Wirtschaft

Zukunftsprognose: Armut und Weltwirtschaftskrise 2015

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Einen Blick in die Zukunft werfen zu können: das wäre vielen Leuten viel Wert. Zum Beispiel der EU, die ja Geld wie Heu hat, während ihre Mitgliedsländer ständig größere Schuldenberge anhäufen. Dort gab es jetzt laut FTD eine Million Euro für ein ganz besonderes Projekt:

Sehr gern würde die EU-Kommission mal einen Blick in die Zukunft werfen. Deshalb hat sie den Ökonomen Rafael Popper beauftragt: Ausgestattet mit 1 Mio. Euro Fördergeld soll er herausfinden, was so alles auf die Menschheit zukommt.

Was man für eine Million Euro an Prognosen bekommt, ist schon erstaunlich, zum Beispiel den pseudowissenschaftlichen Religionsersatz:

Nun, einige Leute glauben an Gott, weil man an irgendetwas glauben muss, weil es Dinge gibt, die man sich nicht mit reiner Wissenschaft erklären kann. Ich stelle mir ein Wiki im Internet vor: ein Werkzeug, mit dem man die eigene Zukunft planen kann, die eigenen Stärken und Schwächen analysieren und sich am guten Beispiel anderer orientieren. Dann haben die Leute weniger Zeit, um in die Kirche zu gehen und zu beten. Sie würden begreifen, dass sie Dinge in ihrem Leben erreichen können, wenn sie einen Plan dafür haben.

Genau das ist das, was die Leute brauchen: einen Plan. Zum Beispiel einen konkreten Plan, wie man aus der eigenen finanziellen Misere herauskommt. ARBEIT, die klassische Methode zur Armutsbewältigung, scheint da laut Süddeutscher Zeiung nicht mehr zu greifen:

Die Krux mit der Bezahlung: Leiharbeiter verdienen nur etwa halb so viel wie normale Arbeitskräfte. Fast jeder achte ist deshalb trotz des Jobs auf Hilfe vom Staat angewiesen.

Der Studie zufolge erhielten Arbeitskräfte in der Verleihbranche, die in den alten Bundesländern tätig waren, 2009 durchschnittlich monatlich 1456 Euro brutto, einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld. In Ostdeutschland, wo die Löhne insgesamt etwas geringer sind, betrug der Verdienst sogar nur 1124 Euro.

Mehr als zehn Prozent im Westen und gut 20 Prozent im Osten verdienten sogar weniger als 1000 Euro brutto im Monat, obwohl sie Vollzeit arbeiten.

Kommt nun zum niedrigen Einkommen noch steigende Preise hinzu, ist Armut vorprogrammiert. Laut Focus sehen die Aussichten dort düster aus, weil man Computer nicht essen kann:

Im wirklichen Leben hilft es allerdings wenig, wenn Fernseher oder Computer billiger werden und sich dafür Brot, Sprit und die Miete verteuern. So betrug die offizielle Inflationsrate im vergangenen Jahr auch gerade einmal 1,1 Prozent. Die Preise für Gemüse stiegen dagegen durchschnittlich um 17,5 Prozent, Obst wurde um knapp acht Prozent teurer.

Das ist die Krux mit der Statistik. Es geht uns theoretisch so unglaublich gut, nur merken wir nichts davon. Insgesamt scheinen wir in eine Phase kollektiver Geldillusion zu marschieren … weshalb manche gar nicht genug davon bekommen können, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet:

Die großen britischen Banken wollen einem Bericht der «Sunday Times» zufolge ihrem Personal Boni in Höhe von bis zu sechs Milliarden Pfund (7,12 Milliarden Euro) zahlen.

Die Regierung hatte die Großbanken – einige davon sind teilverstaatlicht – angesichts der vom Finanzsektor ausgelösten schweren Wirtschaftskrise in Großbritannien zur Zurückhaltung aufgefordert.

Und das sind nur die großen Banken. Die kleinen werden wahrscheinlich auch nicht knausrig sein. Immerhin – man bedient sich ja gerne bei den Leiharbeitern, deren Konto durch die mickrigen Erträge des Arbeitseinkommens immer gerade mal so knapp gefüllt werden kann … und die Regierung schaut laut „Extrem News“ gnadenlos zu:

Bankkunden können nicht auf deutlich geringere Kreditzinsen hoffen, wenn sie ihr Konto überziehen. Wie die „Saarbrücker Zeitung“ berichtet, will die Bundesregierung nicht gegen horrende Dispozinsen von bis zu 17 Prozent bei zahlreichen Banken und Sparkassen vorgehen.

Aber nicht nur durch die Ausplünderung der Ärmsten kommt man zu Geld. Für Milliardenboni braucht man schon ganz andere Pläne und Methoden, wie die TAZ heute berichtet:

Die März-Ausgabe der US-Zeitschrift Vanity Fair berichtet, dass die Investmentbank Merrill Lynch bereits im März 2008 in einem Bericht vor dem Zusammenbruch der irischen Banken warnte, weil die den Bauunternehmen das Geld nachwarfen. Der Bericht wurde noch am selben Tag zurückgezogen: Die irischen Banken hatten gedroht, ihre Geschäftsbeziehungen mit Merrill Lynch abzubrechen. Der Autor des Berichts, Phil Ingram, musste nach der Übernahme der Investmentbank durch die Bank of America im September 2008 seinen Hut nehmen.

In demselben Monat veröffentlichte Merril Lynch einen völlig anderen Bericht. „Alle irischen Banken sind profitabel und gut kapitalisiert“, hieß es darin. Für den siebenseitigen Bericht kassierte Merrill Lynch 7 Millionen Euro von der irischen Regierung – 1 Million pro Seite.

Eine Million Euro für eine Seite voller Lügen? In dem System stecken Boni drin – mehr sogar als in dem Orakelgeschäft für die EU. Dabei bräuchte die EU Orakel ganz dringend, denn für Irland sieht es schlecht aus:

Diese Bankengarantie entpuppte sich als Fass ohne Boden. Die Banken rückten mit ihren roten Zahlen nur zögerlich heraus, die Summe stieg beinahe täglich, und ein Ende ist nicht abzusehen. Der irische Wirtschaftsprofessor Morgan Kelly, der mit seinen Prognosen seit Jahren ziemlich richtig liegt, prophezeit, dass es sich um 106 Milliarden Euro handeln wird. Dieses Geld kann Irland nicht zurückzahlen. Das glaubt auch ein US-amerikanisches Unternehmen für Bonitätsbeurteilung: Es hat Irland, das noch vor wenigen Jahren zu den reichsten Ländern der Welt gehörte, an die dritte Stelle der Länder gesetzt, die ihren finanziellen Verpflichtungen wahrscheinlich nicht nachkommen können. Eigentlich werden diese Ränge nur von Drittweltländern belegt. Inzwischen ist selbst der Irak kreditwürdiger als Irland.

Irland gehörte vor wenigen Jahren noch zu den reichsten Ländern der Welt – mitlerweile ist selbst der Irak kreditwürdiger.  Das gehört eigentlich auf den Tisch eines jeden deutschen Abgeordneten geschrieben, damit wir in vier Jahre nicht „Deutschland“ anstelle von „Irland“ schreiben müssen. Wer tiefer in den Nachrichten herumstöbert kann – ganz ohne EU-Millionen – einen Ausblick auf die Zukunft erlangen, zum Beispiel wieder in der FTD:

Der weltgrößte Anleiheinvestor Pimco hat seine Kritik an der Geldpolitik der amerikanischen Regierung verschärft. Der Chef des Unternehmens, Mohamed El-Erian, bescheinigte Washington, den Anstieg der Inflation billigend in Kauf zu nehmen oder unter Umständen gar zu befeuern. Um ihre hohe Schuldenlast zu reduzieren, ließen die USA eine höhere Teuerungsrate zu, sagte er in einem Interview mit dem Magazin „Der Spiegel“.

Die Methoden sind sehr einfach und leicht verständlich zu beschreiben:

„Schecks in Billionenhöhe auszustellen, ist keine Sache, die Anleihebesitzer glücklich machen sollte, sie wirkt stattdessen inflationär und, um die Wahrheit zu sagen, wie ein Schneeballsystem“, hatte Gross das Vorgehen verurteilt. Die Verbindlichkeiten souveräner Staaten fußten schon immer auf der Annahme, dass sie niemals zurückgezahlt werden müssten, weil sich die Länder mit Wachstum aus dem Schuldendilemma befreien könnten. Doch das funktioniere nicht mehr. „Es gibt wie in einem Schneeballsystem keine Notwendigkeit, weitere Leichtgläubige zu finden. Sie (die US-Notenbank) wird die Schecks einfach selbst ausstellen. Ich frage: Hat es jemals ein dreisteres Schneeballsystem gegeben?“

Wenn das Brötchen eine Million Euro kostet, dann kann ich die 500000 für mein Haus schnell abzahlen – so der Plan der US-Regierung. Natürlich – wer dann nur noch einen Regelsatz von 359 Euro hat, der kommt dann nicht weit. Aber die Bonifürsten sorgen für sich selbst schon mal vor, damit es nicht an Brötchen im Büro mangelt.

Darum kommt auch 2015 die nächste Wirtschaftskrise – laut einer Studie, über die Cash.ch berichtet:

Während sich Bankenchefs und Politiker vergangene Woche auf Partys und in Arbeitsgruppen beim Weltwirtschaftsforum in Davos vernetzten, war Barrie Wilkinson in einem nahe gelegenen Hotel und warnte dort vor einer sich abzeichnenden Finanzkrise im Jahr 2015.

“Die grundsätzliche Probleme wurden nicht behandelt”, sagte Wilkinson, ein Partner beim Londoner Beratungsunternehmen Oliver Wyman, in einem Interview mit Bloomberg News. “Das, was die vorherigen Krise auslöste – eine lockere Geldpolitik und Ungleichgewichte im Handel – ist heute sogar stärker vorhanden als es damals war.”

Angesichts dieser Aussichten wird es verständlich, warum kein Geld mehr für Arbeit ausgegeben werden kann und warum niemand wirklich das System verändern möchte. Wer die Macht hätte, es zu verändern, würde sich ins eigene Fleisch schneiden: immerhin profitieren ja alle davon.  Alles giert nach großen Boni, die einem helfen werden, die Inflation zu überleben … die Inflation sowie die Maßnahmen des IWF zur Stabilisierung der Situation, die Michel Chossudovsky bei IRIB erwähnt:

In Ägypten wurde 1991 ein verheerendes IMF-Programm auf der Höhe des Golfkrieges durchgesetzt. Es wurde im Austausch für die Streichung von Ägyptens Schulden bei den USA für militärische Ausrüstung in Milliardenhöhe und für Ägyptens Beteiligung am Krieg ausgehandelt. Die darauf folgende Deregulierung der Lebensmittelpreise, die umfassende Privatisierung und massive Sparmaßnahmen führten zu der Verarmung der ägyptischen Bevölkerung und zur Destabilisierung seiner Ökonomie. Ägypten wurde als vorbildlicher „IMF-Schüler“ gepriesen.

Die Rolle von Ben Alis Regierung in Tunesien war es, die tödliche ökonomische Medizin der IMF durchzudrücken, die über 20 Jahre lang die nationale Ökonomie destabilisierte und die tunesische Bevölkerung verarmte. In den vergangenen 23 Jahren ist die ökonomische und soziale Politik in Tunesien durch den Washington-Konsens diktiert worden. Sowohl Hosni Mubarak als auch Ben Ali blieben an der Macht, weil ihre Regierungen den Diktaten des IMF gehorchten und sie effektiv durchsetzten.

So – Zukunft vorhergesagt. Es wird immer weniger Geld für Bürger geben und dieses wenige Geld wird immer wertloser werden, weshalb jene, die Geld drucken können, immer mehr davon machen. Das geht nicht lange gut.

Kriege ich jetzt auch meine Million? Die bräuchte ich nämlich, denn wenn ich meine Stärken und Schwächen analysiere und Pläne für meine Zukunft mache, dann muß ich sagen: für alte und kranke Menschen ohne Beziehungen zum Finanz- und Politikfeudalismus bleibt nur der Hungertod – oder eben beten.

Na ja – ist ja auch ein Plan, irgendwie.



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