlich noch was anderes mit seiner Frage, ob ich das ernst meinte.
Die Frage, ob WIR das wirklich machen wollen.
Meine Position dazu ist klar: NEIN. Ich leide unter gesundheitlichen Einschränkungen, bin alleinerziehend unter erschwerten Bedingungen, arbeite freiberuflich und – wie es aussieht – bald noch viel mehr. Sollte sich keiner beschweren – Öl wird teuer, ich muss das halt auch bezahlen. Ich arbeite von morgens 6 bis abends 21.30 – wo um alles in der Welt sollte ich noch Ressourcen für so ein Projekt freimachen? Alle zwei Wochen habe ich ein Wochenende frei … das ich dann auch für mich und die Wäsche brauche.
…
Und dann kommen die anderen Aspekte dazu, Argumente, denen man sich nicht entziehen kann. Obwohl für viele noch anonym, bin ich mit bald 2000 Artikeln im Netz eine präsente öffentliche Person, die ein gewisses Vertrauen geniessen könnte – jedenfalls kann man bei mir wissen, woran man ist. Ein angestellter Geschäftsleiter wäre erstmal … ein Risiko.
Ich habe Erfahrungen in Personalführung, Ausbildung, Rekrutierung, Marketing – und könnte schnell und sicher gezielt weitere Kontakte aufbauen, wenn ich … mobiler wäre. Das ist jetzt kein Antrag auf ein neues Auto … sondern ein Antrag auf einen neuen Rücken.
Wäre ich bei dem Aachener Gemeinschaftsprojekt früher aktiv geworden, gäbe es das jetzt. Man hätte nur einen einzigen professionellen Menschen gebraucht, der morgens früh aufsteht und eine Unterschrift leistet. So etwas scheint aber im Rahmen eines Vereins nur schwer möglich zu sein.
Andererseits bin ich auch jemand, der privat gerne weit über den Tellerrand hinausschaut und dort Ungeheuer findet, wie zum Beispiel in der Welt:
Crash-Prophet Roland Leuschel hat die Abstürze 1987 und 2008 vorhergesehen. Nun warnt der frühere Banker wieder vor einem großen Absturz.
Wir sind sowieso gehalten uns zu bewegen und uns nicht mehr auf die trügerischen Sicherheitssysteme der alten Bonner Republik zu verlassen. Die Hartz-Abhängigen zahlen einen hohen Preis dafür, das sie früher mal viel in die Arbeitslosenversicherungen einbezahlt und viel für ihre Kinder angespart haben.
Ich könnte mir also vorstellen, so etwas professioneller zu machen, weil es mich immer noch ärgert, das All-in-one-soziale Innovation gescheitert ist, kurz bevor es fertig war.
Ich hätte aber einige notwendige Bedingungen.
Geld nehmen wir NUR von Hartz-IV-Abhängigen. Ich will keine Verpflichtungen gegenüber irgendwem. (Möglicherweise bin ich hier zu pingelig).
Eingestellt werden NUR Hartz IV-Abhängige. Ich will nicht noch eine Bewegung enden sehen, weil Politprofis auf den Zug aufspringen. Ein Abhängiger zu sein, muß ein Ehrentitel bleiben. (Das ist weniger diskutabel).
Es gibt nur EIN Ziel: Regelsatzerhöhung im Sinne des Bundesverfassungsgerichtsurteils in Höhe von 100 Euro. Frieden und Frösche brauchen dann andere Bewegungen.
Das ganze soll den Charakter einer Arbeiterlotterie des 19. Jahrhunderts beibehalten, wo viele einzahlten, damit andere aus dem Elend entkommen konnten. Diesmal entkommen sie … um die Türen für alle zu öffnen.
Was schiefgehen kann?
Nun – es kann sein, das die neoliberale Presse mit ihrem Bild der versoffenen Faulenzer recht hat. Dann … passiert nichts. Das Geld, das wir bis zum Zeitpunkt des Scheiterns erhalten haben wird – nach Abzug der Kosten – an die Einzahler zurückgeschickt. Wie es aussieht, haben wir zum jetzigen Zeitpunkt schon einen Treuhänder, der aufpasst, das der Bieger und ich nicht mit der Kasse auf die Malediven ziehen.
Was wir jetzt mal konkret machen?
Wir machen das, was Firmen immer tun: wir starten eine Testphase. Regenbogenbieger bastelt was, wo wir dann unser Kernteam versammeln können. Wir lassen die Testphase bis September 2011 laufen. Bis dahin brauchen wir kein Geld – nur ehrenamtliche Mitarbeiter, die natürlich als Erste in Lohn und Brot übernommen werden, wenn … Geld da ist.
Ist die Resonanz zu gering … prima. Würde mich auch freuen. Ich habe viel Privatleben und viele Verpflichtungen gegenüber Menschen.
Ist die Resonanz überwältigend … auch prima. Dann sorgen wir dafür, das wir eine feste Lobby in Berlin bekommen und in diesem Land ein neuer Wind weht.