Nun ist es geschehen: Wikileaks hat wieder Dokumente veröffentlicht – so viele, das man hundert dicke Bücher damit füllen könnte. Wer große Sensationen erwartet hat, dürfte enttäuscht sein, von dem, was bei den Veröffentlichungen herauskam – oder war wirklich noch jemand der Meinung, das Guido Westerwelle im Ausland nicht auch als Knallcharge wahrgenommen wird? Die sind doch nicht blind oder taub.
Die Veröffentlichungen sind natürlich ein fulminantes Medienereignis. Für dieses Ereignis geht jetzt jemand laut FAZ bis zu 52 Jahre ins Gefängnis:
Bradley Manning war im Irak, er war einsam und frustriert. Er soll hinter den Veröffentlichungen der Website Wikileaks stecken, die Amerika und die Welt nun umtreiben. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 52 Jahre Haft.
Ich gehe mal davon aus, das die Medienimperien ihm von dem Gewinn, den sie mit dieser Aktion machen, etwas zukommen lassen. Dabei fällt mir ein, das die Verantwortlichen für das irakische Foltergefängnis Abu Ghuraib mit einem „Verweis“ davongekommen sind, die Täter zehn bzw. drei Jahre Haft bekamen. Da merkt man, wo die Prioritäten liegen.
Auffällig ist, das das zentrale Thema Wirtschaft laut Zeit scheinbar nicht vorkommt.
Interessant ist auch, was fehlt. Keine der genannten Zeitungen berichtete bislang über ökonomische Zusammenhänge. Mitten in der schwersten Wirtschaftskrise ihres Landes, nach einer weltweiten Bankenkrise und noch nicht ausgestandenen Schuldenkrisen von Ländern wie Irland oder Griechenland haben Amerikas Diplomaten dazu nichts zu sagen. Oder die entsprechenden Dokumente sind noch nicht öffentlich. Es könnte aber auch sein, dass die Daten nicht vollständig sind und wichtige Themenfelder deshalb fehlen.
Dabei ist Wirtschaft doch das zentrale Thema in den USA – und immerhin kann man davon ausgehen, das einige unserer Euro, die jetzt nach Irland fließen, in den USA landen werden … was hierzulande nicht jedem gefällt. Auf diese Weise bekommen sie indirekt den deutschen Sozialetat, was unsere Aussortierten Hartz IV-Abhängigen persönlich zu spüren bekommen. Jeder Bürger ist (mal nur auf Deutschland umgerechnet, dafür lassen wir Griechenland aussen vor) mit 1000 Euro an der Rettung der irischen Banken (bzw. der Renditen ihrer amerikanischen Kunden) beteiligt. Das heißt für den Hartz-IV-Abhängigen, das er seine 5-Euro Erhöhung 16 Jahre ansparen müßte, um seinen Beitrag zu leisten … wobei nicht berücksichtig ist, das sein Beitrag bei einem Rettungsschirm von nun angedachten 1, 5 Billionen Euro und 500 Millionen Bürger, auf die das verteilt wird, dreimal so hoch wäre und er 48 Jahre lang sparen müßte.
Da kann schon mal Zorn aufkommen – und das wäre ja nicht uninteressant für den Botschafter.
Ist man kein Verschwörungsphobiker, hat keine Heile-Welt-Neurosen, dann hätte man sich viele Kommentare schon denken können. Da sprechen immerhin die Vertreter einer Nation, die zwei freie Nationen angegriffen und vernichtet hat. Das sind nicht mehr die USA, die als Leuchtturm der Freiheit und Vorkämpfer der Menschenrechte Gerechtigkeit in die Welt bringen – das ist ein aggressives mafiöses Imperium … zutreffender wäre allerdings: eine aggressive imperiale Mafia … weshalb es nicht wundern sollte, der der Tonfall, die Perspektive der Enthüllungen immer gleich ist: wir super, die doof.
Momentan sucht man vergeblich nach ganz aktuellen Meldungen aus Korea. Während zumindest die Welt gestern noch die Entwicklung im Minutentakt beschrieb, herrscht heute Ruhe. Dabei heißt es in der Zeit weiter:
Spannender angesichts des aktuellen Konflikts auf der koreanischen Halbinsel ist da schon, wie sich die USA ein Korea nach einem Sturz des Regimes in Pjönjang vorstellen. Vor allem solle das Land nach einer Wiedervereinigung weiterhin eng mit Amerika verbündet bleiben. Chinas Zustimmung würde man durch finanzielle und wirtschaftliche Kooperation erreichen wollen.
Wenn man von einer Zeit nach dem Sturz des Regimes spricht … dann hat man sich doch wohl auch schon konkrete Vorstellungen über sein Ende gemacht, einem Ende, dessen Anfang wir möglicherweise jetzt gerade erleben.
Gar nicht vorzustellen, was man als Feind der USA ertragen muß (obwohl … Saddam Hussein wird da wohl keiner so schnell vergessen), wenn schon – laut Welt – Freunde wie Deutschland mit offenen Drohungen überzogen werden:
Der Amerikaner erinnerte Nikel, den stellvertretenden Abteilungsleiter für Außen- und Sicherheitspolitik, an ähnliche Erschütterungen des amerikanisch-italienischen Verhältnisses im Jahr zuvor in einem ähnlichen Fall, heißt es in der Depesche. Schließlich versicherte er dem deutschen Ministerialdirigenten noch, es gehe ihm nicht darum, der Bundesregierung „zu drohen“, sondern ihr nur dringlich zu empfehlen, „jeden Schritt auf dem Weg hinsichtlich der Auswirkungen auf das Verhältnis zu den USA vorsichtig abzuwägen“.
Nikel wies seinen zudringlichen Gesprächspartner auf die Unabhängigkeit der deutschen Justiz hin. Die Kanzlerin sei sich aber der „politischen Implikationen des Falles“ bewusst. Sie versuche deshalb „so konstruktiv wie möglich“ zu agieren. Wegen des Drucks des Parlaments und der Presse werde dies aber nicht einfach, und er, Nikel, könne daher nicht versprechen, „dass sich alles zum Guten wenden“ werde.
Paßt zu dem mafiösen Geschäftsgebaren, das hinreichend in vielen Büchern beschrieben worden ist. Wie in dem Mafiafilm „Der Pate“ … man macht Angebote, die das Gegenüber nicht ablehnen kann….es dürfte dann auch überraschen, das man dem amerikanischen Gast umständlich erklären muß, das man in Deutschland Gerichte noch nicht kaufen kann. Das wird für den eine ganz neue Erfahrung sein.
Das hier eine Supermacht offen die Weltherrschaft anstrebt und in Anspruch nimmt, die Welt nach ihren Vorstellungen zu ordnen, scheint keinen sonderlich zu stören. Was von unseren „Freunden“ zu halten ist, bemerkt die TAZ deutlich:
„Die geheimen Dokumente zeichnen (…) das Bild einer politischen Landschaft in Deutschland, die überzogen ist von einem Informantennetz der amerikanischen Botschaft, das bis hinein in die Bundesländer reicht“, schreibt das Magazin. In den Dokumenten geht es nicht nur darum, was US-Diplomaten von deutschen Politikern halten. Das Magazin berichtet unter anderem auch, wie Interna der schwarz-gelben Koalitionsabsprachen 2009 an die Amerikaner gingen.
Wenn …. der Iran, Russland oder China ein solches Netz in Deutschland aufgebaut hätte, dann wären wir – zurecht – etwas verstimmt. Vor allem würden wir viel unternehmen, dieses Netz trocken zu legen, denke ich mir. Wie reagiert man aber wenn … „Freunde“ ein so umfangreiches Denunziantennetz über einen ausspannen.
Wie würden wir reagieren, wenn wir … sagen wir mal … die Mutter einer befreundeten Familie dabei ertappen würden, wie sie aus unseren Kindern sensible Informationen über uns herausholen will – über unseren Kontostand, Streitereien zwischen Mutti und Vati, Freizeitverhalten, Essgewohnheiten und was sonst noch alles so interessant sein könnte um es später mal verwenden zu können.
Ich denke, so schnell würden wir solche komischen Typen nicht mehr einladen – und als Freunde würden wir sie sicher nicht bezeichnen. Mal sehen, wie die UN darauf reagiert, das ihre Mitarbeiter laut Zeit systematisch ausspioniert wurden:
Den Vereinten Nationen wird die US-Regierung allerhand erklären müssen. Angeblich hat Außenministerin Hillary Clinton eine Direktive abgezeichnet, die dreißig Botschaften in aller Welt anweist, Informationen über Mitarbeiter und Diplomaten der UN zu sammeln. Offenbar geht es um biometrische Daten, Passwörter, Kreditkarteninformationen.
Und vielleicht macht man sich auch mal Gedanken darüber, was unsere Freunde genau wann und wo mit diesen Informationen bewirken wollen …. und wieviel deutsche Politik inzwischen von Geheimdiensten und ihren Informaten gesteuert wird.
Das man in einem solchen Klima auf die Idee kommt, das „die“ „nine-eleven“ selbst gebaut haben, verwundert mich nicht. Der Grad an Hinterhältigkeit in dem politischen Gebaren gibt einem hinreichend Grund für eine solche Vermutung … dabei kratzen die Dokumente allesamt nur seicht an der Oberfläche. Man will glaube ich gar nicht wissen, was in den „Top Secret“ – Dokumenten drinsteht – könnte einem die Verdauung durcheinanderbringen.