Wirtschaft

Siemens wird eine Bank

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Siemens wird erstmals offiziell eine Bank

So,

erst einmal zu Siemens. Dieser Konzern wurde schon immer als Bank mit angegliederter Elektroabteilung bezeichnet. Kein Wunder, bei 9 Mrd. EUR liquiden Mitteln. Noch im Sommer stand die Überlegung im Raume, die Banklizenz zu beantragen, um direkten Zugang zur EZB (Europäischen Zentralbank) zu haben. Die Leitung der Abteilung Financial Services machte sich Gedanken, mit wem man noch Bankgeschäfte machen könnte und wer der Partner bei Kurssicherungs- und Zinssicherungsgeschäften sein könnte. Die Bankenkrise hatte doch Ernüchterung gebracht.

Bis zur Erteilung der Lizenz im Dezember hat sich aber das Ausrichtungsbild der neuen Siemens Bank GmbH geändert.

Um zukünftig die eigenen Geschäftsfelder zu sichern, soll hauptsächliche eine Absatzfinanzierung der Siemens-eigenen Produktgruppen (ohne Privatkunden) angeboten werden. Der Grund liegt in der Zurückhaltung der Finanzierungsbereitstellung der Geschäftsbanken vor allem im Bereich der Windkraftanlagen und anderer Großprojekte.
Einlagen zur Refinanzierung dieser Geschäfte sollen nur von der öffentlichen Hand und von institutionellen Investoren angenommen werden. Auch hier wird es kein Privatkundengeschäft, anders als bei GE Capital, der Bank von General Electric, geben.

Der Zugang zum Zentralbankensystem ist aber für eine Geschäftsbank auch keine „Lizenz zur Geldvermehrung“

Hier müssen wir etwas tiefer einsteigen, um den Hintergrund der Amerikanischen Aktion mit den 600 Mrd USD zu erkennen.

Zuerst das Bankensystem:

In einer Volkswirtschaft, oder bei uns, im Euro-Raum staatenübergreifend, übernimmt die Zentralbank die Funktion, wirtschaftspolitsche Maßnahmen, also Konjunkturpolitik, über die Geldmenge und den Zins, vorzunehmen. Dazu hat sie drei Instrumente: Die Offenmarktpolitik, die Mindestreservepolitik und die ständigen Fazilitäten.

Der wichtigste Faktor in diesem Instrumentarium ist die Offenmarktpolitik. Die Zentralbank kauft von den Geschäftsbanken werthaltige Papiere, um diese mit Liquidität zu versorgen. Die Zentralbank verkauft an die Banken werthaltige Papiere, um Geldmengen zu entziehen. Dies geschieht über sogenannte Zins- und Mengentender. Die Zentralbank eröffnet eine Ausschreibung über ein bestimmtes Volumen, der Ankauf, bzw. der Verkauf erfolgt nach der Höhe der Gebote mit prozentualer Zuteilung. Dahinter steht der Gedanke, dass die Banken erhaltenes Zentralbankgeld an den Wirtschaftskreislauf über Kredite ausreichen, bzw. durch Verkauf der Papiere an die Banken Geld abgeschöpft wird, um dann die umlaufende Geldmenge zu verkleinern.

In den USA droht derzeit ein Deflation, das Geld wird wertvoller, die Güterpreise sinken. Unter diesem Zustand ist an eine Ankurbelung der Wirtschaft nicht zu denken, die Unternehmen sind nicht bereit, zu produzieren, da die Produkte immer „wertloser“ werden, es beginnt eine Flucht ins Geld. Um die Wirtschaft anzuregen, soll sie mit Geld versorgt werden. Die Unternehmen sollen zinsgünstige Kredite erhalten, damit wieder investiert wird, Warenkredite aufgenommen werden, etc. Die FED kauft den Banken BESTEHENDE Staatspapiere im Volumen von 600 Mrd USD ab, die Liquidität fließt in den Bankensektor und soll dann in Form von Krediten bei den Unternehmen und Haushalten landen. Wohlgemerkt, bestehende Papiere, und nicht wie im Filmbeitrag dargestellt, neue Papiere. Zusätzlich werden für rund 300 Mrd USD neue Staatspapiere ausgereicht, um alte Papiere, die auslaufen, abzulösen, quasi eine „Verlängerung“!

Die Mindestresevepolitik hat ebenfalls einen steuernden Aspekt. Wenn eine Bank Einlagen in Höhe von beispielsweise 100 Geldeinheiten herein nimmt, muss sie im EZB Bereich derzeit 2 Geldeinheiten bei der EZB hinterlegen und darf nur 98 Geldeinheiten ausreichen. In den USA liegt der Mindestreservesatz 10 %, die zu Grunde liegende Einlagenmenge wird aber etwas anders berechnet als in der Euro-Zone. Durch die Erhöhung oder Senkung des Mindestreservesatzes wird eine Geldmengensteuerung im Sinne der momentanen Konjukturpolitik vorgenommen.

Das dritte Instrumentarium, die ständigen Fazilitäten, stellen Quasi das Tagesgeldkonto oder den Dispositionskredit der Banken dar. Hier können die Banken für einen bestimmten Satz Gelder über Nacht bei der EZB parken oder Liquidität für ein Nacht ausborgen, natürlich auch wieder gegen Sicherheiten.

Noch etwas sollte man wissen: Die Banken wurden nach der Finanzkrise gestützt, in dem Papiere als Sicherheit hinterlegt werden durften, die nicht das allerbeste Rating hatten.

Kommen wir wieder zum Filmbeitrag der wunderbaren Geldvermehrung. So geht es leider nicht, denn niemand, der sich für teuren Zins Geld leiht, wird es für billigen Zins wieder an die Bank geben, damit nach Abzug des Mindestreservesatzes neue Kredite ausgereicht werden können. Hier spielt der Preismechanismus schon eine gewaltige Rolle, siehe oben!

Wollibär (ohne eigenes Blog)


Der Autor ist Dozent für Volks- und Betriebswirtschaft und steht, über die Kommentarfunktion, für weitere Fragen zur Verfügung. Auf Grund von „viel Arbeit“ aber nicht 24 Stunden an jedem Tag. Wir bitten um Geduld bis die Antworten erscheinen.



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