Politik

Der alternativlose Untergang des Euro 2011 und Harry Potter als Globalisierungsrebell

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Wenn Vögelschwärme tot vom Himmel fallen, ist das immer ein Anzeichen für eine Apokalypse.  So jedenfalls dachten die Einwohner von Arkansas, als ihnen 1000 tote Vögel zum Jahresbeginn vor die Füße fielen und stellten sofort die Knallerei ein.  Geschichten dieser Art wurden dereinst von Charles Fort gesammelt, auch ich habe mal damit begonnen, mußte jedoch Mitte der neunziger Jahre feststellen, das sie systematisch aus den Nachrichten verschwanden. Pragmatischere Blätter wie die Ärztezeitung berichteten noch eine Weile über Phänomene, die außerhalb der Normalität waren (zum Beispiel jener Junge aus England, der mit seinem körpereigenen Magnetfeld regelmäßig Alarmanlagen in Kaufhäusern aktivierte) , doch dann wurde auch dort ein anderer Kurs gefahren.

Die tausend toten Vögel haben es jedenfalls nochmal in die Nachrichten geschafft … und noch bevor man sich des Rätsels bewußt werden konnte, waren auch schon die Experten da – hier in der WELT:

Das mysteriöse Vogelsterben in den USA ist nach ersten Einschätzungen von Wissenschaftlern durch Feuerwerk verursacht worden. Die fast 3000 getöteten Tiere seien vermutlich erschrocken, hätten die Orientierung verloren und seien dann gegen Häuser, Autos und andere Hindernisse geflogen, sagten Vogelkundler. Doch gelöst sei das Rätsel noch nicht, solange ausführliche Tests auf Vergiftungen oder Krankheiten ausstünden. Die Vögel waren auf einer Strecke von etwa zwei Kilometern tot vom Himmel gefallen.

Alles war wieder in Ordnung, Gott sei Dank. Wäre schlimm, wenn man den biblischen Geschichten eine neue hätte hinzufügen müssen. Wieder einmal war eine Ursache gefunden worden, bei der alle wieder ruhig vor dem Fernseher einschlafen können. Zwar stellt sich den „Verschwörungstheoretikern“ die Frage, warum man nicht regelmäßig große Mengen toter Vögel  zu Sylvester zu beklagen hat, aber solche Unkereien sind ja nicht umsonst seit dem 11.9.2001 tabu. Jetzt greifen nämlich die Experten richtig durch und wollen ihre eigenen Theorien kritiklos als Wahrheit verbreiten.

Diesmal haben sie jedoch die Rechnung ohne den Wirt gemacht, wie die WELT weiter berichtet:

Der plötzliche, mysteriöse Tod Tausender Vögel in der Nacht von Silvester zu Neujahr im US-Bundesstaat Arkansas war nur der Anfang: Rund 500 weitere Vögel sind in der Gemeinde Pointe Coupée im US-Bundesstaat Louisiana tot aufgefunden worden, sagte eine Sprecherin des Amtes für Fischerei und Fauna des Bundesstaats. Die Todesursache werde noch untersucht.

Und damit nicht genug, die Fische haben nochmal einen draufgesetzt, um die Böllertheorie endgültig ins Aus zu schießen:

Weiteres Rätselraten verursachte der Fund von 80.000 bis 100.000 toten Fischen in einem 160 Kilometer entfernten Fluss am Neujahrstag. Zwar konnten die Behörden einen Zusammenhang mit dem Massensterben der Vögel ausschließen, doch blieb die Ursache für den Tod der Fische in Erwartung der Ergebnisse der Autopsie zunächst ebenfalls unklar.

So funktioniert heute „Wissenschaft“ – und darum ist diese kleine Anekdote über tote Vögel so wichtig. Es geht nicht mehr darum, die Wahrheit herauszufinden – so etwas würde in der Tat sehr lange dauern – sondern nur noch darum, möglichst schnell eine Theorie zu veröffentlichen, die irgendwie plausibel klingt. Hat man diese Theorie formuliert, interessiert sich für das Phänomen selber niemand mehr – möglicherweise ein Grund, weshalb wir in Richtung „Fortschritt“ kaum noch Fortschritte machen aber immer besser beweisen können, das die Erde eine Scheibe ist.

Man fragt sich ja im Jahre 2011 schon, warum wir 1968 auf dem Mond gelandet sind, tolle Spekulationen über Ferienhotels, Müllentsorgung und Mienenwunder gestartet hatten und dann … 43 Jahre lang keine weiteren Schritte in diese Richtung unternehmen. 43 Jahre nachdem das erste Flugzeug gestartet war, konnte schon jedermann fliegen, wenn … er es bezahlen konnte. Dabei wäre der Mond eine ideale Endlagerstätte für Atommüll, könnte Energien mobilisieren wie ein Weltkrieg und somit enorme Profite generieren … doch seltsamerweise will man da nichts mehr von wissen.

Der war doch nicht etwa bewohnt – und die haben zurückgeschossen?

Um mal auf die Vögel und Fische zurückzukommen … da schießt bzw. schlägt schon jemand zurück. „Die Natur“ … so jedenfalls laut Handelsblatt:

Die Natur schlägt brutal zurück

Rückversicherer Munich Re erwartet im kommenden Jahr aufgrund des Klimawandels mehr Unwetter und Überschwemmungen. 2010 hatte der Katastrophenspezialist bei den Schäden aber Glück: Trotz einer vergleichsweise hohen Zahl an Naturkatastrophen lagen die Schäden nur knapp über dem Zehnjahresdurchschnitt.

Rekorde bei Umweltkatastrophen, tote Fische, tote Vögel … die Propheten des Alten Testament hätten damit keine Probleme gehabt. „Zorn Gottes“ droht. Wir haben Gott jedoch aus unseren Systemen herausdefiniert. Das das korrekt ist, können wir nicht beweisen, aber als Arbeitshypothese liegt der Satz „Gott ist tot“ seit hundertfünfzig Jahren der Naturwissenschaft zugrunde.  Schaut man sich die soziale Lage weltweit (und auch in Deutschland) an, so ist es keine Frage, das der alte jüdische Gott der Armen, der Entrechteten, der Kranken, Alten und Verfolgten keine Rolle mehr spielt und heute wohl als „Hartzi-Gott“ nur noch Tempel neben Sondermülldeponien bauen dürfte.  Die Naturwissenschaft hat den Armen ihren mächtigsten Anwalt genommen … und ihren größten Trost: die Hoffnung auf ein Jenseits.

Für die Armen (die wirklich Armen) hat der Tod keine Schrecken mehr. Wer tagtäglich befürchten muß, das er von Banden aufgegriffen wird, die ihm die Organe klauen, wer täglich nur noch Hunger leidet, durstig ist, friert und vor Schmerzen nicht mehr schlafen kann, der empfängt den Tod mit offenen Armen. Für den Armen bedeutet der Tod das endgültige Ende seiner Armut, die endgültige Befreiung vom Elend. Der Reiche jedoch verliert alles, was ihn Zeit seines Lebens ausgemacht hat … und hier sehen wir langsam die politische Dimension, die sich in dem Bereich der „Wissenschaft“ entfaltet.

Eine Diktatur der Ökonomie setzt voraus, das man die Ausgänge dicht macht. Kein Jenseits, keine Geister, keine Götter, keine Anderwelt – so ist sicher gestellt, das keiner entkommt. Da darf es auch keine unerklärlichen Todesfälle bei Vögeln geben (und auch kein intelligentes  Leben auf anderen Planeten, keinen menschlichen Geist und erst recht keine Seele), denn alles, was aus der Reihe tanzt, alle „unerwünschten Phänomene“ würden das Weltbild in Gefahr bringen … jenes Weltbild, das einigen Wenigen soviel virtuelle Geldhaufen einbringt.

Schaut man sich die 3000-jährige bekannte Geschichte der Philosophie an, so wundert man sich, wie eng und dogmatisch das Denken der Moderne geworden ist … so eng, das „Alternativlosigkeiten“ zur Tagesordnung gehören. Wir Menschen, die 1789 dafür gesorgt haben, das jeder immer und überall eine Alternative hat, marschieren gerade sehenden Auges in den Untergang …. und halten uns immer noch für eine fortschrittliche, aufgeklärte Gesellschaft, weil die Experten uns das mal gesagt haben. Doch hören wir erstmal die WELT zu dem Thema:

Die Euro-Zone taumelt – nach einer kurzen vorweihnachtlichen Atempause – weiter dem Abgrund entgegen: Die Risikoaufschläge für zehnjährige griechische, spanische und italienische Anleihen haben zwischen den Jahren neue Höhen erreicht. Neben Portugal, Spanien und dem führungslosen Belgien gerät jetzt auch die zweitgrößte Euro-Volkswirtschaft Frankreich zunehmend ins Visier der Finanzmärkte.

Die Stimmung auf der europäischen Polit-Bühne verharrt – trotz milliardenschwerer Rettungsaktionen – weiterhin in einem Schwebezustand zwischen Verunsicherung und Angst: In Brüssel erwartet eine überwältigende Mehrheit, dass der EU-Hilfsfonds für Pleite-Länder von derzeit 440 Milliarden Euro bis zum Sommer zumindest verdoppelt wird, weil nach Irland und Griechenland noch mehr Staaten gerettet werden müssen.

Und spätestens jetzt wird jeder merken, das mein weiter Exkurs zu toten Vögeln, toten Göttern und toten Philosophen ein direktes Loch in seinem Geldbeutel beschreibt, ein Loch, das täglich größer wird. Wer soll diesen Rettungsschirm von 880 Milliarden bezahlen? Nun … Deutschland, so lange wir es können. Und wenn wir das nicht mehr können, dann wird der Euro fallen.

So dicht am Abgrund könnte man auf die Idee kommen, den Weg nach vorn nicht weiter fortzusetzen, allerdings hat man hinter sich einen Chor von Experten, Politikern und Krisengewinnlern, die einhellig blöken, das dieser Kurs „alternativlos“ sei.

Die alten Propheten hatten es da einfacher.  Schon sie waren mit den gleichen scheinbar unüberwindlichen weltlichen Gewalten konfrontiert … aber hatten sich mit viel Arbeit einen Joker bewahrt. Wann immer der Schulterschluß von politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Macht das Volk alternativlos in den Abgrund führte: Auf einmal schoß der liebe Gott persönlich in sie hinein und forderte Armenspeisungen, Einstellung der Menschenopfer und sogar renditefeindliche Nächstenliebe. Schon gab es eine gesellschaftliche Pattsituation … die wir jetzt international wieder erleben. Globalisierung gegen Islam ist im Prinzip nichts anderes … allerdings darf man nie vergessen, das die „Priesterkaste“ eine eigenständige gesellschaftliche Macht darstellt, die als „Showmaster des Jenseitigen“ in die Schulterschlußfront der Mächtigen gehört. Priester sind in etwa so heilig, wie Kaufleute ehrlich und Politiker gerecht sind.

Um ein System zu erkennen, muß man sich gedanklich außerhalb des Systems bewegen können – eine Erkenntnis, die jedem Naturwissenschaftler bekannt sein dürfte. Ich will auch nicht kleinlich sein und verzichte auf die Herumunkereien bezüglich der Quantentheorien, die besagen, das schon das reine Beobachten von Systemen diese verändert. Wir bleiben da mal ganz konservativ … und erkennen trotzdem, das die Eleminierung sämtlicher Metapositionen in der Weltdeutung einen Absolutheitsanspruch generiert, der uns jetzt – logisch und konsequent – in den Untergang des Abendlandes führt. Alternativen dazu … sind undenkbar, weil wir dem Denken selbst so viele Schranken und Tabus auferlegt haben, das uns Alternativen gar nicht mehr in den Sinn kommen.

Und wer rettet uns da? Unglaublicherweise der unsägliche Harry Potter – jedenfalls nach „Grenzwissenschaft-aktuell“:

Lancaster/ England – Eine Studie des Psychologen Eugene Subbotsky von der „University of Lancaster“ belegt, dass magische Vorstellungen die Kreativität bei Kindern erhöhen, ohne, dass die Kinder allerdings durch entsprechende Stimulation, beispielsweise in Form von Filmen automatisch auch an Magie und das Übernatürliche zu glauben beginnen.

Eine einfache Funktion setzt ein: magisches Denken erlaubt die Schaffung einer Metaposition (die selber gar nicht „wahr“ sein braucht) – und schon sind Alternativen da.

Und schon weiß man, warum Atheismus die Voraussetzung totaler alternativloser Unterdrückung ist. Hoffen wir, das vor dem wirtschaftlichen Kollaps der Eurozone (deren Erhalt wir für unsere Exporte dringend brauchen) ein Prophet auftritt, der mit Hilfe von toten Vögeln, toten Fischen und Naturkatastrophen vor dem Zorn Gottes warnt und so verdeutlicht, das es unbedingt eine Alternative geben muß. Wir Normalbürger brauchen nämlich ganz dringend eine, bevor wir die achtzig-Stunden-Woche mit drastischen Lohnkürzungen und einer Rente mit 99 bekommen … und dann auch noch glauben sollen, das Demokratie wirklich besser als als das Kaiserreich, das uns wenigstens eine Rente mit 65 zubilligte.

„Leistungsträger“ leben uns übrigens schon Alternativen vor: Downshifting nennt sich das, erklärt bei Karriere.de:

In seiner neuen Position leitet der 62-Jährige das Marketing – aber auch das nicht mehr mit voller Kraft. Denn Müller verzichtete vor acht Jahren nicht nur auf den Chefsessel, sondern reduzierte auch seine Arbeitszeit drastisch. Zunächst auf 70, mittlerweile sogar auf 60 Prozent. – „Weil ich mehr Zeit haben wollte für meine Familie, für Freunde.“

So was geht also….jedenfalls unter Herrenmenschen. Ich höre aber gerade die Stimme Gottes im Hintergrund, der meint, das sollte für alle gelten, erst recht, wenn die Bürger eines demokratischen Landes mit einer grundgesetzlichen Garantie der Menschenrechte sind und den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz verankert haben. Da wir ja diese christliche Leitkultur haben … dürfte das ja erst recht kein Problem sein, auch wenn diese Kultur an vielen Schulen Harry Potter verboten hat.

Aber es gibt halt weite Kreise, die an Alternativlosigkeiten ein elementares Interesse haben. Allerdings … können wir uns Alternativlosigkeiten finanziell schon jetzt nicht mehr leisten.




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