„Triumph der Idiotenkultur“ so äußerte sich der amerikanische Journalist Carl Bernstein in einem Stern-Interview:
Wir haben ein ganz anderes Problem: Die wachsende Sensationsgier der US-Medien führt dazu, dass es fast keine angemessene Berichterstattung mehr gibt. Statt ihr Publikum über die Lage im Irak und andere wirklich wichtige Dinge zu informieren, kümmern sich unsere Medien lieber um Klatsch und Tratsch. Ich habe diese Entwicklung einmal als „Triumph der Idiotenkultur“ bezeichnet.
Nun wäre es schön, wenn man sich da entspannt zurücklehnen könnte, weil man ja nicht in den USA wohnt, sondern in dem seriösen Deutschland … wo ein Spiegelredakteur schon mal das ganz Blatt zum Kampf gegen Windkraft mobilisiert hatte, weil die Windkraftanlagen seine eigene Pferdezucht bedroht hätten – so jedenfall Harald Schuhmann, zu finden in einer Sammlung zum Informationsdiktat in deutschen Medienredaktionen bei unserem Blogfreund Grilleau.
Wir können nur dankbar sein, das die Wirtschaft bei uns noch so breit gestreut ist, das der Mittelstand sich nicht ständig eigene Unternehmensberater leisten kann und noch auf unmanipulierte Nachrichten angewiesen ist – man muß halt informiert sein, um Anlagechancen für sein Geld richtig einschätzen zu können. So findet man die ersten Hinweise auf ein Ende Europas nicht in den führenden deutschen Zeitungen, sondern im Manager Magazin:
Mit deutlichen Worten kritisierte Schulz die derzeitige Situation auf den Rohstoffmärkten. „Die Minenriesen diktieren uns die Preise, die Chinesen kaufen den Weltmarkt leer, und auf den Rohstoffmärkten tummeln sich die Spekulanten – der Begriff bedrohlich ist mir für dieses Szenario noch zu harmlos.“
Dringend mahnt Schulz eine gesamteuropäische Rohstoffstrategie an. Die EU habe es versäumt, dem Rohstoffimperialismus der Chinesen (Schulz: „Das ist für uns eine Katastrophe“) etwas entgegenzusetzen und zum Beispiel rechtzeitig politische Beziehungen zu Afrika aufzubauen: „Wir überlassen den Chinesen einfach das Terrain“, so Schulz.
Seit vielen Jahren ist diese Entwicklung zu beobachten. Wir pumpen Geld in China hinein und die – kaufen dafür Ackerland und vor allem Rohstoffe, während wir uns damit vergnügen, virtuelles Geld in den Himmel wachsen zu lassen. Erinnert so ein wenig an einen Bauern, der sich über seine Gewinne bei „Monopoly“ fürchterlich freut, während die Kühe der Nachbarn gerade seine Felder leerfressen.
Unsere ach so tollen Wirtschaft gehen die Rohstoffe aus – und auf einmal bekommt man ein Gespür dafür, wie arm man gegenüber einem Land aussieht, das konsequente Geopolitik betreibt. Man merkt, das die Idiotenkultur der chinesischen Kultur deutlich unterlegen ist – aber die haben ja schon Imperien gegründet, als wir noch in Höhlen wohnten. Nun scheint es, das die auch Imperien gründen werden, wenn wir wieder in Höhlen wohnen.
Auf einmal merkt man, warum es der Regierung so wichtig ist, aus der Bundeswehr eine weltweite Einsatztruppe zum Rohstoffklau zu machen – bei uns gehen schlichtweg die Öfen aus, wenn wir das nicht machen.
Es wäre Zeit, sich mal ernsthaft Gedanken über die Rettung unserer Kultur zu machen – Coka Cola, MacDonalds und Disney, die Säulen unserer deutschen Kultur – sind ernsthaft in Gefahr. Da wird auch ein gesetzlich garantierter Schutz, wie ihn die SPD wollte, nicht ausreichen. Die kinder“freundliche“ Politik der Regierungen der letzten Jahrzehnte zeitigt immer neue Erfolge, wie die die Zeit berichtet:
Die Zahl der Geburten in Deutschland ist demnach auf ein Rekordtief gesunken. 2009 kamen rund 665.000 Kinder zur Welt, etwa 17.000 weniger als im Vorjahr und nicht einmal halb so viele wie 1964. In Deutschland leben derzeit gut 82 Millionen Menschen – 1964 waren es um die 75 Millionen.
Für Leute, die ohne Taschenrechner bis drei zählen können, eine klare Rechnung: ein aussterbendes Volk feiert sich in sein Ende. Ein weiterer Triumph der Idiotenkultur.
ABER: wenigstens sind alle beschäftigt, wenn auch nur noch für einen Euro, da bleibt auch gar keine Zeit für Nachwuchs. Maschinenkultur frißt Bevölkerung, (Idioten)Kultur geht unter – wie man es von einer Kultur von Idioten auch erwarten würde.
Schon 2006 erschien ein Artikel in der FAZ, in dem die nüchterne Machtpolitik Chinas auf der Basis einer Fernsehserie zum Aufstieg der großen Mächte reflektiert wurde:
Im November 2003 hatte eine Studiensitzung des Politbüros stattgefunden, die ebendieses Thema hatte: Welche Faktoren führten zum „Aufstieg und Fall der großen Mächte“?
Die Perspektive der Serie unterscheidet sich von der hergebrachten marxistisch-nationalistischen Geschichtsphilosophie erheblich.
Die meisten der neun behandelten Länder Portugal, Spanien, Holland, Frankreich, Japan, England, Deutschland, Rußland und Amerika haben China irgendwann einmal übel mitgespielt. Doch dieser Umstand wird kaum erwähnt. Auch der Klassenkampf kommt nicht mehr vor. Statt dessen richtet sich der ausgekühlte Blick auf das Geflecht von ökonomischen, technischen, politischen und militärischen Faktoren, in dem auch Kennedy ein Erklärungsmuster für das wechselnde Schicksal der Mächte sucht. Die Perspektive ist nicht mehr die des Proletariats oder eines kolonialisierten Landes, nicht das Ressentiment einer geknechteten Klasse oder Kultur, sondern die einer Macht, diesine ira et studio den Bauplan der Geschichte entschlüsseln will, bevor sie in selbige wiedereintritt. „Vom Westen lernen“ bedeutet anders als bei den früheren, den Westen rückhaltlos bewundernden Reformern, auch aus dessen Fehlern klug zu werden.
Ein Freundin von mit berichtet in den achtziger Jahren von einem Studienaufenthalt aus China über chinesische Schulbücher, in denen unsere Kultur als nicht sonderlich erstrebenswert angesehen wurde – Umweltverschmutzung, Industrieballungen, Lärmterror … man sah uns nicht so freundlich, wie wir gedacht hatten. An diese Erzählung muß ich denken, wenn ich Nachrichten von China höre, denn die Menschen, die diese Bilder in der Schule aufgenommen haben, kommen jetzt in Machtpositionen. Der Wiedereintritt Chinas auf die Bühne der Weltpolitik erfolgt gezielt – und nicht mehr als Land, das sich als Erfüllungsgehilfe der marxistischen Weltrevolution versteht – auch ein Triumph der Idiotenkultur.
Währenddessen erlaubt sich der glorreiche Westen noch einen Folterskandal in Griechenland, einen eventuell desaströsen Euro und – gerade in Deutschland – einen konsequenten Kampf gegen die Arbeitslosen und ihre Kinder anstelle eines Kampfes gegen die Arbeitslosigkeit.
Das man sich angesichts dieser Informationslage wundert, das ein gestandenes SPD-Mitglied und langjähriger Bürgermeister mit der NPD sympathisiert, sollte eigentlich nicht wundern, sondern Angst machen. Aber anstatt das man sich mit den Argumenten auseinandersetzt, mokiert man sich über die Person, wie hier im Spiegel:
„Für eine Überraschung war Hans Püschel immer gut“, sagt sein Kreischef Erben. Zuletzt sah er sich „entmachtet“, weil durch die Gemeindegebietsreform Krauschwitz in der nächstgrößeren Kommune aufgeht. Püschel polterte: „Das widerspricht für mich jedem Demokratieverständnis.“ Ist der Sozialdemokrat also, wie manche Genossen vermuten, vielleicht nur sauer auf die etablierte Politik, weil sie ihm das Bürgermeisteramt nimmt?
Hören wie den NPD-Sympathiesanten selbst:
„Ich denke, wenn die (nur noch formale) Demokratie die existenziellen Probleme der Menschen und des Landes nicht löst, dann müssen es ja diejenigen versuchen, die eine vielleicht etwas andere Demokratie bzw. Volksherrschaft installieren wollen.“
„In jedem Sachgebiet, mit dem ich mich befassen muss, merke ich, dass wohl das Volk am wenigsten regiert – schon eher die großen und Finanz- und Wirtschaftsgruppen.“
Damit hat er keine andere Meinung als viele seiner politikverdrossenen Mitmenschen. Aber das zu ignorieren gehört ja auch zur Idiotenkultur, die mehr an dem Kachelmannprozess als an der Rohstofffrage interessiert ist. Was der Kachelmann tut ist ja auch so viel wichtiger als die Frage, woher wir und unsere Kinder in Zukunft Erze, seltene Erden oder einfach nur Weizen herbekommen.
Aber der NPD zu unterstellen, sie wolle „eine etwas andere Demokratie“, ist schon so als würde man behaupten, das im KZ Ausschwitz eine etwas andere Form von Sozialarbeit praktiziert wird. Auch hier: Triumph der Idiotenkultur. Vielleicht das treffende Schlußwort, das in Zukunft in chinesischen Geschichtsbüchern den Zusammenbruch der westlichen Räuberkultur beschreibt, die es nicht geschafft hat, eine große Kultur aufzubauen.