Politik

Deutschland 2011: Zwangsarbeit für alle … und die Rückkehr des kommunistischen Ideals

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Philosophen sind Freunde von Prinzipien. Das ist ihre Welt. Sie gehen gerne zurück zu den allerersten Ursprüngen und einfachsten Dingen. Kehren sie von ihren Reisen zurück, sind ihre Berichte dann oft so umfangreich, das sie niemand mehr hören mag. Dabei ist die Welt der Prinzipien lebenswichtig – am Anfang jeder Menschenmassenvernichtung steht ein Prinzip, für das man sich entscheidet. Wie lange es zeitlich dauert, bis das Prinzip – in einigen wenigen Hirnzellen verankert – sich bis zum Massengrab entwickelt hat, hängt sehr von äußeren Umständen ab. Je früher es erkannt wird, umso größer sind die Chancen, den Massenmord gewaltfrei abzuwenden. Wartet man länger, brauchts wieder einen Weltkrieg dazu.

Zur Neujahrsansprache hatte ich eine kleine Anekdote erwähnt, die ich selber kaum glauben konnte: die Bürger einer kleinen Ruhrgebietsstadt waren aufgefordert worden, 2011 die Nebenstraßen der Gemeinde selbst von Schnee und Eis zu befreien. Nicht nur die Gehsteige, wie bisher, sondern auch die Straße. Ob nun Alte, Kranke, Behinderte dort wohnen, war egal: jeder muß ´ran in der Winterarbeitsschlacht gegen den Schnee.

Ich hatte es für eine Provinzposse gehalten. Ich hielt es für undenkbar, das ein demokratischer Staat, ausgestattet mit teuren, vom Bürger bezahlten Räumfahrzeugen die Gesundheit der Bürger gefährdet, in dem er sie mit Schaufeln bewaffnet auch im hohen Alter auf die Straße schickt – doch ich wurde … wie einst auch bei der Agenda 2010 … eines Besseren belehrt.  DIESER Staat macht das … und zwar diesmal laut Welt mit SPD und LINKEN als Speerspitze:

Während der Deutsche Städtetag erklärt, es sei fraglich, ob die Kommunen ihren Winterdienst in der bisherigen Qualität leisten können, werden gleichzeitig die Forderungen an die Haus- und Grundbesitzer erhöht. Sie sollen das leisten, was die öffentliche Hand nicht schafft.

Ganz vorne dabei ist der von SPD und Linkspartei geführte Berliner Senat. Sein neues Gesetz zur Schneeräumpflicht ist ein bemerkenswertes Dokument. Es verlangt schlicht und absolut eine „Beseitigung“ der Winterglätte, wo bisher nur von „Bekämpfung“ die Rede war. Es verlangt auch ein unverzügliches Handeln, wo die Rechtsprechung in Deutschland durchaus eine Wartezeit akzeptiert, wenn mitten in einem starken Schneefall ein sofortiges Räumen keinen Sinn hat.

Wie die alten Omas das in meiner alten Heimat alleine schaffen sollen, weiß ich nicht. Würden sie es versuchen, würde es, denke ich, Tote geben.

Der Autor der Welt versucht in diesem Artikel, die Prinzipien der „freien Marktwirtschaft“ gegen linke Dogmatik zu wenden, was ihm nur mühsam gelingt. Was er übersieht ist: die Prinzipien werden umgedreht. Der Berliner Senat befiehlt Arbeitseinsatz für alle … und man braucht nicht weit zu denken, um zu sehen, das wohl drastische Strafen folgen werden, wenn man dem Befehl nicht Folge leistet, weil man zum Beispiel gerade zur Arbeit oder im Urlaub ist.

In unserem kleinen Ruhrgebietsstädtchen räumt noch keiner. Die Eisplatten kriegt ja auch keiner ohne Werkzeug weg. Viele glauben noch nicht mal, das es wahr ist und wollten zornentbrannt den Bürgermeister sprechen … der nicht ans Telefon zu kriegen war.

Dabei ist diese Verpflichtung zur freiwilligen Bürgerarbeit schon lange üblich – und mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren, wie erst kürzlich laut Märkische Allgemeine entschieden wurde:

Es geht um die so genannte Reinigungspflicht für Gehwege und öffentliche Grünstreifen zwischen Straßen und Wegen, die von Gemeinden mittels Satzung auf die Anwohner übertragen werden kann. Fast überall ist das so. Und ebenfalls ist die Straßenreinigungspflicht, wo es Fahrwege ohne Gehsteig gibt, fast überall auf die Bürger übertragen. Die Anwohner müssen hier die Straße von ihrer Grundstücksseite aus bis zur Mitte fegen.

Nachdem ein Bürger deswegen gegen eine Gemeindesatzung geklagt hatte, wurde diese vom Verwaltungsgericht Potsdam für rechtswidrig erklärt. Wenn das Urteil rechtskräftig wird – die Gemeinde, gegen die das Urteil erging könnte Berufung einlegen – besteht die Gefahr, dass auch in anderen Gemeinden Anwohner gegen die Satzungen klagen – und Erfolg haben.

Spannend ist die Reaktion des betroffenen Bürgermeisters:

Das Urteil ist nicht nur auf die Schneeräumpflicht auf Straßen ohne Gehweg anzuwenden. Auch auf die in Satzungen oft verankerte Bürgeraufgabe, die öffentlichen Grünstreifen zwischen Straßen und Gehwegen zu pflegen, wird in dem Richterspruch verwiesen. „Das hätte einschneidende Konsequenzen“, sagte Roy Wallenta. „Nicht nur in Premnitz sind das Dinge, an die sich die Bürger gewöhnt haben und die sie erledigen.“

Da haben wir die Bürger so schön an Gratisarbeit gewöhnt … da wollen wir die doch jetzt nicht aufwecken, oder?

Nein, stattdessen schalten wir lieber einen Gang hoch und lassen die die Straßen auch noch räumen … und zwar blitzblank und sofort!

Das ist im Prinzip der Anspruch auf  Zwangsarbeit im Dienste der Infrastruktur … die Alternative wäre, den „Schneeurlaub“ einzuführen und zu sagen: wenn Winter ist, kann es mal sein, das keiner zur Arbeit kommen kann. Dann bleiben mal alle einfach zu Hause (was in diesem Winter vielen das Leben gerettet hätte) – denn dafür ist „Zuhause“ ja auch mal geschaffen worden: um vor der Witterung zu schützen.

Stattdessen ordnet die Gemeinde Zwangsarbeit an. Gut, das Prinzip kennen wir schon. Es ist allseits bekannt als „Hartz IV“ und wurde dort auch mit vielen guten Gründen eingeführt. „Gute Gründe“ gibt es aber für alles, auch für die Vernichtung des kurdischen Volkes, die Ausrottung des „Roten Mannes“, der Juden oder der Intellektuellen – und seit Rom ist Zwangsarbeit der absolute Garant dafür, das irgendwo am anderen Ende der Wertschöpfungskette enorme Gewinne anlaufen. Das ist schlichtweg der Grund, weshalb die Gier nach Zwangsarbeit besteht … und weshalb so ein einfaches Gesetz (das wohl nun auch in anderen Gemeinden umfangreich in diversen Formen zum Tragen kommt) im Prinzip so weitreichende Folgen haben kann.

Andererseits sind dies natürlich auch die Formen eines zerfallenden Gemeinwesens. Wir Bürger liefern gut 50 % unseres Einkommens zur Finanzierung des Gemeinwesens ab … und bekommen dafür immer mehr Arbeit aufgedrückt, weil unsere Einkommen den Ansprüchen von Staat, Wirtschaft, Gesundheitswesen und Politik nicht mehr genügen. Da es aber gerade diese Fraktionen sind, die im Schulterschluß unser Leben und unsere Einkommen bestimmen, stehen wir ziemlich hilflos vor dem Problem, das die mehr Geld von uns wollen als sie uns zahlen … und uns zur Zwangsarbeit verpflichten, wenn wir nicht mehr zahlen können.

Andererseits kann man die Entwicklung natürlich auch begrüßen, denn es ist die Rückkehr des kommunistischen (bzw. anarchistischen) Ideals der selbstorganisierten Gemeinde als oberster Autorität im menschlichen Leben. Alle arbeiten zum Wohle der Gemeinschaft (was im Marxismus schnell „zum Wohle der Spitzenfunktionäre der Partei“ degeneriert, eine natürliche Folge der Etablierung des Prinzips „Lumpenproletariat“, denn wo es ein klar definiertes UNTEN gibt, da gibt es auch ein OBEN“) … aber dann sollten auch alle was dafür bekommen, oder?

Nichts dagegen, das wir die Arbeit verteilen … aber dann sollten wir auch das Geld verteilen. Oder ab morgen für null und nichtig erklären und mit einer ganz neuen Währung einen ganz neuen Wirtschaftskreislauf starten, bei dem wir aber von vornherein darauf achten, das Geld als Werkzeug dem Markt erhalten bleibt und nicht als Anlage und Spekulationsobjekt mißbraucht wird, um kriminellen und asozialen Elementen ein arbeitsfreies Leben in Luxus und Überfluß garantieren zu können.

Verteilt man Arbeit und Geld – hat man freie Marktwirtschaft. Verteilt man nur noch Arbeit und zieht das Geld ein, hat man Sklavenwirtschaft, auch wenn man dieses Prinzip mit vielen vielen Worten hinter feinen Fassaden versteckt, so bleibt es in der Wirkung vor Ort für den einzelnen Bürger dassselbe: man arbeitet für nichts und wieder nichts.

„Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung.“

So wird die Parteichefin der LINKEN in der ZEIT zitiert, was in diesem Land und sogar in ihrer Partei für viel Aufregung gesorgt hat.

Das wiederum verstehe ich nicht, denn letzlich leben wir doch in einem demokratischen Land mit christlicher Leitkultur. Beide Kulturen bewegen sich auf eine kommunistische Gesellschaft zu (jedenfalls in ihrer prinzipiellen Reinkultur, der Papst sieht das natürlich anders) – und von einer linken Partei würde ich als Bürger erwarten, das sie gerade das ganz offen macht. Die demokratische Gesellschaft in ihrem Endzustand braucht eine wirtschaftliche Gleichheit der Souveräne, damit niemand mit Wirtschaftskraft Stimmen kaufen kann … das sollte jeder Staatstheoretiker im ersten Semester gelernt haben.

Raubkultur gegen Gemeinschaftskultur …. das ist die Wahl, die unsere Gesellschaft gerade hat. Demokratie, Christentum, Kommunismus sind im Prinzip gegen Raubkultur, obwohl ihre realen Erscheinungsformen alle räuberisch geworden sind. Raubkultur ist jedoch eine abhängige Kultur mit vielen negativen Begleiterscheinungen für die Bewohner … und es ist eine endliche Kultur, sobald es nichts mehr zu rauben gibt.  Gemeinschaftskultur ist eher unendlich … aber entwickelt kaum Millionäre und großer Zahl.  Ich persönlich finde … das Risiko sollten wir eingehen, wenn wir jetzt alle sowieso wieder zusammen Seite an Seite mit der Schaufel in der Hand die Trümmer des Kapitalismus beseitigen müssen.



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