Die Süddeutsche klärt momentan über den beunruhigenden Zustand grassierender Staatspleiten auf:
Die Wirtschaftskrise reißt weltweit tiefe Löcher in die öffentlichen Haushalte und zwingt Regierungen zum Überdenken ihrer Steuersysteme. Laut einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) sind die Steuereinnahmen aller OECD-Länder im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahrzehnten gesunken. Der Rückgang sei für die Industrieländer damit so hart gewesen wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen 1965, sagte Jeffrey Owens, Steuerexperte der Organisation am Mittwoch bei der Vorstellung der Studie in Paris. Leere Kassen, erdrückende Schulden: Vielen westlichen Ländern stehen erbitterte Kämpfe ums Geld bevor. In 25 von 28 Staaten war die sogenannte Fiskalquote 2009 geringer als im Vorjahr. Sie gibt das Verhältnis von Staatseinnahmen und Wirtschaftsleistung an.
Das hört sich jetzt etwas anders an als die routinemäßig veröffentlichten Krisenbewältigungsmeldungen aber erklärt die europaweiten Unruhen und Massenstreiks.
Auch aus den USA meldet wiwo Beunruhigendes:
Ohne Finanzhilfen aus Washington wären zahlreiche Bundesstaaten und Kommunen in den USA pleite. Auf dem 2860 Milliarden Dollar schweren Markt für US-Kommunalanleihen macht sich allmählich Panik breit.
Ziemlich sicher aber ist jetzt schon: Sollte sich die Panik auf dem Kommunalanleihenmarkt verstärken, werden die Schulden letztlich doch auf der nächst höheren Ebene landen. Die Staatsschulden der USA werden weiter steigen und das Vertrauen in den Dollar weiter schwinden.
Fragt man nun aber nach den Ursachen der Krise, so kann man, wenn man will, verblüffende Antworten erhalten – zum Beispiel in der international business times:
Eine vom Internationalen Währungsfonds (IWF) veröffentlichte Studie behauptet, dass die wachsende Ungleichheit der Einkommen in den USA die beiden schwersten Finanz- und Wirtschaftskrisen der letzten 100 Jahre durch die Schaffung unhaltbarer Ungleichgewichte ausgelöst habe.
Im Prinzip eine einfache Sache: wo Geld mehr Geld verdient als Arbeit, fließt Geld von der Arbeit fort (das merken ja deutsche Arbeitnehmern seit zwanzig Jahren deutlich) hin zu den Banken. Die Bilanzen sehen super aus, die Börsenwerte steigen, theoretisch sind alle reich – aber praktisch hat das die unangenehme Konsequenz, das das Kartenhaus irgendwann in sich zusammenbricht, weil die Realwirtschaft keinen Wert mehr hat – bzw. ihr keiner mehr zutraut, sein Geld besser zu vermehren als die Zocker von der Bank. Wir essen aber Brot – Optionsscheine und Zahlungsversprechen machen nicht lange satt.
Gut, könnte man sagen: dann wissen wir ja jetzt, woran es liegt und können was dagegen tun.
Falsch. Erstmal können wir nichts gegen die nächste Krise unternehmen. Weltweit gibt es nur noch ein einziges System, das funktioniert: das System der Superreichen – jedenfalls, wenn man der Meldung von Al Jazeera trauen darf:
By 2009, the richest 10 per cent of Chinese controlled 45 per cent of the wealth, while the poorest 10 per cent has just 1.4 per cent.
Da hat der Kommunismus ja bald Besitzverhältnisse wie die USA. Eine neue Abteilung von Superreichen wird geschaffen und ihr Kapital sucht sich neue Einsatzmöglichkeiten – zum Beispiel laut Spiegel in Europa:
Die Chinesen nutzen die Schwäche Europas, um ihren Einfluss auf dem Kontinent auszubauen. Sie locken mit Investitionen und dem Kauf von Staatsanleihen angeschlagener Euro-Länder – und schaffen sich so Bundesgenossen innerhalb der EU.
Da können wir uns freuen: falls wir die von den US-Reichen ausgelösten Wirtschaftskrisen überstehen, dürfen wir dann auf den neuen Krisenmotor China hoffen?
Auf jeden Fall kriegen wir einen neuen Boss nach dem Motto: „Wer zahlt, befiehlt!“:
Während eines Kurzbesuchs bei Bundeskanzlerin Merkel sicherte sich Wen die Zusage für ein Anliegen, das er seit Jahren vergebens vorgebracht hatte: Merkel versprach, Chinas Wunsch zu unterstützen, innerhalb von fünf Jahren von der EU als Marktwirtschaft anerkannt zu werden. Dann dürfte es für die EU schwer werden, staatlich geförderte Billigexporte aus China mit Dumpingzöllen zu belegen oder das Land wegen erzwungener Technologietransfers anzuprangern.
Das hört sich dann allein schon wieder nach Krise an – für unsere eigene Wirtschaft, die damit konkurrieren muß. Wenn man sich jetzt noch die Frage stellt, wie denn das ganze Geld nach China gekommen ist, so stößt man auf die freundliche Mitwirkung sämtlicher führender Großkonzerne der westlichen Welt.
Gestern las ich noch in der SZ ein Zitat von Ernst Jünger:
„Der Mensch befindet sich in einer großen Maschine, die zu seiner Vernichtung ersonnen ist“
Da fragt man sich doch: wer baut so etwas? Aber ich vergaß: solche Fragen darf man ja gar nicht mehr stellen. Wir glauben mitlerweile ja alle daran, das Geschichte, Wirtschaft und Politik nur von engelgleichen genialen Wesen (meist „Unternehmer“, oft „Leistungsträger“ genannt) geschaffen werden, die nur das Beste für Alle im Sinn haben und immer kurz davor sind, den endgültigen Durchbruch ins Paradies zu schaffen – es sind nur immer widrige Umstände, die diesen Durchbruch ganz knapp verhindern. Einer dieser Engel ist Hashim Thaci, über den die Welt Unangenehmes meldet:
Der Regierungschef des Kosovo, Hashim Thaci, soll nach einem Bericht des Europarats jahrelang am Handel mit Organen serbischer Kriegsgefangener beteiligt gewesen sein. Thaci sei nach dem Kosovo-Krieg Ende der 90er-Jahre Chef einer mafiosen Gruppe gewesen, die auch Morde und andere Verbrechen begangen habe. Diese Vorwürfe erhob der Schweizer Dick Marty in einem Bericht für den Europarat.
Hoffentlich irrt Jünger. Sonst wirds bald unappetitlich.